Arno Schmidt: Zettel's Traum

  • Nur falls ich mit Gipsbein für einige Zeit ans Haus gefesselt wäre. Ansonsten fehlt mir da eher die Konzentration.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • weiß nicht, ob sie erschienen und erschwinglich sind.


    Zettel's Traum gibt es im Jubiläumsjahr in einer recht Sonderausgabe: 4 Bände als Paperback für 100 Euro (statt 248,00). Immer noch kein Schnäppchen, aber billiger gibt's das nicht.


    (Ich weigere mich übrigens, ZT als sein "wichtigstes" oder "Hauptwerk" zu bezeichnen ;-). Das ist für mich immer noch "Abend mit Goldrand".)

  • Ab und zu schlage ich eine beliebige Seite von ZT auf und lese darin. Das tue ich ohne Anspruch inhaltliches Verständnis zu erlangen, sondern einfach aus Spaß an den oft lustigen Sprachschindereien.
    Kann man sowas in einer Leserunde behandeln? Ich meine eher nicht und eine Entschlüsselung des Textes dürfte eine Lebensaufgabe sein.


    Mir ist noch dunkel ein Interview mit P.Reemtsmar in Erinnerung, das nicht lange nach Erscheinen von ZT gesendet wurde. Darin erzählt er, dass er sich den größten erhältlichen Schreibtisch und die gesammelten Werke von Siegmund Freud (E.A.Poe?) gekauft hätte, um damit alleine ZT zu studieren.

  • Dass man partout Freud und Poe komplett intus haben müsse (und einen Großteil der Literatur des 18./19. Jahrhunderts am besten auch), bevor man sich an ZT machen könne, ist eine der großen und falschen Legenden.


    Das Buch ist durchaus so lesbar wie jedes andere auch. Natürlich braucht man eine gewisse Allgemeinbildung und ein paar Jahre Leseerfahrung. Aber das war's im Grunde auch schon. Ich vertrete ja eher die radikale Gegenthese: ZT braucht überhaupt keine Literatur um sich herum, sondern es gehört zum Konzept und Plan des Buches, schlechterdings alles zu inkorporieren. Alles, was man für die Lektüre von ZT braucht, bringt ZT gewissermaßen mit, es wird ja sehr großzügig zitiert ZT ist von der Konzeption das Buch der Bücher, das Überbuch, das alle andere aufhebt. Ein Buch "sie zu knechten, sie alle zu finden, Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden" ;-)


    Der Vergleich mit dem EINEN Ring ist übrigens so abwegig nicht: ZT (und die darin entwickelte Etym-Theorie) ist áuch ein militanter Versuch, die Macht über die Sprache und absolute Deutungshoheit zu erlangen, durchaus aggressiv und gewalttätig. Das war immer ein kolossales Missverständnis Schmidts: Dass er aus der ohnmächtigsten aller Theorien - der Psychoanalyse - ein Herrschaftsinstrument schmiede wollte.


    Bei Stellen, die schlechterdings kryptisch bleiben, macht man am besten das, was man bei entsprechenden Passagen in anderen Büchern auch macht: Man überspringt/überfliegt sie einfach. Solange die Lektüre Spaß macht, spannend, interessant, fesselnd etc bleibt ist alles erlaubt. Was definitiv Unfug ist: Der Anspruch, man müsse nun partout jedes Komma vollständig verstehen. Das geht nicht. Nicht nur bei ZT nicht, das geht auch beim Ulysses nicht. Oder irgendeinem anderen Buch.


    Natürlich ist es durchaus ein Reiz mehr, wenn man eine Anspielung versteht und bemerkt, wie sich da mehrere Handlungen parallele entfalten (oder das auch nicht tun ;-)). Je länger und häufiger man ZT liest, desto reicher wird die Lektüre (aber das ist ja bei jedem einigermaßen komplexen Buch so).


    Was ein noch größerer Blödsinn ist: Die Idee, ein Buch sei eine Rätselaufgabe, die man "entschlüsseln" müsse. Dazu gibt's auch eine nette Anekdote um Schmidt. Der hat in "Caliban über Setebos" den Orpheus-Mythos neu erzählt. Anfangs plante er, gezielte Hinweise an den Seitenrand drucken zu lassen, nahm von dieser Schnapsidee aber glücklicherweise wieder Abstand: "Scheiß Mythos. Die Leute sollen sich amüsieren" schrieb er an seinen Lektor. Genau.


  • Ein Buch "sie zu knechten, sie alle zu finden, Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden" ;-)


    Der Vergleich mit dem EINEN Ring ist übrigens so abwegig nicht: ZT (und die darin entwickelte Etym-Theorie) ist áuch ein militanter Versuch, die Macht über die Sprache und absolute Deutungshoheit zu erlangen, durchaus aggressiv und gewalttätig. Das war immer ein kolossales Missverständnis Schmidts: Dass er aus der ohnmächtigsten aller Theorien - der Psychoanalyse - ein Herrschaftsinstrument schmiede wollte.
    ...


    Heiliger Strohsack. Ich hab das Buch jetzt im Keller eingeschlossen um wieder einigermaßen schlafen zu können.


    Aber trotzdem Danke für dein Plädoyer, es macht ZT auch für mich noch reizvoller.

  • Ich werde aber mit Begeisterung eure Beiträge lesen.


    Danke, dass Du mich im Pluralis majestatis nennst ... :breitgrins:


    Und ja ... die Zeit für einen Proust-Rereade sollte ich mir auch mal nehmen. Aber das ist eine andere Geschichte...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus