Kanon des Klassikerforums deutschsprachiger Romane (Klassiker)


  • Diese Liste ist Teil eines vierteiligen Romankanon.


    Vielen Dank für die Mühe, diesen Forumskanon zusammenszustellen. :smile: Er dient mir momentan als Richtschnur, meine großen Klassikerlücken zu füllen. Und mit Hilfe des Gutenberg-ePub-Generators habe ich bereits einiges davon auf mein Lesegerät geladen. Aktuell lese ich die "Wahlverwandtschaften", wobei mir auf der Suche nach Informationen hier und an anderer Stelle aufgefallen ist, dass nur zu gerne das "t" in der Mitte vergessen wird. Ist mir auch schon passiert. :redface: Das führt dann natürlich zu unterschiedlichen Suchergebnissen.



    Darüber hinaus gibt es noch einen Thread:
    http://klassikerforum.de/forum/index.php?thread/585.0

  • Das ist zwar schon ein wenig älter, aber meine 2Cents gebe ich gerne noch dazu:


    ETA Hoffmann braucht es für mich nicht unbedingt, stattdessen wäre mir Novalis mit dem Heinrich von Ofterdingen lieber.


    Bei Raabe würde ich mich für den Hungerpastor stark machen, bin aber zufrieden, wenn er überhaupt auftaucht, meinetwegen also auch mit dem Stopfkuchen.


    Fontane: Unbedingt den Stechlin anstelle der Effi. Bei der Effi fehlt ein ganz zentrales Element der Fontane'schen Erzählkunst fast vollständig: der Humor. Deshalb ist sie nicht nur nicht repräsentativ für Fontane, sondern auch insgesamt eines seiner langweiligeren Bücher.


  • Fontane: Unbedingt den Stechlin anstelle der Effi. Bei der Effi fehlt ein ganz zentrales Element der Fontane'schen Erzählkunst fast vollständig: der Humor. Deshalb ist sie nicht nur nicht repräsentativ für Fontane, sondern auch insgesamt eines seiner langweiligeren Bücher.


    Volle Zustimmung. Und ausgerechnet mit diesem Werk wurden und werden Generationen von Schülern traktiert. Denen nahm/ nimmt man die Lust auf Fontane.

  • Volle Zustimmung. Und ausgerechnet mit diesem Werk wurden und werden Generationen von Schülern traktiert. Denen nahm/ nimmt man die Lust auf Fontane.


    Na, das sehe ich aber ganz anders, ich habe mich bei Effi Briest nicht eine Minute gelangweilt,
    und halte es für ein Meisterwerk von Fontane.
    Das die Schüler heutzutage dieses Werk lesen müssen, halte ich aber ebenso für falsch,
    denn in jungen Jahren, hätte ich mich wohl auch gelangweilt, das ist eher eine Erzählung
    für den reifen Leser.


    Gruß, Lauterbach


  • Fontane: Unbedingt den Stechlin anstelle der Effi. Bei der Effi fehlt ein ganz zentrales Element der Fontane'schen Erzählkunst fast vollständig: der Humor. Deshalb ist sie nicht nur nicht repräsentativ für Fontane, sondern auch insgesamt eines seiner langweiligeren Bücher.


    Hm, Fontane und Humor? Da ist mir wohl etwas entgangen. Die Ablehnung von Effi Briest verstehe ich so wenig wie Lauterbach. Was den Stechlin anbelangt, so lasse ich den Mantel des Schweigens über dieses angeblich so reife Alterswerk gebreitet.

  • Effi Briest mag auf ihre Weise ein Meisterwerk sein, aber für junge Menschen ist das Thema zu weit weg und wie gesagt, Fontane kann sehr humorvoll und ironisch schreiben, aber eben wenig davon findet sich in der Effi.
    In der Personencharakterisierung und den Dialogen findet sich der humorvolle Fontane, natürlich Schenkelklopfen ist damit nicht gemeint.


  • Effi Briest mag auf ihre Weise ein Meisterwerk sein, aber für junge Menschen ist das Thema zu weit weg und wie gesagt, Fontane kann sehr humorvoll und ironisch schreiben, aber eben wenig davon findet sich in der Effi.


    Das Problem mit 'Effi' ist auch, dass sich der zwischenmenschliche Umgang, insbesondere der Umgang der Geschlechter miteinander, heute so sehr verändert hat, dass die Problempunkte des Beziehungskonflikts zwischen Instetten und Effi und Major Crampas jungen Lesern heute kaum bewusst werden. Wir lasen die Effi seinerzeit auch in der Schule und weiß noch, dass mir lange Zeit völlig unklar blieb, was zwischen Effi und Crampas eigentlich vorgefallen war, denn im Roman wird ja nichts erzählt. Die zarten Andeutungen eines auch sexuellen amourösen Verhältnisses versteht man im Zeitalter nach der sog. Sexuellen Revolution einfach nicht mehr.

  • Ich kann euch bezüglich der Thematik um Effi Briest nur zustimmen. Es war bei mir ebenfalls Schullektüre und mir fiel der Zugang zu diesem Buch zumindest anfangs sehr schwer. Zwar trug der (zum Glück) gute Deutschunterricht bzw. Lehrer dazu bei, das es mit der Zeit, d.h im Laufe der Besprechungen etwas klarer wurde, aber so ganz konnte ich mich da nicht hineinversetzen. Jahrelang habe ich deswegen Fontane gemieden, da ich ihn für sperrig hielt. Letztes Jahr habe ich mich dann an den Stechlin gewagt und ich war überrascht, wie leicht mir die Lektüre fiel im Vergleich zu Effi fiel.


  • Die zarten Andeutungen eines auch sexuellen amourösen Verhältnisses versteht man im Zeitalter nach der sog. Sexuellen Revolution einfach nicht mehr.


    Damit schickst Du große Teile der Literatur des 19. Jahrhunderts in den unverdienten Ruhestand - von den "Wahlverwandtschaften" über "Rot und Schwarz" bis hin zu "Madame Bovary" und "Anna Karenina" - um nur die wichtigsten "Erotika" zu nennen. :zwinker:

  • Damit schickst Du große Teile der Literatur des 19. Jahrhunderts in den unverdienten Ruhestand - von den "Wahlverwandtschaften" über "Rot und Schwarz" bis hin zu "Madame Bovary" und "Anna Karenina" - um nur die wichtigsten "Erotika" zu nennen. :zwinker:


    Ob so ein Ruhestand verdient oder unverdient ist, das ist die Frage. Aber dieses Phänomen ereignet sich tatsächlich immer wieder bei Kanons. Die sind nicht in Stein gemeisselte, ewig gültige Kataloge. Bis vor ca. 50 Jahren waren einige von Klopstocks Gedichten noch kanonisch. Heute kann man mit der merkwürdigen Sentimentalität, den schiefen Bildern und dem überall durchscheinenen Protestantismus der Gedichte nichts mehr anfangen.


    So lange Effi Briest und die von Dir zitierten Romane unabhängig vom Sex noch als Liebesgeschichten funktionieren, haben sie eine Chance. (Wobei ich auch der Meinung bin, dass Fontane Besseres als die Effi geschrieben hat. Aber ich bin auch der Meinung, dass Joyce' Meisterwerk nicht der Ulysses ist - den ich sehr gern und mehrmals gelesen habe - , sondern seine Dubliners. Gefolgt vom Potrait of the Artist...)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Aber dieses Phänomen ereignet sich tatsächlich immer wieder bei Kanons. Die sind nicht in Stein gemeisselte, ewig gültige Kataloge.


    Natürlich - und das ist auch gut so. Der bislang letzte Kanon (ich meine den von MRR) ist für mich in Teilen bereits überholt. http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Kanon#Romane_.282002.29


    Was kann Anna Seghers uns heute noch sagen? Auch Koeppen ind Frisch sind - bei aller Wertschätzung - sehr zeitgebundene Autoren. Die Aufnahme von Hesse und Hoffmann habe ich ohnehin nie verstanden. Und wo ist bitteschön der zeitlose Wieland?



    Wobei ich auch der Meinung bin, dass Fontane Besseres als die Effi geschrieben hat.


    Ohne der große Fontanekenner zu sein: Ich kenne nichts Besseres von ihm. Aber das ist wahrscheinlich Geschmacksache.

  • Damit schickst Du große Teile der Literatur des 19. Jahrhunderts in den unverdienten Ruhestand - von den "Wahlverwandtschaften" über "Rot und Schwarz" bis hin zu "Madame Bovary" und "Anna Karenina" - um nur die wichtigsten "Erotika" zu nennen. :zwinker:


    Nein, keineswegs. :zwinker: Es ging mir primär um die Frage, ob dieser Roman als Schullektüre tauge. Und sekundär natürlich um die Frage, wie er im Werk Fontanes zu verorten sei. Ich ziehe die großen Romane (Vor dem Sturm, Stechlin) bei weitem vor. Aber man muss vielleicht auch konzedieren, dass beides ausgesprochene 'Männerbücher' sind. Die vergleichsweise hohe Popularität der Effi liegt möglicherweise auch darin begründet, dass die Hauptfigur eine Frau ist. Wobei man in dieser Hinsicht ja dann auch noch bei Fontanes kleineren Romanen eine große Auswahl hat. Und was den Humor angeht, ist sicher 'Frau Jenny Treibel' kaum zu überbieten.

  • Hé, 4 davon gelesen und 2 angefangen, ich bin ein wahrer deutscher Kanonier... :smile:

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10