Buchtitel, die zu Redensarten oder Sprichwörtern führten

  • Mir fällt „Kleider machen Leute“ von Gottfried Keller (1819-1890) ein.


    Ich hatte als Autor eigentlich Keller im Kopf, mein Brockhaus enthält dazu aber keinen Eintrag. Also doch wieder im Netz suchen… Siehe da: Keller stimmt. Allerdings ist „Kleider machen Leute“ der Titel einer Novelle im Band „Die Leute von Seldwyla“ (welchen auch mein Brockhaus kennt) und kein eigentlicher Buchtitel. Wobei ich mich leise erinnere ein entsprechendes Reclamheftchen in der Schule gelesen zu haben.


    Gruß
    Eni


  • Mir fällt „Kleider machen Leute“ von Gottfried Keller (1819-1890) ein.


    Ich hatte als Autor eigentlich Keller im Kopf, mein Brockhaus enthält dazu aber keinen Eintrag. Also doch wieder im Netz suchen… Siehe da: Keller stimmt. Allerdings ist „Kleider machen Leute“ der Titel einer Novelle im Band „Die Leute von Seldwyla“ (welchen auch mein Brockhaus kennt) und kein eigentlicher Buchtitel. Wobei ich mich leise erinnere ein entsprechendes Reclamheftchen in der Schule gelesen zu haben.


    Gruß
    Eni


    Auch Reclambändchen gelten im weitesten Sinne als Bücher. :breitgrins:


    Nein im Ernst, das ist ein sehr schönes Beispiel. Es stimmt zwar, dass die Novelle zur Sammlung „Die Leute von Seldwyla“ gehört, aber wenn daraus einzelne Novellen als Buch erscheinen, ist „Kleider machen Leute“ ein Buchtitel, auch wenn der Brockhaus den nicht kennt. Auch „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ aus der gleichen Sammlung ist mal bei Reclam erschienen. Inzwischen hat sich Klett bzw. der dtv den beiden Novellen angenommen..


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  • Das Wort "Seldwyla" selber ist in Kellers Heimatland auch sprichwörtlich geworden: für ein Provinzkaff, dass sich Grossstadt-Allüren gibt ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,
    hallo Karamzin,


    ein schönes Zitat aus Faust, aber leider, wenn ich mal den Oberlehrer spielen darf, am Thema vorbei, da kein Buchtitel. Shakespeare- oder Goethezitate sammeln würde sicher den Rahmen dieses Forums sprengen, ich vermute mal allein im Faust I von der Zeile 1 angefangen („Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten!“) bis zur Zeile 4610 („Heinrich! Mir graut’s vor dir“) kann man mehr als 100 Zitate finden und bei Schiller wird’s noch schlimmer.


    Volle Punktzahl dagegen für Tom, der zitierte Satz ist gleichzeitig Titel von Remarques Roman und Markus, Lolita ist nicht nur Titel von Nabokovs Roman, sondern auch als Beschreibung für bestimmte Mädchen bei Menschen bekannt, die den Roman nicht kennen..


    Du hast natürlich völlig recht, ich habe das mit dem "Buchtitel" völlig überlesen, obwohl es sichtbar in der Überschrift prangt. War in Gedanken wahrscheinlich noch bei Heinrich Zschokke und speziell seiner "Prinzessin von Wolfenbüttel", die in der Vor-Schweizer Periode entstand, und dann ist es passiert ...
    Nun denn: "Wie es Euch gefällt" :zwinker:


  • Das Wort "Seldwyla" selber ist in Kellers Heimatland auch sprichwörtlich geworden: für ein Provinzkaff, dass sich Grossstadt-Allüren gibt ... :winken:


    Interessant, wusste ich noch nicht. Ich kenne aus dieser Novellensammlung bisher nur die zwei weiter oben von mir erwähnten Einzelnovellen. Lohnen die restlichen acht Novellen auch?


    Gruß
    montaigne


  • Du hast natürlich völlig recht, ich habe das mit dem "Buchtitel" völlig überlesen, obwohl es sichtbar in der Überschrift prangt. War in Gedanken wahrscheinlich noch bei Heinrich Zschokke und speziell seiner "Prinzessin von Wolfenbüttel", die in der Vor-Schweizer Periode entstand, und dann ist es passiert ...
    Nun denn: "Wie es Euch gefällt" :zwinker:


    Hallo Karamzin,


    da bist du ja nach sandhofer schon der zweite, der den mir bisher völlig entgangenen Autor Zschokke kannte. Ist der wirklich in einem Atemzug mit Goethe und Schiller zu nennen, wie von Charlotte Bronte getan.


    Im übrigen, wenn dir in deinem Leben nichts Schlimmeres passiert, würde ich dich zu den glücklichen Menschen zählen. :zwinker:

  • Interessant, wusste ich noch nicht. Ich kenne aus dieser Novellensammlung bisher nur die zwei weiter oben von mir erwähnten Einzelnovellen. Lohnen die restlichen acht Novellen auch?


    Mit Ausnahme vielleicht vom Martin Salander (der eher für Hardcore-Keller-Fans was ist) lohnen alle Keller'schen Prosatexte. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ist das überhaupt eine Redewendung?


    Zumindest Journalisten auf der Suche nach einem griffigen Titel verwenden ihn gern in verschiedenen Variationen. So, wie sie auch gern Auf der Suche nach irgendwelchen verlorenen Dingen sind ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Karamzin,


    da bist du ja nach sandhofer schon der zweite, der den mir bisher völlig entgangenen Autor Zschokke kannte. Ist der wirklich in einem Atemzug mit Goethe und Schiller zu nennen, wie von Charlotte Bronte getan.


    Im übrigen, wenn dir in deinem Leben nichts Schlimmeres passiert, würde ich dich zu den glücklichen Menschen zählen. :zwinker:


    Hallo montaigne,


    mir war bewusst, dass Zschokke wie die mir am nächsten stehende weibliche Person gebürtiger Magdeburger war. Was den Briefroman "Die Prinzessin von Wolfenbüttel" betrifft, so ist er im vorigen Jahr wieder neu in Bremen aufgelegt worden, jedoch völlig ohne Kommentare. Prompt fragte mich eine Leserin, ob denn die Handlung mit den historischen Umständen übereinstimme.


    Sophie Christine Charlotte (1694-1715), die Prinzessin von Wolfenbüttel, wurde im Oktober 1711 in Torgau mit Aleksej Petrovich, dem trunksüchtigen und lebensuntüchtigen Sohn Zar Peters I., verheiratet. Bei dieser Hochzeit waren Gottfried Wilhelm Leibniz, Diplomat in welfischen Diensten und Bibliothekar der später nach Herzog August benannten Bibliothek, sowie der Roman- und Gedichtautor Herzog Anton Ulrich, der Großvater der Braut, anwesend (das steht jetzt nicht bei Zschokke).
    Die Ehe gestaltete sich für die Prinzessin zum Martyrium. Der Großfürst Aleksej mißhandelte und vernachlässigte sie abwechselnd. So weit, so auch bei Zschokke.


    Der lässt nun aber die Prinzessin, die in Wirklichkeit am Kindbettfieber starb, überleben und nach Amerika auswandern, wo sie in der Nähe des Missouri zu einer wohltätigen Pflanzerin wird. Am Ende ihres Lebens kehrt sie nach Europa zurück, um in ihrer Heimat zu sterben. Nun, etwa gleichzeitig mit diesem Briefroman ist eine geographische Beschreibung von Louisiana erschienen, die Zschokke inspiriert haben mochte.


    Eine publikumswirksame Story hatte auch Schiller mit dem "Geisterseher" hingelegt. Und das Motiv der Amerika-Auswanderung sollte später auch bei Goethe in "Wilhelm Meisters Wanderjahren" wiederkehren. Man ist inzwischen wohl davon abgekommen, in Goethe den unerreichbaren Olympier und Schiller den klassischen deutschen Nationalutor zu sehen, sie über all die anderen Schreiber zu überhöhen. Andererseits hat man auch erkannt, dass eine Abstempelung überaus erfolgreicher Autoren als "Trivial-Autoren" auch nicht angebracht ist. Da gibt es noch Tausende nahezu unbekannter Texte zu entdecken.
    Kotzebue hatte 1789 mit "Menschenhaß und Reue" in Berlin auch deshalb einen so großen Erfolg, weil die Trennung von Ehepaaren und die selbständige Entfernung einer Frau von ihrem Gatten und ihren Kindern das Publikum anrühren mussten. Goethes "Iphigenie" war hingegen den Bürgern weit entrückt.
    So ähnlich wird es sich auch mit Zschokke zugetragen haben. Ein reißerischer Autor gelangte zum Erfolg, so dass er sich nicht mehr wie viele seiner Berufskollegen als Hauslehrer oder Fürsten-Unterhalter durchschlagen musste.

  • Auch wenn es nicht in diesen Thread gehört,
    Zschokke hat auch einige sehr interessante und lesenswerte Erzählungen geschrieben. Unter anderem eine Erzählung zum "Zerbrochenen Krug" zeitgleich zu Kleists Drama und wie bei diesem vom gleichen Kupferstich angeregt, den beide zeit- und ortsgleich betrachteten und zusammen mit dem Sohn von C.M.Wieland - Ludwig - verabredeten, einen Text dazu zu schreiben.
    Übrigens - um wieder zum Threadthema zurückzukommen - eine seiner Erzählungen heißt "Hans Dampf in allen Gassen" - allerdings knüpft er hier an die Laleburger Geschichten an, kann also keinen Anspruch auf Erfindung der Gestalt machen.


    finsbury

  • Zumindest Journalisten auf der Suche nach einem griffigen Titel verwenden ihn gern in verschiedenen Variationen. So, wie sie auch gern Auf der Suche nach irgendwelchen verlorenen Dingen sind ...


    Ja, stimmt. Und auch die „Odyssee“ oder „Don Quichotte“ mussten schon für manchen Zeitungsartikel als Titel herhalten.


  • Was den Briefroman "Die Prinzessin von Wolfenbüttel" betrifft, so ist er im vorigen Jahr wieder neu in Bremen aufgelegt worden, .......
    Kotzebue hatte 1789 mit "Menschenhaß und Reue" in Berlin auch deshalb einen so großen Erfolg, weil die Trennung von Ehepaaren und die selbständige Entfernung einer Frau von ihrem Gatten und ihren Kindern das Publikum anrühren mussten. Goethes "Iphigenie" war hingegen den Bürgern weit entrückt.
    So ähnlich wird es sich auch mit Zschokke zugetragen haben. Ein reißerischer Autor gelangte zum Erfolg, so dass er sich nicht mehr wie viele seiner Berufskollegen als Hauslehrer oder Fürsten-Unterhalter durchschlagen musste.


    Hallo Karamzin,


    vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag mit vielen interessanten Informationen. Werde wohl bei Gelegenheit die eine oder andere Spur weiter verfolgen.


    Gruß
    montaigne


  • Auch wenn es nicht in diesen Thread gehört,
    Zschokke hat auch einige sehr interessante und lesenswerte Erzählungen geschrieben. Unter anderem eine Erzählung zum "Zerbrochenen Krug" zeitgleich zu Kleists Drama und wie bei diesem vom gleichen Kupferstich angeregt, den beide zeit- und ortsgleich betrachteten und zusammen mit dem Sohn von C.M.Wieland - Ludwig - verabredeten, einen Text dazu zu schreiben.


    Hallo finsbury,


    doch das passt sehr gut hier und ist auch interessant. Ja, jetzt erinnere ich mich wieder, dass Kleists Komödie, das Ergebnis eines Dichterwettstreits war, hatte nur die Mitstreiter vergessen. Habe jetzt mal nach der Erzählng von Zschokke und Ludwig Wieland gegoogelt, bin aber nicht fündig geworden. Hat jemand einen Tipp? Auch den Kupferstich konnte ich nicht finden?



    Übrigens - um wieder zum Threadthema zurückzukommen - eine seiner Erzählungen heißt "Hans Dampf in allen Gassen" - allerdings knüpft er hier an die Laleburger Geschichten an, kann also keinen Anspruch auf Erfindung der Gestalt machen.


    Diese Erzählung war ja der Ursprung dieses Thread. Ich hatte allerdings gefunden, dass Zschokke sehr wohl der Erfinder des „Hans Dampf in allen Gassen“ ist, nur der „Hans in allen Gassen“ ist älter. Zu den Laleburger Geschichten habe ich nichts gefunden?

  • Jetzt habe ich einen:


    Vom Winde verweht Margaret Mitchell


    und noch einen:


    Der letzte der Mohikaner James F. Cooper

  • Fallada ist eine ergiebige Quelle:


    "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst"


    "kleiner mann, was nun"


    bestens:


    "Wolf unter Wölfen"


    und natürlich:


    "Jeder stirbt für sich allein"

  • Theodor Fontane: „Irrungen, Wirrungen“


    Wär‘ ich selbst gar nicht draufgekommen, aber ich hab‘ vor einigen Tagen im Sportteil meiner Tageszeitung einen Artikel über die Transferpolitik des 1. FC Bayern gelesen und der war mit „Irrungen, Wirrungen“ überschrieben.
    :breitgrins: