Hallo zusammen!
Kann mir jemand eine *gute* Biografie zu Marcel Proust empfehlen, als Ergänzung zur Rowohlt-Monografie?
Besten Dank schon jetzt!
Grüsse
Sandhofer
Hallo zusammen!
Kann mir jemand eine *gute* Biografie zu Marcel Proust empfehlen, als Ergänzung zur Rowohlt-Monografie?
Besten Dank schon jetzt!
Grüsse
Sandhofer
Hallo Sandhofer,
Biografien über Marcel Proust:
- Georg D. Painter: Marcel Proust. Eine Biographie. Teil I. Aus dem Englischen von Christian Enzensberger. 1962. 538 Seiten mit Abbildungen. Teil II. Aus dem Englischen von Ilse Wodtke. 1968. 668 Seiten mit Abbildungen (möglicherweise im Buchhandel vergriffen)
- Marcel Proust. Leben und Werk in Texten und Bildern. Von Renate Wiggershaus. 1992 (Insel Taschenbuch 1348)
Grüße
Hubert
Hallo!
Die Rowohlt-Bild-Monographie ist ja so ziemlich das Schlimmste, was in dieser Reihe je publiziert wurde, vollkommener Schrott. Painter als Einstieg schon sehr umfangreich.
Ein Kleinod und Muss für jeden Proust-Liebhaber: Céleste Albaret: Monsieur Proust. Ich habe ein Exemplar von 1974, zu Beginn des Jahrtausends wurde meines Wissens eine Taschenbuchausgabe aufgelegt (ob mit den Fotos der gebundenen Ausgabe weiß ich nicht). Der Band erzählt die Erinnerungen von Prousts Haushälterin (sie hatte sich lange geweigert, über Proust etwas bekannt zu geben), durch die verflossenen 50 Jahre natürlich mit einem Gran Unsicherheit versehen. Der Herausgeber aber schien sehr behutsam vorzugehen, nirgendwo hat man den Eindruck von Sensationshascherei. Ergebnis ist ein äußerst eindrucksvolles, stimmiges Porträt der letzten Lebensjahre und der Arbeitsweise des Schriftstellers, das ich mit großem Genuss gelesen habe.
Grüße
s.
Danke für den Hinweis auf das Buch über Proust scheichsbeutel. :winken:
Die Monographie habe ich gelesen und fand sie als erste Orientierung bei meinem Nullwissen doch hilfreich, aber ich bin gespannt auf das Buch, was du vorgeschlegen hast und habe es mir gleich bestellt.
Hallo,
nicht weg zudenken ist Tadies Biographie über Proust:
[kaufen='978-3518419526'][/kaufen]
keine Biographie, aber unerlässlich für Proustliebhaber die Proust Enzyklopädie:
[kaufen='978-3455095616'][/kaufen]
in diesen Werken kann man unendlich stöbern und lesen.
Gruß,
Maria
in diesen Werken kann man unendlich stöbern und lesen.
...und beide zusammen reißen ein beachtliches Loch in den Geldbeutel.
...und beide zusammen reißen ein beachtliches Loch in den Geldbeutel.
Wollte ich gerade sagen, aber ich habe gesehen dass meine Bib die Biographie auf Lager hat.
Katrin
Hallo Leute,
angesichts der Tadie Biographie fällt mir ein: Wieviel Intimes wollt Ihr von einem Autor wissen? Und ist es wichtig für das Werkverständnis, zu wissen, welche eventuell ausgefallenen, ungewöhnlichen sexuellen Vorlieben der/die Autor/in hatte?
:winken:
Poppea
Wieviel Intimes wollt Ihr von einem Autor wissen? Und ist es wichtig für das Werkverständnis, zu wissen, welche eventuell ausgefallenen, ungewöhnlichen sexuellen Vorlieben der/die Autor/in hatte?
Grundsätzlich will ich davon gar nichts wissen, außer diese Themen sind ein Bestandteil seines Werkes.
Katrin
angesichts der Tadie Biographie fällt mir ein: Wieviel Intimes wollt Ihr von einem Autor wissen? Und ist es wichtig für das Werkverständnis, zu wissen, welche eventuell ausgefallenen, ungewöhnlichen sexuellen Vorlieben der/die Autor/in hatte?
:winken:
Mich interessieren biographische Informationen außerordentlich, weil sie manchmal/häufig zum besseren Verständnis des Werkes beitragen. Meist will ich, sobald ich ein Buch zu lesen begonnen habe und es mir einigermaßen gefällt, etwas über den Hintergrund, das Leben des Autors wissen (wenn ich dieses Wissen nicht schon vorher erworben habe): Lese ich Kertesz (oder Hilsenrath), will ich etwas über ihr reales Leben unter dem NS-Regime wissen, wobei sich die Neugier nicht bloß auf potentielle Opfer sondern auch die Täter, ev. Mitläufer bezieht (so stellten wir uns im anderen Forum vor kurzem die - noch unbeantwortete Frage - warum Hans Erich Nossack nicht in der Wehrmacht war. Nossack war aber mit Sicherheit kein Nazi, sondern vor dem Krieg bekennender Kommunist, der aber aus irgendwelchen Gründen offenbar nicht zur Wehrmacht eingezogen wurde. Solche Fragen stellen sich m. E. ganz automatisch beim Lesen ein.) Es ist - für mich - ein Unterschied, ob etwa Kertesz das Leben in Buchenwald aus eigener Erfahrung oder anhand fremder Berichte beschreibt.
Ab und zu hat ein solches Hintergrundwissen auch eine amüsante Note: So führt alle Welt, wenn von Eifersucht die Rede ist, Proust im Munde - aber nicht alle wissen, dass die gute Albertine ein Albert war. (Zusammengesetzt aus ... und ..., ich weiß, dass es so einfach nicht ist ;)). Amüsant insofern, als dass es auch heute noch genügend Menschen gibt, bei denen die Vorstellung homosexueller Liebe dumm und klischeebehaftet ist - und die durch eine solche Beschreibung einer vorgeblich heterosexuell konnotierten Vorstellung von Beziehung, Liebe, Eifersucht - vielleicht (leider nur vielleicht) ins Grübeln kommen könnten.
Grüße
s.
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Hallo,
nicht weg zudenken ist Tadies Biographie über Proust:
keine Biographie, aber unerlässlich für Proustliebhaber die Proust Enzyklopädie:
in diesen Werken kann man unendlich stöbern und lesen.
Liebe Maria,
noch bin ich nicht so weit, mit solchen Wälzern mein Proust-Projekt zu würzen. Es soll auch 7 Jahre dauern. Aber wenn ich jetzt den Beitrag von Sir Thomas, über seine Lektüreerfahrung lese, dann wird mir schon jetzt, nach dem ersten Band der "Recherche" Angst und Bange.
Aber wenn ich jetzt den Beitrag von Sir Thomas, über seine Lektüreerfahrung lese, dann wird mir schon jetzt, nach dem ersten Band der "Recherche" Angst und Bange.
Nicht schwächeln, bitte! Ich möchte ganz bestimmt niemanden davon abhalten, sich mit Proust zu beschäftigen, gestatte mir aber gern den Hinweis, dass es streckenweise durchaus harte Arbeit ist (zumindest für mich). Da muss man dann einfach mal durch.
Viele Grüße
Tom
Nicht schwächeln, bitte! Ich möchte ganz bestimmt niemanden davon abhalten, sich mit Proust zu beschäftigen, gestatte mir aber gern den Hinweis, dass es streckenweise durchaus harte Arbeit ist (zumindest für mich). Da muss man dann einfach mal durch.
Viele Grüße
Tom
Ich werde nicht aufgeben und habe deinen Beitrag auch nicht so verstanden, dass du jemand abhalten willst . :winken:
Ich werde nicht aufgeben und habe deinen Beitrag auch nicht so verstanden, dass du jemand abhalten willst . :winken:
Mir fällt ein Stein vom Herzen ... :zwinker:
LG
Tom
Hallo Leute,
angesichts der Tadie Biographie fällt mir ein: Wieviel Intimes wollt Ihr von einem Autor wissen? Und ist es wichtig für das Werkverständnis, zu wissen, welche eventuell ausgefallenen, ungewöhnlichen sexuellen Vorlieben der/die Autor/in hatte?
:winken:
Poppea
Das kommt bei darauf an, wie weit ich einen Text mit dem Leben des Autors verbinde. Manchmal interessiert mich der Autor überhaupt nicht (da reicht Wikipedia), in anderen Fällen entsteht durch die Lektüre ein Interesse am Autor, zum Bleistift jetzt bei Rilke, dann wieder beginne ich erst ein Werk zu lesen, wenn ich mich ausführlich über den Autor informiert habe (Joyce).
Bei Proust wollte ich mir schon einen kleinen Überblick über sein Leben verschaffen. Gelegendlich bin ich auch sehr neugierig und will jeden Klatsch nachgehen und jede Andeutung genauer verstehen.
Hallo!
Jean-Yves Tadiés Biographie begonnen (einige 100 Seiten gelesen) - und alles andere als begeistert. Er wird der Materialfülle nicht im geringsten Herr, seine Manie, alle irgendwie auch nur im entferntesten mit der Sphäre Prousts in Berührung kommenden Personen aufzuzählen, nimmt zeitweise grotesk-komischen Charakter an. Etwa im Unterkapitel Madame Arman de Caillavet, wo eine halbe Seite Namen an Namen gefügt werden, sinn- und zwecklos, als ob man ein Telefonbuch memorierte.
Tatsächlich ist diese Biographie nichts anderes als eine ins Kraut geschossene Seminar- oder Diplomarbeit, Abertausende von Fußnoten, eine Unmenge an Sekundärliteratur, aber völlig uninspiriert, sodass man den Eindruck hat, "Daten der Welt-(Proust-)Geschichte" zu lesen, ein chronologisch geordnetes, enzyklopädisches Machwerk, das das Leben und Werk Prousts unter einer Fülle von (häufig belanglosen) Einzelheiten völlig untergehen lässt. Und wenn der Autor tatsächlich einmal von seinem studentischen Schreibstil ablässt, ist es allzu offenkundig, dass er so gut wie nichts von Werk, Motivation, Leben Prousts verstanden hat. Er scheint ein braver Philologe zu sein, ein biederer Arbeiter mit psychoanalytischem Einschlag. Das Ergebnis ist entsprechend langweilig - und dort, wo Tadié auf seine akademische Aufzähl- und Sammelwut verzichtet, von beachtlicher Simplizität.
Grüße
s.
Vielleicht ist Proust ein ähnliches Schicksal beschieden wie Kafka, über den man auch nur psychoanalytische Termini liest, die mit einem Menschen (welchem auch immer) bestenfalls zufällig etwas zu tun haben. Der Proustleser kennt die Episode des kleinen Jungen, dessen Angst, wenn auch nur scherzhaft, an den Locken gezogen zu werden. Eine Angst, die erst durch die abgeschnittenen Haare behoben wird. "Was ist diese Angst, auf das Haar Samsons übertragen, anderes als die Angst vor der Kastration?" Ich habe die Stelle bei Tadié mehrfach gelesen, um der Ironie auf die Spur zu kommen: Vergeblich. Ich wusste gar nicht, dass man auch heute noch ernsthaft und mit Verve solchen Unsinn vortragen kann. (Das kurze Kapitel über Onanie enhält ähnlichen Unsinn, vor allem dort, wo es Bezug auf das Werk nimmt, den Jean Santeuil, wo dann gleich Iris- und Fliederduft als Sinnbild für Selbstbefriedigung stehen.)
Hallo Scheichsbeutel,
oweia - die Biographie kommt ja garnicht gut bei dir weg !
völlig uninspiriert kam sie mir nicht vor, wenn die Details auch mich verwirrten und die Fußnoten nur schwer einen Überblick gewähren. Doch im Gegensatz zu der Biographie von Ronald Hayman, die ich persönlich für sehr unübersichtlich halte, war ich mit Tadie dann doch sehr zufrieden. Ich fand mich schneller bei Tadie zurecht.
(Unzufrieden bin ich über die Qualität des gebundenen Buches; die Bindung bricht sehr leicht)
Viele Grüße
Maria
Hallo!
Von den dümmlichen, psychoanalytischen Einsprengseln einmal abgesehen --- (so will Marcel natürlich mit Maman kopulieren, wenn er mit ihr im Freibad ist, in "einer Überschreitung gleich jener Urszene [...] gibt sich die fast nackt erblickte Mutter-Aphrodite dessen [Zeus'] Verlangen hin", was nun darin begründet sei, dass Proust im Santeuil die Mutter mit Venus vergleicht, welche nichts anderes als "das Verlangen des Zeus" ist, wodurch das "Wasser nichts anderes ist als sein immer wieder schuldiges, immer wieder bestraftes und immer von neuem entstehendes Verlangen". Bei so viel Blödsinn braucht man schon einen guten Magen) --- Tadié wird der Stofffülle einfach nicht Herr:
Aus dem umfangreichen Detailwissen ein organisches Ganzes zu machen ist eine hohe Kunst - und er beherrscht sie offenbar nicht. So kommt es ständig zu Ausführungen der Art, dass ein Bekannter des Vaters ein Werk geschrieben habe, das von x renzensiert wurde, wobei die Schwester des x den y geheiratet hat, dessen Hund z gebissen habe. Z nun wiederum ... usf. Tadié sollte sich ein Beispiel an Harpprechts Mann-Biographie nehmen, der auf rund 2000 Seiten nur ganz selten (bei der Emigrationszeit) über die Stränge schlägt und ein Zuviel an Detailinformation präsentiert. Harpprecht aber spielt ganz offenbar in einer anderen Liga, er ist kein Nur-Biograph, sondern ein umfassend gebildeter, intelligenter, mit einem Gutteil an Hausverstand gesegneter Autor, etwas, was Tadié (nämlich Hausverstand) völlig fehlt.
Grüße
s.
oweia - die Biographie kommt ja garnicht gut bei dir weg !
völlig uninspiriert kam sie mir nicht vor, wenn die Details auch mich verwirrten und die Fußnoten nur schwer einen Überblick gewähren. Doch im Gegensatz zu der Biographie von Ronald Hayman, die ich persönlich für sehr unübersichtlich halte, war ich mit Tadie dann doch sehr zufrieden. Ich fand mich schneller bei Tadie zurecht.
(Unzufrieden bin ich über die Qualität des gebundenen Buches; die Bindung bricht sehr leicht)
Tadié erinnert mich an einen Mitstudenten, ein wandelndes Lexikon, gefüllt mit Fakten bis unter die Hirnschale, dessen größte Freude es war, dem Professor eine falsche Jahreszahl nachweisen zu können. Solche Leute werden später professionelle Leserbriefschreiber, bessern Tippfehler in Internetforen aus oder durchforsten den Kulturteil von Onlinezeitungen, um sich bei Entdeckung einer falschen Jahreszahl vor Freude einzunässen. Vom enzyklopädischen Wissen einmal abgesehen war er ein beachtlicher Einfaltspinsel, dem es gänzlich an Haus- bzw. Sozialverstand mangelte.
Tadié beschreibt und beschreibt, ich erfahre alles über Äußerlichkeiten, kein Leberfleck bleibt verborgen - und wäre am Revers von Proust eine Nadel angebracht, er würde mir die genaue chemische Zusammensetzung nennen. Und so habe ich eine wunderbar detaillierte Außenaufnahme, eine Fotographie dessen, der die Recherche geschrieben hat. Auf diese Weise aber hätte er auch den Kutscher seines Großonkels beschreiben können.
Das Buch mutiert zum bloßen Nachschlagewerk; gestern habe ich mit Hayman begonnen. Erst wenige Seiten gelesen, aber der erste Eindruck ist so schlecht nicht. Verwirrend vielleicht (wenn man die Recherche kennt, dann liest sich's - bislang - leicht), in jedem Fall angenehmer als Tadié. Was hat dir, JMaria, bei Hayman missfallen?
Grüße
s.
Die Bindung beider Bücher ist im übrigen sehr gut; selbst wenn ich Tadié ein wenig rücksichtslos behandelte, er würde es überstehen.
Die Bindung beider Bücher ist im übrigen sehr gut; selbst wenn ich Tadié ein wenig rücksichtslos behandelte, er würde es überstehen.
mein Tadie-Exemplar ist leider im Anhang leicht gebrochen, ich muß beim Blättern sehr aufpassen, dass sie sich nicht ganz lösen.
zu deiner Frage:
gestern habe ich mit Hayman begonnen. Erst wenige Seiten gelesen, aber der erste Eindruck ist so schlecht nicht. Verwirrend vielleicht (wenn man die Recherche kennt, dann liest sich's - bislang - leicht), in jedem Fall angenehmer als Tadié. Was hat dir, JMaria, bei Hayman missfallen?
Ich las Hayman vor Jahren, da habe ich gerade erst mit dem Lesen der Recherche begonnen. Ich hatte den Eindruck, dass ich oft einem Klatschblättchen folge.... jedoch war mein damaliges Wissen nicht so vorangeschritten wie heute. Obwohl, - wenn ich heute deine Betrachtungsweise lese, dann bin ich echt verunsichert, was Tadie anbelangt. Ich fühlte mich jedoch im Hayman nicht wohl, fand mich nicht zurecht, vergaß was ich las bereits nach mehreren Seiten. Wenn ich eine Zeitperiode im Leben von Proust suche, dann finde ich es im Tadie schneller. Ich mag es, wenn Leben und Werke parallel aufgezeichnet werden oder zumindest es eine solche Unterteilung gibt. Ich glaube, das fand ich im Hayman nicht. Könnte mich allerdings täuschen, ist schon länger her.
(sag mal, weißt du ob Ronald Hayman ein Nachfahre von Laure Hayman ist, der Geliebten von Prousts Onkel?)
Gruß,
Maria