Klassiker in 500 Jahren?

  • Zitat von "xenophanes"

    Es gibt eine Menge von wichtigen klassischen Büchern die nur selten auf dem Buchmarkt sind. Das gilt speziell für Klassiker der Geistesgeschichte. Eine gute deutsche Ausgabe der Werke Plotins und des Ptolemäus sind schwer zu finden und sie werden selten gedruckt, obwohl diese Bücher zu den einflussreichsten Büchern überhaupt gehör(t)en.
    Der angelsächsische Buchmarkt ist hier wesentlich besser als der hiesige (nebenbei angemerkt).
    CK


    Ich unterscheide nach Klassikern i.e.S. (Antike) und Klassikern i.w.S., die hier zitierte Definition bezieht sich nur auf Klassiker i.w.S.
    Ob ein Werk auf allen Buchmärkten der Welt permanent vorhanden ist, ist natürlich nicht entscheidend, aber wenn ein Autor mehrere Generationen lang nirgens auf der Welt mehr gedruckt wird, dann hat er eben seinen Klassikerstatus verloren, unabhängig davon ob er irgenwann einmal einflussreich war.


    Beispiel: Schiller ist ein deutscher Klassiker und bliebe dies auch, auch wenn er in einem zukünftigen totalitären System in Deutschland nicht mehr gedruckt werden dürfte.

  • Zitat von "Gitta"

    Zu Böll: Auch da bin ich anderer Meinung. Gerade seine Kriegserzählungen oder Nachkriegserzählungen, die alle den noch stattfindenden oder gerade beendeten Krieg behandeln, z. B. sein meisterliches "Wanderer, kommst du nach Spa.." oder "Lohengrins Tod" u. viele andere sind in einer derart dichten, eindringlichen Sprache geschrieben, daß ich noch heute beim Lesen schaudere. Auch seine frühen Romane sind für mich das, was ich der Literatur abverlange, nämlich, daß sie mich zum Nachdenken bringt. Man spürt, daß der Autor dieses Grauen selbst erlebt hatte. ...
    Wenn ich also an Böll denke, ist es Aktualität, denn im Grunde sind alle Kriege und ihre Folgen gleich, auf der ganzen Welt. Ich bin der Meinung, zumindest Bölls Erzählungen werden wieder entdeckt werden.


    Hallo Gitta,


    stimme Dir bei Böll völlig zu. Bölls Erzählungen müssen allerdings m.M.n. nicht wieder entdeckt werden, sie waren nie und sind nicht vergessen und m.M.n. werden sie auch bleiben.


    Liebe Grüße von Hubert

  • Hallo zusammen!


    Vom Copyright her stimmt Huberts Klassikerdefinition ja absolut. Und da ich sehr pragmatisch bin und einfache Definitionen liebe, werde ich in Zukunft nicht mehr von Klassikern sprechen, sondern von Grosser Literatur, wenn ich Qualität meine.


    Deshalb die Frage mal anders formuliert: Welche Grosse Literatur wird Eurer Meinung nach auch noch in 500 Jahren unvergessen sein?


    Bye, Ivy

  • Zitat von "Hubert"

    hm, alles richtig und ich habe auch nirgens das Gegenteil behauptet. Nur - was hat das mit meiner Klassikerdefinition zu tun?


    Zitat von "Hubert"

    Klassikerdefinition, der ich anhänge <b>(Buch muß 70 Jahre nach dem Tod des Autors noch regelmässig gedruckt werden und im normalen Buchhandel erhältlich sein)</b>


    Zitat von "nimue"

    hm, ...<b>Wir wissen heute überhaupt nicht, was in 70 Jahren sein wird. Ob es überhaupt noch Buchhandlungen gibt. Ob es überhaupt noch Bücher gibt. Ob wir nicht vielleicht in einem Staat leben, der Bücher von Hesse, Mann & Co. verbietet und verbrennt.</b>


    Einfach nochmal durchlesen - die wichtigen Stellen habe ich fett markiert.


    Zitat von "Hubert"

    Richtig, nur wäre es dann aus unserer Sicht weiterhin trivial. Und was hat das jetzt mit meiner Klassikerdefinition zu tun?


    Nichts, aber ich darf trotzdem auf das eigentliche Thema hier eingehen?


    LG nimue

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Hubert"

    Klassikerdefinition, der ich anhänge <b>(Buch muß 70 Jahre nach dem Tod des Autors noch regelmässig gedruckt werden und im normalen Buchhandel erhältlich sein)</b>

    Zitat von "nimue"

    hm, ...<b>Wir wissen heute überhaupt nicht, was in 70 Jahren sein wird. Ob es überhaupt noch Buchhandlungen gibt. Ob es überhaupt noch Bücher gibt. Ob wir nicht vielleicht in einem Staat leben, der Bücher von Hesse, Mann & Co. verbietet und verbrennt.</b>


    Um nimues Einwand zu entkräften, müsste man wohl Huberts Definition die m.E. in "normal" implizit gemachte Bedingung explizit formulieren: "unter der Voraussetzung, dass die Gesellschaft (politisch, ökonomisch etc.) in ungefähr demselben Stand bleibt, wie sie es heute ist".


    Grüsse


    Sandhofer
    EDIT: 1 überflüssiges Quote gelöscht ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Zitat von "nimue"

    Nichts, aber ich darf trotzdem auf das eigentliche Thema hier eingehen?


    LG nimue


    Hallo nimue,


    m.M.n. darfst Du in Deinem Forum überall und zu jeder Zeit auf jedes Thema eingehen. Aber das ist jetzt nur meine bescheidene persönliche Meinung.


    LG Hubert


  • Dass ein Buch, dass bei seinem Erscheinen als wenig anspruchsvoll galt, später doch ein Klassiker werden kann, halte ich, wenn ich Dich richtig verstanden habe, Du auch, durchaus für möglich. Die von Dir erwähnte "Ilias" ist dafür ein gutes Beispiel.


    Wie kommst Du denn auf DIE Idee?



    M.M.n. war die "Ilias", handwerklich zwar sehr gut gemacht, aber inhaltlich ein Auftragswerk übelster Politikpropaganda.


    Laß mich mal "raten": Du hast die Ilias nicht gelesen.

  • ? Huch - - - Leider, falsch geraten!


    Dann würde es mich sehr interessieren, näheres zu Deinen Behauptungen zu erfahren.


    Behauptung 1:
    Die Ilias sei "ein gutes Beispiel" dafür, daß "ein Buch, dass bei seinem Erscheinen als wenig anspruchsvoll galt, später doch ein Klassiker werden kann".


    ? Huch - - - Die Ilias soll bei Erscheinen als "wenig anspruchsvoll" gegolten haben!


    Gerne wiederhole ich daher meine Frage:


    Wie kommst Du denn auf DIE Idee?

  • Hallo zusammen,
    ich möchte mich nicht weiter in eure Diskussion mischen, aber ...



    Wie kann ein Werk, das über Jahrhunderte vorwiegend mündlich tradiert wurde, "erschienen" sein und woher weiß man, wie es - bei seiner ersten Aufführung - wenn ich mal diesen Ausdruck für das Erscheinen benutzen kann - gewertet wurde?


    Neugierig


    finsbury


  • Hallo zusammen,
    ich möchte mich nicht weiter in eure Diskussion mischen, aber ...


    Doch, misch Dich doch bitte ein! :smile:



    Wie kann ein Werk, das über Jahrhunderte vorwiegend mündlich tradiert wurde, "erschienen" sein und woher weiß man, wie es - bei seiner ersten Aufführung - wenn ich mal diesen Ausdruck für das Erscheinen benutzen kann - gewertet wurde?


    Neugierig


    finsbury


    Tja, das musst Du Hubert fragen. In dem Zusammenhang würde mich auch interessieren wie lange denn die Ilias wohl als "wenig anspruchsvoll" gegolten hat, und wann sie zum Klassiker wurde. Ich bin auf Huberts Antwort sehr gespannt.


    Ebenso neugierig


    Schweitzer