Deutsche Gegenwartsliteratur, deren Lektüre sich lohnt

  • denn was jetzt als moderne Hochliteratur gilt, wird später klassisch genannt,


    Na ja - auch nicht alles. Sonst würden wir heute immer noch Carl Spitteler lesen, Gustav Freytag und Paul Heyse. Aber wer, wenn ich uns paar Freaks hier und ein halbes Dutzend Deutschlehrer ausnehme, kennt nur schon diese Namen, die mal die Bücherschränke des gebildeten Bürgertums dominiert haben?


    Und die jetzigen Klassiker werden vielleicht vergessen sein, zumindest ein Teil davon.


    Einverstanden. Ich sage nur: Klopstock. Bis in die 60er des letzten Jahrhunderts unhinterfragt kanonisch ...


    Bis dahin werden noch einige Autoren wiederentdeckt und einige wiederum in ihrer Bedeutung relativiert.


    Auch hier bin ich Deiner Meinung: Hölderlin war zu Lebzeiten allenfalls ein Insider-Tipp und Jean Paul hatte mehr oder weniger den Ruf eines Trivialautors.


    Gegenwartsautoren? Ich lese wenig. Markus Werner ist immer noch auf der Liste derer, in deren Texte ich mal hineinschnuppern will. Genazino hat mir einen guten Eindruck hinterlassen, aber ich habe bisher nur Ein Regenschirm für diesen Tag gelesen. Hermann Burger ist auch bereits verstorben und publiziert demzufolge nicht mehr. Elfriede Jelinek, ja.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Na ja - auch nicht alles. Sonst würden wir heute immer noch Carl Spitteler lesen, Gustav Freytag und Paul Heyse. Aber wer, wenn ich uns paar Freaks hier und ein halbes Dutzend Deutschlehrer ausnehme, kennt nur schon diese Namen, die mal die Bücherschränke des gebildeten Bürgertums dominiert haben?


    Jetzt weiß ich endlich, nach wem die Paul-Heyse-Unterführung in München benannt wurde :klatschen: :zwinker:


    zum Thema: Ich lese eher weniger deutschsprachige Gegenwartsautoren. Schon im englischsprachigen Bereich fällt es mir schwer, da den Überblick zu behalten. Da ist es bei den Klassikern leichter.
    Von Dostoevskijs Liste habe ich einige gelesen (teilweise im Rahmen von Schule oder Uni), werde aber bei manchen wohl kein zweites Buch mehr lesen, weil sie mich thematisch nicht angesprochen haben, z.B. Christoph Hein und Uwe Timm. Thomas Glavinic habe ich letztes Jahr ausprobiert, bin mir noch nicht sicher, ob ich da noch etwas lesen werde. Der einzige aus dieser Liste, von dem ich immer mal wieder gerne etwas lese ist Herbert Rosendorfer.


    @ Peter: schönes Portrait. Ich hätte wahrscheinlich tatsächlich geraten, welchen Literaten es darstellen soll :zwinker:


    Viele Grüße
    thopas

  • Na ja - auch nicht alles. Sonst würden wir heute immer noch Carl Spitteler lesen, Gustav Freytag und Paul Heyse. Aber wer, wenn ich uns paar Freaks hier und ein halbes Dutzend Deutschlehrer ausnehme, kennt nur schon diese Namen, die mal die Bücherschränke des gebildeten Bürgertums dominiert haben?


    Ich habe als Schüler mit großer Begeisterung sämtliche Romane von Freytag gelesen. Und den Tip hatte ich, wenn ich mich recht erinnere, von unserer Deutschlehrerin (die sowieso eine Ausnahmelehrerin darstellte).

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Hallo Evelyne,
    ich verstehe von dem Fach so viel man davon verstehen kann, wenn man es studiert und sich ein Leben lang damit beschäftigt hat. Doch das will nichts besagen. Jeder Leser ist ein Fachmann in Fragen seines eigenen Geschmacks.
    Meines Wissens sind Peter Handke, Gert Jonke, Alain Claude Sulzer, Marcel Beyer, Edgar Hilsenrath und dann gibt es auch noch Alexander Kluge weder tot (ein langes Leben sei Ihnen gewünscht), noch Klassiker (denn wie gesagt, sie leben ja Gott sei Dank noch), noch Literaturnobelpreisträger (kann aber noch kommen).
    Alles muß in einem gewissen Kontext gesehen werden, da hast du recht. Es fragt sich nur, welchen du in diesem konkreten Fall meinst?
    Warum nimmst du an, ich würde glauben im Ausland gäbe es nur gute Bücher? (Jede Menge Schrott, wohin man guckt) Nur weil ich gesagt habe, es gibt zu wenige lesenswerte deutschsprachige Bücher der Gegenwart?
    Alles was du in deinem Beitrag an Peter schreibst, finde ich gut und richtig. Die ganze Aufregung ist nicht der Mühe wert, die Zeit wird es schon richten. Die Aufarbeitung der Mängel, Unzulänglichkeiten und Versäumnisse der deutschen Literatur nach 45 wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    In der Zwischenzeit habe ich bei euch genau das Gegenteil von dem erreicht, was ich erreichen wollte, denn ihr wollt jetzt noch mehr von dieser faden Kost der deutschen Gegenwartsliteratur konsumieren.
    Dann lest doch wenigstens den Roman "Flughunde" von Marcel Beyer. Diese Tiere haben diesem Roman den Titel gegeben und spielen in ihm eine Rolle, weil sie über ein ungleich stärkeres Hörvermögen verfügen als der Mensch. Das Buch besteht aus inneren Monologen. Die Stimme eines Akustikers, der für Joseph Goebbels arbeitet und die Stimme der kleinen Helga, der ältesten Goebbels-Tochter, wechseln sich ab. Der Akustiker wird die letzten für menschliche Ohren hörbaren Lebenszeichen der Goebbels-Kinder aufzeichnen. Es ist ein Buch, das man nicht mehr vergißt.
    Grüße von der (Marcel Beyer-) Leserin

  • Hallo Jaqui,
    jetzt habe ich deine Gefühle also doch verletzt. Das tut mir leid und war nicht meine Absicht, aber wohl unvermeidlich, wenn ich ehrlich bleiben wollte. Ich bin hier schon gegen Autoren wie Grass, Böll, Walser, Pascal Mercier etc. zu Felde gezogen, was sollte ich da wohl zu Wolfram Fleischhauer sagen?
    Geht es dir beim Lesen denn wirklich nur um mehr oder weniger aufregende Geschichten, achtest du gar nicht auf die Sprache? Nimm mir die Frage nicht übel, denn sie interessiert mich wirklich.
    Grüße von der Leserin


  • jetzt habe ich deine Gefühle also doch verletzt. Das tut mir leid und war nicht meine Absicht, aber wohl unvermeidlich, wenn ich ehrlich bleiben wollte. Ich bin hier schon gegen Autoren wie Grass, Böll, Walser, Pascal Mercier etc. zu Felde gezogen, was sollte ich da wohl zu Wolfram Fleischhauer sagen?
    Geht es dir beim Lesen denn wirklich nur um mehr oder weniger aufregende Geschichten, achtest du gar nicht auf die Sprache? Nimm mir die Frage nicht übel, denn sie interessiert mich wirklich.


    Verletzt würde ich nicht sagen, ich war eher mal ein wenig schockiert wie man über einen ganzen Verlag einfach mal so pauschal drüber fahren kann. Und ihn verurteilt, dass er keine Literatur produziert.


    Doch ich achte schon auf die Sprache, aber wenn das Buch keine halbwegs annehmbare Handlung hat, dann ist das Buch für mich nicht gut. Für mich steht die Geschichte die geschrieben wird im Vordergrund und wenn sie dann auch noch in einer tollen Form geschrieben wurde, usmo besser.


    Aber ein hochwertiger sprachlicher Text ohne Handlung ist für mich einfach nicht lesbar und daher wertlos. Vielleicht bin ich da einfältig, kann sein, aber ich kann gut damit leben. :winken:


    Katrin

  • Aber ein hochwertiger sprachlicher Text ohne Handlung ist für mich einfach nicht lesbar und daher wertlos.


    Schade, da entgeht Dir so einiges - v.a. auf dem Gebiet der Lyrik.


    Was mich daran erinnert, dass Karl Krolow noch genannt werden müsste, mein liebster deutschsprachiger Lyriker - zumindest, was das letzte Viertel des 20. Jahrhunderts betrifft. Leider auch schon verstorben ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo Evelyne,
    ich verstehe von dem Fach so viel man davon verstehen kann, wenn man es studiert und sich ein Leben lang damit beschäftigt hat. Doch das will nichts besagen. Jeder Leser ist ein Fachmann in Fragen seines eigenen Geschmacks.


    Hallo Leserin


    Da stimme ich Dir zu. Jeder hat seinen Geschmack und danach werden sich mehr oder weniger auch seine Maßstäbe ausrichten. Es könnte natürlich auch sein, dass jemand ein literarisches Werk nicht als solches zu würdigen weiß, weil er keinen Zugang dazu findet. Das ist aber eher das Problem des Lesers und sagt noch nichts aus über den Autor und dessen Intension. Viele Autoren wurden in ihrer Zeit verkannt und erst von späteren, weniger engstirnigen Generationen als große Schriftsteller begriffen. Deine pauschalen Urteile sprechen m. E. eher für eine recht grobkörnige Betrachtungsweise. Tatsächlich konntest Du uns nicht überzeugen. Du argumentierst in keinster Weise literaturwissenschaftlich, sondern eher plakativ wie ein Marcel Reich-Ranicki. Lauter Verrisse! Nur weil Du keine guten Nachwuchsautoren im deutschsprachigen Raum wahrnimmst, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt. Es besagt nur, dass DU es nicht siehst. Voilà! :zwinker:

  • So ein schönes und interessantes Thema, aber langsam wird wohl so eine Art von Bundestagsdebatte daraus, macht aber nichts, zumal sich dann gewisse bibliomane Konturen heraus bilden und das ist doch gut so.


    Zu meinen Fragen: Hier fiel der Name - Günter de Bruyn, könnte mir bitte vielleicht näheres zu diesen Autoren schreiben (was sollte man unbedingt von ihm gelesen haben), denn dieser Schriftsteller steht schon einige Zeit auf meiner "Kennenlernwunschliste", aber auf Grund zu hoher Neuanschaffungsgebrauchsstufe (ich hab's heute mit den Bandwurmwörtern) kam ich noch nicht dazu..., auch Rosendörfer würde mich interessieren.
    Meine Nachfrage habe ich deshalb etwas vorsichtiger gestaltet, wenn man das einmal so sagen darf, weil ich mit dem hochgelobten Mecier so einige arge Schwierigkeiten hatte und mir nicht vorsätzlich neue Enttäuschungen in das Bücherregal stellen wollte (möchte), aber das sind dann wohl auch wieder ebenso private wie prosaische Befindlichkeiten und sollen hier nicht als - Öl ins Feuer verstanden werden.


    Liebe Grüße von der kalten Ostseeküste


    Peter

  • Hallo Peter,


    Herbert Rosendorfer schreibt gerne über verschrobene, etwas spießige Leute, zumeist in einem Münchner Vorstadtviertel wohnend. Seinen Romanen liegt oft ein etwas phantastisches Szenario zugrunde, wie z.B. eine Zeitreise, Außerirdische landen in München oder alle Menschen verschwinden plötzlich von der Erde (nur einer bleibt übrig). Das klingt jetzt erstmal eher banal und nach Unterhaltungsliteratur, aber die Personen in den Romanen und Geschichten sind meist sehr genau beobachtet und gut getroffen; und dann kommt noch eine gute Portion Gesellschaftskritik hinzu. Mir geht es meist so, daß ich mich mit den Personen in seinen Büchern nicht recht wohl fühle. Zuerst denkt man, sie sind etwas überzogen dargestellt, aber dann beschleicht einen das Gefühl, daß es solche Leute bestimmt zuhauf um einen herum gibt :rollen:.


    Sein bekanntestes Buch ist wohl Briefe in die chinesische Vergangenheit (ein Mandarin aus dem 10. Jahrhundert kommt per Zeitreise ins heutige München und berichtet seinem daheimgeblieben Freund), dazu gibt es noch einen Nachfolgeband Die große Umwendung, der sich mit dem Mauerfall und der Wende beschäftigt (ist leider etwas schwächer wie sein Vorgänger). Ansonsten habe ich von ihm noch gelesen: Die Goldenen Heiligen, Stephanie und das vorige Leben, Ein Liebhaber ungerader Zahlen, und erst kürzlich Großes Solo für Anton (da habe ich hier im großen Forum etwas dazu geschrieben).


    Auch ganz nett sind seine Erzählungen z.B. die Bände Absterbende Gemütlichkeit oder Ungeplante Abgänge. Es gibt noch viel mehr von ihm, wie du hier sehen kannst. Da werde ich bestimmt noch das eine oder andere lesen. Wenn jemand da Empfehlungen hat, wäre ich ganz dankbar dafür :winken:.


    Wenn du noch gar nichts von ihm kennst, empfiehlt es sich vielleicht, mit den Briefen in die chinesische Vergangenheit anzufangen; da bekommst du einen guten Einblick. Ich hoffe, das hilft dir erstmal etwas weiter...


    Viele Grüße
    thopas

  • Lieben Dank, Thopas,


    das nenne ich eine ausführliche Einführung in die Welt des Autors Rosendorfer. Ich werde also deinen guten Rat befolgen und mir die "Briefe" dann Bestellen, mal sehen was sich dann aus der Lektüre (ich habe heute wohl meinen Tag der geschwollenen Reden) so heraus bildet.


    Da mein SUB langsam aber sicher, und endlich, geschmolzen ist wie ein Eisberg auf dem Weg zum Äquator, so kann ich dann fröhlich wieder Aufstocken, ohne das mir ein gigantischer und ebenso chaotischer Bücherstapel permanent ein schlechtes Gewissen einredet.
    (Mit dem "Leoparden" machte ich ja schon die allerbesten Erfahrungen, wegen der Ratschläge in diesem schönen und sehr interessanten Forum.)


    Liebe Grüße von der "arktischen" Ostseeküste


    Peter

  • Hier fiel der Name - Günter de Bruyn, könnte mir bitte vielleicht näheres zu diesen Autoren schreiben (was sollte man unbedingt von ihm gelesen haben), [...]


    Ich war der Meinung, ihn in den 80ern des letzten Jahrhunderts als Lyriker kennengelernt zu haben, aber Wikipedia will ihn als Romancier und Essayisten. Dann kann ich Dir leider nicht weiterhelfen ... :rollen:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Ich werde also deinen guten Rat befolgen und mir die "Briefe" dann Bestellen, mal sehen was sich dann aus der Lektüre (ich habe heute wohl meinen Tag der geschwollenen Reden) so heraus bildet.


    Da bin ich gespannt, ob es dir gefallen wird. Auf jeden Fall macht es Spaß zu raten, wer hinter den "chinesischen" Namen steckt. Viel Spaß bei der Lektüre :winken:.


    Viele Grüße
    thopas

  • Ich bin hier schon gegen Autoren wie Grass, Böll, Walser, Pascal Mercier etc. zu Felde gezogen, was sollte ich da wohl zu Wolfram Fleischhauer sagen?


    Liebe Leserin!
    Weshalb denn Feldzüge gegen Grass und Walser?
    Besonders G. Grass liebe ich wegen seiner Sprache. Sein Spiel mit diesem Medium in der Blechtrommel hat mich veranlaßt, es bis jetzt dreimal zu lesen und es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein.
    Und als ich den "Butt" zu Ende gelesen hatte, habe ich anschließend in Gedanken für Alltagssituationen ähnliche Sätze zu formulieren versucht. Seine Sprachgewalt hat mich (verzeih die Ausdrucksweise, aber sie die treffendste) einfach "umgehauen". Und an diesen Autor bin ich völlig vorbehaltlos herangegangen. Ich wollte mich gar nicht so mitreissen lassen.
    Weshalb sollte ich denn jetzt deswegen ein schlechtes Gewissen haben, das mir ohnehin niemand einreden könnte?!
    Ich versteh nur die Logik dahinter nicht.
    Jelinek ja - Grass nein!!
    Gibt's dafür eine Begründung, die nicht so wissenschaftlich ist, dass sie auch ein Laie versteht?


  • Hallo Madeleine


    Ich denke, Leserin hat einen derart einzigartigen Anspruch an Literatur, dass nicht einmal Nobelpreisträger vor ihr bestehen können. So denken normalerweise nur Autoren, welche keine anderen Götter neben sich dulden. :breitgrins:

  • Gibt's dafür eine Begründung, die nicht so wissenschaftlich ist, dass sie auch ein Laie versteht?


    Ich kenne nun der Leserin Begründung nicht. Mir selber geht es so, dass mich mit zunehmendem Alter Grass' "Sprachgewalt", wie Du sagst, irgendwie misstrauisch stimmt, mir ein Vorhang erscheinen will, ein künstlich erzeugter Nebel, hinter dem die Trivialität des Erzählten versteckt wird. Das gilt für die Blechtrommel weniger als für den Butt oder gar für seine Autobiografie. Andererseits erstreckt sich dieses Misstrauen zusehends auch auf andere meiner ehemaligen Lieblingsautoren, als da z.B. wären Thomas Mann oder James Joyce. Na ja ... "ehemalige Lieblingsautoren" ist auch wieder falsch: Von Zeit zu Zeit les' ich die alten Herren gern ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ich kenne nun der Leserin Begründung nicht. Mir selber geht es so, dass mich mit zunehmendem Alter Grass' "Sprachgewalt", wie Du sagst, irgendwie misstrauisch stimmt, mir ein Vorhang erscheinen will, ein künstlich erzeugter Nebel, hinter dem die Trivialität des Erzählten versteckt wird. Das gilt für die Blechtrommel weniger als für den Butt oder gar für seine Autobiografie. Andererseits erstreckt sich dieses Misstrauen zusehends auch auf andere meiner ehemaligen Lieblingsautoren, als da z.B. wären Thomas Mann oder James Joyce. Na ja ... "ehemalige Lieblingsautoren" ist auch wieder falsch: Von Zeit zu Zeit les' ich die alten Herren gern ... :winken:


    Hallo Sandhofer


    Vielleicht liegt es daran, dass Du diese Autoren schon so oft gelesen hast. Außerdem hast Du den Vorteil, die Perspektive der Neuzeit einnehmen zu können, wozu diese Autoren ja nicht mehr in der Lage sind - todbedingt. Nun ja, Grass wollen wir mal nicht frühzeitig beerdigen. :breitgrins:

  • Was ich nun gerade in der Literatur nicht verstehe, ist, dass es Leser gibt, die so felsenfest von ihrer eigenen Meinung überzeugt sind, als ob sie für die Qualität einen wissenschaftlichen Beweis erbringen könnten.
    Ich habe bis jetzt noch keine Maßstäbe gefunden, die ich anlegen könnte, um 100%ig zu wissen, dass es sich beim Gelesenen um hochwertige Literatur handelt. Natürlich weiß ich, wie sich Trivialliteratur liest, aber bei Autoren, die alle Nobelpreisträger sind, derartig unterschiedliche Beurteilungen vorzufinden, das irritiert mich sehr.


    Wenn ich sandhofers Beitrag richtig interpretiert habe, muss man auch damit rechnen, dass nichts bleibt, wie es war, nicht einmal in der Liebe zur Literatur. Zumindest könnte es passieren, dass ich meinen so heißgeliebten Günter mit 70 Jahren überhaupt nicht mehr lesen mag, dafür aber als Jelinek-Verehrerin nach Mürzzuschlag pilgere.

  • Um mal ein paar Namen von Schweizern hinzuzufügen, die m.M.n. lesenswert sind (zumindest, was ich von ihnen kenne):


    • Fritz Zorn (zugegeben, bereits 1976 an Krebs verstorben ...)
    • Hermann Burger (lebt auch nicht mehr, ich weiss, Suizid 1989 ...)
    • Jürg Federspiel (ja, ich weiss ... (wahrscheinlich) Suizid 2007)
    • Thomas Hürlimann - aber der lebt noch ;)


    Nicht aber: Zoë Jenny ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Madeleine,


    vermutlich gibt es kaum einen Maßstab, an dem man Literatur messen kann.
    Hinzu kommt, das Literaturgeschmack durchaus ein Zeitgeschmack darstellt, also gibt es Zeiten,
    in denen man Goethe verehrt, genauso wie es Zeiten gibt, in denen man Goethe für
    belanglos oder zumindest langweilig hält.
    Man sieht es doch unmittelbar an vielen Nobelpreisträgern vergangener Tage, die heute kaum mehr jemand kennt.
    Wenn Leserin so überzeugt ist, das die deutsche Gegenwartsliteratur ohne jegliche Talente ist, wiederholt sie
    nichts anderes als den üblichen Kritikerspruch seit Jahren, der aber dadurch nicht richtiger wird, wenn man ihn
    permanent wiederholt. Die deutsche Literaturkritik erwartet vermutlich, das wir am laufenden Band einen Thomas Mann, Musil etc. produzieren.
    Das vollbringen die Deutschen genausowenig wie die Russen, die auch nicht immer einen Tolstoi oder Dostojewski hervorbringen.
    Wenn man von der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhundert absieht, dann herrscht doch heute in der deutschen Literatur Normalität.


    Übrigens lesenswert sind auch Peter Härtling und die ersten Bücher von Sten Nadolny.


    Gruß, Lauterbach.