Liebes Forum,
ich weiß nicht, ob es Euch ähnlich geht, aber als in dieser Woche der Finanzskandal bei der französischen Großbank Société Générale bekannt wurde (4,9 Milliarden Euro Verlust durch hochriskante Spekulationsgeschäfte eines einzelnen kleinen Angestellten), fiel mir sofort der Autor Michel Houellebecq ein, der in den 90er Jahren in seinen Romanen "Ausweitung der Kampfzone" und "Elementarteilchen" eine Spezies Mensch beschrieben hat, die von Selbstekel, Selbstmitleid, existentieller Langeweile und aufgestauter sexueller Frustration gesteuert wird. Sie sind äußerlich angepasst, quasi funktionierende Autisten, und die typischen Produkte einer Gesellschaft, die auf sinnentleerten Konsum, Smalltalk und oberflächliche Beziehungen fixiert ist.
Nun möchte ich natürlich dem jungen Pariser Bankangestellten nicht zu nahe treten, aber irgendwie erinnert mich seine Geschichte, die zur Zeit überall ausgebreitet wird (wahrscheinlich mit den üblichen Übertreibungen und Halbwahrheiten), ein wenig an die traurigen Figuren Houellebecqs, für die ich keinerlei Mitleid, geschweige denn Sympathie empfinden konnte.
Ich las Houellebecq damals trotzdem mit steigender Faszination, vergaß ihn aber auch schnell wieder, als ich mir zur Lektüre den Roman "Plattform" vornahm, den ich nach der Hälfte angewidert zur "Bückware" ins Regal stellen musste.
Ob die Bankdirektoren der Société Générale Houellebecq gelesen haben? Keine Ahnung, aber spätestens jetzt werden sie sich die Frage stellen, wie viele "Zombies" sie in den Großraumbüros von La Défense beschäftigt haben ...
Einen schönen Sonntag wünscht
Sir Thomas