Kennt ihr Thomas Hardy?

  • Hallo zusammen


    Hat schon jemand etwas von diesem Autor gelesen?


    evtl. "Die Woodlanders"?


    Covertext:
    "Hardy hat auch diesen Roman in Wessex, einer halb imaginären Gegend im Südwesten Englands, angesiedelt. Abseits vom zivilisatorischen Optimismus der Zeit, in der waldumschlossenen Welt der Woodlanders, wo alle voneinander abhängig sind, gibt es kein Ausweichen vor dem Ansturm der Gefühle, die sich hier gefährlich ballen und die Menschen in den Konflikt zwischen Liebe und Tugend, Vernunft und Leidenschaft, Selbsterhaltung und Selbstaufopferung treiben."


    Hört sich dramatisch an. Irgendwie muß ich an die Brontes dabei denken.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Gelesen habe ich zwar noch nichts von ihm, aber zwei Romane auf meinem SUB entdeckt: "Der Bürgermeister von Casterbridge" und "Fern vom Treiben der Menge". Auf ihn aufmerksam geworden bin ich durch eine Freundin von mir, die mir immer von Hardys Roman "Tess of the D` Urbervilles" vorgeschwärmt hat.


    Dieser Covertext zu "Woodlanders" hört sich wirklich unheimlich und dramatisch an. Rolf Vollmann schreibt in seinem "Roman-Navigator" zu Hardy: "Vielleicht, sagt man sich, kann Gott gar keine Landschaft machen, die ganz von ihm verlassen wäre - Hardy konnte das." Paßt gut zu diesem Text.


    Würde sich sicher lohnen, auch mal was von ihm zu lesen. Danke für die Erinnerung. :smile:


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)


  • Hallo Ikarus
    der Schwabe würde sagen: es "bietzelt" mich in den Fingern, ein bißchen in "Woodlanders" reinzulesen :)


    Die Aussage von Rolf Vollmann wirkt in seiner Trostlosigkeit auf mich neugierig machend. Danke fürs Nachschauen :)


    "Tess" ist mir auch ein Begriff, das wurde doch mit der Tochter von Klaus Kinski verfilmt. Doch gesehen habe ich es nicht.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,
    ich habe von Thomas Hardy mal "The Mayor of Casterbridge" gelesen (auf englisch), das wurde mir empfohlen. Das Thema ist zwar sehr brisant (ein Mann verkauft völlig betrunken seine Frau und Tochter auf dem Jahrmarkt), aber mir ist es nicht gelungen, mich wirklich auf diese Geschichte einzulassen. Alles in allem ist der Aufstieg und Fall des Mannes, der in Casterbridge sehr mächtig war, eher an mir vorbeigezogen und mir istes nicht gelungen, mich richtig auf die Geschichte einzulassen. Das Einzige, was mich am Weiterlesen hielt war Hardy´s Sprache. Das war schon sehr schön!
    LG, Nele

  • Hallo zusammen,
    ich habe von Thomas Hardy mal "The Mayor of Casterbridge" gelesen (auf englisch), das wurde mir empfohlen. Das Thema ist zwar sehr brisant (ein Mann verkauft völlig betrunken seine Frau und Tochter auf dem Jahrmarkt), aber mir ist es nicht gelungen, mich wirklich auf diese Geschichte einzulassen. Alles in allem ist der Aufstieg und Fall des Mannes, der in Casterbridge sehr mächtig war, eher an mir vorbeigezogen und mir istes nicht gelungen, mich richtig auf die Geschichte einzulassen. Das Einzige, was mich am Weiterlesen hielt war Hardy´s Sprache. Das war schon sehr schön!
    LG, Nele

  • Zitat von "Nele"

    Hallo zusammen,
    ich habe von Thomas Hardy mal "The Mayor of Casterbridge" gelesen (auf englisch), das wurde mir empfohlen. Das Thema ist zwar sehr brisant (ein Mann verkauft völlig betrunken seine Frau und Tochter auf dem Jahrmarkt), aber mir ist es nicht gelungen, mich wirklich auf diese Geschichte einzulassen. Alles in allem ist der Aufstieg und Fall des Mannes, der in Casterbridge sehr mächtig war, eher an mir vorbeigezogen und mir istes nicht gelungen, mich richtig auf die Geschichte einzulassen. Das Einzige, was mich am Weiterlesen hielt war Hardy´s Sprache. Das war schon sehr schön!
    LG, Nele


    Hallo Nele
    die Sprache ist wirklich sehr schön und "Die Woodlanders" ist, wie im Nachwort zu lesen ist, Hardys' Lieblingsgeschichte. Hier ein Auszug aus dem Nachwort:


    doch im Waldland ist das Knirschen des Räderwerks des Schicksals nur leise zu hören, die Menschen sind vielmehr die Opfer ihrer eigenen Fehler. Noch strahlt in Hintock die Sonne, wenn auch durch Bäume und Wolken. Es scheint, als habe Hardy noch einmal Atem geschöpft, bevor er zu seinen unerbittlichsten Romanen ansetzte. Er hat "Die Woodlanders" als seinen liebsten bezeichnet.


    seine unerbittlichsten Romane gegen die engen Moralbegriffe waren "Tess von den D'Urbervilles" mit Untertitel: Eine reine Frau, obwohl sie ein uneheliches Kind gebiert und "Jude, der Unberühmte". Darin wurde eine Frau beschrieben, die mit einem Mann unverheiratet zusammenlebt.


    Nochmals mit der Sprache, er bringt das Leben der Menschen mit der Natur in Einklang, mit dem Wechsel der Jahreszeiten usw.


    zu Beginn des Romans steht:


    Kein Busch noch Baum,
    kein Waldessaum
    gewährt,
    wo Herzen sich nicht finden,
    Schutz vor Winden.


    schön, nicht wahr?
    CU Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!


    Ich kenne von Hardy die folgenden 3 Romane, deren Klappentext und eine kurze Biografie ich für Euch eingescannt habe. Ein seeeehr düsterer Autor, also nicht unbedingt zu empfehlen, wenn man sowieso schon deprimiert ist...


    Grüsse


    Sandhofer


    Jude the Obscure
    This tragic story of a young country workman obsessed by his ambition to become an Oxford student recounts the painful process of his disillusionment and destruction at the hands of an oppressive society. Interwoven here is Jude's fraught relationships with two women - Arabella, the country girl he marries, and cousin Sue Bridehead, an emancipated girl with whom Jude achieves brief happiness. One of Hardy's bleakest and most outs poken novels, this is a work of unremitting insight and power. It is also a novel of graphie contrasts: between town and country, sexual passion and the urge für knowledge, the death agony of an old era and the birthpangs of the new.


    The Woodlanders
    Returning to her native village of Little Hintock from an exclusive finishing school, Grace Melbury has social aspirations which her childhood sweetheart, Gilles Winterborne, cannot here to satisfy. Her father hopes that she will marry the fascinating young Dr Fitzpiers, a newcomer to the area who seems to be a much more suitable match. Fitzpiers certainly responds to Grace's beauty - but he is also attracted to a wealthy widow who lives in Hintock House, the mysterious Mrs Charmond. Powerful and rich in its imagery, The Woodlanders contains same of Hardy's finest descriptive writing.


    Tess
    is Hardy's most striking and tragic heroine and the character who meant most to him.
    In a novel full of poetry and mysteriously luminous settings, he unfolds the story of his beautiful, suffering Tess with peculiar and unforgettable tenderness and intensity. As A. Alvarez comments: 'the plangent, heartbroken note of the great poems of loss and missed chances. . . is al ready present in Tess: in the continually roused, haunting descriptions of the landscape which crystallize intermittently into visionary states of mind, and above all in the power and beauty of the heroine whom he created and then, unwillingly, destroyed.'


    Thomas Hardy was born in 1840, in Upper Brockhampton in Dorset, the son of a stonemason. He was educated locally and spent much of his life in the Wessex area, which would later serve as the setting für many of his novels. He first worked as an architect, but also began writing his first novel, The Paar Man and the Lady (1867), which was never published.
    In 1874 he married Emma Gifford, by which time he had written four novels - Desperate Remedies, Under the Greenwood Tree, and A Pair of Blue Eyes. He wrote Far From the Madding Crowd the year of his marriage, and continued to produce a steady flow of novels, including The Return of the Native, The Mayor of Casterbridge and Tess of the D' Urbevilles. His relationship with Emma was far from perfect, and their marital difficulties inspired Jude the Obscure. His novels became increasingly dark and brooding, his characters victims of a cruel and uncaring world. Although respected and highly esteemed in the literary world, his persistent pessimism was very unpopular with the book-buying public of the time, and both Tess and Jude prompted attacks by the critics.
    Hardy then turned to poetry and ironically, was moved to write some of his most beautiful love poems after the death ofhis wife in 1912, expressing regrets about their past unhappiness together. He remarried in 1914 and remained in Dorset until his death in 1928 aged 87.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen


    sandhofer: danke für die Klappentexte und die Angaben zum Autor. Ähnliches steht auch im Nachwort zu "Die Woodlanders".


    Ich bin mit dem Buch nun durch und ganz so düster ist es nicht. Es ist dramatisch, ja - aber nicht hoffnungslos. Aber wie bereits erwähnt war das Buch nicht der anklagendste Roman von Thomas Hardy.


    In "Die Woodlanders" geht es um eine 20jährige Frau, Grace Melbury, die zurück nach Hause, nach "Little Hintock" kommt. Sie ist die Tochter eines gut betuchten Holzhändlers, der alles tat um seiner Tochter eine gute Erziehung zu geben und so mußte Grace in Kindesalter in eine entfernte Schule. Im Laufe der Geschichte stellt es sich heraus, daß Grace darüber nicht glücklich war, da sie sich doch mit ihrem kleinen Volk verbunden fühlt, denn "Little Hintock" liegt in einem Niemandsland und lebt nur von der Holzproduktion und von der Apfelernte. Der nächst größere Ort ist "Great Hintock" und selbst der Frisör von dort, geht nur ungern nach Little Hintock. Aber so beginnt die Geschichte, mit dem Frisör der nach Little Hintock kommt, um einen Auftrag auszuführen. Wie alles in diesem Roman steckt auch hinter diesem Besuch einen Sinn, der die Geschichte später zu seinem Höhepunkt treibt:


    Vorsichtig schritt er über das Laub, das den Weg oder die Straße zu dem Weiler fast unter sich begrub. Da abgesehen von ihnen selbst nur sehr wenige Leute diesen Weg nach Einbruck der Dunkelheit gingen, hielten die meisten Einwohner von Little Hintock Vorhänge für unnötig; und so kam es, daß der Besucher angelegentlich vor den Fenstern der Katen, an denen er vorbeikam, stehenblieb. Seine Haltung zeigte deutlich sein Bemühen, aus den Menschen und Dingen, die er drinnen beobachtete, auf die Lebensumstände des einen oder anderen Bewohners zu schließen.
    Nur die kleineren Häuser interessierten ihn.


    Doch Grace ist in ihrem Stand des gebildeten Mädchen zwiegespalten. Sie ist die gehorsame Tochter ihres Vater und seinen Wünschen ergeben und noch sehr kindlich. Eigentlich ist sie Giles Winterborne versprochen, doch durch die lange Zeitspanne der Trennung sind sich die beiden sehr fremd.
    Sie sehnt sich nach intelligente Gespräche und Bildung.


    Da Giles ein sehr ruhiger Mann ist und sich ihrer nicht würdig fühlt, unternimmt er keine Anstrengungen Grace intensiver zu umwerben. Als der neue Arzt sich um Grace bemüht und durch seine leidenschaftliche Art ihre Unsicherheit überbrückt, willigt sie in eine Ehe ein, die ihr Vater unterstützt, denn dann wären all seine Bemühungen um eine gute Erziehung nicht umsonst gewesen. Ein Arzt wäre für die Familie ein Aufstieg.


    Jedoch sind die Sitten streng. Die Heirat des Arztes mit Grace schadet dessen Ansehen und seine Patienten dezimieren sich:


    "Es geht um das, was die Leute wegen Ihrer überstürzten Heirat sagen, Dr. Fitzpiers. Weil sie nämlich nicht mehr glauben wollen, daß Sie so gescheit und heilkundig sind wie früher angenommen, seit sie gesehen haben, daß Sie in Mr. Melburys Familie hineingeheiratet haben, der doch auch nur in Hintock geboren ist wie wir."


    "Sollen sie's ruhig glauben", entgegnete Fitzpiers und gestand sich nicht ein, daß er zusammenzuckte....


    und so nimmt das Unglück seinen Lauf. Höchst dramatische Wendungen ließen mich das Buch kaum aus der Hand legen. Erdverbundene Weisheiten und der Wechsel der Jahreszeiten gehören zu den "Woodlanders" wie ihre ruhige Art, das Schicksal das ihnen beschert ist, anzunehmen.


    "So ist das mit Ehepaaren. Die versöhnen sich auf alle möglichen komischen Arten", sagte der Rindenschäler. "Ich hab' eine Frau gekannt, der war vor vierundzwanzig Jahren der Mann davongelaufen. Und eines Abend kommt er heim, wie sie grad am Feuer sitzt, und setzt sich in die andere Ecke vor den Kamin. 'Na', sagt sie, 'gibt's was Neues?' -- 'Nicht daß ich wüßte', sagt er. 'Und bei dir?' --- 'Nichts', sagt sie....


    Am Ende des Romans ist es schwer zu sagen, ob Grace wirklich weiß, was es heißt zu lieben. Meines Erachtens hat sie nur das Gefühl kennengelernt geliebt und begehrt zu werden. Aber sie ist erwachsener geworden und zum Schluß schließt sich der Kreis und jeder ist seinem "richtigen", wenn auch traurigen, Platz zugeteilt.


    Falls sich jemand entschließt "Die Woodlanders" zu lesen, würde mich eure Meinung sehr interessieren.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Also ich habe Jude, Tess und A pair of blue eyes von ihm gelesen, alle drei sehr lesenswert, wenn sie auch alle furchtbar traurig enden.

  • Habe vor kurzem Jude gelesen. Nachdem ich vorher so viel über die in dem Roman vermittelte Hoffnungslosigkeit gelesen hatte, habe ich mich während des Lesens immer gefragt, ob die Gemüter der damaligen Kritiker womöglich etwas zart besaitet gewesen seien. Schließlich kam dann das letzte Viertel des Buches und nun muß ich der gängigen Meinung doch zustimmen. Am Ende zieht Hardy nochmal alle Register um dem ohnehin nicht sehr glücklichen Leben Judes ein erbärmliches Ende zu setzen.... *Schauder*


    Fazit: absolut empfehlenswert, man sollte aber nicht ohnehin schon in trüber Stimmung sein

    The man who does not read books has no advantage over the man who cannot read them.
    <br />-Mark Twain
    <br />
    <br />Optimism is just lack of information!

  • Moin, Moin!


    Zitat

    ... der kuriose Fall des ersten, unveröffentlichten Romans von Thomas Hardy. (...) schreibt 1867 im Alter von siebenundzwanzig Jahren 'The Poor Man and the Lady' (...) Hardy hat das Buch als eine "dramatische Satire auf den Landadel" beschrieben, mit einer "sozialistischen, wenn nicht gar revolutionären Tendenz". (...) warnte ihn der Verlagslektor, der Romancier George Meredith, der Inhalt sei explosiv und könne seiner Karriere schaden. Aus Angst vor den Folgen zog er daraufhin das Buch zurück. (...) Später in seiner Karriere setzte sich Hardy dann in Tess von den d’Urbervilles und Herzen in Aufruhr doch noch mutig mit der viktorianischen Moral auseinander, war aber von den aggressiven Rezensionen, die er dafür bekam, so mitgenommen, dass er sich entschloss, gar keine Romane mehr zu schreiben, sondern nur noch Gedichte, was wesentlich sicherer war. "Keine Romane mehr", verkündete er. "Nur ein Narr würde absichtlich immer wieder aufstehen, um sich abschießen zu lassen."


    (Tim Parks: Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen)