• .....obgleich speziell der deutsche Literaturliebhaber anscheinend Wissen zu wagen vorzieht.


    Die im Meer und Gebirge entstandenen Titelsammlungen haben so viele verschüttete Erinnerungen geweckt und gleichzeitig neue Anregungen vermittelt, daß ich nun meine Hoffnungen auf ähnlichen Gewinn in diesem thread setze.


    Ich denke primär an Prosa und dabei weniger an erfreutes Schmunzeln ob subtiler Witzigkeiten, denn an richtig befreiendes Lachen. Gibt es das in der deutschen Literatur überhaupt?
    Mir fällt nur anglo-amerikanische ein. Voran mein heißgeliebtes "The Wrong Box" von R.L.Stevenson und Lloyd Osborne.
    Ein Klassiker, der aber in der Übersetzung stirbt (sterben muß).
    Pete McCarthys "McCarthy's Bar" und etliches von Bill Bryson z.B. "A Walk in the Woods" sind nun keineswegs Klassiker, dafür aber....also ich unterdrücke das dabei unausweichliche Gelächter hymnisch zu adjektivieren, gesund aber ist es definitiv!


    Neugierige Grüße
    g.


  • ..........zu denen ich gehöre.
    Aber ich dachte halt, im Klassikforum, ein bißchen abgewandelter Horaz kann nicht schaden :breitgrins:
    Nach dieser Ermahnung aber, ganz folgsam: Die imperative Aufforderung Wissen zu wagen - aude sapere - habe ich mir erlaubt zum Wagen des Lachens umzubiegen - und sie wird hoffentlich Titelergebnisse zeitigen.


    Oder wolltest Du mich etwa nur auf den Arm nehmen? :smile:


    Rein bayrische Grüße
    g.

  • Ridete, puellae! Am meisten lach' ich wohl bei den Komödien Nestroys. Nur weiß ich gar nicht, was du unter "befreiendes Lachen" meinst. Ich glaube, das noch nie erlebt zu haben - ?
    Nestroy: "Einen Jux will er sich machen"
    Nestroy: "Das Mädl aus der Vorstadt"
    Nestroy: "Die schlimmen Buben in der Schule"
    ...
    Da hab' ich viel gelacht. Auch bei Ferdinand Raimund(die Wiener haben da etwas drauf!), und Gryphius - der schrieb auch zwei lustige Komödien(vor allem für Lateiner interessant).


    Das ist wohl mein Geschmack von Humor, den ich Jean Paul oder Wieland vorziehe..


    Lieben Gruß.


  • Nur weiß ich gar nicht, was du unter "befreiendes Lachen" meinst. Ich glaube, das noch nie erlebt zu haben - ?


    Das ist ja schlimm :sauer: Vielleicht gibt es ein Gelächter-Gen und Du hast es nicht?


    Wer was komisch findet, das ist natürlich sehr individuell. Ich z.B. finde Nestroy zum Lächeln bis Grinsen, aber nichts für hemmungsloses Gelächter und Jean Paul habe ich, zu meiner eigenen überraschten Enttäuschung, diesbezüglich gar nicht genossen, für meinen persönlichen Geschmack die Sottisen zu dick.
    Mit der maritimen und alpinen Literatur ist das einfacher, Meer ist Meer und Berg ist Berg, aber lustig ist nicht gleich lustig. Weswegen sich hier wohl keine Titel-Kaskaden ergießen werden, wie es dort der Fall war. Ich hatte es schon befürchtet; daß mir so gar nichts Deutsches einfallen will, ist vielleicht doch nicht nur meiner Senilität geschuldet (puella :rollen: :breitgrins:).
    Aber, ich hoffe noch.


    Gruß
    g.

  • Aha - ein lautes Auflachen ohne Aufhörenkönnen, ja, das hatte ich in Bezug zur Literatur doch gehabt, und zwar im Theater, nicht beim Lesen: "Elisabeth II." von Thomas Bernhard.


    Von Martial gibt es übrigens solches:
    "Plora, si sapis, o puella, plora!" ("Weine, wenn du klug bist, o Mädchen, weine!") ;)


    Lieben Gruß.

  • Hallo zusammen!


    Ähnlich wie Knabe kann ich - alleine im stillen Kämmerlein mit meinem Buch - nicht lauthals lachen. Auch nicht vorm TV-Apparat, selten im Kino. Es braucht für mich ein Gegenüber aus Fleisch und Blut, uber das und mit dem ich lachen kann. :zwinker:


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo gantenbeinin und alle,


    Mir fällt nur anglo-amerikanische ein. Voran mein heißgeliebtes "The Wrong Box" von R.L.Stevenson und Lloyd Osborne.
    Ein Klassiker, der aber in der Übersetzung stirbt (sterben muß).


    wie schön, endlich jemand, der meinen Geschmack in dieser Beziehung teilt. Mein nick stammt ja auch daher. Allerdings bin ich viel zu faul, um den Roman auf Englisch zu lesen und habe ihn auch in der deutschen Übersetzung mehrfach gelesen und dabei fast Tränen gelacht.
    Merkwürdig, dass Stevensons andere Werke zwar zwischendrin auch ganz lustig, aber in keiner Weise vergleichbar sind. Muss wohl an seinem Schwiegersohn Lloyd Osbourne liegen. Die beiden sollen laut dem Nachwort in meiner Ausgabe noch ein gemeinsames Werk geschrieben haben. Es ist mir aber noch nicht über den Weg gelaufen!


    Um beizusteuern zum Thread: Ich finde, einige Romane Fontanes, z.B. Frau "Jenni Treibel" oder auch das frühe Werk "Vor dem Sturm" haben feine Schmunzelstellen und auch die "Buddenbrooks", der "Felix Krull" und der "Zauberberg" von Th. Mann erfreuen mit viel schöner Ironie. Genauso wie Jean Paul, da kann ich deine Meinung, dass das zu dick aufgetragen sei, nicht teilen, gantenbeinin.
    Insgesamt gibt es in der deutschen Literatur wenig Schenkelklopfer (vielleicht Ludwig Thoma?), aber so humorlos - wie verschrieen- ist sie durchaus nicht.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • wie schön, endlich jemand, der meinen Geschmack in dieser Beziehung teilt. Mein nick stammt ja auch daher. Allerdings bin ich viel zu faul, um den Roman auf Englisch zu lesen und habe ihn auch in der deutschen Übersetzung mehrfach gelesen und dabei fast Tränen gelacht.
    Merkwürdig, dass Stevensons andere Werke zwar zwischendrin auch ganz lustig, aber in keiner Weise vergleichbar sind. Muss wohl an seinem Schwiegersohn Lloyd Osbourne liegen. Die beiden sollen laut dem Nachwort in meiner Ausgabe noch ein gemeinsames Werk geschrieben haben. Es ist mir aber noch nicht über den Weg gelaufen!


    Hallo Michael (nicht Morris, nehme ich an):smile:


    Die Einführung zu meiner Ausgabe beginnt - Perhaps no book boasts worshippers more utterly devoted to it than "The Wrong Box". They regard themselves as an elect body; they quote the book to each other in and out of season; they look with pity on those who have never read it and with ineffable scorn on those who having read it do not enjoy it.
    So isses!
    Osborne war St.s Stiefsohn und sie schrieben außerdem noch "The Wrecker" and "The Ebb Tide" gemeinsam, die ich aber beide nicht kenne.


    Eben habe ich Martin Mosebachs "Nebelfürst" beendet - auch ein Beispiel von sehr subtilem Witz in der deutschen Prosa und es gibt davon sicher viel (Tucholsky, Bierbaum, etwas Nachdenken würde noch mehr befördern). In der englischen aber ist auch das häufiger anzutreffen- die Pickwick Papers, viel bei Jane Austen, ich glaube auch bei Goldsmith. Das alles ist aber nicht gelächtertauglich und jemals "auf deutsch" so gelacht zu haben, wie z.B. als Wrong Boxer, daran kann ich mich nicht erinnern.
    Manche Pauschalierungen nationaler Typika scheinen doch nicht so falsch zu sein, deshalb mein "aude".
    Was kann man machen? "Nothing but sympathise", said Michael.


    Liebe Grüße
    g.


    p.s. Du solltest doch mal das Original lesen. Ich schwöre, es lohnt sich!

  • [...] auch ein Beispiel von sehr subtilem Witz in der deutschen Prosa und es gibt davon sicher viel (Tucholsky, Bierbaum, etwas Nachdenken würde noch mehr befördern). In der englischen aber ist auch das häufiger anzutreffen- die Pickwick Papers, [...]


    Die Pickwick Papers aber erst weit in der zweiten Hälfte. Der Beginn ist gröbstes Vaudeville, der Schluss larmoyant wie so vieles von Dickens, bis er dann zum Alterspessimismus fand ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Albert Vigoleis Thelen fällt mir noch ein.


    Unbedingt!! "Die Insel des zweiten Gesichts", das ist großartig!


    Weil ich den Namen eben schon mal aufschrieb: Ludwig Tieck, einiges von den Lesedramen, bspw. "Der gestiefelte Kater" und "Blaubart".


    Grabbe, "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung".


    Laut lachen tu ich übrigens auch nicht. In den eigenen 4 Wänden.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Laut lachen tu ich übrigens auch nicht. In den eigenen 4 Wänden.


    Wo kommt denn nur immer das "laut" her?
    Heftiges Gelächter ist sicher nicht geräuschfrei, aber "laut"? Dagegen bin ich massiv und zwar genau dann, wenn es außerhalb der eigenen vier Wände stattfindet.:breitgrins: :breitgrins:


    Für mich hat sich der thread schon gelohnt: Albert Vigoleis Thelen - noch nie gehört. Ließe sich dazu noch ein bißchen was sagen?
    Gruß
    g.

  • Spontan fällt mir Thackeray ein. Schon der Gedanke an den "Jahrmarkt der Eitelkeit" entlockt mir ein Lachen. Die Figuren sind einfach wundervoll.


    Von "The Wrong Box" hab ich noch nie was gehört, scheint ja in Bezug auf Lachen ein Treffer !


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen,


    Thomas Mann: Die vertauschten Köpfe.
    Spielt in Indien. Sita heiratet den schmalnasigen Kaufmann Schridaman, doch ihre Augen wandern schon mal gern zu der schönen, starken Figur ihres Mannes Freund, namens Nanda, der allerdings im Gesicht ziegennasig aussieht. Auf einer Reise durch den Dschungel kommen sie an einem Tempel der Göttin Kali an und der Ehemann möchte beten. Er geht rein und enthauptet sich. Als der Freund des Wartens müde ist, geht er hinterher, sieht seinen Freund daliegen, wehklagt und enthauptet sich ebenfalls. Schließlich ist er sein bester Freund und er hatte nichts mit dessen Ehefrau.


    Als die Ehefrau die Bescherung sieht, klagt sie laut „ das ist alles ihre Schuld“ (o.ä.) Da erscheint die Göttin Kali und sagt barsch, was sie sich einbildet, diese Männer haben sie IHR, Kali, geopfert! Nach einem Gespräch zwischen den beiden Frauen, gibt die Göttin nach und die Ehefrau darf die Köpfe wieder aufsetzen und Kali wird sie zum Leben erwecken. Doch in ihrer „Huschlichkeit“ vertauscht sie die Köpfe und der schöne Kopf ihres Mannes, wandert auf den schönen Körper des Freundes. So ein Zufall! ;-)


    Bei der Geschichte musste ich ein paar mal lachen.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Thomas Mann: Die vertauschten Köpfe.


    Wieder völlig Unbekanntes. Klingt gut. Danke!


    Der Bastelerfolg der "verhuschelten" Sita scheint mir nicht nur ein witziger Blick in die Tiefen unbewußt motivierten Handelns, sondern geradezu visionär. Die Hoffnungen Menschen optisch nach Wunsch zu gestalten, werden ja schon recht heftig, wenn auch noch nicht ganz so drastisch, in die Tat umgesetzt.
    In diese Richtung geht auch schon die Überzeugungsarbeit im Gespräch, die der Friseur im Bäderhotel bei Achenbach leistet.
    Gruß
    g.

  • Ich hatte natürlich auch mal Henscheids "Trilogie des laufenden Schwachsinns" gelesen.
    Hochartifizielle Prosa. Bestes Klassisches Deutsch.


    "Die Vollidioten", das war mir zu speziell. So 68er, Kommune etc., das war nie meine Welt.
    An "Die Mätresse des Bischofs" kann ich mich seltsamerweise gar nicht mehr erinnern. Parodie auf den klassischen Bildungsroman?
    (Man möge mich korrigieren.)


    Was hängenblieb war "Geht in Ordnung ... sowieso ... genau"
    Eine gnadenlos ätzend bösartige Provinzposse, Komik von der besten Sorte -
    nämlich die, die irgendwann ins Grauen umkippt.
    Über diese ganz alltäglich Geschichte über Einen, der da was verschusselt, eigentlich wohl "nur" eine Beziehung, letztendlich alles, und sich mitten im alltäglichen Leben, unter dem Gelächter seiner Mitmenschen, zu Tode säuft.
    Und hängen blieben bis heute die hinreißenden Szenen im ANO-Teppichladen, glaub ich wohl, wo die immer abhängen und Sechsämtertropfen kippen ... das Gesöff gabs wirklich.


    Ich hatte mir die edle gebundene 4-bändige Ausgabe gekauft, der vierte Band ist der Kommentar, nebenher natürlich eine Parodie auf Literaturkommentare.
    Da wirds auch erklärt mit dem Teppichladen.
    lat. ano = im Arsch.


    Ich erinnere mich nicht, je sonst was von Henscheid gelesen zu haben.
    DAS jedenfalls hat sich absolut gelohnt.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Ich weiß nicht, ob ich Gedichte von Robert Gernhardt nennen darf, weil es sich nicht um einen Roman handelt, aber ich habe bei keiner Lektüre so gelacht wie bei dieser (und ich kann normalerweise über Gedrucktes allenfalls schmunzeln). Ich weiß nicht, ob ich ihn hier zitieren darf, er ist ja leider, leider vor kurzem gestorben, aber die Wortspieltexte, die ich hier meine, sind zb hier: [url=http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,394876,00.html]hier[/url] zu finden. Ich habe einen solchen Lachkrampf bekommen, dass meine Töchter aus ihren Zimmern ein Stockwerk höher herbeieilten, weil sie dachten, ich sei in ernsthaften Schwierigkeiten.


    Kopfverbandgrüße
    Zefira

  • Wieder völlig Unbekanntes. Klingt gut. Danke!


    Der Bastelerfolg der "verhuschelten" Sita scheint mir nicht nur ein witziger Blick in die Tiefen unbewußt motivierten Handelns, sondern geradezu visionär. Die Hoffnungen Menschen optisch nach Wunsch zu gestalten, werden ja schon recht heftig, wenn auch noch nicht ganz so drastisch, in die Tat umgesetzt.
    In diese Richtung geht auch schon die Überzeugungsarbeit im Gespräch, die der Friseur im Bäderhotel bei Achenbach leistet.
    Gruß
    g.


    Hallo Gantenbeinin
    ja, und das Ergebnis war schon genial inszeniert *grins*
    Am Ende sah Aschenbach wie der greise Geck aus, den er bei seiner Überfahrt nach Venedig noch so verabscheute.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)