Virginia Woolf

  • Neben der feministischen Sichtweise, die ich gar nicht als so herausragend empfunden habe, [...]


    Es gibt eine? :breitgrins:


    Auch das Genre Biografie wird persifliert und natürlich die vielfältigen Facetten eines Menschen aufgezeigt.


    Ersteres: ja. Letzteres: Nachdem Orlando ein Weibchen geworden war, wirkte sie auf mich recht facettenarm. Eindimensional. Nulldimensional.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Nachdem Orlando ein Weibchen geworden war, wirkte sie auf mich recht facettenarm. Eindimensional. Nulldimensional.


    sollten Frauen damals anders sein? ;-)


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • sollten Frauen damals anders sein? ;-)


    Ich weiss nicht. Aber ich weiss, dass z.B. in The Waves, und auch in To the Lighthouse, das ich bedeutend weniger mochte, die Geschlechter eigentlich ziemlich gleichberechtigt geschildert sind. Aber in Orlando scheint Woolf irgendwie der Mut verlassen zu haben, die Geliebte als Frau zu beschreiben ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    Das Lesen ihrer Tagebücher, hier die Jahre 1940 - 1941, in Verbindung mit dem Roman "Zwischen den Akten", hat mir sehr viel gebracht. Dazu kann man auch sagen, man liest Zwischen den Zeilen in ihren Tagebücher. Sie hält an ihrem Tagesablauf fest, überlebensnotwendig für sie. Doch der Kauf einer Hose bringt sie aus dem Konzept. Und dann kommen noch solche deutlichen Eintragungen wie diese zutage....


    Mittwoch 2. Oktober (1940):
    ...Zitat...
    Ach, ich versuche mir vorzustellen, wie man durch eine Bombe stirbt. Es ist recht deutlich - das Gefühl: kann aber für danach nur erstickendes Nichtsein sehen. Ich werde denken - ach ich wollte noch 10 Jahre leben - nicht das - & werde für diesmal nicht fähig sein, es zu beschreiben. Es - ich meine den Tod; nein, das Knirschen & Durcheinandergeraten, das Zerbrechen meiner Knochen, das auf meinen höchst aktiven Blick & mein Gehirn übergeht: der Vorgang des Lichtauslöschens, - schmerzhaft? Ja. Entsetzlich. Ich glaube schon - Dann ein Ohnmachtsanfall; ein Trommeln; zwei drei würgende Versuche, zu Bewußtsein zu kommen - & dann, Pünktchen Pünktchen Pünktchen.


    ....Zitat_ende....


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    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Habe jetzt ihre zwei Essay-Bände The Common Reader gelesen. Als Essayistin ist Woolf ihr Geld wert. Sie steuert den Leser mit Geschmack und Geschick durch die Jahrhunderte englischer Literatur. Obgleich sie ein Faible für die elisabethanische Welt gehabt zu haben scheint, gibt sie zu, dass sie diese Epoche und ihre Autoren nicht wirklich zu fassen vermag. (Ob wohl deshalb der Teil, der in jener Zeit spielt, in Orlando der am besten geratene ist?) Sie liest, sie vergleicht, sie studiert auch immer wieder die Biografien der von ihr besprochenen Autoren. Konsequenterweise bespricht sie denn auch keine Zeitgenossen, nur einmal werden sie kurz erwähnt, in einem Essay über den Kritiker. (Und prompt geschieht ihr, was ihrer eigenen Meinung nach dem Kritiker zeitgenössischer Literatur immer wieder geschehen wird: Sie schätzt ihre Zeitgenossen völlig falsch ein. Nach rund 90 Jahren sind die ihrer Meinung nach überdauernden Lyriker bereits absolut unbekannt; Joyce hingegen wertet sie in ein paar Sätzen zur literarischen Null ab.) Dennoch: ich habe diese Essays um einiges mehr genossen als den Orlando. Denn sie haben die Qualität, die Orlando nur zu Beginn hat: ein heiteres Plaudern über die Eigenheiten längst verstorbener Autoren.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • sandhofer: Ich finde die Essays auch wirklich sehr gut gelungen und lese immer mal wieder darin, daher freut es mich, dass sie dir auch gefallen haben.


    Nicht ganz so erstaunlich ist es, dass Woolf James Joyce nicht anerkannte, wenn man weiß, dass sie sehr sensibel, ja geradezu überkritisch ihrem eigenen Werk gegenüberstand und demzufolge auch Kritik oder gar Konkurrenz nicht ertragen konnte. Unter diesem Aspekt würde mich interessieren, wie ihre Freundschaften mit Literaten, die schließlich erfolgreich wurden z.B. Vita Saeckville-West, Elizabeth Bowen oder Katherine Mansfield, sich entwickelten.


  • Nicht ganz so erstaunlich ist es, dass Woolf James Joyce nicht anerkannte, wenn man weiß, dass sie sehr sensibel, ja geradezu überkritisch ihrem eigenen Werk gegenüberstand und demzufolge auch Kritik oder gar Konkurrenz nicht ertragen konnte. Unter diesem Aspekt würde mich interessieren, wie ihre Freundschaften mit Literaten, die schließlich erfolgreich wurden z.B. Vita Saeckville-West, Elizabeth Bowen oder Katherine Mansfield, sich entwickelten.


    Hallo Steffi,


    ich glaube, nur bei Proust hielt sie sich mit Sticheleien zurück, denn ich meine gelesen zu haben, dass sie über Proust sagte, sie wünschte, sie könnte so schreiben.


    Über Katherine Mansfield hat sie sich mal sehr böse geäußert, resultierend aus ihrer Konkurrenzangst. (ich weiß nur nicht mehr, wo ich das Zitat finde, irgendwann stolpere ich wieder darüber).


    ein paar Tage vor Virginia Woolfs Selbstmord war Elizabeth Bowen noch zu Besuch bei ihr. Aber mehr als diese Anmerkung ist nichts in ihren letzten Tagebucheintragungen zu finden.


    sandhofer,
    auch ich lese immer wieder gerne im Common Reader.
    und auch in "Zwischen den Akten" ist das Elizabethanische Zeitalter konkreter behandelt als die übrigen Zeitalter.


    Viele Grüße
    Maria

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  • ich glaube, nur bei Proust hielt sie sich mit Sticheleien zurück, denn ich meine gelesen zu haben, dass sie über Proust sagte, sie wünschte, sie könnte so schreiben.


    Als ich "Zum Leuchtturm" las, bemerkte ich eine Ähnlichkeit zu Proust in Woolfs Art zu schreiben.


    Beide kenne ich aber nur in deutscher Übersetzung.

  • Ergänzend noch zum "Common Reader" in 2 Bänden:


    V.W. plante einen weiteren Band mit Essays.
    Leonard Woolf brachte den Band 1942 unter dem Titel heraus:


    "The Death of the Moth and Other Essays" (dt. "Der Tod des Falters. Essays")
    Darin ist u.a. ein Essay "Gedanken über den Frieden bei einem Luftangriff".


    was ich nicht finde, ist das Essay "Mrs Brown and Mr Bennett" - ein Pamphlet über die traditionelle englische Erzählweise mit der die Autorin bricht. Ich dachte, ich hätte sie auf deutsch gelesen, doch finde ich sie nicht mehr. Weiß jemand in welchem Band sie sich befindet?


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • was ich nicht finde, ist das Essay "Mrs Brown and Mr Bennett" - ein Pamphlet über die traditionelle englische Erzählweise mit der die Autorin bricht. Ich dachte, ich hätte sie auf deutsch gelesen, doch finde ich sie nicht mehr. Weiß jemand in welchem Band sie sich befindet?


    Ich finde es sehr ärgerlich, dass die Fischer-Ausgabe die Essays nicht nach Datum geordnet herausgebracht hat, wie in der englischen Gesamtausgabe. Auch ist nirgends zu finden, welche Essays nun in den Themenbänden enthalten sind. Lt ursprünglichem Editionsplan sollten die Essays in breiter Auswahl chronologisch vorgelegt werden, daneben erscheinen Einzelausgaben
    Quelle: Editionsplan 1988


    Folgende Essay-Bände (außer dem Gewöhnlichen Leser) gibt es
    Der Augenblick
    Der Tod des Falters
    Frauen und Literatur


    Leider habe ich bisher noch keine dieser Essay-Ausgaben, ich denke aber, dass Mr Bennett und Mrs Brown bestimmt irgendwo enthalten ist.


  • hallo Steffi,


    ich bin nun alle Essaybände durchgegangen (auch die von dir genannten), außerdem noch ihre "Augenblicke - Skizzierten Erinnerungen" (nicht zu verwechseln mit "Der Augenblick") und sogar ihre "Kurzprosa" (Das Mal an der Wand). Ich glaube, ich habe damit alle deutschen Bände durchsucht, die es derzeit im Handel gibt.


    Mir kommt der Verdacht, dass es die Geschichte garnicht in Deutsch gibt und ich sie damals in englisch gelesen habe.


    Du hast recht. Der Fischer Verlag hat hohe Erwartungen geweckt.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    Steffi,
    nun habe ich mich gerade erinnert, dass ich vor ein paar Monaten beim Fischer Verlag wegen weiteren Übersetzungen nachfragte. Eigentlich ging es mir um "Roger Fry". (wird nicht übersetzt)


    Die weiteren Pläne sind bis 2012:


    ...bis 2012 werden in der Woolf-Ausgabe noch drei Bände erscheinen: die Essay-Sammlungen The Captain's Death Bed und Granite and Rainbow sowie die autobiographischen Schriften Moments of Being. Damit wird die Ausgabe abgeschlossen sein. Der Erscheinungszeitpunkt der genannten Bände steht noch nicht fest.



    und in "The Captain's Death Bed" ist das Essay "Mr. Bennett And Mrs. Brown" enthalten:


    http://gutenberg.net.au/pages/woolf.html


    ich freue mich besonders auf die autobiographischen Schriften, die V.W. ja leider nicht mehr beenden konnte. Aber natürlich auch auf die restlichen Essay-Sammlungen.


    Grüße
    Maria

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  • Hallo JMaria,


    danke für die Info. Roger Fry wird nicht übersetzt *heul* ! Grade durch das Tagebuch wäre ich wirklich daran interessiert gewesen. Naja, muss ich es halt in englisch lesen ...


    Da freue ich mich auch schon über weitere Essay-Bände. Ich glaube, langsam sollte ich mir mal einen oder zwei anschaffen.


  • danke für die Info. Roger Fry wird nicht übersetzt *heul* ! Grade durch das Tagebuch wäre ich wirklich daran interessiert gewesen. Naja, muss ich es halt in englisch lesen ...



    hier gibt es einen kostenfreien Download:
    http://www.archive.org/details/rogerfryabiograp010045mbp


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    am 25.01.2012 ist der 130. Geburtstag von Virginia Woolf. Aus diesem Grund habe ich mir ihre Kurzprosa herausgesucht, die ich so nach und nach lesen möchte:


    Das Mal an der Wand
    Gesammelte Kurzprosa


    [kaufen='9783100925510'][/kaufen]


    Das Buch ist aufgeteilt in:


    Frühe Erzählungen
    1917 - 1921
    1922 - 1925
    1926 - 1941


    d.h. die erste Erzählung stammt von 1906, die letzte wurde wenige Wochen vor ihrem Tod geschrieben.


    in der Vorbemerkung heißt es:
    Häufig benutzt Virginia Woolf die kleine Form, um Möglichkeiten auszuprobieren, die im bisherigen Roman noch nicht genutzt wurden...


    so z.B. eine Erzählung aus dem Umkreis von Mrs. Dalloway, die zeigt, in welche Richtung der Roman nicht gegangen ist.
    Oder die Prosastücke "Das Mal an der Wand" und "Kew Gardens" die sozusagen Fingerübungen waren für "Jacobs Room".


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    zum 130. Geburtstag von Virginia Woolf heute am 25.01.2012 einen Link zu der einzigen Aufnahme ihrer Originalstimme von 1937, BBC radio broadcast:


    und hier gehts zu einem Beitrag von "Klassiker der Weltliteratur":


    http://oe1.orf.at/artikel/202279
    in den "Radiogeschichten" gibt es zwei kurze Lesungen:


    Mi., 25.01.2012
    11:40 Radiogeschichten


    "Miss Pryme" und "Das Symbol". Von Virginia Woolf (130. Geburtstag). Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek. Es liest Ulli Maier. Gestaltung: Edith Vukan



    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich habe mir heute das komplette Werk von Virginia Woolf auf meinen eReader geladen. Beginnen werde ich mit "Mrs. Dalloway", dass ich schon vor zwei Jahren mal angefangen hatte. Und dann werde ich mich langsam weiter vorarbeiten. Immerhin sind es über 4.000 Buchseiten, da habe ich jede Menge zu tun.


    Katrin