• Der übrigens seinerseits einen Unterschied macht zwischen Werkausgaben, Gesamtausgaben und (historisch-)kritischen Ausgaben. Mengenlehre: Jede Gesamtausgabe ist eine Werkausgabe, nicht jede Werkausgabe aber eine Gesamtausgabe (Stichwort: "Ausgewählte Werke"). Kritische Ausgaben kann es auch zu Einzelwerken geben, und natürlich können sowohl Werk- wie Gesamtausgaben kritisch sein. (Und dann habe ich den Unterschied zwischen "Werken" und "Werken und Briefen" immer noch vernachlässigt.) So betrachtet, besitze ich sicher nicht ein Dutzend Gesamtausgaben.


    Und selbst ein bürgerlicher Büchersammler kann vor den Gesamtausgaben für ein Dutzend Gesamtausgaben zurückschrecken.


  • "Wer mehr als 1 Dutzend 'Gesamtausgaben' besitzt, ist ein Charlatan ! - Oder aber : er hat sie nicht gelesen." (Arno Schmidt "Die Gelehrtenrepublik", BA I/2, S. 317) :breitgrins:


    Glück gehabt, ich bin kein "Charlatan" ... :smile:


    Klassische Werk- oder Gesamtausgaben besitze ich nicht. Recht ordentlich sortiert bin ich in Sachen Thomas Mann, ansonsten besitze ich nur die (vermeintlich) wichtigsten Werke eines Autors/einer Autorin. Selbst die Zweitausendeins-Ausgabe des Geschichtswerks von Jacob Burckhardt (die auf dem Weg zu mir ist) ist keine vollständige Gesamtausgabe, wenn die Angaben bei amazon stimmen.


    Welcher Autor rechtfertigt überhaupt in Euren Augen die Anschaffung des gesamten Werks? Schiller? Goethe? Shakespeare? Oder doch eher Thomas Mann?


    LG


    Tom

  • Schmidts "Scharlatan"-Diktum geht davon aus, dass man jedes Buch, das man besitzt, gefälligst auch gelesen haben muss. Das ist natürlich Quatsch. Gesamtausgaben werden sagenwirmal zu 30-50% gelesen, der Rest ist zum Nachschlagen da, wenn man's mal braucht.


    Mitunter sind Gesamtausgaben der einzige Weg, an eine nennenswerte Werkauswahl zu kommen, etwa wenn der Autor mit Einzelbänden nicht mehr auf dem Buchmarkt vertreten ist und man antiquarisch günstig über eine Gesamt- oder doch recht vollständige Werkausgabe stolpert.

  • Welcher Autor rechtfertigt überhaupt in Euren Augen die Anschaffung des gesamten Werks? Schiller? Goethe? Shakespeare? Oder doch eher Thomas Mann?


    LG


    Tom


    Ich denke, Georg Büchner und Wolfgang Borchert waren meine ersten. Mittlerweile habe ich es auch zu einer GA von Goethe, Schiller, Heine, Wieland, Tucholsky gebracht, und falls ich Günter überlebe und nicht ganz debil und verarmen werde, na dann gibt es auch den vollständigen Grass, natürlich ;-), Brecht und Böll sind verschollen im Strudel meines Lebens.
    Bei Thomas Mann werde ich jedenfalls nicht zu allem greifen, wobei ich versuchen werde die Tagebücher alle zu sammeln. Wir reden hier aber nur von Dichtern und Schriftstellern, die Denker und Täter lasse außen vor. Wenn ich es mir leisten will, dann bevorzuge ich kommentierte Ausgaben

  • Zitat

    "Wer mehr als 1 Dutzend 'Gesamtausgaben' besitzt, ist ein Charlatan ! - Oder aber : er hat sie nicht gelesen." (Arno Schmidt "Die Gelehrtenrepublik", BA I/2, S. 317)


    Sagt Arno Schmidt auch, warum jemand ein Scharlatan ist, der seine 12+ Gesamtausgaben gelesen hat? Weil es ohne Hexerei in normalmenschlicher Lebenszeit nicht möglich ist, oder warum?


    Ich werde meine Gesamtausgaben alle lesen! Wenn die Zeit reicht. :-) (Aktuell: Lessing.)


    - Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Selbst die Zweitausendeins-Ausgabe des Geschichtswerks von Jacob Burckhardt (die auf dem Weg zu mir ist) ist keine vollständige Gesamtausgabe, wenn die Angaben bei amazon stimmen.


    Tun sie. Ausnahmsweise.


    Welcher Autor rechtfertigt überhaupt in Euren Augen die Anschaffung des gesamten Werks? Schiller? Goethe? Shakespeare? Oder doch eher Thomas Mann?


    Wie Giesbert gesagt hat, sind 30-50% einer Gesamtausgabe eh nur zum Nachschlagen da. (Und 30-50% des Gesamtwerkes eines Autors verdienen üblicherweise auch nicht, dass sie gelesen werden. Das gilt selbst für Goethe, Schiller oder Shakespeare.) Von daher: Alle 4. Und Homer. Und Sophokles.


    Mitunter sind Gesamtausgaben der einzige Weg, an eine nennenswerte Werkauswahl zu kommen, etwa wenn der Autor mit Einzelbänden nicht mehr auf dem Buchmarkt vertreten ist und man antiquarisch günstig über eine Gesamt- oder doch recht vollständige Werkausgabe stolpert.


    Ja. Insbesondere, weil das ausgehende 19. Jahrhundert noch an die Gesamtausgabe und deren Wert glaubte. (Woher sich auch Adornos Aussage erklären lässt.) Diese Ausgaben verstauben nun in den Antiquariaten.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Wenn man 24 Bände + 1 Biografieband (die Biografie allerdings wertlos) "ein paar" nennen kann... :smile:


    Du meinst den Reprint? Der zählt nicht - und muss auch nicht mehr mit 1 Million gefördert werden. Darum geht's:


    Zitat

    Reemtsma freute sich jetzt, dass die „Editionsarbeit schwungvoll weitergeführt werden kann“


    Welche Editionsarbeit soll denn da weitergeführt werden?


    Soweit ich das in Erinnerung habe, brachte Greno seinerzeit drei Bände politischer Schriften, die Ovid-Übersetzung und 1 Sonderband mit einem Versepos*. Dann gibt es da noch 3 Bänd "Schriften zur deutschen Sprache und Literatur" bei Insel. Aber eine Werkausgabe, an der kontinuierlich gearbeitet würde, ist mir nicht bekannt. Was natürlich nichts heißen will.


    * jetzt hab ich doch mal im Regal nachgeschaut. Das war: "Comische Erzählungen. Combabus. Der verklagte Amor"


    NACHTRAG: Ts, einmal Google fragen und zack: http://www.wieland-edition.uni-jena.de

  • Und wenn man jetzt noch die erwähnte Förderung berücksichtigt, ist der Preis sogar unverschämt.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • De Gruyter halt, die waren noch nie günstig. Vermutlich steckt obendrein Reemtsma auch noch Geld rein. Man könnte vermuten, dass die eigentliche editorische Arbeit mit Uni- also Steuerzahlergeldern (mit Unterstützung von JPR) finanziert wird, jetzt auch mit DFG-Geldern (wieder Steuerzahler). Und De Gruyter lediglich die Herstellungskosten übernimmt. Die sind bei so einer Ausgabe sicherlich keine Kleinigkeit - aber ob die den Preis rechtfertigen? Ich weiß ja nicht. (Ich weiß allerdings auch nicht, ob Teile der Einnahmen an die Uni zurückfließen oder vollständig bei De Gruyter bleiben.)


    Aber jetzt weiß ich auch, warum diese Ausgabe an mir vorüberging: bei dem Preis hab ich die sofort als "für mich uninteressant" aussortiert. "Gekannt" habe ich sie schon, nur präsent war sie mir nicht mehr.


  • Genau die. Und in der Tat - der Preis ist mehr als heftig.


    Und wo habt ihr den Preis gefunden? Ich habe den Link mehrfach durchgeblättert, aber keinen Preis gefunden, auch nicht, wenn man auf die Buchbestellung bei de Gruyter geht.


    Wahrscheinlich ist das wieder so eine Ausgabe, die sich nur Uni- und Forschungsbibliotheken - wiederum mit unseren Steuergeldern :breitgrins: - anschaffen können. Da werden wir lesende Steuerzahler gleich mehrfach geschröpft, ohne einen angemessenen Zugang erhalten zu können, sofern wir uns nicht in eine Unibibliothek in erreichbarer Nähe begeben können.

  • Welche Bibliothek hat noch so umfangreiche Mittel zur Verfügung? Die stöhnen doch auch alle über Kürzungen.


    Nicht die kleine Quartier- oder Stadtbibliothek selbstverständlich. Aber Universitäts- und Institutsbibliotheken.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus