Wenn ich wirklich gut und aufmerksam gelesen habe und nichts übersah, dann gab es noch keinen Eichendorff-Ordner im Allgemeinen Diskussionsforum. Warum, kann ich mir nicht erklären. Ist Eichendorff nicht mehr aktuell? Liest man die Bücher der Nachkriegsliteraten taucht der Name Eichendorff wiederholt auf, ist immer wieder auch mit altehrwürdiger Dankbarkeit erwähnt aber eher als eine Vorkriegserinnerung. Gab es mit dem Zweiten Weltkrieg einen Bruch der Eichendorff-Verehrung? So las ich es bei Günter Grass und Martin Walser zumindest heraus. Oder habe ich da einen falschen Eindruck bekommen? Wer kann mich aufklären? Ich bin neugierig, denn ich möchte diesen Dichter nächstes Jahr für mich entdecken. Und haben die großen Liederkomponisten sich nicht auch gern der Eichendorffschen Lieder angenommen? Ist das nicht ein Ausdruck hohen lyrischen Wertes seiner Dichtungen? Schrieb er auch Erzählungen, Novellen oder Romane? Grüße, FA
Joseph von Eichendorff
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Hallo zusammen!
Zitat von "Friedrich-Arthur"Schrieb er auch Erzählungen, Novellen oder Romane?
Ja. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:Grüsse
Sandhofer
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Hallo FA,
ich habe einen Band mit Eichendorffs Romanen und Erzählungen. Ich gehe davon aus, dass er komplett ist. Er enthält:
Romane :
· Ahnung und Gegenwart
· Dichter und ihre GesellenErzählungen :
· Die Zauberei im Herbste
· Das Marmorbild
· Aus dem Leben eines Taugenichts
· Unstern
· Viel Lärmen um nichts
· Auch ich war in Arkadien
· Eine Meerfahrt
· Das Schloß Dürande
· Die Entführung
· Die Glücksritter
· Libertas und ihre FreierIch wüßte nicht, dass er nicht mehr so populär ist wie früher. In der Schule haben wir ihn recht ausgiebig behandelt (vielleicht lag das aber auch an meinem Lehrer ?), daher kenne ich ihn ursprünglich. Seine Erzählungen gefallen mir vom Stil her sehr gut.
Mit Gedichten, Versepen und Dramen habe ich es nicht so, daher kann ich zu diesem Teil seines Werks nicht viel sagen.Viele Grüße,
Zola -
Danke Zola!
Könntest du mir genauere Angaben zur Ausgabe machen? Ist sie noch verfügbar, aus welchem Verlag stammt sie, welche ISBN-Nummer hat sie? Vielen Dank für deine Hilfe!
Hermann Hesse schrieb in seiner "Eine Literaturgeschichte in Rezensionen und Aufsätzen" eigentlich sehr anerkennend über Eichendorff und das gerade 1945, einer Zeit, in der es mir vorkommt, als sei da ein Bruch in der Eichendorff-Verehrung. Er äußerte, dass die Lieder Eichendorffs zum unverlierbaren Gut deutscher Dichtung gehören. Ich werde mich beim nächsten Besuch eines CD-Ladens mal auf die Suche nach Eichendorff-Liedern machen. Er schloss seinen Aufsatz mit den Worten ab: "Aber es hat sich mit den Jahrzehnten und Generationen mehr und mehr erwiesen, daß auch Eichendorffs Prosa unsterblich ist, daß sie auf uns anders, aber nicht minder stark und wunderbar wirkt wie auf die Generation von 1820 und 1840, daß ihr eine unzerstörbare musikalische Schönheit innewohnt. Die Urteile der Literaturhistoriker über Eichendorff waren vor sechzig, siebzig Jahren sehr viel skeptischer als heute. Wir sind längst überzeugt, daß er zu den Klassikern gehört, und sehen ihn, gleich seinen Brüdern Uhland und Mörike, ganz ohne Lärm und zu jener Unsterblichkeit eingegangen, an welcher keine Kritik mehr rütteln kann." Aber dieser Beitrag datiert aus dem Jahre 1945, ist also fast sechzig Jahre alt. In den letzten sechzig Jahren hat sich bekanntlich viel geändert, besonders auch auf literarischem Gebiet. Und der zweite Weltkrieg hat unsere Sicht auf die Klassiker doch schon beträchtlich beeinflusst, denke ich. Den Bruch gab es - und das ist aus historischen Gesichtsgründen mehr als verständlich - wirklich. Vielleicht wird Eichendorff besonders auch durch die Schulen bekannt gehalten. Ich kann mich nicht mehr an alles aus meiner Schulzeit erinnern, aber ich glaube, wir hatten Eichendorff nicht oder nur sehr oberflächlich behandelt (anders als Goethe, Schiller, Shakespeare, Lessing, Heine, Puschkin, Dostojewski, Gorki, Morgenstern, Storm, Fontane, Brecht usw. die eingehend besprochen wurden). Auch an Eduard Mörike und selbst Hermann Hesse kann ich mich nicht erinnern, wenn ich zurückdenke. Also muss/musste ich selbst auf Entdeckungsreise und Suche gehen und einige Klassiker für mich selbst entdecken. Aber damit genug, sonst weiche ich noch zuweit vom Thema ab.
Grüße, FA
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Hallo zusammen!
Ich gestehe, ich konnte (und kann es eigentlich immer noch nicht) nicht glauben, dass ein so belesener Mensch wie Friedrich-Arthur die Prosawerke Eichendorffs nicht kennt. Er ist m.E. als Lyriker wie als Prosaiker, ja selbst als Literaturgeschichtler, ein "Klassiker". Im Gegensatz zu (und das zeigt, wie die Urteile im Laufe der Zeit ändern) Uhland, der heute wirklich vergessen geht. Dass Eichendorff im Unterricht behandelt wird oder nicht, hängt wohl eher mit der beschränkten Zeit des Deutschlehrs zusammen.
Grüsse
Sandhofer
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Danke sandhofer! Du bestärkst mich in meinem Wunsch, Eichendorff nächstes Jahr unbedingt für mich zu entdecken und ich denke, es wird höchste Zeit. Das mit dem Deutschunterricht kann eine Zeitfrage sein, aber auch eine gesellschaftliche Frage. So erinnere ich mich sehr deutlich, dass ich in der Schule, die ich in der DDR besuchte, keine Bekanntschaft mit Hermann Hesse und Friedrich Nietzsche (zwei mir sofort einfallende Beispiele, es gibt weitere) machte und die russische Literatur dagegen sehr stark vertreten war. Aus heutiger Sicht ist mir das sogar nachvollziehbar, wenn auch schade. So muss ich also noch einiges nachholen, über Umwege und selbst suchend. Gut, dass es Foren wie dieses gibt und Bücher über Literatur, wie die von Hesse, ansonsten würde ich bei dieser Suche noch verloren gehen, denn alles kann ich einfach nicht lesen. Ich habe noch vor, nächstes Jahr drei andere Klassiker zu entdecken und werde dazu noch Diskussionen hier anregen. Später mehr. Grüße in die Runde, FA
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Hallo FA !
Seit der Schule habe ich nichts mehr von Eichendorff gelesen. Damals war es der "Taugenichts" - eigentlich, soweit ich mich erinnere, recht angenehm zu lesen, aber damals fehlte mir der richtige Tiefgang, wie ihn halt Schiller oder Goethe bieten konnten.
Bei booklooker findest du unter dem Stichwort "Eichendorff Werke" ganze 13 Seiten ... genügend Auswahl :zwinker:
Gruß von Steffi
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Zitat von "Friedrich-Arthur"
Danke Zola!
Könntest du mir genauere Angaben zur Ausgabe machen? Ist sie noch verfügbar, aus welchem Verlag stammt sie, welche ISBN-Nummer hat sie?
Hallo,
ich habe die Ausgabe von Artemis & Winkler. Dort gab es früher eine 5-bändige Gesamtausgabe:
Band 1 : Gedichte · Versepen · Dramen · Autobiographisches
Band 2 : Romane und Erzählungen
Band 3 : Schriften zur Literatur
Band 4 : Nachlese der Gedichte · Fragmente · Tagebücher
Band 5 : Schriften zu Politik und GeschichteBand 1 + 2 werden noch verlegt, der Rest ist vergriffen.
Ich habe nur Band 2. Leider gibt's da keine billigere Ausgabe, sondern nur die "Normale" für 45 Euro (ISBN 3538050589)Da Eichendorff aber nicht mehr so populär ist, kriegt man die aber antiquarisch manchmal ganz günstig. Die gab's auch mal bei Jokers als "Mängelexemplare" (aber ohne Kennzeichnung), ist dort aber online vergriffen. Ich habe gestern abend nach der Arbeit noch kurz im Jokers-Laden für Dich vorbeigeschaut, dort gab es leider auch kein Exemplar mehr.
Viele Grüße,
Zola -
Danke!!!
Also muss ich mich doch mal antiquarisch umsehen?! Im Insel-Verlag gibt es ja auch die Ausgabe "Gedichte in einem Band" als gebundenes Buch, die sind ja dann (zumindest, was die Gedichte betrifft) noch recht preiswert mit ihren 18,80 Euro (für 752 Seiten). Auch einzelne Werke sind als Insel-Taschenbuch oder Reclam-Heftchen noch recht preiswert zu bekommen... Ich danke euch für eure Hilfe und werde mich erst wieder hier melden, wenn ich etwas von Eichendorff gelesen habe. Aber wer weiß, vielleicht entwickelt ja dieser Ordner bis dahin ein Eigenleben?
Noch einen schönen Samstag und dritten Advent wünscht euch allen FA.
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Hallo zusammen,
hallo Friedrich-Arthur,vielleicht noch als kleine Ergänzung:
Bei Reclam gibt es auch einen Band Sämtliche Erzählungen für 11,60€. Enthalten sind:
· Die Zauberei im Herbste
· Das Marmorbild
· Das Wiedersehen
· Aus dem Leben eines Taugenichts
· Viel Lärmen um nichts
· Auch ich war in Arkadien
· Eine Meerfahrt
· Das Schloß Dürande
· Die Entführung
· Die Glücksritter
· Libertas und ihre FreierWäre vielleicht, zumindest für die Erzählungen, eine kostengünstige Alternative.
Zur Aktualität von Eichendorff:
Soweit ich mich recht erinnere (ich habe vor einiger Zeit im Rahmen eines Seminars etliche Texte zu Eichendorff, seiner politischen Einstellung, seinen Themen, etc.) gelesen, so wurden seine Texte im NS-Staat und auch zuvor im Kaiserreich z.T. recht eigenwillig gedeutet. So wurde der Taugenichts beispielsweise zum Bild eines Vorzeigedeutschen (u.a. deshalb, weil er sich, in Italien angekommen, nach Deutschland sehnt, auch wenn im Text nicht im Entferntesten von Nationalstolz die Rede sein kann). Möglicherweise könnte dies für einen Bruch nach dem 2. WK mitverantwortlich sein.
Möglich auch, daß die starke Fixierung einiger Erzählungen am politischen Tagesgeschehen dazu beiträgt, daß diese in Vergessenheit geraten. So ist beispielsweise das Hambacher Fest, in dessen Kontext "Auch ich war in Arkadien!" steht, heute doch eher eine Randerscheinung der deutschen Geschichte.
Der Taugenichts hingegen erfreut sich auch heute noch in Schulen einer ungebrochenen Beliebtheit, vielleicht auch, weil sich die Motive der Romantik an diesem Text sehr leicht herausarbeiten lassen und das Thema für Schüler recht interessant sein dürfte.Gruß
Berch -
Hallo zusammen,
Eichendorffs Lyrik liebe ich sehr!! Meiner Meinung hat sie etwas von Mozart: Sie wirkt auf den ersten Bild lieblich und volkstümlich, ist aber ungeheuer kunstvoll gerade in ihrer Einfachheit und hat Tiefendimensionen, die es sehr viel Spaß macht zu entschlüsseln. Solche Gedichte wie "Zwielicht" oder auch das berühmte "Schläft ein Lied in allen Dingen" sowie viele andere gehören für mich zu dem Schönsten, was unsere Literatursprache zu bieten hat. Ich mag auch "Ahnung und Gegenwart" sehr und die Novellen: Sie lösen sich häufig schon fast in Lyrik auf und sind ja auch mit dieser durchsetzt.
Berch
Mit den Nazis hast du Recht. Ich habe mal einen unsäglichen Vergleich eines nationalsozialistischen Literaten zwischen den Loreleien von Heine und Eichendorff gelesen, wobei Heine als der gleißnerische Jude und Eichendorff als der wahrhaft und glaubwürdige Deutsche hingestellt wurden. Ich glaube, dass Eichendorff, wenn er auch sicher nicht frei war von zeitgenössischen Vorurteilen, sich im Grabe umdrehen würde, wenn er sowas hätte lesen müssen.Grüße
finsbury -
Hallo zusammen!
Es gibt über Eichendorff im Moment nur einen Thread im Hausaufgaben-Unterforum ...
Ich bin im Moment wieder einmal im Eichendorff-Fieber. Ich mag nicht nur seine Lyrik (die natürlich auch: Eichendorffs scheinbare Einfachheit in seiner Lyrik, seine Naturverbundenheit, seine tatsächliche sprachliche Virtuosität - die Einfachheit, die ihn mit Goethe verbindet, die Virtuosität, die auf C. F. Meyer vorausweist - alles zusammen macht ihn zu Recht zu einem der populärsten deutschsprachigen Lyrikern, neben Goethe und Heine), sondern auch seine Prosa.
Vieles ist darin natürlich Wiederholung. Eichendorff scheint sein Leben lang mehr oder weniger Wilhelm Meisters Lehrjahre zu variieren. Seine Landschaften sind höchst künstlich. Deutschland besteht nur aus bergigen Wäldern, in denen einsame Schlösser stehen; Rom ist offenbar eine Villen-Vorstadt mit Brunnen und Gärten, in denen auch schon mal Statuen sich selbständig machen; fröhliche Studentenreisen gehen prinzipiell Donau-abwärts, ohne dass ein bestimmter Ort ausgemacht werden kann; Erinnerungen ans Studentenleben (und fast alle Helden Eichendorffs sind oder waren Studenten und Grafen) beinhalten prinzipiell Heidelberg ...
Trotz allem finde ich die Atmosphäre in Eichendorffs Prosa immer belebend. Er liest sich leicht, ohne - wie sein Ziehsohn Hesse - seicht zu werden.
Grüsse
Sandhofer
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Hallo Sandhofer,
Zitat:
ZitatTrotz allem finde ich die Atmosphäre in Eichendorffs Prosa immer belebend. Er liest sich leicht, ohne - wie sein Ziehsohn Hesse - seicht zu werden.
Deiner Aussage stimme ich nur im ersten Satz zu. Den zweiten Satz kann ich nicht recht nachvollziehen. Da sind gleich zwei Aussagen enthalten: a) Hesse liest sich leicht und b) Hesse schrieb seicht. Ich bin anderer Ansicht. Einige der Werke Hesses sind durchaus nicht leicht zu lesen, zumindest geht es mir so. Ich stelle bei mir sogar fest, dass ich ein Werk Hesses bei der ersten Lektüre nicht voll aufgenommen, verarbeitet und genossen habe, das mir so einiges entging. Bei der wiederholten Lektüre stelle ich dann fest, was Hesses Ruhm auch ausmacht: tiefe Gedanken, großartige, wenn auch romatisch geprägte Sprache, stilistische Brillianz, Themen, die mich immer wieder faszinieren und zum Denken anregen usw. Seicht würde ich Hesses Werke auch nicht bezeichnen, da alles eine Bedeutung hat. Hesse in einzelne Werke oder Schaffensperoden zu unterteilen, lehne ich sowieso ab. Alles ergiebt ein Ganzes, ein Gesamtkunstwerk sozusagen. Hesse schrieb meiner Ansicht nach nichts Unnötiges und in allem war er zu 100 % enthalten, alles gehört dazu, ist Teil Hesses. So stehen z.B. seine Naturbeschreibungen neben seinen mahnenden Worten, die Natur zu achten und erhalten und sein Bild als Gärtner in Montagnola daneben; so sind seine Betrachtungen über Kunst mit Hommagen an Künstler(innen) in seinen Werken und seine Essays und Rezensionen über deren Bücher, seine mahnenden Gedanken über den Erhalt von Kunst und Kultur, von Tradition und Achtung des Menschen usw. nicht voneinander trennbar. Ausrutscher hat Hesse sich sicher auch hier und da erlaubt, aber was bleibt, ist ein großes Gesamtkunstwerk, das noch viele Generationen in ihren Bann ziehen wird. Einige Werke und Gedichte sind in sich geschlossene literarische Perlen. Das hat mit seicht nichts zu tun! FA -
Hallo zusammen,
Zitat von "sandhofer"
Ich bin im Moment wieder einmal im Eichendorff-Fieber. Ich mag nicht nur seine Lyrik (die natürlich auch: Eichendorffs scheinbare Einfachheit in seiner Lyrik, seine Naturverbundenheit, seine tatsächliche sprachliche Virtuosität -schön, dass auch andere Eichendorff als leicht, aber nicht seicht empfinden :winken: .
Eichendorffs Lyrik gehört nicht nur zum Volkstümlichsten, sondern auch zum Schönsten, was die deutsche Sprache hervorgebracht hat. Die Melodie seiner Verse ist gerade wegen ihrer Schlichtheit kaum zu überbieten und findet m.E. nur in Heine ein Äquivalent. Natürlich gibt es noch einige große Lyriker, deren Gedichte vielleicht kunstvoller wirken, aber auch bemühter als Eichendorffs und Heines.
Auch seine Prosa ist trotz der, wie du richtig sagst, sandhofer, sich immer wiederholenden Topoi von grandioser Schönheit: Gerade auch seinen Roman "Ahnung und Gegenwart" halte ich in seinem Gesamtwerk für unterbewertet.
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.Mein Lieblingsgedicht ... . es gibt ziemlich genau das wieder, was überragende Dichtung kann.
HG
finsbury -
Zum Jubiläum, zum 150. Todestag Joseph von Eichendorffs wurde ich wieder and mein altes Vorhaben der Anschaffung der Eichendorff-Gedichte
[kaufen='978-3458173656'][/kaufen]
erinnert. Na wenigstens habe ich inzwischen den Taugenichts gelesen und das sogar gern.
Mein letzter Eintrag in diesem Ordner ist auch schon wieder fast drei Jahre her... wie die Zeit doch verfliegt...
Grüße, FA
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Hallo zusammen,
ich hatte vor, eine weitere Klassikerlücke zu schließen und mir Eichendorff vorgenommen (in der Schule haben wir nur Gedichte von ihm behandelt). Ich habe nun Aus dem Leben eines Taugenichts und Das Marmorbild gelesen und muß sagen, daß ich sehr angenehm überrascht war; mir haben diese beiden Erzählungen recht gut gefallen.
Natürlich sind Eichendorffs (Landschafts-)Beschreibungen immer sehr ähnlich, sandhofer hat es in einem zweiten Eichendorff-Thread (vielleicht könnte man die beiden Threads zusammenlegen? :winken:) recht gut beschrieben:
Zitat von sandhofer
Vieles ist darin natürlich Wiederholung. Eichendorff scheint sein Leben lang mehr oder weniger Wilhelm Meisters Lehrjahre zu variieren. Seine Landschaften sind höchst künstlich. Deutschland besteht nur aus bergigen Wäldern, in denen einsame Schlösser stehen; Rom ist offenbar eine Villen-Vorstadt mit Brunnen und Gärten, in denen auch schon mal Statuen sich selbständig machen; fröhliche Studentenreisen gehen prinzipiell Donau-abwärts, ohne dass ein bestimmter Ort ausgemacht werden kann; Erinnerungen ans Studentenleben (und fast alle Helden Eichendorffs sind oder waren Studenten und Grafen) beinhalten prinzipiell Heidelberg ...Eichendorff gelingt es sehr gut, einem ein richtiges Urlaubsgefühl zu vermitteln. Es scheint ja fast immer schönes Wetter zu sein, das Morgengrauen immer frisch und der Abend immer in goldenes Licht getaucht. Am liebsten hätte ich sofort meine Sachen gepackt und wäre gerne durch Österreich und Italien gereist (vielleicht nicht unbedingt zu Fuß :zwinker:) oder auf einem Schiff donauabwärts gefahren.
Die vielen Verwirrspiele und die oft traumhaften Elemente haben mich sehr an Shakespeares Komödien (v.a. den Sommernachtstraum und Wie es euch gefällt) erinnert. Dadurch hatten die Erzählungen für mich auch immer eine positive Grundstimmung, denn Shakespeares Komödien gehen ja immer gut aus...
Nach ein bißchen Eichendorff-Pause werde ich bestimmt auch noch andere Erzählungen von ihm lesen.
Viele Grüße
thopas -
Hallo thopas,
Zitat von "thopas"
Eichendorff gelingt es sehr gut, einem ein richtiges Urlaubsgefühl zu vermitteln. Es scheint ja fast immer schönes Wetter zu sein, das Morgengrauen immer frisch und der Abend immer in goldenes Licht getaucht.die Landschaftsbeschreibungen, auch die Beschreibungen der Gebäude (meist Schlösser) und Gartenanlagen sind bei Eichendorff tatsächlich eher allgemein gehalten, er vermeidet es, spezifische Details zu schildern. Durch diese eher unscharfen, typhaften Beschreibungen erscheint das alles wie eine verzauberte Märchenwelt mit einsamen Schlössern, die von romantischen Gärten umgeben sind, in denen geheimnisvolle Marmorstatuen stehen. Solche Motive wie die Sommernacht, Marmorstatuen, die dämonische verführerische Frau usw. kommen in verschiedenen Eichendorff-Geschichten immer wieder vor.
Typisch ist auch, daß sich die Verwicklungen einer abenteuerlichen Geschichte voller rätselhafter Geschehnisse schließlich ganz einfach auflösen und alles sein (gutes) Ende findet. Das ist beim Taugenichts so oder beispielsweise auch in der "Entführung", wo man sich fragt, wie das wohl alles ausgehen wird, und plötzlich ist der prosaische Schluß da, und man reibt sich verwundert die Augen und fühlt sich, als wäre man aus einem wilden Traum erwacht.
Schöne Grüße,
Wolf -
[...]in einem zweiten Eichendorff-Thread (vielleicht könnte man die beiden Threads zusammenlegen? :winken:) [...]
Sieh mal einer an - dessen war ich mir gar nicht bewusst. Und dann noch in der Nicht-Klassiker-Abteilung ... tse, tse, tse ... Danke für den Hinweis! Die Zusammenlegung ist erfolgt.
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die Landschaftsbeschreibungen, auch die Beschreibungen der Gebäude (meist Schlösser) und Gartenanlagen sind bei Eichendorff tatsächlich eher allgemein gehalten, er vermeidet es, spezifische Details zu schildern. Durch diese eher unscharfen, typhaften Beschreibungen erscheint das alles wie eine verzauberte Märchenwelt mit einsamen Schlössern, die von romantischen Gärten umgeben sind, in denen geheimnisvolle Marmorstatuen stehen. Solche Motive wie die Sommernacht, Marmorstatuen, die dämonische verführerische Frau usw. kommen in verschiedenen Eichendorff-Geschichten immer wieder vor.Typisch ist auch, daß sich die Verwicklungen einer abenteuerlichen Geschichte voller rätselhafter Geschehnisse schließlich ganz einfach auflösen und alles sein (gutes) Ende findet. Das ist beim Taugenichts so oder beispielsweise auch in der "Entführung", wo man sich fragt, wie das wohl alles ausgehen wird, und plötzlich ist der prosaische Schluß da, und man reibt sich verwundert die Augen und fühlt sich, als wäre man aus einem wilden Traum erwacht.
Hallo Wolf,
das hast du sehr schön beschrieben. Man kommt sich vor, als wäre man in einem Traum. Auch die Farben, die immer wieder erwähnt werden (goldenes Licht, das durch das grüne Laub der Bäume schimmert, der blaue Himmel, das Abendrot) lassen einen vom Sommer träumen. Die Farben erinnern mich fast ein bißchen an die Merchant-Ivory-Literaturverfilmungen (z.B. Zimmer mit Aussicht, Howards End, Maurice), in denen auch immer die Farben Grün, Beige, Weiß und Blau vorherrschen (zumindest in meiner Erinnerung). Das gibt dann so eine Stimmung, als würde man in der Sonne liegen und vor sich hin träumen...
Sieh mal einer an - dessen war ich mir gar nicht bewusst. Und dann noch in der Nicht-Klassiker-Abteilung ... tse, tse, tse ... Danke für den Hinweis! Die Zusammenlegung ist erfolgt.
Danke, sandhofer :winken:
Viele Grüße
thopas -
Hallo,
um diesen Themenordner einmal wieder mit Leben zu füllen habe ich eine Frage: welche gut kommentierte Gesamtausgabe der Werke Joseph von Eichendorffs könntet ihr mir empfehlen?
Ich habe eine schon etwas ältere Ausgabe der ausgewählten Werke Eichendorffs (deutsche Buchgemeinschaft), aber die sagt mir nicht so recht zu.
Grüße, Vult