Heimito von Doderer war Historiker, und ein Anliegen der "Strudlhofstiege" ist (lt. Sekundärliteratur) die Darstellung des politischen Umbruchs nach 1918 bzw. die Folgen des Umbruchs für eine bestimmte Bevölkerungsschicht. Seine (implizit formulierte) These lautet: Für große Teile des sich unpolitisch gebenden Bürgertums war der Umbruch fast nicht spürbar. Mit dem Untergang des Kaiserreichs änderte sich nichts an den Besitzverhältnissen. Es wurde nach 1918 gelebt, als sei (fast) nichts geschehen. Politik spielt keine große Rolle in den Gesprächen und Gedanken der Handelnden in der "Strudlhofstiege". Die Bürgerlichen gehen weiter ihren Beschäftigungen nach, leiden an unglücklichen Liebschaften und Verbindungen und sind in keinster Weise abgestürzt - und wenn doch, dann von einem sanften Hügel dicker Schlagsahne (pardon: Schlagobers).
Schicksalsgläubigkeit scheint ebenfalls eine wichige Rolle im Denken Doderers zu spielen, denn keine Figur der "Strudlhofstiege" unternimmt eine wesentliche Anstrengung, um den Verstrickungen, von denen sie umgeben ist, zu entrinnen.
Ein anderes Thema (oder Anliegen) Doderers war das Konzept der "Menschwerdung", besonders schön geschildert in "Die erleuchteten Fenster oder Die Menschwerdung des Amtsrats Zihal". Auch der Major Melzer aus der "Strudlhofstiege" passt in dieses Thema gut hinein.
Vielleicht reichen diese Gedanken aus, um kurz anzudeuten, dass H.v. Doderer zwar kein Gesinnungsschreiber, aber sehr wohl ein Autor mit tief verwurzelten Konzepten und Hypothesen war.
Soviel zu der Frage "Was will der Autor uns eigentlich sagen?"
Es grüßt
Sir Thomas