• Liebe Leserinnen und Leser,


    was haltet Ihr von der aktuellen Literatur-Nobelpreisträgerin Doris Lessing? Ich kenne nichts von ihr, habe also (noch) keine Meinung. Ein wenig gewundert hat es mich schon, wer da mal wieder unerwarteterweise aus dem Hut gezogen wurde. Naja, immer wieder eine Überraschung - das scheint seit geraumer Zeit das Motto der Juroren zu sein.


    Es grüßt


    Sir Thomas

  • Na, meinen alten Englischlehrer wird es freuen, denn er ist ein großer Fan von ihr. Doch ich finde ihre Bücher soo langweilig. Wenn schon Engländer, warum dann nicht Ackroyd, Amis, Berger oder Ishiguro?
    Die Preisträger der letzten Jahre haben mir entschieden besser gefallen. Ich schätze die diesjährige Entscheidung war eine bloße politisch korrekte Pflichtübung. Und Enquist, Gustafsson und Kadaré werden inzwischen unausgezeichnet wieder ein Jahr älter.
    Grüße von der Leserin

  • Da bin ich auch platt!
    Habe grade (u.a.) ca. 10 Bände Doris Lessing in's Altpapier geworfen, ohne zu ahnen, daß ich eine Nobelpreisträgerin entsorge. Sie zu lesen habe ich schon vor vielen Jahren aufgegeben, es war mir alles zu papierern, las sich wiè Entwürfe zu Romanen, die erst noch geschrieben werden müssen, nach dem ihnen jemand Leben eingeblasen hat.
    g.

  • Hallo!


    Ich bin seinerzeit an "Das goldene Notizbuch", dem wohl bekanntesten Buch von Doris Lessing gescheitert. Das heißt zunächst aber nichts, da es auch andere Bücher gibt, die sich mir erst im "zweiten Zugriff" erschlossen haben; zB von John Banville.


    Wir müssen allerdings fair bleiben, so weit mir bekannt, war Doris Lessing schon seit Jahren ein "Geheimtip", was den Erhalt des Nobelpreises angeht!




    Gruß
    josmar

  • Moin, Moin!


    Den Nobelpreis bekommen doch oft auch Autoren, mit denen sich etwas außerhalb ihrer literarischen Arbeit verbinden läßt, ein Aufhänger gewissermaßen. So komme Autoren zum Zuge, die jenseits des Elfenbeinturms agieren und schreiben und nicht unbedingt pausenlos im Literaturolymp Hymnen an der Harfe zupfen. Oder anders ausgedrückt: Warum nicht Doris Lessing, wenn schon Heinrich Böll?

  • Hallo!


    Zu meinem nicht geringen Amusement entnehme ich der heutigen Südd.Zeitung, daß Umberto Eco :zwinker: den Nobelpreis kommentierte mit: die Geehrte habe eine große literarische Seele. Und Elke Heidenreich ist natürlich ebenfalls begeistert ob der Wahl.
    Andere sehen die literarische Qualität von Lessing (Doris nicht G.E.) weniger überragend. Es wird im genannten Artikel auch angesprochen, daß sich der Literaturpreis anscheinend zu einer Art zweitem Friedenspreis hin entwicklelt (oder schon längst hat) - die Gesinnung eines Schriftstellers würde offenbar in erster Linie geehrt und nachgeordnet dann erst etwaige literarische Eminenz .


    Gruß
    g.

  • die Gesinnung eines Schriftstellers würde offenbar in erster Linie geehrt und nachgeordnet dann erst etwaige literarische Eminenz .


    Der Literaturnobelpreis war ja im Grunde genommen wohl auch bereits von Nobel (wenn ich mich nicht irre, ein Anhänger anarchistischen Gedankenguts, oder?) zumindest politisch angehaucht konzipiert worden. Jedenfalls nicht auf literarische Qualität ausgerichtet.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Der Literaturnobelpreis war ja im Grunde genommen wohl auch bereits von Nobel (wenn ich mich nicht irre, ein Anhänger anarchistischen Gedankenguts, oder?) zumindest politisch angehaucht konzipiert worden. Jedenfalls nicht auf literarische Qualität ausgerichtet.


    Dann sollte man ihn aber auch anders nennen, um Mißverständnissen vorzubeugen. :zwinker:

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • So wird es ja in der Regel auch gehandhabt, liebe Gantenbeinin (und Eco ist eben ein Gentleman).
    Alfred Nobel war eine vielschichtige Persönlichkeit. Erfinder des Dynamits und glühender Pazifist. Er interessierte sich sehr für Literatur, schrieb auch selber Gedichte und Theaterstücke. Den Literaturnobelpreis sollte seiner Überzeugung nach derjenige erhalten, "der in der Literatur das Vorzüglichste in idealer Richtung geschaffen hat." Das eröffnet einen großen Interpretationsspielraum. In den letzten Jahren war ich bis auf einige Ausnahmen sehr zufrieden mit den Entscheidungen des Komitees, weil viele meiner "Lieblinge" bedacht wurden: Saramago, Kertész, Jelinek, Coetzee und Pamuk. Andere habe ich durch den Preis erst entdeckt, wie Walcott und Heaney.
    Ich würde es sehr spannend finden, zu erfahren, wer euer Favorit für dieses Jahr gewesen wäre? Könnte man nicht eine Umfrage starten und abwarten, ob einer von den genannten nächstes Jahr dabei ist?
    Mit interessierten Grüßen
    Die Leserin

  • Moin, Moin!


    Ich würde es sehr spannend finden, zu erfahren, wer euer Favorit für dieses Jahr gewesen wäre? Könnte man nicht eine Umfrage starten und abwarten, ob einer von den genannten nächstes Jahr dabei ist?


    Das gibt's für mich überhaupt kein Zaudern. <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Ant%C3%B3nio_Lobo_Antunes">Antonio Lobo Antunes</a>. Wenn die schwedische Akademie unbedingt eine Begründung außerhalb literarischer Kriterien braucht, dann wäre sie hier dadurch gegeben, daß der Portugiese Mechanismen des Lebens in einer Diktatur, ihre Auswirkungen und Verheerungen in allen Facetten beschrieben hat. Immer wieder spielt die <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Nelkenrevolution">Nelkenrevolution</a> eine Rolle in seinem Werk.

  • Hallo Dostoevskij,


    das macht das Forum so interessant; man findet immer neue Leseanregungen!
    Können Sie Empfehlungen hinsichtlich seiner Bücher geben? Ist ja schon ein ziemlich umfangreiches Werk! :lesen:


    Als Tip für den Literaturnobelpreis fällt mir Haruki Murakami ein, aber dieses dürfte unwahrscheinlich sein.
    Auch holländische Autoren zB Cees Nooteboom fände ich interessant.


    Gruß


    josmar

    Einmal editiert, zuletzt von josmar ()

  • Moin, Moin!


    Können Sie Empfehlungen hinsichtlich seiner Bücher geben? Ist ja schon ein ziemlich umfangreiches Werk!


    Lobo Antunes hat einen Schreibstil entwickelt, der nicht ohne weiteres genießbar ist. Er hat ihn immer mehr perfektioniert. Deswegen empfiehlt es sich möglicherweise, mit seinem Debütroman zu beginnen, bei dem, wie Kritiker sagen (ich selbst kenne ihn noch nicht), die Polyphonie der Figuren noch nicht so ausgebildet sei. <a href="http://www.perlentaucher.de/buch/19080.html">Elefantengedächtnis</a> erschien 1979.


    Zitat

    Als Tip für den Literaturnobelpreis fällt mir Haruki Murakami ein, aber dieses dürfte unwahrscheinlich sein. Auch holländische Autoren zB Cees Nooteboom fände ich interessant.


    An holländischen Autoren bewundere und lese ich vor allem A.F.Th. van der Heijden, einen Romancier, der mit dem Zyklus "Die zahnlose Zeit" ein fesselndes Romanwerk geschaffen hat und schon am nächsten Zyklus arbeitet. Außerdem liebe ich Margriet de Moor. Bei Nooteboom habe ich nach "Rituale" und "Das Paradies ist nebenan" damals leider nicht weitergemacht. Was könnte ich hier anschließen?


  • Ich würde es sehr spannend finden, zu erfahren, wer euer Favorit für dieses Jahr gewesen wäre? Könnte man nicht eine Umfrage starten und abwarten, ob einer von den genannten nächstes Jahr dabei ist?


    Meine Lieblingsnobelkandidaten für das nächste Jahr sind Per O. Enquist und Antonio Tabucchi. Auch der britische Dramatiker Peter Shaffer (u.a bekannt durch "Amadeus", die Vorlage für den Oskar-prämierten Hollywood-Film von Milos Forman) hätte es verdient, aber nach Doris Lessing und Harold Pinter (2005) wird England für mindestens ein Jahrzehnt aus dem Blickwinkel verschwinden.


    Es grüßt


    Sir Thomas

  • Hallo Dostoevskij,


    vielen Dank für die Antwort; werde Antunes als nächstes auf meine "Leseliste" setzen!


    Bei van der Heijden sind wir völlig einer Meinung, dieser fiel mir auch ein! Ob er allerdings tatsächlich Chancen hat?
    Von der "zahnlosen Zeit" kenne ich bis jetzt erst drei Bände, bleiben aber am Ball!
    Z Zt noch Thelens "Insel des zweiten Gesichts"


    Gruß


    Josmar

  • Nächstes Jahr wird es spannend, da die amerikanischen Päsidantschaftswahlen nach der Nobelpeisverleihung stattfinden. Sollte schon im Oktober abzusehen sein, dass
    ein(e) Demokrat(in) die gewaltige Aufgabe übernehmen wird den Mist der Buschregierung zu beseitigen, wird ein Amerikaner Nobelpreisträger.

  • Bei den Amerikanern gibt es ja eine große Auswahl an preiswürdigen Kandidaten: von A wie Auster bis S wie Salter. Doch spontan gefragt, ist Per Olov Enquist meine Nr.1, weil er immer bis an die Schmerzgrenze geht und dann noch ein Stück darüber hinaus, auch wenn man längst "Halt!" gerufen hat. Erhalten müßte den Nobelpreis zunächst aber der Tscheche Arnost Lustig, Jahrgang 1926, Überlebender von Theresienstadt und Auschwitz, seine Bücher befinden sich vom ersten Wort an bereits jenseits der Schmerzgrenze.
    Im übrigen bin ich enttäuscht über die geringe Resonanz in dieser Frage. Bei über 700 Mitgliedern dieses Forums habe ich einfach mehr Vorschläge erwartet. Schade!
    Die Leserin

  • Im übrigen bin ich enttäuscht über die geringe Resonanz in dieser Frage. Bei über 700 Mitgliedern dieses Forums habe ich einfach mehr Vorschläge erwartet. Schade!


    Wir nennen uns ja auch Klassikerforum. Da den Nobelpreis nur lebende Autoren bekommen, die aber per definitionem keine Klassiker sind, wundert mich das nicht. Mich persönlich z.B. interessiert der Nobelpreis nun mal nicht speziell ... Und über irgendwelche potentiellen Kandidaten zu spekulieren, hat für mich auch keinen Reiz, sorry. :smile:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Doch spontan gefragt, ist Per Olov Enquist meine Nr.1, weil er immer bis an die Schmerzgrenze geht und dann noch ein Stück darüber hinaus, auch wenn man längst "Halt!" gerufen hat.


    Liebe Leserin,


    ich stimme Dir vollkommen zu! Sollen wir uns zu einem Enquist-Ordner verabreden? Wird ihm zwar auch nichts nützen (im Hinblick auf den Nobelpreis 2008), aber was soll´s ... :zwinker:


    Es grüßt


    Sir Thomas