"Meine Antonia" habe ich vorletztes Jahr gelesen und in sehr guter Erinnerung.
Ich lese gerade in einer Runde "Der Schlächter" von Joyce Carol Oates. Es geht um einen Frauenarzt, der Anfang des 19. Jahrhunderts an einer Anstalt für weibliche Geisteskranke wirkt. Der Titel sagt ja schon genug. Damals glaubte man - wie auch in Europa -, die verschiedenen Formen von Geisteskrankheiten bei Frauen (die i.d.R. völlig gesunde Reaktionen auf die Zumutungen des Lebens waren) durch Operationen heilen zu können. Alternativ gab es Zwangsjacken, Dauerbäder und Fixierung im Dunkeln.
Ich hatte mal einen Roman über Dr. Charcot in Paris, der schon ziemlich entsetzlich war. Oates' Dr. Weir steht ihm in nichts nach. (Er hat, wie sich leicht ergoogeln lässt, einige historische Vorbilder.) Der Frauenhass dieser Zeit macht mich fassungslos.
Beiträge von Zefira
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Ich habe zu diesem Thema die Bananentrilogie von Asturias gelesen, die mir einige erschreckende Erkenntnisse beschert hat. Seitdem sehe ich Bananen mit anderen Augen.
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Ich bin seit ein paar Monaten Schrankpatin. In meinem Schrank stehen einige Klassiker, die auch oft Liebhaber finden - die Bücher von Thomas Mann waren zum Beispiel immer recht schnell weg, andere liegen wie Blei. Ich halte da immer ein Auge drauf.
Heute fand ich im Schrank ein Büchlein mit einfach weißem Umschlag. Als ich es herausnahm, stellte ich fest, dass der Vorbesitzer - warum auch immer - den Schutzumschlag gewendet hatte, mit den Aufschriften, Klappentext usw. nach innen. Es war die Winkler-Dünndurckausgabe von Rousseaus Briefroman "Julie oder die neue Heloise".
Ich habe es erstmal mit heimgenommen, weil ich bezweifle, dass das "meine" Schrankkunden interessiert sind. Kennt jemand hier dieses Buch? Man muss sich wohl extrem entschleunigen, um sowas zu lesen.ps. Wenn es jemand haben will, bitte melden! Nach Lesen des Wiki-Eintrags dazu denke ich eher nicht, dass ich es lesen werde.
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Ich habe sogar einige ausdrückliche "black romance"-Momente in Erinnerung, vor allem die Alpträume des Liebespaars.
In seinen späteren Romanen ist Zola deutlich nüchterner. Aber ich erinnere mich noch an so gewisse Stellen, zum Beispiel in "Das Tier im Menschen", wie das Verhältnis zwischen Jacques Lantier und seiner Lokomotive erotisch immer weiter aufgeladen wird, bis hin zum "Tod" der Lok nach einem Zugunglück. Ist das noch naturalistisch oder weist es schon auf den Expressionismus voraus? -
Hallo Bluebell,
ich habe Thérèse Raquin als eher klein angelegten Roman mit dem Fokus auf eine zwanghafte psychologische Verstrickung in Erinnerung.
Wenn dir das gefallen hat, magst du vielleicht "Die Freude am Leben" aus dem Rougon-Maquart-Zyklus.
Man kann es lesen, ohne den Rest des Zyklus zu kennen.
Eine ähnliche "amour fou" ist auch in "Die Eroberung von Plassans" zu finden. Um das richtig zu verstehen, sollte man sich aber vorab ein bisschen mit der politischen Situation der Zeit ("Staatsstreich" Napoleons III. in 1851) vertraut machen.
"Nana" und "Germinal" (sehr empfehlenswert!) wurden schon erwähnt, auch "Der Totschläger" ist ein tolles Buch - war mein erstes von Zola.
Viele Bücher von Zola sind in erster Linie Milieu- oder Thesenromane, in denen die Handlung eine untergeordnete Rolle spielt. Darunter würde ich auch die Städtetrilogie und die "Evangelium"-Romane zählen. Von der Städtetrilogie ist wohl "Paris" am besten zu lesen. "Rom" fand ich völlig unverdaulich. -
Das interessiert mich auch sehr!
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Ich habe, seit ich dieses Amt habe, gelernt, Bücher wegzuwerfen. Es geht nicht nur um Vorlesungsverzeichnisse von 2007 und Werbekataloge für gehobene Männermode (die natürlich auch), sondern auch um so Sachen wie den Shere-Hite-Report und einen Fotoband "Richtig wandern" aus den Siebzigern, in dem es heißt, lange Hosen seien zum Wandern ungeeignet, man solle nur Kniebundhosen tragen. Dazu im Wochentakt je einen Medicus und "Nicht ohne meine Tochter" ... die blaue Tonne füllt sich.
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finsbury :
Du hattest mich weiter oben im Faden nach "Gogols Welt" von Kjell Johansson gefragt. Ich habe das Buch angelesen, es aber wieder aufgegeben. Ich kann mich erinnern, dass es mir schon beim ersten Lesen nicht besonders gefiel, aber ich wollte ihm eine zweite Chance geben - das hat sich nun erledigt. Man kann den Rezensenten vielleicht glauben, dass es einen Zugang zu Gogols Phantasterei bietet, aber im Gegensatz zu Gogol ist das Buch völlig humorfrei.
Falls es Dich interessiert, sende ich es dir gerne zu - ansonsten wird es bei Gelegenheit zum Offenen Schrank wandern (und wie ich meine Schrank-Lesegemeinde kenne, bleibt es dort auch wie Blei liegen - habe ich schon erwähnt, dass ich seit einem Vierteljahr Schrankpatin bin?). -
Kennen gelernt habe ich ihn durch sein Essay über Madame Bovary mit dem Titel "Die ewige Orgie". Später habe ich noch zwei Bücher von ihm gelesen, "Der Geschichtenerzähler" (gefiel mir sehr) und "Wer hat Palomino Molero umgebracht". Seit gut einem Jahr schleiche ich jetzt um "Der Krieg am Ende der Welt". Es ist sehr umfangreich; ich habe es mir mal aus dem Secondhandladen mitgebracht. Leider sind die Leserstimmen im Internet nicht unbedingt ermutigend, das anzufangen. Kennt es jemand von euch?
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to prosper = im Wohlstand leben; sehr erfolgreich sein
profond --> profound = schwer
Ich interpretiere das so, dass er einfach schwerreich ist (er verhält sich ja auch so).
Ich hatte den Französisch-Übersetzer bemüht und "tief" für "profond" bekommen.
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Annette bietet Soames die Stirn. Und er knickt ja auch ein, jedenfalls lässt er, was Prosper Profond (was bedeutet der Name eigentlich? der willkommene Absturz??) die Dinge mehr oder weniger laufen.
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Ich bin ebenfalls durch und danke allen für die Leserunde. Ohne euch hätte ich das Buch vermutlich nie gelesen, weil ich Galsworthy nur von einigen Erzählungen kannte, die mich wenig ansprachen. Die Forsyte Saga gefiel mir aber ausgesprochen gut und gibt ein wunderbares Sittenbild der Zeit. Nun werde ich mir auch die Serie bei youtube ansehen - die ist nämlich damals auch an mir vorbei gegangen.
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Ich fand Jons Brief an seinen Sohn sehr interessant. Jon geht eingehend auf die Problematik ein, wenn eine Ehe zwischen einem Paar zustandekommt, das sexuell einfach nicht zusammenpasst. Wobei er - soweit ich erkennen kann - ohne weiteres davon ausgeht, dass der leidende Teil in einer solchen Ehe immer die Frau ist. Klar: der Mann wusste in der damaligen Gesellschaft schon vor der Ehe ein bisschen Bescheid, die Frau nie, jedenfalls war das im Bürgertum die Erwartung.
Die einzig richtige Konsequenz, wie man dieses Problem vermeidet, wäre, dass auch die Frau schon mit einem Minimum an Erfahrung in die Ehe geht. Aber das schlägt Jon natürlich nicht im Ernst vor ...
Ich habe schon ein paarmal Bücher gelesen, in denen eine Frau völlig ahnungslos in die Ehe ging, in der Hochzeitsnacht - sollte man meinen - eher angewidert war und sich dann dreingefunden hat, manchmal sogar mit Leidenschaft, wie Jeanne in Maupassants "Ein Leben". Ob das in Wahrheit so funktioniert, habe ich immer ein bisschen angezweifelt; so wie Maupassant es schildert, kann ich es mir zum Beispiel kaum vorstellen, weil der Gatte einfach ein Stoffel ist. Die Schilderung, wie Soames nach einem Streit nachts seine Frau aufsucht und sie ihn ganz abgeklärt empfängt (ich weiß nicht mehr, wie es genau formuliert war), ist ausgesprochen gruselig.
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Ich bin mit dem ersten Teil durch.
Und gehe davon aus, dass aus der Ehe nichts wird. Fleur würde vielleicht gegen den Willen ihres Vaters heiraten. Aber Jon nicht.Was haltet ihr von Profond? Ich sehe da immer Hercule Poirot vor mir. Er spricht genauso gewollt-geheimnisvoll. Allein dieser Name !
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Bei mir heißt es "In den Schlingen des Gesetzes", im Text selbst ist aber immer wieder von einem Spinnennetz die Rede als Metapher für die Situation, in die sich Soames mit Irene gebracht hat.
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Galsworthy ist nicht ganz korrekt, was das Gemälde betrifft (oder er meint ein anderes mit dem gleichen Titel), oder die Übersetzung ist unkorrekt? Jedenfalls steht bei mir, Soames habe die "Kopie eines Freskogemäldes" in Auftrag gegeben. Das Gemälde ist aber einer jener Teppichkartons, die Goya in seiner Zeit als Tapisserie-"Designer" angefertigt hat. d.h. es ist ein Öl auf Leinwand-Gemälde.
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Das Gemälde "La Vendimia" von Goya, das Soames sich hat kopieren lassen, ist hier bei Wikimedia zu sehen.
Die junge Dame mit der in die Seite gestützen Hand (also die mit dem Traubenkorb auf dem Kopf) ist angeblich Fleur ähnlich. (Kapitel 1 des dritten Buchs). -
Diese Bezeichnung "Mann von Welt" ist wohl eher ironisch gemeint. Es heißt in diesem Fall: jemand, der sich am liebsten ständig in Gesellschaft befindet und mit Geld um sich wirft.
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Ja, nun bin ich durch und habe auch die seltsame Wendung mit der Geburt der Tochter gelesen.
Ich weiß nicht recht, was ich von dieser medizinischen Zwangslage halten soll. Die Operation, die der Arzt für nötig hält, kann doch nur ein Kaiserschnitt sein? Warum meint er dann, er könne die Mutter wahrscheinlich retten, das Kind würde aber dann "tot geboren"? Ein Kaiserschnitt ist m.W. eine Gefahr für die Mutter, nicht für das Kind (vorausgesetzt, es ist voll ausgetragen, aber das war ja wohl der Fall).Wie auch immer - Soames hat mir ein wenig leid getan in dieser Situation. Er ist doch ein armer Sack, dass er aus seinen Denkmustern einfach nicht herauskommt.
Das zeigt sich noch mehr in den ersten Kapiteln des dritten Buchs, mit dem ich heute morgen angefangen habe. -
Der Wunsch nach einem Sohn ist ja nichts Ungewöhnliches, auch heute noch.
Aber dieses "Soames wird so schnell machen, wie er kann" - da komm ich nicht drüber weg.
Ich weiß ja schon aus der Stammtafel, dass er eine Tochter kriegt. Das wird noch lustig.