Beiträge von Zefira

    Ich weiß nicht recht, ob ich "Die Flügel der Taube" auslesen soll. Ich stehe ungefähr in der Mitte und komme noch immer nicht klar mit dieser Erzählweise, die ich als extrem schwammig empfinde. Manchmal lese ich eine ganze Seite, ohne am Ende zu wissen, was sie mir sagen wollte.
    Vielleicht sollte ich es gut sein lassen, obwohl ich mich schon wieder über mich selbst ärgere; früher hatte ich wesentlich mehr Geduld beim Lesen (einfach weil ich noch nicht soviel Auswahl beim Lesen hatte - heute ist halt immer mindestens ein anderes Buch in Griffweite, das lautstark tönt ...).

    Ich habe gerade noch einmal darüber nachgedacht, wie die Lektüre auf mich als Schulkind gewirkt hat. Ich war wie gesagt vielleicht 12 oder 13 Jahre alt.
    Die "Plörösenmieze", die in einer Gasthausszene vorkommt, wird von Zuckmayer genau beschrieben (wie er überhaupt alle Personen erstaunlich genau beschreibt): sie sei (aus dem Gedächtnis zitiert) "noch recht jung, aber etwas quallig und mit einem leisen Stich."
    Das mit dem leisen Stich habe ich nicht verstanden und meine Mutter gefragt. Heute vermute ich, sie konnte sich denken, was gemeint war - die Plörösenmieze ist ja eine Prostituierte und mit dem Stich ist wohl gemeint, dass sie zwar jung, aber etwas verlebt aussieht. Man sagt ja zb von Sahne oder Butter, die nicht mehr frisch, aber auch noch nicht richtig verdorben ist, dass sie "einen Stich hat". Meine Mutter gab mir eine ausweichende Antwort. Sie hatte es sicher verstanden, wollte es aber nicht erklären.


    Komischerweise kann ich mich nicht erinnern, wie es auf mich gewirkt hat, dass ein im Gasthaus anwesender Arzt sagt, er kenne die Plörösenmieze "beruflich", d.h. er untersucht Prostituierte als Amtsarzt auf Geschlechtskrankheiten. Das kann ich damals eigentlich nicht spontan verstanden haben, es hat mich aber - im Gegensatz zu dem Stich - offenbar nicht weiter beschäftigt, sonst wüsste ich das sicher noch.


    Das nur so am Rand. Ich finde solche Erinnerungen immer wieder interessant - wie man etwas als Kind gelesen und nur halb verstanden hat.

    Ich habe dieses Stück als Schülerin mehrmals begeistert gelesen und mir immer wieder die Szenen ausgemalt, und als ich dann irgendwann den Film mit Heinz Rühmann sah, war ich enttäuscht, weil ich mir alles ganz anders vorgestellt hatte ....
    Die Drastik, die du erwähnst, ging mir allerdings erst später auf. Als Schülerin sah ich vor allem die komischen Momente, zum Beispiel in der Szene, als Willy beim Ball einem anderen Gast über den Tisch hinweg Feuer reicht und dabei alles, was auf dem Tisch steht, so umreißt, dass der Inhalt aller Sektgläser und Kompottschüsseln den Damen auf die Kleider spritzt.
    Eine dieser Damen trägt ja als Kostüm eine Hauptmannsuniform, und als Wilhelm Voigt diese Uniform später beim Trödler kauft, werden ihm diese Spritzflecken als Qualitätsmerkmal angepriesen. "Das sind so feine Schampanjerflecken, das sind überhaupt keine Flecken."
    Ich habe mich vor Vergnügen nur so geschüttelt. Da war ich wohl 12 oder 13.

    "Washington Square" habe ich mir - wie so vieles andere - reduziert gekauft, als der Weltbild-Laden in Leipzig die Reste verramschte.
    Aber erst muss ich "Bildnis einer Dame" lesen, das seit Ewigkeiten auf meiner Liste steht. Ich habe es gestern angefangen. Will mich mal ein bisschen entschleunigen.


    ps. muss mich korrigieren, es handelt sich um "Die Flügel der Taube." "Bildnis einer Dame" habe ich vor Jahren gelesen.
    Ich bringe das immer durcheinander, weil in "Die Flügel der Taube" die Hauptfigur diese Ähnlichkeit mit einem Bronzino-Porträt hat.

    Danke für diese Vorstellung! Ich kenne von Doctorow nur "Das Wasserwerk", das ich irgendwann vor dem Millennium gelesen habe, weil es im Literarischen Quartett sehr gelobt wurde (ich glaube, von Karasek vorgestellt).
    Leider kann ich mich kaum erinnern - nur, dass es mir gefallen hat. Da ich im nächsten Jahr eine ganze Reihe Re-Reads plane, kann ich es evtl mal dazusetzen.

    Han Kang aus Korea hat gewonnen. Ich habe zwei Bücher von ihr auf dem Reader, aber noch keines davon gelesen. Das werde ich jetzt ganz schnell nachholen. Man will ja mitreden können ... :D

    I

    Da hier Margaret Atwood genannt wird, welche Bücher außer "Report der Magd" kann man denn noch lesen, habt ihr Empfehlungen. Ich kenne gar nichts von ihr.


    O ja, da kann ich gern helfen: "Die Räuberbraut" ist ganz phantastisch, ich habe dazu eine Rezension geschrieben, die ich hier verlinke: Die Räuberbraut

    Sehr gut gefallen hat mir "Alias Grace" , darin geht es um eine junge Dienstmagd. Tochter einer Einwandererfamilie, die angeklagt wird, ihren Arbeitgeber ermordet zu haben. Das Buch wurde - unter dem gleichen Titel - ungewöhnlich gut als Serie verfilmt.
    Etwas speziell ist "Der blinde Mörder", da kenne ich ein paar Leute, die damit gar nichts anfangen können, aber mir hat es gefallen. In allen genannten Büchern stehen Frauen und ihre Probleme im Mittelpunkt. Die zwei letztgenannten könnte man als History bezeichnen, "Der blinde Mörder" beginnt nach meiner Erinnerung in den Zwanzigern ... muss aber nicht stimmen, ich habe es so im Kopf.


    Ich habe auch "Hexensaat" gelesen. Das ist Atwoods Beitrag zu dem Hogarth-Shakespeare-Projekt, d.h. die Handlung orientiert sich an einem Shakespeare-Stück, "Der Sturm". Es hat mir nicht ganz so gut gefallen; der Ansatz der Serie - Shakespeares Stücke irgendwie in der Gegenwart zu verorten - ist auch gerade bei dem "Sturm" immens schwierig, und besonders glaubwürdig ist der Plot entsprechend nicht gerade. Aber sehr originell. Der Roman spielt in einem Gefängnis.

    Ich würde gern noch mehr von Atwood lesen, sie hat mich noch nie enttäuscht. Vielleicht nehme ich mir im Winter "Katzenauge" vor.

    Ich habe eine Menge von Julian Barnes gelesen und finde ihn zwar toll, mag alles von ihm, aber ob er den Literaturnobelpreis verdient hat ... naja ... dann kann man ihn auch Knausgard geben. Den würde ich übrigens durchaus für einen wahrscheinlichen Kandidaten halten.
    Margaret Atwood hat m.M.n. den Preis verdient, aber da Alice Munro (auch Kanadierin) ihn vor ein paar Jahren bekommen hat, lässt man sie vielleicht noch etwas warten. Obwohl, 2013, ist ja auch schon wieder ewig her.

    Ich habe, da ich mir gelegenheitshalber "Demon Copperhead" von Barbara Kingsolver gekauft habe, zeitgleich den Copperfield wieder zu lesen begonnen. Beides parallel.

    Von Dickens' Copperfield bin ich bei jedem Lesen (es dürfte das dritte Mal insgesamt sein) wieder begeistert, ich entdecke immer noch neue, tiefe Weisheiten darin. Gerade in Zeiten, in denen man sich gestresst und unsicher fühlt, ist es eine ideale Lektüre, um neu zu "erden" und aufmerksam für die eigentlich wichtigen Dinge zu machen.
    Mit Kingsolver bin ich bisher noch nicht richtig warm geworden. Ich achte den Ansatz der Autorin, sie verfolgt ihr Ziel auch sehr geschickt, aber Copperhead ist kein Typ, mit dem ich so "warm" werde wie Copperfield. Vielleicht ändert sich das noch. Es macht natürlich auch einen Unterschied, dass Copperfield seine Kindheitserlebnisse als alter Mensch, aus großen zeitlichem Abstand erzählt, während Copperheads Erzählposition - meine ich - in einem sehr viel jüngeren Alter liegt.

    Ich habe endlich angefangen mit "Atomstation" von Halldor Laxness, das ich auf der Liste habe.

    Bin etwa in der Mitte. Es ist aus der Sicht einer jungen Frau vom Land erzählt, die in der Stadt als Dienstmädchen arbeitet, um Geld zu verdienen, damit die heimatliche Kirche ein Harmonium bekommt.

    Mit "Atomstation" ist nichts anderes gemeint als Island. Die kleine, dünn besiedelte Insel war in der Nachkriegszeit ein begehrter militärischer Stützpunkt der Weltmächte. Einige Abgeordnete, darunter der Dienstgeber der Erzählerin, sehen diese Situation als einmaliger Möglichkeit, sich die Taschen voll zu machen. Die Erzählerin, die anfangs einen einfältigen Eindruck macht, erweist sich zunehmend als scharfe Beobachterin, die ihre Dienstgeber hin und wieder in listiger Weise bloßstellt.

    Mir geht es wie Zefira:

    Sie hat mich zwar hierher gelockt, aber nachdem das Buch seit Jahrzehnten in meinem Regal darauf wartete, endlich gelesen zu werden, war die Überzeugung nicht sehr schwierig. Im Moment lese ich anderes.

    Hast du denn nur unterbrochen oder aufgehört?
    Ich habe schwierige Zeiten in der Familie und lese im Moment nur einfache Sachen. Ich sehe leider auch nicht ab, wann es besser werden wird.
    Habe eigentlich ganz, ganz andere Sachen geplant in diesem Jahr, nicht nur in punkto Lesen.

    "Ein Baum wächst in Brooklyn" steht bei mir schon ganz lang auf der Leseliste. Immer wieder habe ich gehört, dass es ein wunderbares Buch sein soll.

    Ich denke, über Jack Londons Arbeitsleben als Schriftsteller kann man vieles aus "Martin Eden" erfahren, da hat er sich m.W. selbst dargestellt.
    Inwieweit allerdings die mit dem Erfolg eintretende Ernüchterung, die Martin Eden in den Suizid treibt, aus eigenem Erleben geschildert ist - ist darüber etwas bekannt?

    Ich kenne von Galsworthy nichts als einen Band Erzählungen, den meine Eltern in der häuslichen Bibliothek hatten. Es waren recht kurze Geschichten, die ich als jugendliche Leserin sehr altbacken und moralisierend fand, manche an der Grenze zum Kitsch. In einer ging es zum Beispiel um einen alten Emigranten, einen Russen, der in England lebte und sein Brot, wenn ich mich richtig erinnere, als Lumpensammler verdiente. Seine einzige Freude waren die regelmäßigen Treffen mit seinen Landsleuten, für die er seinen letzten guten Gehrock anzog. Als der Rock trotz sorgfältiger Behandlung so verschlissen war, dass er beim Anziehen zerriss, nahm sich der Alte das Leben. Na ja ... solche Sachen halt.


    Wenn etwa Maupassant diese Geschichte erzählt hätte, wäre sie spritzig und nachdenkenswert gewesen. Bei Galsworthy war sie nur trübselig und moralisch. O tempora, o mores ... oder so.