Im Nachtprogramm ab 22:30 Uhr gab’s noch mal ein Highlight, für viele Zuschauer und auch für die örtliche Presse, das Highlight, für mich ein zweites Highlight nach dem holländischen „Don Quixote“.
An der „Circomedia“ (einer Akademie für Trapez, Akrobatik und Körperperformance im englischen Bristol) haben sie sich kennen gelernt und 2004 die, nach einer Wissenschaftsmethodik der Scholastik benannte, Gruppe „Ockham’s Razor“ gegründet. Auf dem Hans-Klüber-Platz zwischen Hack-Museum und Philharmonie gaben sie ihr aus drei unterschiedlichen Szenen bestehendes Programm „Triple Bill“:
Bei „Arc“ zeigten Charlotte Mooney, Tina Koch und Alex Harvey tänzerische Akrobatik auf höchstem Niveau. Auf einer Art fliegender Teppich, der aber sehr grobmaschig aus Eisenrohren gestrickt war, formierten sich die drei in luftiger Höhe mal zu einer „ménage à trois“ mal zu „Drei sind einer zu viel“. Zuletzt trieben sie es so toll, dass der „Teppich“ kippte und das Spiel jetzt an einer Art Sprossenwand weiterging. „In Kombination mit wunderschönen Klavierklängen war das zum Weinen schön“, schrieb die örtliche Presse.
In der zweiten Szene „Memento Mori“ zeigten ein Mann und eine Frau an einem Trapez das gleiche Thema (Verlässlichkeit versus Verletzlichkeit) aber mit völlig anderen Mittel. Hier standen keine akrobatischen Höhenflüge im Vordergrund sondern poetische Bilder.
Während die ersten zwei Teile anrührend intensiv waren, war der dritte Teil „Every Action“ humorvoll verspielt. Zwei Männer und zwei Frauen hingen sprichwörtlich in den Seilen, kletterten abwechseln hoch oder ließen sich hochziehen und dann ging’s wieder nach unten, bis die anderen Drei einmal einen oben hängen ließen – bei einer „ménage à trois“ ist halt der Vierte „Einer zu viel“
Zwischen den einzelnen Szenen entführte die seit dreizehn Jahren in London lebende japanische Musikerin Nao Masuda in die rhythmische Welt der traditionellen japanischen Trommelkunst Taiko. Erstaunlich wie kraftvoll die zierliche Japanerin zuschlagen konnte.
Taiko-Trommeln stammen ursprünglich aus China, wo sie in Tempel z.T. anstelle von Gongs verwendet wurden. Mit dem Buddhismus wurden sie nach Japan exportiert und hier fanden sie vielfältige Verwendung:
In der schamanischen Shinto-Religion zum Beschwören des Sturm- und Wettergottes Susanoo, bei den Bauern als Begleitmusik zur Feldarbeit, bei den Fischern als Alarmsignal bei Überfällen, bei den Samurai als Angriffssignal und seit dem 14. Jahrhundert im „No-Theater“ - und von da in andere Theaterformen übernommen ist es heute eine eigenständige Bühnenkunst.
Als Beschwörung des Wettergottes scheint das Taiko-Trommeln aber auch heute noch erfolgreich zu sein, in Ludwigshafen jedenfalls war Susanoo gnädig und ließ auch weit nach Mitternacht den Hans-Klüber-Platz noch bis auf den letzten Platz besetzt und die begeisterten Zuschauer nach dem Ende der Show stehend Beifall spenden.