Hallo!
Danke, Knabe und Telemachos für die Klarstellung. Wieder ein Beispiel verwirrender Übersetzungen. Inzwischen scheint mir auch die Schleiermachersche Übersetzung nicht mehr das Nonplusultra.
Hrm; vielleicht sollte man nicht so streng sein. Wieder spreche ich nur als Laie, aber das Wort "malakos" hat im Griechischen offenbar auch eine kuriose Entwicklung durchgemacht. Mein Griechisch-Professor erzählte uns nämlich, dass heute "malaka" als Schimpfwort im Gebrauch ist. Übersetzen würde man es, so mein Professor in einer vorsichtigen Andeutung, mit "Wichser". Vielleicht hatte das Wort schon zu Schleiermachers Zeiten eine Wandlung in eine derbe Richtung getan und Schleiermacher irrte sich infolgedessen, aber bei Plato scheint mir doch der "Sanfte" am Passendsten.
Zitat
Meines Wissens wird ausschließlich im Symposium dieser "katatonische" Zug des Sokrates erwähnt, und zwar 174e und 220c-d (im Krieg). Auch wird eine art meditative Haltung des Sokrates in den Wolken des Aristophanes berichtet, und dieser erscheint ja auch im Symposium. Ob sich da ein Querverweis ergibt?
Zwar bin ich noch nicht bei 220c-d (ich halte mich am langsamen Tempo dieser Leserunde), aber die Herausgeber meiner Ausgabe antizipieren im Kommentar bereits, dass dieses einsame Nachdenken kein kurioser Einzelfall, sondern ἤθος (Sitte, Gewohnheit) des Sokrates sei. (Denn so soll es bei 220 erwähnt sein.) In der Tat aber scheint Platon nur im "Symposion" diese Gewohnheit zu erwähnen.
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Dieses Stehenbleiben hat zu einigem Rätselraten geführt. Ist es der berüchtige Sokratische daimon, mit dem er "spricht" während des Nachsinnens? Wohl kaum, denn der schlägt unmittelbar zu und gibt keine Lösungen, sondern nur Kritik (Textstelle ist mir entfallen).
Ich meine mich auch an eine solche Textstelle zu erinnern: Xenophons Memorabilien (Erinnerungen an Sokrates).
Sokrates ist, wenn überhaupt einer, derjenige, der ans Licht trat, die Sonne gesehen hat und vielleicht unwillig ist, in die Höhle zurückzukehren. Er verrichtet aber sehr wohl seine Pflichten (Gebet an die Sonne) und kommt, wenn auch später, zum Gastmahl.
Sehr guter Verweis zur "Politeia" und ihrem Höhlengleichnis! Dass er ein Gebet an die Sonne verrichtet erscheint mir beinahe so, als ob Platon seine eigene Einleuchtung der Ideenlehre und des Höhlengleichnisses illustriere. Aber ist das Gebet an die Sonne eine Pflicht? Nun ja, wie gesagt, noch bin ich nicht bei 220, aber aus dem Höhlengleichnis zu schließen scheint mir die einzige Pflicht die zu sein, in die Höhle zurückzukehren und den Gefesselten die höheren Stufen der Wahrheiten zu zeigen.
Dass dies tatsächlich etwas mit jenem Doxa-/Episteme-Thema der Politeia zu tun hat, wird belegt durch das anschließende Gespräch zwischen Agathon und Sokrates, wo es um die "Kübeltheorie" des Wissenserwerbs geht (ein Ausdruck von Popper), 175d, also, wo Agathon meint, die Weisheit des S. könne zu ihm überfließen, sobald er sich neben ihn lege. Der aus der Sonne kommende Philosoph sollte also seine Weisheit den Höhlen-(Andron-)Bewohnern quasi löffelweise einflößen, was aber nicht möglich ist. Übrigens, an dieser Stelle eine Wiederholung des "Zwischengeplänkels" zwischen Apollodoros und Freunde, 172f.
(Fettgedrucktes im Zitat ist von mir hervorgehoben)
Nicht möglich? Mit dem Daneben-Liegen allein wahrscheinlich nicht, aber er kann sie doch belehren, ja er soll es ja tun, wenigstens dem Höhlengleichnis nach. (Ja, ich weiß, ich springe gerade in ein anderes Werk...) Was sagt Popper? Dass die Kübeltheorie nicht stimme? Haben wir aber nicht erst vor wenigen Tagen festgestellt, Platos Meinung sei, dass das Sprechen Erkenntnisse fördere? Sonst hätte Morgenstern mit seiner pessimistischen Aussage, jedes Gespräch sei nur Selbstgespräch, wohl Recht. (Denn der Versuch, die in der Höhle zu überzeugen, erschiene mir, wenn der Versuch scheitern muss, höchst sinnlos).
Gruß