Alleine die Stelle "Zeus also und die anderen Götter ratschlagten, was sie ihnen tun sollten, und wussten nicht was" lässt mich immer wieder schmunzeln.
Eine Vernichtung des Menschengeschlechts kam nicht in Frage, weil Zeus und die anderen Götter ansonsten ohne Opfer darben müssten... :breitgrins:
Ganz im Gegensatz zum jüdischen/christlichen Gott, der statt Speiseopfer Barmherzigkeit sehen möchte.
Ihr merkt vielleicht, dass ich seit Jänner weniger Zeit zum Lesen habe, aber das wird hoffentlich außer der Geschwindigkeit nichts am Fortgang der Leserunde ändern! Die Eryximachos- (und Aristophanes-)Rede vom "Einen" und "Entzweiten" kam mir aber doch unter der Woche öfters in den Sinn, nämlich im Zusammenhang mit dem Sozialismus.
Sollen wir schon zur Rede des Agathon (194e - 197e) weitergehen? Vieles von dem, was Agathon sagt, scheint mir etwas fragwürdig oder widersprüchlich. Ich will einige Punkte aufzählen:
1.) Agathon sagt: Eros ist schön, ewigjung (der jüngste aller Götter - Phaidros sagte in seiner Rede, Eros sei der älteste), Eros ist zart, gerecht, besonnen und tapfer. Vor allem die Begründung der letzten zwei Attribute scheint mir ein Trugschluss zu sein (196c f).
"Und sogar, was die Tapferkeit angeht: dem Eros widersteht nicht einmal Ares; denn nicht ergreift Ares den Eros, sondern Eros den Ares - (die Liebe) zu Aphrodite, wie man erzählt -; stärker aber ist der, der ergreift, als der, der ergriffen wird. Wer aber den Tapfersten der anderen beherrscht, ist wohl der Tapferste von allen.
Ist das nicht ein fragwürdiger Schluss? Bei der "Beherrschung" spielt vielleicht Tapferkeit keine Rolle. Die Anwendung eines solchen Schlusses auf andere Dinge macht es vielleicht deutlicher: Wenn ich über den dicksten Menschen Kontrolle habe, bin ich nicht notwendig dicker als er. Oder irre ich mich?
2.) 196c: "denn jeder dient dem Eros in jeder Hinsicht aus freien Stücken -; was aber jeweils einer freiwillig einem Freiwilligen zugesteht, sei gerecht, sagen die Gesetze." - Aber liebt man denn aus freiem Willen? Sucht man sich aus, wenn man mit dem Eros liebt?
3.) In 196b meint Agathon, dass Eros mit Gewalt nichts am Hut habe. [url=http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,2905.msg34661.html#msg34661]Nach Phaidros[/url] aber kann die Liebe durchaus eine kriegerische Dimension haben (das Heer der Liebenden).
4.) 195c: Bevor Eros war, herrschte unter den Göttern die Ananke (Zwang, Notwendigkeit; also fatum?). Deswegen hat es früher unter den Göttern viele Gewalttaten gegeben, weil damals Eros, der jüngste Gott, nicht unter ihnen gewesen ist.
Das sehe ich nicht als Widerlegung von Eryximachos' (und Empedokles') These vom Eros, dem Einenden, als Urkraft; denn als zweite Urkraft wurde doch der "Hass", also das Gegenteil oder die Abwesenheit des Eros konstatiert, diejenige Urkraft, die entzweit. Es kann also auch trotz Anwesenheit des Eros Gewalttaten gegeben haben. Und Agathon kann nicht leugnen, dass es unter Menschen keine Verstümmelungen und Fesselungen gibt; und trotzdem räumt doch Agathon ein, dass der Eros auch unter Menschen weilt.
Es gäbe noch mehr zu sagen, aber für's erste reicht's vielleicht.
Gruß