Hallo Kaspar und Telemachos!
Kaspar - Vielen Dank für die übersichtliche Klärung! Es tut mir Leid, dass ich die Leserunde mit meinen Naivitäten etwas verzögere!
Ich hatte immer gedacht, diese Stelle sei etwas ironisch gemeint. Die Geschäftsmänner denken wahrscheinlich wirklich, dass Apollodoros schlecht dran ist, weil er nämlich die brotlose Philosophie betreibt und nichts "Anständiges" macht(ist ja heute auch noch weit verbreitet, dieser Glaube). Apollodoros aber denkt, er sei schlecht dran, weil er über die Schwierigkeiten und Unmöglichkeiten der Philosophie Bescheid weiß("Ich weiß, dass ich nichts weiß").
Ihr scheint entschlossen, und ich pendle irgendwie zwischen diesen zwei Lesarten. Es ist für mich schwierig, den rechten Ton herauszulesen.
Telemachos, ja, der Glaube, die Philosophie alleine sei nutzlos, ist noch verbreitet, aber vielleicht zu Recht. Ich nehme an, wenn ihr zwischen dem weltlichen und dem geistigen Leben entscheiden solltet, so würdet ihr das geistige wählen. Aber ist nicht ein sinnvoller Kompromiss möglich? Sollte ein junger Mensch, der zwischen diesen beiden Wegen zu entscheiden hat, nicht eher Philosophie und Jus studieren - Jus, damit er etwas für die Zukunft hat, wovon er leben kann - statt Philosophie und Germanistik? (Das ist pauschal gesagt, was ich gestehe.) Ist es ehrenwert, wenn ein Philosoph wie Sokrates die äußerlichen Pflichten so sehr vernachlässigt, dass er sogar meistens ohne Schuhe herumläuft? Ich finde es zu übertrieben; man müsste sich auch als Philosoph den Konventionen wenigstens leidlich anpassen und halbwegs bodenständig bleiben! Sonst würde ich ihn für einen weltfremden Fanatiker halten.
Komödiantisch? Ich bin nicht ganz davon überzeugt. Gerade wollte ich kontern mit Petronius' Satyricon und dessen Verschachtelungen kontern, da fiel mir auf, das ist ja auch ein Schelmenroman OK, vielleicht ist da auch ein komödiantischer Zug darin, schließlich finden sich komödiantische (Aristophanes) und dramatische (Alkibiades) Elemente im Gastmahl. Aber das Gastmahl will doch schon ernst genommen werden, oder? Oder meinst du, Platon möchte sich über Diotima lustig machen oder die Sache augenzwinkernd angehen?
Nein nein nein - obwohl ich über Diotima noch nichts sagen kann; ich bin jetzt recht langsam mit dem Lesen. Einen scherzhaften Ton, mein' ich, darf man hie und da auch in ernsten Angelegenheiten annehmen. Und ich sagte: komödiantisch, nicht possenhaft. Du sagtest auch: Komödiantische Elemente finden sich im Gastmahl, aber daraus schließe ich nicht, dass das "Symposion" eine Komödie ist. Aussagen einer Komödie nehme ich übrigens gerne ernst!
ZitatTelemachos schrieb:
1.Der Exkurs über Homer
2.Sokrates' Abwesenheit
3. Wie passt die geistige Versunkenheit von Sokrates zu Platons Philosophie des Sprechens?
4. Kritik an den Sokratikern im ersten Gespräch zwischen Agathon und Sokrates.
Zu 2.) Sokrates' Abwesenheit bin ich wieder unentschlossen; entspringt die ἀτοπία aus einer tatsächlichen Freiheit und Bindungslosigkeit (an den Konventionen), oder aber aus einer zwanghaften Art, "anders" sein zu wollen?
3. Wie passt die geistige Versunkenheit von Sokrates zu Platons Philosophie des Sprechens? : Telemachos, verwendest du auch die zweisprachige Reclam-Ausgabe? Deren Herausgeber beantworten jene Frage im Kommentar; doch bin ich mir nicht sicher, ob ein einsames Denken ein "Gespräch mit sich selbst" ist, wie es im platonischen Dialog Theaitet zu lesen sein soll. So steht es im Reclam-Kommentar: Dass für Platon zwischen Denken und Sprechen kein prinzipieller Unterschied herrscht; Denken sei ein stummes Gespräch. Mein Denken aber, scheint mir, ist nicht "dialogisch".
Fragen: Hätte denn eine derartige Grübelei nach der sokratischen Philosophie überhaupt Sinn? Ich meine spontan: JA, wenigstens bis zur Erkenntnis des Nichts-wissen-könnens. Aber danach? Worüber soll man noch grübeln?
Ich nehme an, dass Platon viel nachgedacht hat, sonst hätte er sich nicht irgendwann vom Nichtwissen abgewendet. Seine ersten Dialoge mündeten in Aporie, was das Nichtwissen m. M. n. sehr schön illustriert. Aber später nimmt Platon entschiedene Position! Das muss doch vom Denken entsprossen sein?
Zu 4.) Kritik : Du meinst Kritik an den Sophisten? Ich will jetzt endlich schweigen, ich schwatze zuviel; ich glaube auch nicht, eine gute Antwort auf diese Frage geben zu können.
Gruß