Komödiantisch? Ich bin nicht ganz davon überzeugt. Gerade wollte ich kontern mit Petronius' Satyricon und dessen Verschachtelungen kontern, da fiel mir auf, das ist ja auch ein Schelmenroman OK, vielleicht ist da auch ein komödiantischer Zug darin, schließlich finden sich komödiantische (Aristophanes) und dramatische (Alkibiades) Elemente im Gastmahl. Aber das Gastmahl will doch schon ernst genommen werden, oder? Oder meinst du, Platon möchte sich über Diotima lustig machen oder die Sache augenzwinkernd angehen? (Ich komme gleich darauf zurück.)
Ich möchte nochmal auf die zwei Rezeptionsarten des Gastmahls eingehen:
1. die direkte Linie, die von Di. > So. > Ar. > Ap. > Freunde (= wir Leser) geht und von Sokrates abgesichert wurde.
2. die Gerüchte-Küche, die über verschiedenste Leute, darunter auch einen "Unbekannten", geht und bei Glaukon landet, der über den Zeitpunkt des Gastmahls entsprechend falsch unterrichtet ist. Der "Unbekannte" macht den Gerüchte-Küche anonym und unbestimmt.
Bezugnehmend auf Telemachos' Vorschlag, es handele sich bei Platon eben um Gespräche, muss man also differenzieren: Offenbar gibt es Gespräche, die Vermutungen weitertragen, Unklares, Meinungen (2); es gibt aber auch Gespräche, die Wahres vermitteln, Wissen also, Erkenntnis, wie du schreibst (1). Diese Zweiteilung würde sich mit der Unterscheidung von Doxa und Epistemé im Staat treffen.
ZitatEs ist also unwahr, wenn Christian Morgenstern sagt: Jedes Gespräch sei letzten Endes nur ein Selbstgespräch
Tatsächlich scheint mir dieser Ausspruch die Umkehrung des bekannten Platonischen Gedankens, dass Denken ein stilles Sprechen mit sich selbst sei.
Meine Interpretation also: Über den Eros hört man vieles, gerade so wie über das Gastmahl über den Eros. Darin gibt es sicherere und unsicherere Wege, es gibt Gerüchte, es gibt Wissen und alle möglichen Zwischenformen. Und hier, in die Gerüchteküche über Eros (bzw das erotisch-philsophische Gastmahl), da könnte ich Platons Ironie bzw das Komödiantische, wie du schreibst, verorten.