Hallo,
Van der Straatens Art zu reden, mit Bonmots um sich zu werfen, aus "seinem Herzen keine Mördergrube zu machen" und rundheraus zu sagen, was ihm durch den Kopf geht, hat den Leser bisher amüsiert und seine Frau Melanie hat sich bisher auch nicht sehr beklagt. Aber im 9. Kapitel kommt es darüber zum Konflikt zwischen den Ehepartnern. Als er über "gefallene Frauen" im Zusammenhang mit fallenden Sternen und Engeln schwadroniert, zuckt sie zusammen, aber niemand merkt es. Als er über die blonde Wirtin und ihre (seiner Meinung nach) Ähnlichkeit mit der germanischen Thusnelda spöttelt, schämt sie sich für ihren Mann und bemerkt, dass auch Ebenezer sich angewidert abwendet ("das Blut schoß ihr zu Kopf"). Schließlich versteigt sich Van der Straaten zu Vergleichen mit gewissen Venus-Statuen ("Venus Kallipygos" = Venus mit schönem Hinterteil, deshalb wohl auch der Pfirsichvergleich :zwinker:). Hier gebietet ihm seine Gattin Einhalt und der Ehefrieden ist für eine Weile gestört.
Zeit für Melanie und Ebenezer sich auf der Bootsfahrt näher zu kommen. Ebenezer wird von Riekchen als reserviert beschrieben und mir war aufgefallen, dass er Probleme hat, Leute anzusehen (Lydia am Ende des 7. Kapitels und die blonde Wirtin suchten vergebens seinen Blick zu erhaschen). Um so erstaunter war ich über sein Verhalten bei der gemeinsamen Bootsfahrt:
"Ist es immer nur das Wasser, dem Sie die Hand reichen, Freundin?"
2 Seiten später:
"Er nahm ihre Hand und fühlte, daß sie fieberte."
Entweder kommt er schnell zur Sache mit Worten und mit Taten, oder ich hab hier was verpaßt, oder Fontane läßt wieder sehr viel ungesagt, was mir bei Effi Briest besonders aufgefallen war. Wahrscheinlich Letzeres.
Schön fand ich übrigens die sich eventuell anbahnende zarte Romanze zwischen dem "Harmonika-Schulze" (Elimar) und Anastasia am Ende des 8. Kapitels. Bin gespannt, ob das noch weiter geführt wird.
Gruß
Klaus :winken: