Ein Klassikerforumswettbewerb 2024 - Kommentare und Diskussionen

  • ... und ich kann dir mit Mrs. Dalloway eine spannende und hochinteressante Lektüre versprechen. Ich habe das in 2022 in einer Leserunde gelesen, es war ein außergewöhnliches Leseerlebnis.

    Dankeschön. Gelesen habe ich den Roman ja schon einmal 2007 und erinnere mich recht gut daran, was schon ein Zeichen dafür ist, dass er mich angerührt hat. Auch jetzt finde ich den Anfang wieder grandios. Er hat viel vom Ulysses, den Woolf neben Proust ja auch zum Vorbild nahm, aber die weibliche Sicht ändert erstaunlich viel, oft für mich zum Positiven, z.B. das fehlende Renommieren mit der Hochbildung, die Abwesenheit von Drastik bei einigen Szenen.

    Ab nächster Woche nehme ich auch zu einer diesmal nicht digitialen Leserunde zum Werk teil, bin mal gespannt, wie die anderen es sehen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • haukehaien, auch von mir ein herzliches Willkommen. Du hast dir ja schon einen prima Nickname für dieses Forum gewählt. Wenn du Fragen zum Posten, Zitieren usw. hast, kannst du das auch hier tun. Wir sind hier nicht besonders lebhaft, aber es kommt immer wieder jemand vorbei, die/der dir helfen kann. Wie Zefira schon im Listen-Thread geschrieben hat, geht es hier nicht um Wettbewerb, sondern um Ansporn für sich selbst und um Austausch über die gelesenen Werke.
    Wichtig beim Posten ist nur, das du in den Klassiker-Threads auch wirklich nur über literarische Klassiker schreibst, im Diskussionsforum "Nicht-Kanonisches" usw. kannst du über alle anderen Bücher schreiben.

    Viel Spaß hier und auf einen ergiebigen Austausch. Deine Sachinteressengebiete berühren auch einige der meinigen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Wichtig beim Posten ist nur, das du in den Klassiker-Threads auch wirklich nur über literarische Klassiker schreibst, im Diskussionsforum "Nicht-Kanonisches" usw. kannst du über alle anderen Bücher schreiben.

    Falls es mal nicht klappt, kein Problem. Wir lösen hier (fast) alle IT-Probleme. ^^

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Für die 20er Jahre gönne ich mir mal bei der deutschsprachigen Literatur etwas Leichtes und dennoch einen echten Klassiker:
    Erich Kästner: Emil und die Detektive.

    Die ganzen anderen Kinderbücher von Kästner hatte ich schon gelesen, dieses komischerweise bisher nur in Kürzungen oder Adaptionen, jetzt den Originaltext mit den schönen Illustrationen von Walter Trier. Gerade im Vorwort in Gestalt eines Eingangskapitels hat das Buch schon etwas Motten angesetzt und ist sicherlich nicht politisch korrekt (es geht um einen Südseeroman mit den entsprechend klischeehaft besetzten Personal), aber wer sich daran stört und nicht die Zeitumstände bedenkt, der sollte dann lieber doch nur Literatur der letzten zwanzig Jahre lesen.

    Ansonsten immer noch vergnügliche Lektüre, die auch heute wohl noch Kindern Spaß macht, wenn sie nicht von früh bis spät Horrorfilme oder entsprechende Computerspiele konsumieren.

    Unbenommen davon ist, vielleicht noch ein weiteres, ernsthafteres Buch aus diesem Zeitraum zu lesen. Mehr darf es ja immer sein!

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Apropos USA / 20. Jhdt: Schon als Schüler mussten / durften wir Sinclair Lewis' masterpiece "Babbitt" (1922) (in der Originalsprache (!) lesen, für das der Autor den Pulitzerpreis erhielt.

    Noch heute, ca. 60 Jahre später, lese ich das satirisch-humorvolle Werk über das damalige US-Kleinbürgertum immer wieder gern.


    Erinnerungen an Ephraim Kishon und den Ungar George Mikesh werden wach, der nach England übersiedelte, wo er das göttlich ironische Werk "How to be an alien" verfasste. Ja, auch das gehörte zur Schullektüre im Fach Englisch, sofern der Lehrer dass Curriculum "großzügig" interpretierte.......

    "Nichts ist schwieriger im Leben,

    und nichts erfordert mehr Charakter,

    als im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu stehen

    und laut zu sagen: 'NEIN !' "

    (Kurt Tucholsky)

  • Apropos USA / 20. Jhdt: Schon als Schüler mussten / durften wir Sinclair Lewis' masterpiece "Babbitt" (1922) (in der Originalsprache (!) lesen, für das der Autor den Pulitzerpreis erhielt.

    Noch heute, ca. 60 Jahre später, lese ich das satirisch-humorvolle Werk über das damalige US-Kleinbürgertum immer wieder gern.

    Der "Babbitt" steht auch auf meiner To Read-Liste für dieses Jahr. Habe bisher "Benzinstation" und "Das ist bei uns nicht möglich" von Lewis gelesen und beide, insbesondere das Letztere, als gut befunden.

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  • Für die 30er Jahre kann ich bei andere Literaturen einen weiteren klassischen amerikanischen Krimi eintragen:


    Dashiell Hammett: Der Malteser Falke


    Jetzt muss ich erstmal wegen eines Lesekreises in unser Jahrhundert zurück, ehe ich hier bei meinem Projekt weitermachen kann. Allerdings bezieht sich das wohl sehr autobiografische Werk zum großen Teil auch auf das vergangene Jahrhundert: Helga Schubert: Vom Aufstehen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Danke für die Rückmeldung, b.a.t. Ja, das habe ich auch gehört. Was auf der Rückseite steht, hört sich interessant an. Ich mag ja eigentlich weniger die kleine Form, aber anscheinend ergeben diese Erzählungen zusammen eine Art Autobiografie. Bin schon gespannt.

    Und still kann ich nach den krawalligen, pistolenknallenden Hammetts gut gebrauchen :wink:,

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Von meiner Phantastik-Leseliste habe ich "Babel-17" von Samuel R. Delany und gestern "Das echte Log des Phileas Fogg" von Philip José Farmer ausgelesen.

    Das letztere ist sehr amüsant und hat mich überzeugt, dass ich irgendwann doch mal eine bessere Übersetzung von "In 80 Tagen um die Welt" brauche. Meine eigene ist eine alte DDR-Ausgabe, zwar wunderschön bebildert, aber es scheint doch einiges zu fehlen.
    P.J.Farmers Buch ist - flankierend zu Vernes Buch - gut zu lesen. Wenn man das Original nicht kennt, hat es allerdings keinen Zweck.

    Da ich gerade eine Leserunden-Lücke habe (und eine Phase guter Konzentration), fing ich heute morgen an mit "Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende" von Alfred Döblin.

  • Die autobiografischen Erzählungen von Helga Schubert im Band "Vom Aufstehen" beschäftigen sich mit achtzig Jahren deutsch-deutscher Geschichte und dem ganzen individuellen Lebensschicksal der Autorin. Für die letzte (Titel-) Erzählung hat Schubert den Ingeborg-Bachmann-Preis von 2020 gewonnen und entschloss sich, diese durch weitere Erzählungen zu einem Band zu arrondieren, nachdem sie wohl sehr lange Zeit nichts Größeres veröffentlicht hatte.
    Die Erzählungen geben Einblicke in ihr Leben als Kriegskind mit Fluchtschicksal, ihr Aufwachsen in der DDR und das dortige Leben als Buchautorin. Insbesondere beschäftigt sie sich aber immer wieder mit ihrer Mutter, die von hoher Egozentrik gewesen sein muss und außerdem ein sehr loses Verhältnis zum Geld hatte, was dazu führte, dass die Tochter auch noch sehr spät für die Schulden ihrer Mutter geradestehen musste. Die Mutter wurde 101 Jahre alt und traumatisierte das Leben ihrer Tochter nachhaltig, auch indem sie deren Lebensanspruch bagatellisierte und sie immer wieder in ihren Leistungen und ihrem Wesen demütigte. Mit diesem Teil der Erzählungen habe ich mich nicht so gerne beschäftigt, weil mir die Thematik nicht liegt. Sonst fand ich das Buch sehr interessant und voller dichter Bilder und sinnlicher Beschreibungen von Landschaften, Düften, Stimmungen und Situationen.


    In meine 20. Jahrhundert-Liste habe ich das Buch unter der Rubrik -Belletristik aus dem 21. Jahrhundert, die sich mit dem vorherigen beschäftigt - untergebracht.

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  • Und nun etwas für die Vierziger Jahre

    Carl Zuckmayer: Des Teufels General


    Außerdem habe ich ein GEO Epoche Magazin über die DDR beendet und lese jetzt eins über die "Stunde Null". Das sind jetzt keine tiefgreifenden historischen Fachschriften, aber diese Magazine helfen mir, Erinnerungen an Gelerntes aufzufrischen und einige Zusammenhänge und Ereignisse neu kennen zu lernen. Wobei man auch sehr darauf achten muss, dass der hier dahinter stehende Journalismus durchaus meinungsstark ist. Gerade bei dem DDR-Heft ist mir das aufgefallen. Da hätte ich mir gerne etwas mehr Differenzierung, insbesondere was die Rolle der BRD-Politiker und der Wirtschaftsinteressen bei der Wiedervereinigung anbetrifft, gewünscht.

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  • Raymond Chandler: Der große Schlaf (The Big Sleep, 1939)


    Chandlers (1888-1959) Roman führt die Figur des Privatdetektiv Philip Marlowe zum ersten Mal ein.


    Handlung:


    Philipp Marlowe, der eine Privatdetektei in Los Angeles führt, wird zu dem alten General und Ölmillionär Sternwood auf dessen Anwesen gerufen. Der greise General hat einen höflich formulierten Erpressungsbrief eines Buchhändlers erhalten, der sich um Spielschulden der älteren Tochter, Vivian Sternwood, dreht. Obwohl die Summe für den Millionär eher eine Bagatelle ist, möchte der alte Herr nicht zahlen und beauftragt Marlowe, die Hintergründe der Erpressung zu ermitteln und diese zu unterbinden. Außerdem macht er sich Sorgen um seinen verschwundenen Schwiegersohn Rusty Regan. Seine jüngere Tochter Carmen begegnet Marlowe ebenso wie Vivian auf dem Anwesen. Beide machen auf ihn einen starken, aber auch etwas abstoßenden Eindruck.


    Marlowe findet heraus, dass der Erpresser ein pornografischer Buchhändler ist, den er kurze später in einem Ferienhaus vorfindet, wo er gerade ermordet worden ist. Carmen ist dort auch, völlig zugefixt und in eindeutiger Pose. Kurze Zeit später wird Vivian mit einem Foto Carmens in genau diesem Zustand erpresst.


    Bei seinen Ermittlungen blättert Marlowe wie in einem Buch immer weitere Abgründe auf. Seine Nachforschungen führen ihn in die finstersten Winkel von Los Angeles und zu einigen Polizeibehörden, bei denen er gut vernetzt ist und die ihrerseits zum Teil korrupte Beziehungen zur Unterwelt unterhalten. Zahlreiche Schießereien und andere Gewalteinwirkungen führen zu ebenso vielen Leichen, einmal auch unter direkter Mitwirkung von Marlowe, der natürlich ebenfalls mehrmals in lebensgefährliche Situationen gerät.


    Die Auflösung ist schmerzlich, wird dem alten General jedoch vorenthalten, denn er soll unbelastet in den „Großen Schlaf“ hinübergleiten, in den ihm schon zahlreiche Banditen während der Romanhandlung vorangegangen sind.


    Meine Meinung:


    Der Roman ist elegant geschrieben, benutzt gekonnt Metaphern und Vergleiche, passt die Satzstrukturen dem Ausgesagten an und stellt die gesellschaftlichen Verstrickungen und das Elend der in die Stricke der Halb- und Unterwelt Geratenenen plastisch und gut nachvollziehbar dar.


    Marlowe hebt sich als Vorbild des beziehungsunfähigen einsamen und gewitzt überlegenen Ermittlers von den Zehntausenden seiner bisherigen literarischen Nachfolger relativ angenehm ab. Dennoch fällt dieser zum Klischee ausgewälzte Charakter auch auf sein Vorbild zurück. Glaubwürdig wirkt er nur in seiner Zeit, den End-Dreißiger Jahren. Heute sagt er mir zumindest nicht mehr viel.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)