Klassische Reiseliteratur

  • Claude Lévi-Srauss' "Traurige Tropen" haben das Zeug zu einem modernen Klassiker der Reiseliteratur bzw. Ethnologie.
    Hübsch, wenn auch ein Roman, ist Jules Vernes recht unbekannter Roman "Reise mit Hindernissen nach England und Schottland", wo er den Touristen als Romanfigur einführt.


    Grüße
    finsbury

  • Erstaunlicherweise noch nicht genannt: ...
    Heinrich Heine: Harzreise


    Nicht ganz uninteressante Reiseliteratur neueren Datums: ...


    Im Falle von Heinrich Heine zeigt


    Thomas Rosenlöcher in Die Wiederentdeckung des Gehens beim Wandern: Harzreise,
    was dem einen idyllisch erscheint, mag einem späteren Zeitgenossen eher höllisch anmuten.

  • Die "moskowitische und persische Reise" von Adam Olearius; ein Bericht über die aufwendige im Auftrag des Holsteinischen Herzogs in der ersten Hälfte des 17. Jhrds. unternommene Reise zum Zweck der Aufnahme von Handelsbeziehungen mit dem Persischen Reich. Einer der Mitreisenden war auch der Dichter Paul Fleming, ein Jugendfreund von Olearius. Der ursprüngliche Zweck der Reise scheiterte in Bausch und Bogen. Aber dafür entstand dieses großartige literarische Zeugnis darüber.
    Für mich schrieb Olearius neben Johan Beer und Johann Thomä (Damon und Lisille) das schönste und entwickelste Prosadeutsch des 17. Jahrhunderts. Nicht umsonst war das Buch sofort ein internationaler Erfolg, meines Wissens der einzige der dt. Barockliteratur, wurde in alle europäischen Kultursprachen übersetzt und erlebte mehrere Auflagen. z. B. griff noch Montesquieu für seine "persischen Briefe" darauf zurück.

  • Schon fertig? :breitgrins:
    [hr]
    Wird zwar als Geschichtswerk gehandelt, ist aber im Grunde genommen ein Reisebericht:


    Xenophon: Anabasis (Der Zug der Zehntausend) (Ok - es ist ein ganzes Heer auf der Reise durch feindliches Land, aber nichts destotrotz ;).)


    während dies - zumindest in meiner deutschen Übersetzung - zwar nach einem Reisebericht klingt:


    Pausanias: Reisen durch Griechenland

    in Tat und Wahrheit aber eher ein Reiseführer ist, mit genauer Schilderung der über Griechenland verstreuten Heiligtümer ("Die erste Statue von links zeigt ...", dann folgt die zweite usw., usw., es fehlen nicht die Geschichten der Herstellung der Statuen und/oder die lokalen Sagen, die zur Verehrung gerade dieses Gottes an gerade diesem Ort geführt haben, und last but not least gibt Pausanias die Distanzen an zwischen den einzelnen Heiligtümern).

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Mir ist gerade wieder Ida Pfeiffer zwischen die Finger geraten:


    "Eine Frau fährt um die Welt" und "Reise einer Wienerin in das Heilige Land",


    aber Vorsicht, die Dame pflegt einen Revolver bei sich zu tragen.

  • Ida Pfeiffer [...] "Reise einer Wienerin in das Heilige Land"


    Wie sie den Schmutz der durchschnittlichen Übernachtungsmöglichkeiten schildert und auch immer wieder betont, dass sie eben nicht als Luxustouristin unterwegs ist - das Ganze scheint stark auf Karl Mays Orientphantasien abgefärbt zu haben ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Wie sie den Schmutz der durchschnittlichen Übernachtungsmöglichkeiten schildert und auch immer wieder betont, dass sie eben nicht als Luxustouristin unterwegs ist - das Ganze scheint stark auf Karl Mays Orientphantasien abgefärbt zu haben ... :zwinker:


    Das Buch über die Palästinareise habe ich noch nicht gelesen, doch auch aus der "Weltreise" wird deutlich, dass sich Ida keinen Luxus leisten konnte. Zu unserem Glück hat sie wohl auch die Einahmen der Reiseberichte gebraucht um ihre Reisen zu finanzieren.
    Müsste interessant sein, wie die Männerwelt des 19. Jahrhunderts so eine Frau eingeschätzt hat. Ich habe darüber keine Informationen.

  • Müsste interessant sein, wie die Männerwelt des 19. Jahrhunderts so eine Frau eingeschätzt hat. Ich habe darüber keine Informationen.


    Ich meine, im Nachwort meiner Ausgabe müsste etwas dazu stehen. Aber meine Bibliothek ist immer noch ausgelagert. Darwin, iirc, hat Fr. Pfeiffers Reiseberichte gekannt und geschätzt.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    ich habe aus seinem Remittendentisch "Galiläa" von Pierre Loti (1850-1923) gefischt und das Büchlein hat es mir sehr angetan. Es ist allerdings der 3. Teil seiner Nahostreise aus dem Jahre 1894. Doch da die Reiseroute in sich abgeschlossen ist, hat es nichts ausgemacht nicht der Reihenfolge nach zu lesen:


    -Die Wüste
    -Jerusalem
    -Galiläa


    Kurzbeschreibung:
    [kaufen='978-3423134293'][/kaufen]


    Der letzte Teil der Trilogie führt uns zum See Genezareth, durch das Land Galil (Galiläa), weiter nach Damaskus und von dort über das Libanongebirge in die Hafenstadt Beirut.


    Von Beginn an beschreibt Loti seine dritte Etappe durch den Nahen Osten als eine Reise durch eine fast entvölkerte Region. Nicht nur das Wetter, sondern auch die Landschaft erweist sich als unwirtlich, und dennoch lösen die Eindrücke eine Vision des Ewigen bei ihm aus. An den Gestaden des Sees, in der antiken Stadt Tiberias, lässt Loti die Atmosphäre auf sich wirken und spürt, immer noch vergebens, dem großen Mysterium Jesu nach.


    Es folgt die berauschend beschriebene Konfrontation mit einer uralten Betstätte der Menschheit: Baalbek, der Stadt Baals. Der seherische Blick Lotis führt uns dann weiter am Hermongebirge vorbei nach Damaskus, in eine der ältesten Oasenstädte der Welt. Die Beschreibungen dieser Stadt in Verbindung mit den Betrachtungen ihrer historischen Entwicklung zeigen in ihrer Intensität wie gekonnt und sicher der Autor einzudringen vermag in das Anderssein, in die exotische Fremde einer alten Kulturlandschaft.


    Die Atmosphäre ist melancholisch, was der Autor bereits im Vorwort zum Ausdruck bringt, im 1. Abschnitt, ein sehr schöner Satz, wie ich finde:


    Ich durchquerte das schwermütige Galiläa im Frühling, und ich fand es still unter einem riesigen Leichentuch aus Blumen. Die Regenfluten des April gingen noch nieder, und das Land war nichts als eine grüne Wüste, eine Welt zarter Gräser, die beim GEsang unzähliger Vögel zu neuem Leben erwachte. Die großen Erinnerungen, die Ruinen, die ebeine schienen hier unter der stillen Erneuerung der Pflanzen noch tiefer zu ruhen, und ich wollte sie in meinem Bericht kaum aufstören....



    sicherlich nicht mein letztes Buch von Pierre Loti.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo,



    noch nicht ganz klassisch:



    Erika und Klaus Mann: Das Buch von der Riviera, ein netter Reiseführer aus dem Jahr 1931, mit Zeichnungen von Henri Matisse u.a.:
    [kaufen='9783499236679'][/kaufen]


    und


    Erika und Klaus Mann: Rundherum: Abenteuer einer Weltreise
    [kaufen='9783499139314'][/kaufen]



    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Die Edition Erdmann hat sich übrigens auf alte Reiseberichte spezialisiert. Von der Gestaltung her sind die Bücher auch sehr schön gemacht.


    OT:
    gibt es derzeit ein paar wenige bei Jokers im Angebot:


    Alexander Mackenzie: Mit Gewehr und Kanu
    Max Eyth: Baumwollfelder unterm Dampfpflug
    Johann J. Saar: Geheimnisvolle Gewürzinseln
    Kronprinz von Österreich Rudolf: Zu Tempeln und Pyramiden


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Wurde hier bereits Théophile Gautier mit seinen klassischen Feuilletons über Reisen nach Spanien, Italien, Constaninopel und Russland erwähnt? Lesenswert sollen sie sein, diese Kleinode des frühen Journalismus. Kann jemand aus eigener (Lese-)Erfahrung berichten?


    Viele Grüße


    Tom


  • Wurde hier bereits Theophile Gautier mit seinen klassischen Feuilletons über Reisen nach Spanien, Italien, Constaninopel und Russland erwähnt? Lesenswert sollen sie sein, diese Kleinode des frühen Journalismus. Kann jemand aus eigener (Lese-)Erfahrung berichten?


    Viele Grüße


    Tom



    Hallo Tom,


    zu Gautiers Reiseberichte kann ich nichts beitragen. Doch durch deinen Beitrag zu "Salammbô" habe ich heute Théophile Gautiers Meinung dazu gelesen. So bin ich heute auch schon über diesen Schriftsteller gestolpert und wollte dies kurz erwähnen. :smile:


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • ... durch deinen Beitrag zu "Salammbô" habe ich heute Théophile Gautiers Meinung dazu gelesen.


    ... die bestimmt sehr positiv war, wie ich Gautier kenne - und ich kenne wahrhaftig nicht viel von diesem Exoten. Erinnern kann ich mich an die Novelle "Eine Nacht der Kleopatra" (sehr schöne Schilderungen Ägyptens; man merkt, dass Gautier dort war).


    Viele Grüße


    Tom

  • Hallo,


    ein feiner Reisebericht von George Borrow: Wildes Wales (Wild Wales)
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    George Borrow (1803-1881) . Es heißt, er habe 35 Sprachen und Dialekte beherrscht. Ein erstaunlicher Mensch. Er hat Rußland, Portugal und Spanien durchwandert, also ein unermüdlicher Wanderer. In "Wildes Wales" reiste Barrow durch Wales, besteigt so manchen Berg (Berwyn Mountains und den Snowdon) und erkundet abgelegene Orte wie Llandovery. Im dortigen Castle Hotel kann man das Himmelbett besichtigen, in dem Borrow übernachtete.


    Er folgte auch den Spuren Waliser Dichter mit einer Freude am Rezitieren derer Gedichte an den erkundeten Stätten. Eisenbahnen ließ er links liegen, er verachtete sie und diejenigen, die damit reisen und doch konnte er sich ihrer nicht ganz entziehen.



    Ein kleiner Auszug, den Borrow zu seiner Tochter Henrietta sagt:
    "Hier ... bist du auf dem höchsten Felsen des Snowdon, den die Waliser - vielleicht zu Recht - als den außergewöhnlichsten Fels der Welt betrachten. Das kommt in vielen ihrer alten, wildromantischen Geschichten gleich wie in einigen ihrer edelsten Gedichte zum Ausdruck, unter anderem im "Jüngsten Gericht" des berühmten Gronwy Owen: "Der Gipfel des Snowdon soll dem Erdboden gleichgemacht werden, und die Wasser werden darum murmeln und strudeln." ..... der allgemein Y Wyddfa genannt wird, was deutlich sichtberer Ort oder Berg bedeutet, und der im Winter meist mit Schnee bedeckt ist. Über diesen Schnee gibt es in der walisischen Sprache zwei kuriose Strophen, die bis auf den Buchstaben R nur aus Vokalen bestehen."



    Mir hat das Lesen seines Berichtes viel Vergnügen bereitet.


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()