August 2007 - Uwe Johnson: Jahrestage

  • Hallo Jahrestage-Leser!


    Zitat

    Kennt jemand die Verfilmung von Margarete v. Trotta, die als DVD erhältlich ist? Ist sie empfehlenswert?


    Ich bin damals über den Film zu dem Buch gekommen, habe also zuerst den Film gesehen, der mich sehr beeindruckt hatte. Mit dieser Begeisterung habe ich dann erst das Buch gelesen, recht unbekümmert und ohne "Vorbereitung". Deshalb freue ich mich, dass ich jetzt hin und wieder bei euch mitlesen kann und schon jetzt stelle ich fest, dass mir bestimmt vieles entgangen ist.


    Wie der Film wirkt, wenn man zuerst das Buch gelesen hat, kann ich natürlich nicht beurteilen. Meist ist es ja so, dass in den Verfilmungen liebgewonnene Details oder persönlich wichtige Dinge nicht vorkommen, die Sprache kann nur schwer transportiert werden und man ist etwas enttäuscht. Ich fand den Film trotzdem sehr gelungen.


    Gruß von Steffi


  • Ich hatte ganz vergessen, dass er den letzten Teil erst viel später schrieb. Danke, Regina. Vielleicht schaff ich es und kann die „Begleitumstände“ mit hinzunehmen.


    Die Lektüre der "Begleitumstände" ist empfehlenswert, allerdings hätte ich ohne die Biographie von Neumann (wo sie sowieso das meistzitierte Werk sind) nicht allzuviel davon verstanden.


    Zum Beginn des Romans folgendes:
    neben Johnsons großer Liebe zum Wasser mag eine Rolle spielen, dass das Meer dafür steht, zwei Kontinente, und auch zwei Zeitebenen, miteinander zu verbinden. Ich meine gelesen zu haben, dass Gesines Ausflug ans mehr chronologisch tatsächlich bis in den 20. August liegt, und der Roman also tatsächlich an diesem Tag beginnt. Das fehlende Datum und die intensiv ausgeführte Wasser-Symbolik würde ihn insofern eine übergeordnete Bedeutung verleihen, ihn mit der im Roman immer wieder vorkommenden Symboplik verketten.


    Ich bin im Urlaub :winken: und versuche zwischendurch mal, mich zu melden. Bin bis knapp Seite 100 gediehen.


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo zusammen,


    11. September 1967
    In der letzten Woche sind in Viet Nam 2376 Menschen beruflich am Krieg gestorben.


    Eine interessante Art sich auszudrücken. Die Menschen, die beruflich mit Krieg zu tun haben, sterben nicht im Krieg, sondern am Krieg. Krieg als (Volks)Krankheit(?)


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)



  • Ohne schon am nine eleven angekommen zu sein, vermute ich bei dieser Formulierung Ironie und Sarkasmus.

  • Hallo!


    Ich bin nun Anfang Oktober 1967 angelangt und meine ersten positiven Leseeindrücke haben sich verfestigt. Die Erzählperspektive ist mir noch etwas rätselhaft: Ab und zu ist ja von "Wir" die Rede, was die quasi auktoriale Perspektive unterbricht. Bin mir noch unschlüssig, ob das ein gewolltes modernes Erzählmittel ist oder ich einfach ungenau gelesen habe.


    Was die New York Times angeht, finde ich es löblich, dass diese nicht unkritisch gelobt wird, sondern auch die Schattenseiten gezeigt werden, etwa die Artikel rund um Stalins Tochter.


    CK


  • Hallo xenophanes


    es soll im Buch noch ein Dialog zwischen Gesine und Uwe Johnson vorkommen:

    Wer erzählt hier eigentlich, Gesine. -
    Wir beide. Das hörst du doch, Johnson."


    mir gefällt die Doppeldeutigkeit des Titels "Jahrestage", denn es jähren sich auch Ereignisse in Gesines Vergangenheit, neben der Gegenwart die ein Jahr umfasst.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • mir gefällt die Doppeldeutigkeit des Titels "Jahrestage", denn es jähren sich auch Ereignisse in Gesines Vergangenheit, neben der Gegenwart die ein Jahr umfasst.


    Las die letzten beiden Stunden auch noch weiter. Mir gefällt speziell wie authentisch Johnson Manhatten schildert: Die Atmosphäre der Stadt, die New Yorker, den Hudson, die Parks, den Alltag der Menschen ...


    Woody Allen hätte seine Freude damit :smile:


    Werde dringend wieder mal eine Woche in New York verbringen müssen.


    CK


  • Hallo xenophanes
    mir kam derselbe Gedanke. Man bekommt regelrecht Lust darauf NY zu besuchen.
    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Vermutungen:
    Die erste Woche ist vergangen und Johnson hat seine Spuren ausgelegt und erzeugt durch Negierte die Spannung für seine Geschichte. New York ist Frontstadt, Gesine und ihre Tochter finden in diesem Nah- und Fernkrieg etwas Geborgenheit und ich vermute von hier aus kommt die Geschichte, Gesines Geschichte, in Fluss, wohl immer in Reflektion zu den zeitlich versetzten Ereignissen in Krieg und Repression. Johnson beschreibt die Athmosphäre der Stadt in sehr poetischen Bildern, denen ic so traue, wie Gemälden von Schlachtfeldern. Vielleicht entstehen Parallelen. Wir werden viel von dem Leid der Juden erfahren, Johnson deutet mehrmals auf diesen Aspekt hin, denn ihr Leiden hält an, wird an Individuen und Vorurteilen vorgeführt. Seine Technik jeden Tag ganz sachlich die Folgen der Kriege aufzulisten schafft bei mir die notwendige Distanz zum gewöhnlichen Alltag den er schildert.


  • mir kam derselbe Gedanke. Man bekommt regelrecht Lust darauf NY zu besuchen.


    Oder in so einem Mietshaus zu wohnen? Falls es die noch gibt.
    Ich meine vor allem


    1. Oktober, 1967 Sonntag: Beginn der Heizperiode.


    (Seite 131/132)
    Das ist mit einer solchen Bildmächtigkeit beschrieben, solch einem Gespür für ungewöhnliche Metaphern, dabei, wie alles, absolut diszipliniert, und mit so viel Ironie.


    Nun werden die Morgenträume wieder interpunktiert von den Nöten des heißen Wassers, das Mr. Robionson aus dem Keller in freistehenden Rohren durch Stockwerk nach Stockwerk aufwärts schickt. Das Wasser erschrickt vor der kalten Luft, prallt allseitig vor der ungleichen Federung, so daß im Schlaf ein alter Kerl erscheint, neben dem Kopfende des Bettes aufragend, der hat eine eiserne Kehle, eine schartige Röhre hat der im Hals, der atmet mit Rasierklingen, der frißt Glas und Schrott.


    ... and so on ...
    Da les ich mich ja richtig im Bett liegen, morgens, aufgewacht in dieser Geräuschkulisse.


    Ich versuche beim Lesen immer im Hinterkopf zu haben, wie viel Recherche-Arbeit das alles war.
    Für diese Schilderung muss er doch wohl mal s/einem Hausmeister mit Fragen behelligt haben. :zwinker:

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

    Einmal editiert, zuletzt von Leibgeber ()

  • Hallo zusammen!


    Ich bin leider die letzten Tage nicht zum Lesen gekommen, habe aber jetzt datumsgleich aufgeschlossen.


    Was mir auffiel: Uwe Johnson huldigte der Zeitungskultur und ließ Gesine für sich sprechen. Jedenfalls war Johnson begeisterter Zeitungs- und Zeitschriftenleser, folgte dabei einigen "Ritualen" des Kaufens und Lesens und war darüber hinaus dennoch sehr kritisch mit den gelesenen Artikeln. Kritik ließ er aber, so mein erster Eindruck beim Lesen der Jahrestage, in seinen Jahrestagen als reine Aussage stehen oder unterstützte sie ironisch. So am "heutigen" Tag, dem 28. August. Die kaltblütige Berechnung einer Toten- und Verwundetenendsumme des Viet-Nam-Krieges und die Beschreibung der Einteilung in mäßige und leichte Verluste ist doch sehr ironisch, finde ich. Auch die Anordnung der Todesmeldungen in der Zeitung beschreibt er sehr ironisch. Das lässt Johnson dann so stehen, ohne sich auch nur einmal moralisch zu äußern, geschweige denn ein Urteil abzulegen...


    Die Beschreibungen New Yorks und auch die Jerichos, die besonders am 28. August einsetzen sind sehr anschaulich und machen in der Tat neugierig auf New York und Mecklenburg. Auch wenn Jerichow erfunden ist und nichts mit dem Jerichow bei Tangermünde und Stendahl zu tun hat, ist es doch eine typisch meklenburgische Kleinstadt. Wie gut Johnson sowohl das von ihm aufmerksam beobachtete New York, als auch seine mecklenburgische Heimat kannte, wird hier sehr deutlich. Die erste ausführliche Beschreibung Jerichows zeigt aber auch die guten Kenntnisse, die Johnson von der deutschen Geschichte hatte. In den Jahrestagen gibt es viele Dinge, die selbst geschichtsinteressierten Leser(Innen) nicht bekannt sein dürften. Das hat wohl nicht nur die Wälzung von Zeitungsarchiven, sondern auch das Lesen von Buchbergen ermöglicht...


    Jedenfalls finde ich die Beschreibungen atmosphärisch sehr dicht und die Charakterstudien sehr anschaulich und nachvollbar. Mir fällt auf, dass Johnson seine Hauptakteure allmählich charakterlich und optisch aufbaut und nicht mit Biographien daherkommt, um diese vorzustellen...


    Grüße in die Runde, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

    Einmal editiert, zuletzt von Friedrich-Arthur ()


  • 11. September 1967
    In der letzten Woche sind in Viet Nam 2376 Menschen beruflich am Krieg gestorben.


    Eine interessante Art sich auszudrücken. Die Menschen, die beruflich mit Krieg zu tun haben, sterben nicht im Krieg, sondern am Krieg. Krieg als (Volks)Krankheit(?)


    So eine Leserunde ist eine feine Sache.
    Die besondere Exaktheit dieser Formulierung war mir nicht aufgefallen.


    Ich blieb heute auch bei einer hängen.
    Seite 215, 16. Oktober, 1967 steht:
    Cresspahl war sich nichts vermutend gewesen.


    Und Seite 215, 24. Oktober, 1967, noch mal:
    ... und Cresspahl war sich nichts vermutend.


    Ein so sorgfältiger Wortsetzer denkt sich natürlich was dabei.
    Nur, was ?

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo zusammen,


    Auch ich habe beim zweiten Durchgang (bin beim 9. September) durch den ersten Band Spass an der Sprache. Einerseits entspricht sie oft dem Gang der Gedanken, mit Sprüngen und Brüchen. Andrerseits werden die Worte und Konstruktionen sehr bewusst gewählt. Ein Beispiel vom 29. August:
    In der anderen Hälfte sitzt zu ebener Erde ein Restaurant, das seine Kunden mit lindgrünen Vorhängen vor dem Licht des Tages schützt. Der Haupteingang mit seinen vier Schwingtüren zieht so viele Leute vom Bürgersteig, dass der Trott der Passanten an dieser Stelle aus dem Schritt kommt.
    Erst einen Satz später merkt man, dass der Haupteingang der Bank, nicht des Restaurants, gemeint ist. So kommt der Lesefluss genau so ins Stocken wie der Trott der Passanten.


    Trotzdem ist mir das Buch (subjektiver und hoffentlich vorläufiger Eindruck!) unsympathisch. Ich könnte es mitten im Satz zur Seite legen und die Lektüre ohne Reue abbrechen. Es ist überhaupt nicht spannend, die Hauptfigur hat (noch?) keine Konturen. Den ganzen ersten Band lang wartete ich darauf, dass die Sache mit den Vietnamtoten irgendwohin führt, dass die Teile in einen Zusammenhang gebracht werden. Es erstaunt mich nicht, dass dieser erste Band schlechte Krititken erhielt, und ich bin gespannt darauf, wie die Fortsetzung diesen Eindruck revidieren wird.


    Herzliche Grüsse, Maja

  • So wie die Tante Times am 31. August 1967 von Uwe Johnson beschrieben wurde, sind Zeitungen zu wünchen. Diese Thesen sind Grundlage wahrer Journalistenkunst. Zeitungen, die so berichten, gewinnen das Vertrauen der Leser von ganz von allein. Doch welche Zeitungen sind heute noch so?


    Der am 1. September 1967 so leichthin erwähnte Fall Babendererde interessiert mich seit längerem, das Buch steht auf der Wunschliste. Kennt jemand von euch Johnsons ersten Roman, der ursprünglich auch bei Suhrkamp abgelehnt und erst nach Johnsons Tod veröffentlicht wurde? Jedenfalls treten darin schon Personen auf, die in den Jahrestagen wiederkehren, wenn auch nur in Erinnerungen.


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10


  • Das ist einfach Norddeutsch.

  • Trotzdem ist mir das Buch (subjektiver und hoffentlich vorläufiger Eindruck!) unsympathisch. Ich könnte es mitten im Satz zur Seite legen und die Lektüre ohne Reue abbrechen. Es ist überhaupt nicht spannend, die Hauptfigur hat (noch?) keine Konturen. Den ganzen ersten Band lang wartete ich darauf, dass die Sache mit den Vietnamtoten irgendwohin führt, dass die Teile in einen Zusammenhang gebracht werden. Es erstaunt mich nicht, dass dieser erste Band schlechte Kritiken erhielt, und ich bin gespannt darauf, wie die Fortsetzung diesen Eindruck revidieren wird.


    Ich kann das gut nachempfinden, auch wenn ich es nicht teile. Mir ging es einmal ähnlich, als ich mir den Film „Zelig“ von Woddy Allen anschaute. Noch nach einer viertel Stunde fragte ich mich, wann der Film endlich anfangen würde und merkte erst dann, dass ich schon mitten drin war.
    Was Johnson macht ist eigentlich eine gebräuchliche Methode. Es werden eine Menge Fäden aufgezogen, die scheinbar ins Leer laufen und irgendwann führen sie zusammen. Spannung wird über Neugierte aufgebaut und die Kunst ist es, die Leser nicht zu ermüden. Jeder hat aber da auch seine individuellen Grenzen.
    Mich beschäftigt die Frage, wie Johnson bei dieser Romanform für die Tageseintragungen jeweils einen Abschluss festlegte. An einigen Tagen, zum Beispiel, als er Jericho beschrieb, lässt sich das Ende des Eintrags gut nachempfinden, wenn er jedoch über den Alltag erzählt und die Geschichte in Rückblenden aufbaut finde ich nicht immer einen plausiblen Grund, warum er den Eintrag beendet.
    Sind eigentlich noch Entwürfe und Vorstudien, verworfene Versionen von "Jahrestage" vorhanden ? Die Form der Chronik legt es ja nahe, dass verschiedene Versionen entstanden sind.

  • Hallo zusammen,
    hallo Maja


    Zitat von “Maja“

    Den ganzen ersten Band lang wartete ich darauf, dass die Sache mit den Vietnamtoten irgendwohin führt, dass die Teile in einen Zusammenhang gebracht werden. Es erstaunt mich nicht, dass dieser erste Band schlechte Kritiken erhielt, und ich bin gespannt darauf, wie die Fortsetzung diesen Eindruck revidieren wird.


    Viet Nam und andere Geschehnisse:
    ich sah diese Hinweise jetzt eher in einem journalistischen Stil geschrieben. Ich erwarte im Moment noch gar nicht, dass es in einen Zusammenhang gebracht wird. Es vermittelt mir einen Eindruck der damaligen Zeit, der damaligen Situation und wie die Menschen auf die Kriegsnachrichten reagiert haben.


    z.B. der Zeitungshändler, der seine verkrüppelte Hand demonstrativ herzeigt um zu sagen „die habe ich für dich im Krieg geopfert“.


    Hat der erste Band durchweg schlechte Kritiken gekriegt?
    Ich finde den Stil beeindruckend und es fesselt mich sehr.


    Zitat von “Maja“

    Es ist überhaupt nicht spannend, die Hauptfigur hat (noch?) keine Konturen


    Ich komme ja gerade aus der 3.Proust-Leserunde „Guermantes“, denn seit 2006 lesen wir bereits Proust. Er hat auch so seine Art, die Hauptfiguren nicht zu beschreiben, sondern über andere Elemente Atmosphäre zu schaffen. Ach, ich kanns einfach nicht so richtig ausdrücken. Es ist nur so, dass ich das Gefühl habe, dass hier ein ähnlicher Stil angewandt wird.


    Es ist jedenfalls interessant zu lesen, dass jeder von uns andere Aspekte in den „Jahrestagen“ sieht und uns dadurch ergänzen können. Eine Leserunde ist schon was feines.


    Bis dann
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • So wie die Tante Times am 31. August 1967 von Uwe Johnson beschrieben wurde, sind Zeitungen zu wünchen. Diese Thesen sind Grundlage wahrer Journalistenkunst. Zeitungen, die so berichten, gewinnen das Vertrauen der Leser von ganz von allein. Doch welche Zeitungen sind heute noch so?


    Wir sollten dabei nicht überlesen, dass die Schilderungen der Guten Tante Times ironisch sind.
    Ihre Berichterstattung des Vietnamkriegs sieht Johnson durchaus nicht als positiv an.
    Egal mal, ob Journalistenkunst oder nicht.


    Zitat


    Der am 1. September 1967 so leichthin erwähnte Fall Babendererde interessiert mich seit längerem, das Buch steht auf der Wunschliste. Kennt jemand von euch Johnsons ersten Roman, der ursprünglich auch bei Suhrkamp abgelehnt und erst nach Johnsons Tod veröffentlicht wurde? Jedenfalls treten darin schon Personen auf, die in den Jahrestagen wiederkehren, wenn auch nur in Erinnerungen.


    Ich bin ja am überlegen, mehr zu lesen, nur, die Berge an ungelesenen Büchern ....
    also, der Johnson hat mich gepackt.
    Die recht ausführlichen Zitate in der Neumann-Biographie machen mir schon Lust auch auf "Babendererde".
    Und übrigens wird in den Jahrestagen auch Karsch erwähnt, aus dem "Dritten Buch über Achim", und ich meine mich zu erinnern, auch einen Hinweis auf die "Zwei Ansichten" gefunden zu haben.
    Ebenso Jakob und Jöche, und Marie Abs (Jakobs Mutter) aus den "Mutmassungen".

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Hallo, Maja,


    liest du die Jahrestage jetzt zum ersten oder zweiten Male? Bin etwas verwirrt.


    So subjektiv sind Leseeindrücke. Ich finde das Buch auch beim zweiten Durchgang noch höchst spannend. Aber mich interessieren in Romanen auch immer die Figuren am meisten. Für mich hat die Hauptfigur auch Konturen, auch wenn ich noch längst nicht alles über sie weiß (lese ja taggleich und bin heute am 31.08. angelangt). Johnson streut so kleine, bedeutsame Details ein
    wie etwa, dass Gesine ihre Sonnenbrille nie in die Haare schiebt, die ihre Figur für mich besser charakterisieren als seitenlange Beschreibungen.


    Von den Zeitungsmeldungen erwarte ich gar keine Geschichte. Für mich bilden sie eine Verankerung in der Realität. Dieser Eindruck mag sich noch ändern.