• Alfred Döblin ist mir bisher nur durch seinen großartigen gesellschaftskritischen expressionistischen Roman Berlin Alexanderplatz bekannt. Dieser erinnert mich stark an die Berlinbilder von Ernst Ludwig Kirchner und die Großstadtbilder von George Grosz. Es ist ein berauschender Roman. Die Verfilmung habe ich aber leider noch nicht gesehen…


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo, Friedrich-Arthur,


    Berlin Alexanderplatz ist wirklich ein großartiger Roman, und leider bislang der einzige Döblin, den ich kenne. Abhilfe naht in Form von "Wallenstein", ein Roman, den Döblin im ersten Weltkrieg geschrieben hat und der sehr gelobt wird. Ich erwarte den Schmöker Anfang nächster Woche und freue mich schon riesig auf meinen zweiten Döblin, den ich für einen sehr begnadeten Schreiber halte. :klatschen:


    Die Verfilmung von "Berlin Alexanderplatz" kenne ich nur teilweise. Vor vielen Jahren lief ein Mehrteiler mit Günther Lamprecht in der Titelrolle im Fernsehen. Mich hat es nicht umgehauen, wobei ich gestehen muss, Literaturverfilmungen ohnehin sehr skeptisch gegenüber zu stehen. Nur der "Leorpard" von Visconti hat mich bislang restlos überzeugt.


    Berlin Alexanderplatz ist sicherlich schwer verfilmbar, weil das Buch eben sehr viel mehr enthält, als im Film gezeigt werden kann. Ich werde jedenfalls weiterhin kritisch bleiben in Bezug auf mögliche Verfilmungen dieses gigantischen Buches. :rollen:


    Es grüßt


    Sir Thomas

  • Alfred Döblin ist ein Autor, der nun wirklich alles mögliche geschrieben hat, von expressionistischen Erzählungen ("Ermordung einer Butterblume"), über sein Hauptwerk "Berlin Alexanderplatz", historische Werke wie "Wallenstein" oder die "November 1918"-Trilogie und am Schluss anscheinend auch religiöse Romane.
    Empfehlen kann ich neben dem Alexanderplatz folgende Romane:


    - "Wadzeks Kampf mit der Dampfturbine": Ein urkomischer Roman über Herrn Wadzek und seinem Kampf mit der Moderne, seinem technisch überlegenen Firmengegner Rommel, mit burlesken, verrückten Beschreibungen und jeder Menge Humor. Der erste in Berlin spielende Roman Döblins. Mag aber nicht jedermans Sache sein, die Handlung ist alles andere als "logisch", die Aktionen der Protagonisten originell und unkonventionell...


    - "Die drei Sprünge des Wang-Lun": Ein chinesischer Roman (Exotismus) mit einer sprachlichen Urgewalt, viel Gewalt und Drastik, aber auch gewissermassen philsophischen Gedankengängen (Taoismus). Sehr empfehlenswert.


    - "Manas": Dies ist ein indisches Epos, sogenanntes "modernes Epos", im Flattersatz (so viel ich weiss) verfasst, mit Naturgeistern, Dämonen etc. Allein des Stils wegen und der mutigen Umsetzung einer im 20. Jhd. eher weniger geschätzten Idee / Gattung sollte man es lesen.


    Fazit: Döblin hat alles ausprobiert, was die literarischen Möglichkeiten hergeben und meistens auch reüssiert, wiewohl beim Publikum bis auf den "Alexanderplatz" eher weniger berücksichtigt. Auch ein Drama hat er verfasst, dass angeblich weniger gelungen sein soll. Weiss jemand, ober sich auch in der Lyrik versucht hat?


    Liebe Grüsse,
    Imrahil

    "Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Weiss jemand, ob er sich auch in der Lyrik versucht hat?


    Lieber Imrahil,


    obwohl Du der weitaus größere Experte in Sachen Döblin zu sein scheinst, erlaube ich mir die Bemerkung, dass mir keinerlei lyrische Versuche bekannt sind. Sollte ich etwas finden, werde ich es hier kundtun.


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • As-salam aleikum Friedrich-Arthur,


    wie es der Zufall will, habe ich gestern Abend begonnen mir den 1. Teil der Fassbinder Verfilmung von "Berlin-Alexanderplatz" auf DVD anzusehen. Eigentlich wollte ich jeden Abend einen weiteren Teil sehen, aber dazu komme ich wieder nicht. Ich denke ein Teil pro Woche ist realistischer. Ich werde später berichten, wie mir die Verfilmung gefällt, da sie mir bisher unbekannt war.


    Vorweg finde ich die Restaurierung des Filmmaterials sehr gelungen. Die ersten Szenen wirken wie gestern gedreht.


    In sha' Allah


    Babur


  • Abhilfe naht in Form von "Wallenstein", ein Roman, den Döblin im ersten Weltkrieg geschrieben hat und der sehr gelobt wird. Ich erwarte den Schmöker Anfang nächster Woche und freue mich schon riesig auf meinen zweiten Döblin, den ich für einen sehr begnadeten Schreiber halte.


    Wäre interessant, Döblins Werk punkto Inhalt mit Schillers Wallenstein Trilogie zu vergleichen.


    Sir Thomas: Hast du Schillers Wallenstein schon gelesen? Wenn ja, wäre es nett, wenn du einige Vergleiche zwischen den beiden Büchern hier reinschreiben könntest. Wenn nein: Es lohnt sich, Schillers Trilogie zu lesen. Sie ist zwar sehr lang, aber wirklich spannend und interessant.

  • Zitat

    Sir Thomas: Hast du Schillers Wallenstein schon gelesen? Wenn ja, wäre es nett, wenn du einige Vergleiche zwischen den beiden Büchern hier reinschreiben könntest. Wenn nein: Es lohnt sich, Schillers Trilogie zu lesen. Sie ist zwar sehr lang, aber wirklich spannend und interessant.


    Hallo Klabund,


    Schillers Wallenstein ist mir nur in Auszügen bekannt (Lektüre irgendwann in der Schule vor vielen, vielen Jahren :redface:). Über einen Vergleich mit Döblins Werk habe ich auch schon einmal nachgedacht. Leider ist der Döblinsche Wallenstein noch nicht bei mir eingetroffen, und ob ich ihn sofort lesen werde, weiß ich im Augenblick noch nicht (ist aber sehr wahrscheinlich). Das Schiller-Drama müsste ich aus irgendeiner Umzugskiste herauswühlen (eine von denen, die man seit Jahren mit sich herumschleppt, aber nicht auspackt). Im Bücherregal befinden sich die Reclam-Hefte nämlich nicht.


    Du siehst: Der Geist ist willig, aber der Alltag voller Tücken ... :breitgrins:


    Trotzdem: Wenn ich Deinem Wunsch entsprechen kann, wirst Du es in diesem Forum zu lesen bekommen.


    Viele liebe Grüße


    Sir Thomas

  • Hallo zusammen!


    Ich habe garnicht geahnt, dass Döblin so ein vielseitiger Schriftsteller war und auch dem Humor zugetan. Arzt und vielseitiger Schriftsteller und auch darüber hinaus eine ganz interessante und großartige Persönlichkeit mit bewegtem Leben...


    Vielleicht habe ich ihn bisher zu wenig beachtet und sollte einem eurer Empfehlungen folgen.


    Danke für eure Antworten!


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • In "Die verbrannten Dichter" gibts übrigens einen sehr interessanten Artikel (mit vielen Photos und Ausschnitten aus seiner Literatur) über Döblin. Und auch viele andere Schriftsteller, die den Nazis nicht genehm waren, wie zum Beispiel Irmgard Keun, Hans Henny Jahnn, Wegener, Else Laske-Schüler, Erich Mühsam, Ernst Toller oder Klabund werden gut porträtiert.


    http://www.amazon.de/Die-verbr…oks&qid=1180991981&sr=8-1

  • Liebe Döblin-Freunde/-Adepten/-Jünger und -Abhängige,


    ich habe mittlerweile das erste Buch des "Wallenstein" gelesen. Darin geht es hauptsächlich um die politischen Sorgen und Nöte des Kaisers Ferdinand aus dem Hause Habsburg. Der fanatische Gegenreformator sieht sich, kurz nach dem Sieg über die protestantischen Stände Böhmens, von Intriganten und Ränkeschmieden in der Wiener Hofburg umgeben. Ausdrücklich gewarnt seien vor der Lektüre all diejenigen, die sich mit der Geschichte des 30jährigen Krieges im Besonderen sowie der Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Allgemeinen nicht auskennen. Ein gründliches Studium dieser Themen vorab ist unumgänglich, man kann sonst der Handlung nicht folgen. Ein Tipp: Die Darstellung des 30jährigen Krieges auf wikipedia ist ein brauchbarer Einstieg.


    Leicht zu lesen ist der "Wallenstein" nicht. Es ist kein historischer Roman im klassischen Sinne (so die Meinung Walter Muschgs im Nachwort meiner Ausgabe), sondern ein gewagtes literarisches Experiment, ein durch und durch expressionistisches Werk: sprachlich sehr gewagt, manchmal fast schon ein wenig atemlos-schludrig geschrieben, vor allem aber die Erzählweise des "Berlin Alexanderplatz" deutlich antizipierend. Fazit: Nicht nebenbei zu lesen - eben ein echter Döblin!


    Den gewünschten Vergleich mit Schillers Drama kann ich derzeit nicht leisten. Dazu bin ich
    a) noch nicht weit genug in der Lektüre des Döblin-Romans
    b) nicht mehr sauber orientiert, was das Schiller-Werk anbelangt (Neulektüre notwendig).


    Soviel für den Augenblick. Ich glaube, dass ich den "Wallenstein" für einen Moment zugunsten anderer Bücher zur Seite legen muss. Ich werde ihn aber nicht vom Nachttisch entfernen, denn beenden möchte ich dieses Werk auf jeden Fall.


    Über Eure Eindrücke und Erinnerungen an diesen Döblin-Roman würde ich mich an dieser Stelle sehr freuen.


    Es grüßt ganz herzlich in die Runde


    Sir Thomas



  • Wäre interessant, Döblins Werk punkto Inhalt mit Schillers Wallenstein Trilogie zu vergleichen.


    Sir Thomas: Hast du Schillers Wallenstein schon gelesen? Wenn ja, wäre es nett, wenn du einige Vergleiche zwischen den beiden Büchern hier reinschreiben könntest. Wenn nein: Es lohnt sich, Schillers Trilogie zu lesen. Sie ist zwar sehr lang, aber wirklich spannend und interessant.


    Hallo zusammen,


    wäre auch interessant Golo Mann's "Wallenstein" mit einzubeziehen. Das könnte ein Projekt für mich für 2008 werden. Danke für eure Anregung.
    Trotzdem noch die Frage: Kennt jemand bereits "Wallenstein" von Golo Mann. Das Buch habe ich mir kürzlich gekauft.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria,


    Golo Manns "Wallenstein" kenne ich nur vom Hörensagen. Wenn Du Dir das Buch gekauft hast, dann hoffentlich nicht in der SPIEGEL-Ausgabe, die sehr schlampig und fehlerhaft editiert sein soll (behaupten jedenfalls einige Amazon-Rezensenten). Inhaltlich wird Manns "Wallenstein" aber sehr gelobt als fundierte und lesenswerte Darstellung des Feldherrn und seiner Zeit. Mal sehen, erst will der Döblin "bezwungen" sein, dann vielleicht noch einmal der Schiller ...


    Viele liebe Grüße


    Sir Thomas

  • Moin, Moin!


    Rund um den 50. Todestag des Schriftstellers Alfred Döblin gab es Wortmeldungen, Reaktionen und Beiträge, von denen ich als "Beobachter" des DeutschlandRadio <a href="http://www.bibliomaniac.de/abc/ak/autor.htm#doeblin">einige gesammelt habe</a>. Die Verlage Patmos und dtv haben eine <a href="http://www.alfred-doeblin.com/">Webseite</a> ins Leben gerufen, auf der man das <a href="http://195.30.254.108/themenseite/link/de/554904">Jubiäumsmagazin</a> als pdf-Datei <a href="http://195.30.254.108/themenseite/mediaserver/04/doeblin_72dpi_554904.pdf">herunterladen</a> kann.

  • Moin, Moin!


    Wenn ich mich richtig erinnere, hieß das im letzten Jahrtausend "Radiohörer"


    Das war VOR Web 2.0. Es geht ja vor allem darum, darüber <a href="http://ubique.antville.org/search?q=d%F6blin">zu bloggen</a>. Als <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Watchblog">Watchblogger</a> wollte ich mich nichtbezeichnen, weil damit gemeint ist, ein Medium kritiscvh zu hinterfragen, was ich nicht tue. Ich sammle/verlinke <a href="http://ubique.antville.org/topics/LitMix/">in LitMix</a> lediglich die literarischen Inhalte. Du Schlaumeier. :grmpf:


  • Hallo zusammen,
    hallo Thomas,


    Es ist die Spiegel-Ausgabe.


    Ich habe mir nun Döblins Wallenstein gekauft. Ich komme in diesem Jahr zwar nicht mehr zu meinem Wallenstein-Projekt, doch die Kommentierte Gesamtausgabe hat mich im Buchladen verführerisch angelächelt :-)


    außerdem muß ich mich noch auf die Suche nach Schillers Geschichte zum 30jährigen Krieges machen.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Ich habe mir nun Döblins Wallenstein gekauft. Ich komme in diesem Jahr zwar nicht mehr zu meinem Wallenstein-Projekt, doch die Kommentierte Gesamtausgabe hat mich im Buchladen verführerisch angelächelt :-)


    außerdem muß ich mich noch auf die Suche nach Schillers Geschichte zum 30jährigen Krieges machen.


    Gruß
    Maria


    Liebe Maria,


    das nenne ich deutsche Gründlichkeit ... :zwinker: Klingt fast so, als könntest Du von diesem "Brutalo"-Stoff nicht genug bekommen ... :breitgrins:


    Meine Döblin-Lektüre stagniert ein wenig, was aber nichts mit der Qualität seines "Wallenstein" zu tun hat.


    Viele Grüße


    Sir Thomas


  • Liebe Döblin-Freunde/-Adepten/-Jünger und -Abhängige,


    ich habe mittlerweile das erste Buch des "Wallenstein" gelesen. Darin geht es hauptsächlich um die politischen Sorgen und Nöte des Kaisers Ferdinand aus dem Hause Habsburg. Der fanatische Gegenreformator sieht sich, kurz nach dem Sieg über die protestantischen Stände Böhmens, von Intriganten und Ränkeschmieden in der Wiener Hofburg umgeben. Ausdrücklich gewarnt seien vor der Lektüre all diejenigen, die sich mit der Geschichte des 30jährigen Krieges im Besonderen sowie der Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Allgemeinen nicht auskennen. Ein gründliches Studium dieser Themen vorab ist unumgänglich, man kann sonst der Handlung nicht folgen. Ein Tipp: Die Darstellung des 30jährigen Krieges auf wikipedia ist ein brauchbarer Einstieg.


    Leicht zu lesen ist der "Wallenstein" nicht. Es ist kein historischer Roman im klassischen Sinne (so die Meinung Walter Muschgs im Nachwort meiner Ausgabe), sondern ein gewagtes literarisches Experiment, ein durch und durch expressionistisches Werk: sprachlich sehr gewagt, manchmal fast schon ein wenig atemlos-schludrig geschrieben, vor allem aber die Erzählweise des "Berlin Alexanderplatz" deutlich antizipierend. Fazit: Nicht nebenbei zu lesen - eben ein echter Döblin!


    Hallo Thomas,


    ich bin seit einiger Zeit in lockeren Abständen daran, alles was auf meinem SUB liegt und mich sonst interessiert von der Reformation über den 30jährigen Krieg zur Franz. Revolution ungefähr in zeitlicher Folge durchzulesen. Golo Manns und Schillers Wallenstein wären da geplant, den Döblin hast du mir jetzt auch schmackhaft gemacht. Mal sehen ob ich so viel Wallenstein ertragen werde :zwinker:


    Viele Grüße,
    Zola

  • Hallo Maria,



    wäre auch interessant Golo Mann's "Wallenstein" mit einzubeziehen. Das könnte ein Projekt für mich für 2008 werden.


    Vielleicht kann daraus die eine oder andere Leserunde nächstes Jahr entstehen :smile: