Lesediszplin

  • Keine Ahnung, warum das so ist und es wird mit zunehmendem Alter immer schlimmer.


    Tatsächlich? Ich kann ohne Gewissensbisse auf (z.B.) Zola verzichten. Damit will ich nicht sagen, er sei ein schlechter Autor, aber er behagt mir nicht. Also muss ich ihn nicht lesen. (Natürlich bedaure ich das jeweils akut, wenn mir wieder jemand Zola-Zitate um die Ohren haut. Das geht aber rasch vorbei. Ungefähr so wie ein Mückenstich :zwinker: .)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo!


    Tatsächlich? Ich kann ohne Gewissensbisse auf (z.B.) Zola verzichten. Damit will ich nicht sagen, er sei ein schlechter Autor, aber er behagt mir nicht. Also muss ich ihn nicht lesen. (Natürlich bedaure ich das jeweils akut, wenn mir wieder jemand Zola-Zitate um die Ohren haut. Das geht aber rasch vorbei. Ungefähr so wie ein Mückenstich :zwinker: .)


    Schließe mich an. Zwar will ich auch einiges dringend lesen, was ich nach und nach abarbeite (in der letzten Zeit Dante, Montaigne, Mann Joseph Tetralogie, jetzt Rabelais, später "Jahrestage), andererseits werde ich immer genügsamer, was die Breite angeht. So lese ich seit einigen Jahren sehr viel zum wiederholten Mal (meine "Lieblingsbücher"), jetzt eben die "Strudlhofstiege" zum zweiten Mal.


    Theoretisch habe noch sehr viel Kopf, was ich lesen könnte. Wichtiger ist mir inzwischen aber, dass die aktuelle Lesezeit wertvoll ist, das darf dann gerne auch schon was Bekanntes sein.


    Dabei bin ich noch gar nicht SO alt.


    CK

  • Dabei bin ich noch gar nicht SO alt.


    Jenseits der 35 fängt man an, alt zu werden.


    Bis 45 merkt man das nicht so richtig, aber dann kommt es einem vor, als würde man mit stetig steigendem Tempo nach vorne stürzen. Ich hoffe mal, das Zeitempfinden verlangsamt sich so mit 60 wieder und weicht der gelassenen Kontemplation ;-)


    Ansonsten ist mein Lesepensum derzeit ganz erbärmlich niedrig. Früher waren 100-200 Seiten pro Tag (je nach Satzspiegel) Standard, in den Semesterferien auch sehr viel mehr. Jetzt mümmel ich da schon zwei wenn nicht gar drei Wochen an den rund 500 Seiten von Winnetou IV. Das liegt allerdings weniger an der fehlenden Lesedisziplin als der fehlenden Zeit.


  • Jenseits der 35 fängt man an, alt zu werden.


    Bis 45 merkt man das nicht so richtig,


    Die Zahlen sind nicht so fix, aber der Vorgang stimmt.


    Zitat


    aber dann kommt es einem vor, als würde man mit stetig steigendem Tempo nach vorne stürzen. Ich hoffe mal, das Zeitempfinden verlangsamt sich so mit 60 wieder und weicht der gelassenen Kontemplation ;-)


    Kontemplationserlangen lässt sich ja durch passende Lektüre unterstützen.
    Also, nicht hoffen, aktiv dran arbeiten. :winken:


    Zitat


    Ansonsten ist mein Lesepensum derzeit ganz erbärmlich niedrig. Früher waren 100-200 Seiten pro Tag (je nach Satzspiegel) Standard, in den Semesterferien auch sehr viel mehr. Jetzt mümmel ich da schon zwei wenn nicht gar drei Wochen an den rund 500 Seiten von Winnetou IV. Das liegt allerdings weniger an der fehlenden Lesedisziplin als der fehlenden Zeit.


    Ich kann mich, ohne Familie und mit normal geregelter Arbeitszeit, über Zeitmangel nicht beklagen. Es kann, so rein rechnerisch, nicht weniger Freizeit sein als früher, zu Studenten- und Jobberzeiten.


    Das Gefühl fehlender Zeit erklärt sich ja vielleicht zum Teil mit dem von dir erwähnten veränderten Zeitempfinden erklären. Das ist definitiv so.


    Bei mir hängt es auch viel daran, dass ich mich schlechter konzentrieren kann, und ...
    Lesedisziplinskiller Numero Uno sind natürlich PC und Internet. Andererseits häng ich dafür nicht mehr so viel in der Kneipe ... :wink:
    Und hab TV und Radio schon lang abgeschafft.


    Seitenzahlen und Satzspiegel sind relativ.
    Ich verbringe bspw. heutzutage mehr Zeit mit Gedichten. Oder stöbere mal wieder im Faust, die wunderschöne-Schöne-Ausgabe.
    Irgendwann demnächst stehen endlich mal ein wenig Homer und Shakespeare an.


    Mag sein ich lese nicht mehr so viel, aber dafür hab ich früher Vieles verschlungen; das hatte den Vorteil, viel Lektüre geschafft zu haben -
    aber dafür les ich heutzutag intensiver. Und suche besser aus.
    Und meine manchmal, manche Bücher auch ein wenig zu verstehen. :wink:


    Man sollte weniger essen, aber bewusster, vitaminreicher. Nicht so viel rumnaschen. :smile:


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Ein Buch wird doch immer erst gefunden, wenn es verstanden wird.
    [size=9pt]Goethe an Schiller, 6. 5. 1797[/size]


    Ja, es heißt nicht umsonst "naive und sentimentalische Dichtung"! ;-)


  • Ich hoffe mal, das Zeitempfinden verlangsamt sich so mit 60 wieder und weicht der gelassenen Kontemplation ;-)


    Von Deiner Hoffnung auf eine Verlangsamung des Zeitempfindens nimm besser Abschied, wäre meine Empfehlung; spreche da als Kennerin der Materie :smile:
    Gelassenheit allerdings vermehrt sich nach meiner Erfahrung auf's Angenehmste und Kontemplation muß/sollte man sich nicht erst für's Alter aufheben - da hättest Du dann nämlich womöglich gar keine Zeit mehr dafür :breitgrins:
    Gruß
    g.

  • Moin, Moin!


    <a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Lese-Absichten</a> - Es heißt immer, man könne eine Menge über jemanden erfahren, wenn man weiß, welche Bücher er liest. Viel informativer ist aber oft, was derjenige gerne lesen möchte. [<a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Weiter</a>]


  • <a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Lese-Absichten</a> - Es heißt immer, man könne eine Menge über jemanden erfahren, wenn man weiß, welche Bücher er liest. Viel informativer ist aber oft, was derjenige gerne lesen möchte. [<a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Weiter</a>]


    Das Thema hätte eine ausführlichere Ausführung verdient. :wink:


    Ich bin aus dem Lesemüssenalter, bzw. aus dieser Situation psychologischen Drucks :wink: definitiv raus.


    Sondern es gilt eben
    1. Für die meisten Bücher hab ich, unabhängig davon, ob sie mich interessieren oder nicht, keine Zeit.
    2. Wenn ich was nicht lese, dann weil
    a. es mich nicht interessiert, oder
    b. es mich zwar schon interessiert, aber ich bin dafür zu blöd.


    Hartnäckigster Fall in Kategorie 2.b. ist die "Kritik der Reinen Vernunft".
    Reclam-Ausgabe.
    Ich hatte seinerzeit - aber NICHT bei wirklich guten schönen Ausgaben - die Unart, das Kaufdatum und den Namen ins Buch zu schreiben.
    Manchmal, bei einem anscheinend besonders wichtigen Buch, sogar mit Tinte. :redface:


    So steht es da vorn drin, das Datum. Es war mein 18. Geburtstag.
    Wie viele Versuche ich gemacht hab, weiß ich nicht mehr. Etliche.
    Bin wohl nie über ca. Seite 250 rausgekommen.


    Es war immer sehr erhellend und spannend.
    Ich hab die "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" geschafft, aber Kants Praktische Vernunft, die da in Kurzform abgehandelt wird, mag ich einfach nicht.
    Ich hab auch die "Prolegomena" geschafft, wo der Reine Vernunft in Kurzform drin ist, und mich ansonsten aus Sekundärliteratur über Kant informiert.


    Und mit dem EwigReclam werde ich sicherlich irgendwann wieder einen Versuch unternehmen.
    Auch wenn ich inzwischen ziemlich sicher bin, dass ich dafür geistig nicht disponiert bin, so wenig wie bspw. für Höhere Mathematik.


    Und dann lass ich es eben gut sein.



    Dem steht die Einsicht gegenüber, dass nicht jedes Buch für alle Leser geschrieben ist, und dass nicht jedes Buch für jeden Punkt in der eigenen Lesegeschichte passt.


    Ja, so ist das.
    Und es fördert die Lesefreude ganz wesentlich, das zu nehmen wie es ist.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

    Einmal editiert, zuletzt von Leibgeber ()


  • Dem steht die Einsicht gegenüber, dass nicht jedes Buch für alle Leser geschrieben ist, und dass nicht jedes Buch für jeden Punkt in der eigenen Lesegeschichte passt. Eine Lektüre abzubrechen, bedeutet ja nicht, das Buch für immer aus dem Lesekanon zu verbannen. Vielleicht kommt später einmal die richtige Zeit für gerade dieses Buch.


    Aber eine "Quallektüre" heisst auch nicht, das Buch danach wegzulegen und nie mehr anzurühren. - Und grundsätzlich bin ich noch immer der Auffassung, das erstens ein Buch nach der ersten Lektüre ohnehin nicht "verstanden" ist, jedenfalls wenn es ein "wertvolles" Buch ist, d.h. wenn es überhaupt etwas zu verstehen gibt und dass zweitens meist schon im Voraus abgeschätzt werden kann, ob einem ein Buch zusagt, bzw. ob es das richtige Buch ist zum entsprechenden Zeitpunkt oder ob es eben (noch) nicht passt. - So habe ich zwar fest vor, "Finnegan's Wake" mal zu lesen, es steht auch schon im Regal, aber wirklich damit begonnen habe ich doch noch nie - also musste ich auch noch nie aufgeben :zwinker:



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann


  • So habe ich zwar fest vor, "Finnegan's Wake" mal zu lesen, es steht auch schon im Regal, aber wirklich damit begonnen habe ich doch noch nie - also musste ich auch noch nie aufgeben :zwinker:


    Dann schau doch bei Gelegenheit mal nach, wie sich der Titel schreibt. :breitgrins:


  • <a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Lese-Absichten</a> - Es heißt immer, man könne eine Menge über jemanden erfahren, wenn man weiß, welche Bücher er liest. Viel informativer ist aber oft, was derjenige gerne lesen möchte. [<a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Weiter</a>]


    Hm, mal sehen -


    Joseph-Trilogie
    Suche nach der verlorenen Zeit
    Fluß ohne Ufer
    Mann ohne Eigenschaften

  • So habe ich zwar fest vor, "Finnegan's Wake" mal zu lesen


    Den lieb ich, der unmögliches begehrt!


    Da ich weiß, dass ich FW niemals werde lesen können, kümmert's mich auch nicht, dass ich es noch nicht gelesen habe.


    Aber ich hör's mir gelegentlich in Auszügen an, es gibt ganz wunderbare Lesungen, auch von Joyce selbst. Das ist zum einen ganz erstaunlich musikalisch (anders es gesagt - es "klingt gut"), zum anderen ist vieles sehr komisch. Also vieles von dem wenigen, das ich mitbekomme. Und anderes ist sehr beeindruckend, zB der Schluss des Wäscherinnen-Kapitels, bei Joyce geht das in einen wiesollmansagen mythisch raunenden Singsang unter, ziemlich toll.


  • Dann schau doch bei Gelegenheit mal nach, wie sich der Titel schreibt. :breitgrins:


    Danke für den Tipp...

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Ich lese gerade Rosendorfers "Messingherz" und ich fürchte, ich werde da von meinem Recht als Leser Gebrauch machen müssen. Ich hab jetzt gut 300 Seiten gelesen und noch knapp 300 vor mir. Das dümpelt so dahin, es gibt eine ganze Reihe lustiger Szenen und schöner skurriler Einfälle. Kleine Kabinettstückchen, die bei Vorleseabenden sicherlich für angenehme Unterhaltung und ein paar Lacher sorgen. Aber das reicht nicht für einen Roman, schon gar nicht für einen mit 600 Seiten. Die Figuren sind - ach was, jedes Wort zuviel. Gefällige, ganz entsetzlich mittelmäßige Prosa. Etwas für längere Bahnfahren, aber nichts, was ich jetzt, nachdem ich wieder daheim bin, auch wirklich weiterlesen möchte. Ich hätte es vielleicht nicht nach dem exzeptionell guten Roman "Die Wand" von Marlene Haushofer anfangen sollen, danach haben es wohl alle Texte erstmal sehr schwer.


    Ne, jetzt folge ich der puren Leselust und Neugier und nehme mir "Tintentod" vo. Das Schicksal von Cornelia Funkes Helden interessiert mich mehr als Rosendorfers Pappkameraden.