Ungelesene Klassiker im Regal

  • Hallo zusammen,


    "Haben Sie das auch alles gelesen?" Welche Antwort gibt es darauf? Vielleicht u.a. diese Antwort von Jochen Jung aus dem Jung und Jung Verlag in Salzburg.


    http://www.boersenblatt.net/14…plate/b3_tpl_home_detail/


    Treffend fand ich den Schluß:


    Es gibt im Übrigen die Bücher im Regal, und es gibt die, die man sich im Lauf der Jahre durch Lesen in den Kopf gebeamt hat, wo sich dann oft ganz wundersame Nachbarschaften bilden und es den Herrn der Ringe nicht stört, dass immer wieder mal Rilkes Panther ihn umschleicht. So baut sich jeder sein Second Life im Kopf zusammen, und das besteht nun einmal nicht nur aus dem, was man gelesen, sondern auch aus dem, was man eben nicht gelesen hat. Von mir aus sind das auch Lücken, Fehlanzeigen, Niemandsland, vor allem aber ist es Vorfreude, Sehnsucht, große Erwartung.


    Second Life im Kopf :breitgrins:


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Hallo Maria,


    ein schöner Artikel. Den dort erwähnten "Don Quijote" habe ich jetzt schon in der dritten Ausgabe in meinem Regal stehen (die beiden anderen habe ich jeweils verkauft, wenn ich die bessere erstanden hatte) und immer noch nicht gelesen :breitgrins:


    Viele Grüße,
    Zola

  • Hallo zusammen!


    Es scheint, als ob in letzter Zeit ein Mythos des "ungelesenen Klassikers" gepflegt oder aufgebaut wird. Witiko ist fast immer auf der Liste (Der Nachsommer wird offenbar weniger gern genommen :zwinker: ), ebenso Der Mann ohne Eigenschaften, Ulysses, Finnegans Wake, A la recherche du temps perdu - m.a.W. die zum klassischen bürgerlichen Bildungskanon gehörenden Gross-Werke. Don Quijote ist dann eher eine Ausnahme bei solchen Aufzählungen.


    Das sind - will mir scheinen - dann imer so Werke, die der/die durchschnittlich Belesene nicht gelesen hat, aber dem Namen nach kennt und tendenziell sogar eher noch nicht gelesen hat, bzw. durchaus als in seiner/ihrer Reichweite stehend emfpindet; der/die Belesenere aber hat diese Werke zumindest einmal gelesen und fühlt sich so in seinem/ihrem Ego als Leser/in bestärkt.


    Was Jung ebenso wie Löffler beiseite schieben, gar nicht erst erwähnen, sind die wirklich ungelesenen Klassiker, die z.T. grundlegend sind für unsere literarische Kultur: die alten Griechen (vielleicht mit Ausnahme von Homer), die alten Lateiner (wer hat Vergils Aeneis von A bis Z gelesen? - Ich nicht.), die Spätantike und die frühe Neuzeit ...


    Doch weil hier wohl die meisten echte Lücken verspüren (die auch nicht so einfach zu schliessen sind wie die eines nicht-gelesenen Ulysses!), schweigen die Literaten schamhaft ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Was Jung ebenso wie Löffler beiseite schieben, gar nicht erst erwähnen, sind die wirklich ungelesenen Klassiker, die z.T. grundlegend sind für unsere literarische Kultur: die alten Griechen (vielleicht mit Ausnahme von Homer), die alten Lateiner (wer hat Vergils Aeneis von A bis Z gelesen? - Ich nicht.), die Spätantike und die frühe Neuzeit ...


    Ja, richtig beobachtet. Diese Werke stehen bei mir noch nicht mal im Regal. :redface:


    Gruß, Thomas

  • Hallo,
    oh, da gibt es bei mir viele!
    manchmal überkommt mich die Angst vor einem frühen Tod, aber insgesamt resigniere ich nicht vor den ungelesenen Herausforderungen in meinem Bücherregal!
    Sie müssen gut abgehangen sein und irgendwann erwischt es doch viele, wenn auch nicht so viele, wie vielleicht bildungsbürgerlich-ideal erforderlich wären. Da meine ich, sollte man sich nicht unter Druck setzten lassen. Die alten Griechen
    sind bei mir seit ca. drei Jahren "dran", aber es gibt viel Leerlauf und andere Interessen dazwischen, dennoch, bei hoffentlich normalem Lebensverlauf werde ich mir da einen entsprechenden Fundus verschaffen und auch sonst ...
    Apropos, ein Bereich, der mir lektüremäßig auch wegen Unkenntnis fehlt, sind die byzantinischen Jahrhunderte: Wer da einschlägige Literaturtipps hätte ... :knuddel:



    HG finsbury


  • Was Jung ebenso wie Löffler beiseite schieben, gar nicht erst erwähnen, sind die wirklich ungelesenen Klassiker, die z.T. grundlegend sind für unsere literarische Kultur: die alten Griechen (vielleicht mit Ausnahme von Homer), die alten Lateiner (wer hat Vergils Aeneis von A bis Z gelesen? - Ich nicht.), die Spätantike und die frühe Neuzeit ...


    Hat hier jemand BIBEL gesagt? :zwinker:


    CK

  • Moin, Moin!


    Über Klassikerkürzungen, schwindende Lesefähigkeiten, explizites Nicht-Gelesen-Haben,
    über Ungelesene Klassiker u.v.m. fand ich in diesen Tagen so ergiebige Quellen im Internet, daß ich etwas atemlos bin. Ihnen hinterher gehechelt, ergaben sich teils eigene, zusammenfassende Beiträge, teils konnte angesichts der Fülle nur ein Link gesetzt werden. Der Übersicht wegen rief ich die Rubrik <a href="http://www.bibliomaniac.de/abc/lz/tzb.htm#ungelesen">Ungelesen, gekürzt oder abgebrochen</a> ins Leben, um auch künftig nicht jeden Beitrag wieder neu rubrizieren zu müssen.

  • Moin, Moin!


    Ich sag's ja - ist im Moment angesagt, sich darüber zu unterhalten in Intellellenkreisen ...


    <eigenlobmodus>
    Zu denen ich ja nun mitnichten gehöre. Ich erfülle nur wieder meine Chronistenpflicht. Das heißt, wenn die Feuilletons und Gazetten wieder schweigen, weil sie sich neuen Aufgeregtheiten zugewendet haben, kann ich später aus eigenem Fundus dienen. Das ist bei bibliomanen und einigen literarischen Themen unerläßlich für mich. Ich finde, in einem Blog oder auch Forum wie diesem hier ist es nicht ganz so einfach, etwas aus den Tiefen des Archives zu holen wie mittles einer <a href="http://www.buecherlei.de/">selbstgestrickten Webseite</a>. Anhand mancher Materialien stelle ich nach Jahren bisweilen fest, daß ich einer der wenigen und oft der einzig verbliebene Deutschsprachige bin, der einen bestimmten Aspekt im Web noch zugänglich macht.
    </eigenlobmodus>

  • Hallo zusammen,



    Es scheint, als ob in letzter Zeit ein Mythos des "ungelesenen Klassikers" gepflegt oder aufgebaut wird. Witiko ist fast immer auf der Liste (Der Nachsommer wird offenbar weniger gern genommen :zwinker:


    "Witiko", darauf muß ich kurz eingehen. Er bescherte mir ein ganz besonderes Lesegefühl. Es war wie ein "Willkommen heißen... tritt ein und erlebe Geschichte". Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass das Buch mich für die heutigen (pseudo) historischen Romane 'verdorben' hat :breitgrins:. Ein gigantisches Werk. Eine überwältigende Sprache. Man merkt, dass Stifter sich diesen geschichtlichen Zeitraum verinnerlichte.


    Zitat


    Was Jung ebenso wie Löffler beiseite schieben, gar nicht erst erwähnen, sind die wirklich ungelesenen Klassiker, die z.T. grundlegend sind für unsere literarische Kultur: die alten Griechen (vielleicht mit Ausnahme von Homer), die alten Lateiner (wer hat Vergils Aeneis von A bis Z gelesen? - Ich nicht.), die Spätantike und die frühe Neuzeit ...


    es gibt noch viel zu entdecken. Da kamen mir auch schon dieselben Gedanken wie finsbury: manchmal überkommt mich die Angst vor einem frühen Tod, aber insgesamt resigniere ich nicht vor den ungelesenen Herausforderungen in meinem Bücherregal!


    doch auch ich genieße meine ungelesenen Herausforderungen. Schön gesagt, finsbury.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Über das, was man in diesem Leben alles nicht lesen kann, darf man gar nicht nachdenken, um Panikattacken zu vermeiden. Ich habe aufgehört mir die Bücher auszusuchen, die ich lese. Vielleicht ist es mit Büchern so wie mit Katzen, die sich ihre Besitzer ja auch aussuchen. Es kommen schon die Richtigen und jedes sei willkommen.

  • Hallo


    In meiner Bibliothek stehen auch noch viele ungelesene Bücher. Ich würde sagen, fiftiy-fifty.


    Das resultiert auch daher, dass ich gerne schöne Bücher kaufe und mich an ihnen erfreue. So habe ich 3 Meter Bücher vom Winkler-Verlag in den letzten Jahrzehnten gesammelt, und erst ein Viertel von ihnen gelesen. Aber die Winkler-Weltliteratur ist eine Zierde meiner Bibliothek.


    Viele antike Klassiker habe ich in meiner Jugend gelesen, während meiner Schulzeit. Ich war auf einem humanistischen Gymnasium mit Latein und Altgriechisch, und da habe ich interessehalber vieles gelesen. Unter anderem auch den kompletten Vergil. Die "Aeneis" hat mich schon beeindruckt. Homer hingegen habe ich erst viel später komplett durchgenommen. Wir mussten Verse der "Odyssee" auf altgriechisch auswendiglernen, und das hat mir den Spass etwas verdorben. Ausserdem hatte ich es mein Leben lang nicht mit Schlachtenschilderungen. Meine Bundeswehrzeit und diverse Unteroffiziere und Feldwebel haben eine lebenslange Animosität gegen militärische Dinge erzeugt.


    Ansonsten habe ich immer gern chinesische Literatur gelesen. Vor allem die Lyriker haben es mir angetan. Und die grossen chinesischen Romane, es gibt übrigens 6 davon, habe ich bis auf einen alle gelesen. Aber alle bis auf einen in englischer Sprache. Die deutschen Sinologen haben die Übersetzungen sträflich vernachlässigt.


    Auch japanische Literatur mag ich gerne. Vor allem die Haikus von Basho. Aber das ist mit meinem Zenhintergrund ja auch nicht verwunderlich.


    Rolf

  • Hallo !


    Ungelesene Klassiker ? In mein Bücherregal kommen ja fast nur Bücher, die ich schon gelesen habe. Ausnahme sind die Werkausgaben, denn die lese ich nicht von vorne bis hinten durch.


    Vor etlichen Jahren hatte ich mal so eine Liste im Kopf, von der ich inzwischen einiges "abgearbeitet" habe. Im Prinzip ist es doch so, dass mich einfach die Neugier treibt, zu sehen, was hinter diesen so bekannten Büchern wirklich steckt.


    Gruß von Steffi