September 2004: Nikolai Gogol "Die toten Seelen"

  • Hallo allerseits


    Zitat

    Was mich allerdings bisher ziemlich erstaunt ist, daß eigentlich noch nicht wirklich viel passiert ist in den ersten Kapiteln.


    Berch - das hat mich nun wieder gar nicht erstaunt:)


    Zitat

    Deshalb denke ich, daß es bisher auch noch nicht so wahnsinnig viel zu interpretieren gibt, sondern eher Dinge festzuhalten.


    Ja, so sehe ich es auch. Genauso mache ich es ja auch, ich halte die Dinge eben fest. Am Ende des Buchs wären sie mir sonst sicher nicht so parat, jedenfalls nicht so gesammelt ..
    Interpretieren habe ich (in der Schule) niemals so sehr geliebt, mal sehen, wie das bei uns laufen wird :elch:


    Thomas
    Schön, dass Du jetzt dabei bist!! :bang:


    sandhofer
    Was Du über die Schlafrockgeschichte sagst, kann natürlich stimmen. Ich habe mehr oder weniger gehofft, dass die Begriffe hie und da anders verwendet werden; der Bauer Pljuschin oder wie er heißt, wird auch ohne diesen Schlafrock schon als liederlich genug bezeichnet.
    Bei der beißenden Ironie und feinsinnigen Beschreibung Gogols wird es allerdings genauso sein, wie du sagst :entsetzt:


    noch ein paar Worte zu Kapitel 7:


    Soviel gelacht habe ich bei einem Buch selten, auch bei diesem. Dieses Kapitel setzt bis jetzt allem die Krone auf glaube ich.
    ein paar Köstlichkeiten, ausschnittweise:
    Die Herren Tschitschikow und Manilow treffen sich mehr oder weniger unerwartet und küssen sich zur Begrüßung so herzlich, dass ihnen noch den ganzen Tag davon die Vorderzähne schmerzten!!!!


    Ganz allerliebst :sonne: :breitgrins: ist die Beschreibung der Beamten - das würden wir heute nicht besser hinkriegen (jedenfalls die, die sich über "den Beamten" so gern lustig machen): Die diversen Kollegen werden eingehend beschrieben, darunter einer mit durchgescheuerten Ärmeln. Diese Ärmel haben ihm auch den Titel eines Kollegienregistrators eingebracht!


    Bei Gelegenheit würde mich mal interessieren, ob bei Euch auch hier dasselbe steht:
    Immer noch in dem großen Saal, die beiden Herren Tschitschikow und Manilow bei Iwan Antonowitsch, dessen ganze mittlere Gesichtspartie hervortritt und der Nase zustrebt, eines von den Gesichtern, die im Volksmund "Kannenmaul" genannt werden :rollen:


    Werde mich dann morgen in der Frühstückspause weiter amüsieren: )


    bis dann


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo allerseits


    So - jetzt habe ich gerade das siebte Kapitel beendet und noch ein paar kleine Anmerkungen ...


    Bei dem veranstalteten Gelage (das natürlich nicht so bezeichnet wurde) hat einer der Herren in bester Laune das bekannte Lied "Ach, du Hundesohn, Komarinskij-Mushik" gesungen.
    Aus einem anderen Roman ist mir noch der Tanz "die Komarinskaja" in Erinnerung, ich weiß nur momentan noch nicht, aus welchem :sauer:
    Ich weiß nur, dass es darum ging, dass Eltern sich darüber aufgeregt hatten, dass die Tochter für einen Herrn sogar die Komarinskaja getanzt habe, so, als ob dieser Tanz etwas "Anstößiges" sei. (Wie vielleicht seinerzeit der Cancan??)
    Ich denke nochmal nach, welche Geschichte das war und werde versuchen, die Stelle wiederzufinden, musste nur eben schnell meine Gedanken aufschreiben, da die Pause schon wieder beendet ist :grmpf: :grmpf:
    Also kurz gesagt, kennt jemand das Lied, den Tanz oder kann mir etwas dazu sagen?


    Wieder eine Stelle, wo ein Deutscher mehr oder weniger gelobt wird (denn mir scheint, wenn Gogol über jemanden NICHT herzieht, ist das schon ein gutes Zeichen!!) - Herr Tschitschikow, in bester Laune (!) zitiert eine Epistel Werthers an Charlotte in Versen.
    Es ist ja lange her, dass ich Werther gelesen habe; mir ist nicht in Erinnerung, dass es da direkt Verse gegeben hat, oder ist hier etwas anderes gemeint?


    Die letzten paar Sätze scheinen mir sehr bedeutend zu sein: wo von dem Leutnant aus Rjasan mit seinen vielen Stiefeln die Rede ist .... ich wette, dieser Leutnant wird unserem Helden noch einige Schwierigkeiten bereiten. :bang:



    bis später dann


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen!


    Wenn ich darf ...


    Zitat von "elahub"

    Aus einem anderen Roman ist mir noch der Tanz "die Komarinskaja" in Erinnerung, ich weiß nur momentan noch nicht, aus welchem :sauer:
    Ich weiß nur, dass es darum ging, dass Eltern sich darüber aufgeregt hatten, dass die Tochter für einen Herrn sogar die Komarinskaja getanzt habe, so, als ob dieser Tanz etwas "Anstößiges" sei. (Wie vielleicht seinerzeit der Cancan??)


    M.W. läuft unter dem Namen "Komarinskaja" oder "Kamarinskaja" eine russische Volksweise (oder ein Volkstanz), die z.B. Glinka in einem seiner Werke abgewandelt hat. Genaueres kann ich aber auch nicht sagen. Ebenso entzieht sich meiner Kenntnis, welche Art von Tanz das sein könnte. Übrigens brauchen wir gar nicht zum Cancan zu greifen, um ein Beispiel eines "anstössigen" Tanzes zu finden. Auch der Walzer galt zu seiner Zeit als äusserst anstössig.



    Zitat von "elahub"

    Wieder eine Stelle, wo ein Deutscher mehr oder weniger gelobt wird (denn mir scheint, wenn Gogol über jemanden NICHT herzieht, ist das schon ein gutes Zeichen!!) - Herr Tschitschikow, in bester Laune (!) zitiert eine Epistel Werthers an Charlotte in Versen.
    Es ist ja lange her, dass ich Werther gelesen habe; mir ist nicht in Erinnerung, dass es da direkt Verse gegeben hat, oder ist hier etwas anderes gemeint?


    Ein Brief von Werther an Lotte in Versen ist mir im Moment auch nicht präsent ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits


    Zitat

    Wenn ich darf ...[quote]
    sandhofer ... freut mich sehr:)




    M.W. läuft unter dem Namen "Komarinskaja" oder "Kamarinskaja" eine russische Volksweise (oder ein
    Volkstanz), die z.B. Glinka in einem seiner Werke abgewandelt hat. Genaueres kann ich aber auch nicht sagen.


    So etwas hatte ich mir auch vorgestellt. Glinka habe ich allerdings noch nicht gelesen.


    Noch kurz zwei Eindrücke:


    - Am Anfang des 8. Kapitels lässt Gogol die ganze Stadt über eine bestimmte Transaktion diskutieren ... ich habe so langsam den Eindruck, und hier macht sich leider mein mangelhaftes Wissen um die Gegebenheiten in der Zeit bemerkbar, dass Gogol seinen Akteuren, insbesondere dem "Volk" Ansichten in den Mund legt, die er selber lieber nicht sagt.


    - Einer dieser einfachen Leute sagt so einfach in einem Gespräch zu jemand anders: "Sprechen sie deutsch?", wobei der Übersetzer markiert hat, dass das Wort deutsch auch in der Originalausgabe "deutsch" heißt.


    bis heute abend


    :winken:


    Daniela[/code]

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "elahub"

    So etwas hatte ich mir auch vorgestellt. Glinka habe ich allerdings noch nicht gelesen.


    Jetzt weiss ich nicht, habe ich mich missverständlich ausgedrückt, oder gehörst Du zu den Leuten, die Partituren lesen können. (Ich kann es nicht ...) Michail Iwanowitsch Glinka war ein Komponist der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der erste russische Komponist, der ausserhalb Russlands bekannt wurde. Puschkin hat für eine seiner Opern das Libretto geschrieben.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits
    Hallo Sandhofer


    Zitat

    oder gehörst Du zu den Leuten, die Partituren lesen können


    hahaha ... nee, eher nicht :redface: :rollen:


    Und ich hatte schon befürchtet, noch einen berühmten russischen Schriftsteller nicht zu kennen :breitgrins:


    gut's Nächtle: )


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen!


    Durch einen kleinen Zwischenspurt bin ich jetzt auf Seite 175 (7. Kapitel).
    Vielleicht wäre es hilfreich, wenn die anderen Mitleser ihren momentan Lesestand "posten" könnten, um so eine gemeinsame Basis zu haben.
    :winken:


    Die Lektüre macht mir bis hierhin sehr viel Freude; es müsste im weiteren Verlauf des Romans schon viel passieren, das dieses Werk schlußendlich doch nicht Einlass in meine persönliche Top 10 findet... :smile:



    Liebe Grüße

  • Hallo zusammen,


    ich hänge jetzt ein wenig im 8. Kapitel, was weniger mit dem Stoff, als mit meiner mangelnden Freizeit zu tun hat. Bei uns in der Buchhandlung war letzte Woche Inventur. An sich lief die Inventur relativ glatt, aber davor und danach staute sich die Arbeit, was meine Lesezeit doch erhbelich reduzierte. Montag und Dienstag wirds mir da wohl noch ähnlich gehen, aber danach hoffe ich, wieder mehr Freizeit und damit auch Lesezeit zu haben.


    Mein Internet-Problem in Münster ist leider noch immer nicht vollständig gelöst, vielleicht kann ich mich daher erst nächsten Freitag wieder melden...


    Neue Leseeindrücke habe ich daher bis jetzt auch noch nicht, aber ich hoffe, daß sich das im Laufe der Woche ändern wird!


    Zu den Werther-Versen kann ich vielleicht mit der Anmerkung meiner Ausgabe helfen, denn über diese Stelle bin ich auch zunächst gestolpert:
    Gemeint ist höchstwahrscheinlich das Gedicht von W.I.Tumanski "Werther an Charlotte" (1819), das sich motivisch an Goethes "Die Leiden des jungen Werther" (1774) anlehnte.
    Allerdings muß ich gestehen, daß ich bei einer ersten Suche nach diesem Gedicht nicht fündig geworden bin (liegt vielleicht auch daran, daß mein Russisch so grade dazu langt, Brot und Wodga eizukaufen:zwinker:)...


    Gruß
    Berch

  • Hallo allerseits


    Ich habe zur Zeit einen ziemlichen Arbeitseinbruch ... zusätzlich gehört dieses Buch nicht zu denen, die unbedingt zum Weiterlesen locken ...


    (womit ich nicht gesagt haben will, dass es mir nicht gefällt!!)


    Nur eine kleine Anekdote heute .... wie Ihr wisst, nehme ich das Buch auch immer mit zur Arbeit und neulich bemerkte es meine Kollegin, eine angebliche Vielleserin, die immer gern bemerkt, dass ich schon wieder so einen schauerlichen Russen lese, den man nicht versteht.


    Ich bot ihr an, doch mal "reinzulesen", wozu sie mit keinen Mitteln zu bewegen war :grmpf:


    Lediglich den Kommentar von Thomas Mann hat sie sich angetan und den Umschlag begutachtet ... unglaublich :entsetzt:


    Ich habe ihr noch gesagt, dass es sich sehr leicht lesen lässt, aber es war nichts zu machen!!


    Naja - ich wünsche Euch eine gute Nacht.


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen,


    ich habe mich in dieser Woche bis an den Anfang des zweiten Buches vorgekämpft.
    Ich muß leider sagen, daß ich das Buch immer anstrengender finde. Zu Beginn haben mir die kurzen thematischen 'Ausflüge' und 'Ergänzungen' noch sehr gefallen, aber inzwischen werden sie mir doch etwas zu viel. Vielleicht bin ich auch etwas zu ungeduldig, aber ich möchte dann doch schon ganz gerne, daß die eigentliche Handlung vorwärts kommt.


    Was mir bei den Kapiteln noch einmal aufgefallen ist, ist die interessante Erzählposition, die der Erzähler einnimmt. Immer wieder wendet er sich an seine Leser. So erklärt er dem Leser beispielsweise, weshalb er die Namen der beiden bemerkenswerten Damen nicht nennen kann und will, in ihren Dialogen sprechen sie sich aber mit vollem Namen an. Nach der inneren Logik des Buches trägt der Autor daran ja keine Schuld.
    Auch entschuldigt er sich in der ausführlichen Charakterisierung Tschitschikows dafür, daß sein Held nicht besser oder angenehmer ausgefallen sei, aber ihm bliebe ja nichts übrig als eben über den Helden zu berichten, über den er nunmal berichten kann und der sei eben so wie beschrieben. Zudem liefert der Erzähler eine ausführliche Charaktersierung des Helden auch erst sehr spät nach, entschuldigt dies aber damit, daß er eher aufgrund der rasant fortschreitenden Entwicklung schlichtweg keine Zeit gehabt habe.
    Diese Erzählervariante eines Protokollanten, der sich seiner Position auch bewußt ist und dies auch dem Leser gegenüber zu vertreten versucht, ist mir bisher wenn überhaupt nur sehr selten begegnet...


    Gruß
    Berch

  • Hallo zusammen!


    Immerhin habt Ihr mich nun auch neugierig gemacht. Ich glaube, ich habe das Buch bei Jokers gesehen. Werde es wohl bei Gelegenheit bestellen. Dabei habe ich gar keine Zeit, es zu lesen *seufz*


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo nimue!


    Zitat von "nimue"

    Hallo,
    wie schauts hier eigentlich aus? Ist die Leserunde abgeschlossen? :rollen:
    Liebe Grüße
    nimue


    "Eines friedlichen Todes entschlafen" würde ich mal behaupten ... Schade ... :sauer:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ich habe Die toten Seelen auch vor einiger Zeit gelesen und dann diesen Thread hier gefunden. Und was soll ich sagen, ich musste bei den hiesigen Inhaltsangaben abermals lachen. Ich denke man sollte dieses Buch einmal gelesen haben, sonst hat man einfach etwas verpasst. Gogol legt einen derartigen Sprachwitz an den Tag, ich glaube es verging kein Kapitel wo ich nicht laut im Zug anfing zu lachen und die Blicke auf mich richten liess. Übrigens, wem dieses Buch gefallen hat, der kann sich bei zeiten auch Gogols Novelle Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen zu Gemüte führen, da verschießt Gogol auch etliche Lachsalven. Nur finde ich hätte man vor dem zweiten Teil der Toten Seelen darauf hinweisen können, dass dort mitten im Text dann 2 Seiten oder ganze Ereignisse, auf die die nachfolgende Handlung mitunter aufbaut, einfach mal fehlen, so ging dort der Lesespass teils flöten, trotz diverser Hinweise im Buch. Ich finde es reicht vollkommen, wenn man den ersten Teil liest und den zweiten weglässt. Aber Gogol muss man unbedingt gelesen haben, ich kenne keinen Zweiten mit so einem Humor...

  • Habe dieses Forum gerade erst entdeckt. Habe ausgerechnet gestern die toten Seelen beendet. Die ersten 320 Seiten waren schoen zu lesen, viel ueber das Wesen der Russen (von damals, aber ich denke, da gilt auch noch viel fuer die Jetztzeit), gesellschaftliche Schichten. Irgendwann hat sich alles aber so hingezogen, dass ich ungewoehnlich lange zur Beendigung des Buches brauchte. Die fehlenden Teile zwischendurch stoeren mich nicht, auch das nicht ganz beendete Ende. Wer russische Literatur und oder Russland mag, fuer den ist das Lesen des Buches sicher von Gewinn.

  • Hallo Germanicus,
    ein herzliches Willkommen bei uns im Klassikerforum. Vancouver, Russland .... du hast schon viel von der Welt gesehen! Vielleicht findest du ja bei uns eine Leseheimat :zwinker:


    Wenn du magst, kannst du dich ja im Forum "Wer schreibt hier mit?" noch etwas ausführlicher vorstellen.


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8