• Moin, Moin!


    Auch wenn es ihr Job ist, frage ich mich trotzdem, wie die Berufsleser, ergo Kritiker, es nur schaffen, 10 Bücher in der Woche zu lesen. D.h. richtig zu lesen und die anderen anzulesen und zu sichten, wie es <a href="http://www.abendblatt.de/daten/2005/04/12/420407.html">hier</a> beschrieben worden ist.

  • Hallo zusammen!


    Wie es diese Leute auf die Dauer schaffen, weiss ich auch nicht. Dass sie es schaffen, glaube ich aber schon. 2 Bücher pro Arbeitstag, das macht wohl ungefähr 500 Seiten im Tag. 50 Seiten in der Stunde schaffe auch ich spielend, wenn ich nur lese, mir keine Notizen oder Gedanken übers Thema mache. Das ist noch nicht quergelesen. Aber ob so was auf die Dauer Spass macht?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    50 Seiten in der Stunde schaffe auch ich spielend, wenn ich nur lese, mir keine Notizen oder Gedanken übers Thema mache. Das ist noch nicht quergelesen.

    Das ist auch nicht so ganz das, was ich als "lesen" bezeichnen würde. Und schon gar nicht, wenn man das mehrere Stunden am Stück macht. Mal abgesehen davon, dass die zitierten Vielleser nicht nur lesen, sondern auch schreiben. Und das Schreiben einer guten, durchdachten Rezension dauert mindestens einen halben Tag, der fällt dann schon mal als Lektüretag raus.


    Als ich noch richtig im Lesetraining war, da habe ich mal die 600 engbedruckten Seiten von Coopers Satanstoe in Schmidts Übersetzung an 1 Tag gelsen oder die Flegeljahre. Aber das waren schon regelrechte Lesemarathons in den Semsterferien. Nun lass ich mir gerne einreden, dass man das noch weiter steigern kann, aber die Menge der via Lektüre aufgenommenen Informationen ist nicht beliebig steigerbar.


    Ne, 10 Bücher pro Woche glaube ich nicht. Ich glaube eher, dass sich die beiden schwer verschätzen. Wer einfach nur mal längere Zeit notiert, was er an einem Tag alles zu tun gedenkt und was er an einem Tag tatsächlich alles getan hat, der wird sehr kleinlaut was Angaben über die eigene Arbeitsleistung angeht.

  • hallo,


    möglich ist das schon.


    Diese Profileser lesen für Geld. Es steckt eine Menge Übung dahinter und entsprechende Technik. Wenn sie einen Satz lesen, lesen diese "Vielleser" gleich die drei nächsten im Voraus mit. Außerdem bekommen sie von den Verlagen Vorabinformationen und stochern da nicht im Nebel. In manchen Büchern ist es doch so, dass man über eine halbe Seite hinweg geht und dann weiß man was drin steht. Wenn sie dann eine Rezension schreiben, beruht diese auf dem Geschmack des Kritikers. Dadurch ist es doch unschädlich, sie können doch schreiben was sie wollen, die meisten Bücher verschwinden doch eh wieder von der Bildfläche.


    Für den privaten Genussleser ist das bestimmt nicht erstrebenswert.


    Außerdem ist es in Unizirkeln absolut üblich, dass Berge von Literatur in kurzer Zeit in den Arbeiten verwurstelt wird. Da schafft man dann solche Lesemarathons, weil eine gehörige Portion im Körper sich ausschüttende Endorphine dabei hilft. Man schaue doch nur mal in Doktorarbeiten hinein, was einem da für eine Quellenkaskade entgegenschwappt, wenn man das Literaturverzeichnis aufschlägt. Naja, das mindestens, wenn nicht das doppelte oder dreifache wurde eben auch mal gelesen, und das nicht in zwanzig Jahren. *gg*
    mfg

  • Zitat von "myfairlady"


    Diese Profileser lesen für Geld. Es steckt eine Menge Übung dahinter und entsprechende Technik.


    Ich war/bin auch ein Profileser und habe in meinen besten Zeiten 200 Bücher pro Jahr gelesen. Mehr geht seriöserweise nicht. Da geht es weniger um Schnelllesetechniken, sondern um eine seriöse kognitive Verarbeitung und Beurteilung des Gelesenen.


    CK

  • Viel lesen - okay, lasse ich mir einreden, aber dann noch was sinnvolles über das Buch produzieren? Na, ich weiß ja nicht.
    Immerhin müssen die eine vernünftige Rezension zu Papier bringen.


    Ich glaube, dass man mit der Zeit alles durcheinander bringt. Man stolpert ja von einem Buch in das nächste. Bevor man das erste Buch nicht einmal im Ansatz verdaut hat, muss man schon das nächste lesen.


    Für mich wäre das kein Job. Ich genieße das Lesen und will nur dann lesen, wann ich es will und nicht wenn es mir vorgeschrieben ist.


    Katrin

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "xenophanes"

    Ich war/bin auch ein Profileser und habe in meinen besten Zeiten 200 Bücher pro Jahr gelesen. Mehr geht seriöserweise nicht.


    Die Frage war ja, wie solche Kritiker es schaffen, soviel Text in soviel Zeit zu lesen. Das schaffen sie sicher. Dass dabei alle Kritiken seriös wären, habe ich zumindest nicht behauptet. (Obwohl man natürlich auch das mit ein bisschen Übung schon halbwegs hinkriegt. V.a., wenn ein Teil der Lektüre aus Krimis u.ä. besteht.)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo!


    Laut Arno Schmidt kann man in seinem ganzen Leben nicht mehr als ca. 6000 Bücher lesen ...


    Gemeint ist natürlich richtiges Lesen - nicht z.B. die Tätigkeit eines Korrekturlesers, der in Windeseile Texte auf Rechtschreibfehler prüft, ohne deren Inhalt aufzunehmen.
    Gerade weil auch ich "Profileser" bin, bezweifle ich, daß man eine solche Menge von Büchern wirklich lesen kann. Sollte jemand tatsächlich eine Technik kennen, mit der das funktioniert, dann würde ich die auch gerne wissen. Die einzige mir in dieser Hinsicht bekannte "Technik" ist: Einfach behaupten, man habe das Buch gelesen ... Das funktioniert nicht nur bei Doktorarbeiten. Bei vielen Gelegenheiten kann man sich damit durchmogeln, wenn man von einem Buch nur den Anfang, ein Drittel in der Mitte und den Schluß kennt. Ich fürchte leider, daß manche Kritiker so arbeiten. Und sogar in seriösen literaturwissenschaftlichen Werken, z.B. dem alten "Kindler", habe ich Fehler gefunden, die sich nur dadurch erklären lassen, daß die Verfasser die entsprechenden Bücher nicht vollständig gelesen haben.


    Gruß.
    R.

  • Wie in aller Welt soll man aufmerksam und ohne sein Privatleben aufgeben zu müssen eine solche Menge Literatur verdauen. Praktisch Kopf und Zeitüberfüllung. Selbst für den Otto-überdurchschnittsleser hier ein außergewöhnliches Lesepensum, meine Anerkenneung gebührt jedem der ein solches durchzuhalten schafft.

  • Hallo !


    myfairlady:

    Zitat

    Man schaue doch nur mal in Doktorarbeiten hinein, was einem da für eine Quellenkaskade entgegenschwappt, wenn man das Literaturverzeichnis aufschlägt. Naja, das mindestens, wenn nicht das doppelte oder dreifache wurde eben auch mal gelesen, und das nicht in zwanzig Jahren.


    Schätze, du hast noch keine Doktorarbeit geschrieben ?? :breitgrins:


    Ich glaube auch, dass es eben unterschiedliche Arten von lesen gibt. Für mich persönlich sind Kritiken von "Profis" nicht so maßgeblich, ich verlasse mich da lieber auf euch :zwinker:


    10 Bücher in einer Woche - kommt drauf an, wie dick ...



    Gruß von Steffi

  • Vielleicht stimmt's ja doch:

    Zitat

    Goethe las im Alter - mit derjenigen hochtrainierten Technik des diagonalen Aufnehmens, die man sich durchlebenslanges Lesen erwerben kann - täglich zwei Oktavbändchen -: Wir wollen ihn als unerreichbare Ausnahme auch hier gelten lassen und für den Guten Leser eins pro Tags ansetzen - udn ihm auch gern noch einen Pflichtrabatt einräumen, nämlich die Sonn- und Feiertage: Da schafft er dann 300 im Jahr. Und schon zieht sich die ihm lebensmögliche Zahl wie eine finstere Wolke zusammen: bei einem 50-jährigen Leserleben (auch der Gute Leser soll ein paar Jugendjahre geschenkt bekommen, damit er in Ruhe die unerläßlichen Dummheiten machen kann) - bei einem 50-jährigen Leserleben also hat er die Chance, grad 15.000 Bücher zu erblicken: - das ist nicht mehr als der Bestand so mancher privater Leser-Bibliothek, z.B. meiner hier, deren Kleinheit und Enge mcih alle Wochen neu bedrückt [...]


    Hans Wollschläger, Die Literatur und Die Kritik


    Ich weiß allerdings nicht, wo HW seine Kenntnis über Goethes Lesepensum im Alter her hat.

  • hallo Steffi:


    auf deine Behauptung

    Zitat

    Schätze, du hast noch keine Doktorarbeit geschrieben ?? Breitgrins


    die Gegenfrage: woher willst denn du das wissen?



    [zu deiner Info: es soll Leute geben, die lesen darüber vorher und parallel intensiv, und das nicht wenig, bevor und während sie selbst schreiben, :-) ]


    *ggg*

  • Hallo myfairlady !


    Zitat

    die Gegenfrage: woher willst denn du das wissen?


    Ich weiß es ja nicht, ich schätze es !!!


    Danke für deine Info - ich kenne genügend Gegenbeispiele persönlich ... , d.h. es soll nicht nur, es gibt tatsächlich Leute, die nicht alle Quellenangaben vollständig gelesen haben, die in ihrer Promotionsarbeit angegeben sind :zwinker:


    Gruß von Steffi

  • Zitat von "Steffi"

    d.h. es soll nicht nur, es gibt tatsächlich Leute, die nicht alle Quellenangaben vollständig gelesen haben, die in ihrer Promotionsarbeit angegeben sind :zwinker:


    Wenn jemand alle Quellen von der ersten bis zur letzten Seite liest, hat er meines Erachtens nicht verstanden, wie man wissenschaftlich arbeitet. Zentrale Quellen liest man natürlich komplett. Bei dem Rest sucht man sich die relevanten Passagen/Kapitel/Teile. Warum sollte man Irrelevantes lesen?


    CK

  • Zitat von "giesbert"


    Ich weiß allerdings nicht, wo HW seine Kenntnis über Goethes Lesepensum im Alter her hat.


    Nachdem ich schnell mal mehrere Oktavbände quergelesen habe, die etwa 1800 Berichte von Zeitgenossen über Gespräche mit Goethe enthalten, fand ich folgendes: :-)



    Was waren das doch für dunkle Zeiten, als man Texte noch ohne Computerhilfe lesen mußte. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf