Beiträge von Titania

    Ich hatte ja bei der Frankfurter Buchmesse die...nunja, etwas zweifelhafte Ehre, einem Marcel Reich-Ranickis' legendärer Vorträge beiwohnen zu dürfen und wäre nahezu in Ohnmacht gefallen. Diese unendliche Selbstherrlichkeit mit der er seine partiell leider vorhandene, literarische Inkompentenz ( "Ich nahm in den Kanon einen Dichter auf von dem ich glaube dass er nur schlechte Gedichte schrieb, und davon eine Ballade die ich besonders schlecht fand: Schillers Glocke."), vor allem aber seine Frauenfeindlichkeit ("Frauen können einfach keine Dramen und Romane schreiben. Warum? Fragen sie einen Gynäkologen!") zur Schau stellt, stößt mich derartig ab, dass ich dem weiteren KOntakt eher auszuweichen gedenke.


    Noch unbegreiflicher als die obskuren kognitiven Vorgängen die zu seinen absurden Auffassungen führen ("Musil ist ein garuenvoller Autor") ist mir allerdings seine papstähnliche Position im LIteraturbetrieb, und dass sich alle wegwerfen vor Lachen, wenn er seine Blödsinnigkieten vor dem Publikum ausbreitet.

    Vorweg muss ich einmal sagen, dass mein Urteil über die Gruppe 47 durchaus nicht im Entferntesten mit dem über die Teilnehmer der Tagungen, unter denen zweifelsohne geniale Künstler waren, in eins fällt. Dann muss ich ebenfalls zugeben, dass mir Lesungen im Allgemeinen nicht besonders zusagen, da ich mit ihnen, gleichermaßen wie mit dem berühmt-berüchtigten "elektrischen Stuhl" der G47 (Also gleich anschließender "Kritik"), literarischen Voyeurismus verbinde, den ich nicht wirklich verstehen kann.


    Nein wirklich, ich finde man muss das Phänomen der Gruppe 47 im gesamtschnitt aller 20 Tagungen sehen, da schlussendlich, als man sich von "Ruf"-Zeiten so weit entfernt hatte, alsdass keine politische Motivation mehr zu erkennen war (Vgl. Demokratisierung, Sprachrestauration nach '45)- ganz im Gegenteil, zeitgeschichtliches ja verpönt zu sein schien. Angeblich war Stagnation ja auch der Zerfallsgrund, neben dieser Debatte, wenn ich mich nicht irre, irgendeine GRundsatzdebatte um den Realismus (Aber da liege ich wahrscheinlich tatsächlich falsch...).


    Ich muss dann später noch etwas zu den jungen, ausgeschlossenen Schriftstellern anno 47 sagen, aber das editiere ich lieber später, mir ist darüber nicht mehr alles so geläufig, entschuldigung. ;)


    Hallo Titania,


    es geht nicht darum, einen Katalog von Eigenschaften zu benennen die, wenn vorhanden, einen Text "gut" machen (das ist ein binäres Schema: vorhanden/nicht vorhanden => gut bzw. schlecht), sondern darum einen Katalog von Kriterien anzugeben, anhand dessen man über die Qualität von Literatur diskutieren kann - wenn man es denn möchte und man nicht einfach nur seine Meinung kundtun möchte und mehr nicht. Das ist aber - ich wiederhole es gern - kein Gespräch über Literatur.


    Das kann ich in der Form zu 100% unterschreiben.


    Aus dem von dir genannten Gründen hatte ich ja auch bewusst in jdem meiner Post erwähnt, dass es unmöglich wäre Qualität festzulegen (dass Diskussion möglich ist ist wohl selbstverständlich, deswegen sagte ich auch: festlegen), siehe: "Allgemeine Richtlinien für Literaturqualität" etc. , und zumindest in meinem Duden steht es da als "Güte, Wert", eindeutig also bewertend konnotiert. Dass man durch Argumente bestimmte Eigenschaften untermauern kann, steht ja auch nicht zur Frage, ist ja auch nicht Teil der Debatte.


    Übernehmen halte ich auch für gut- trotzdem aber danke für die, wenn auch teilweise etwas ruppige- Diskussion.


    Die Aussage "es hat ja Tiefgang" sagt tatsächlich nichts über Qualität aus - allerdings nicht aus dem von dir angegebenen Grund, sondern weil sie eine dieser Behauptungen (es ist langweilig/gut/schlecht etc.) ist, die an sich keinen Argumentencharakter haben, sondern um plausibel zu werden, erst begründet werden müssten.


    Ja und? Was ist gewonnen wenn eine Eigenschaft dann schlussendlich bewiesen und begründet wäre? Begründungen der Eigenschaft sagen keinen Deut über Qualität, und wenn dann bewiesen wäre dass ein Attribut auf den Text zutrifft sind wir in der Qualitätsdebatte keinen Schrit vorangekommen. Oder wie willst du schlussendlich aus einer Auflistung bestimmter Eigenschaften lesen ob ein Buch nun gut ist, wenn du nicht die Eigenschaften selbst als "gut" oder "schlecht" betrachtest? Angenommen wir hätten nun schlüssig bewiesen, die Adjektive "gehaltvoll, tiefsinnig, gut recherchiert, innovativ" träfen auf einen Text zu, liest trotzdem derjenige daraus Schlechtes, der althergebracht-seichten Abklatsch lesen möchte, da ist die Begründung völlig belanglos, weil der Begriff "gut" an sich rein subjektiv ist.


    Ganz abgesehen von unserer Diskussion an sich weiß ich bis dato nicht unbedingt was ich trauriger finden soll: Den gekonnt-überlegenen Tonfall in dem du irgendjemanden zu "gemeinem Fußvolk" degradierst, unterstellst man wolle die Diskussion abwürgen (Sollten diese Seitenhiebe Zufall und ohne Bezug zu hier Gesagtem sein, entschuldige ich mich herzlichst.) oder der gekonnt-lässige Feldwebelton in dem du darüber lamentierst welches "Geplapper es nicht wäre". Für jemanden der dermaßen vehement auf rationales Begründen und kontroverse Diskussion legt, eine reichlich seltsame Gangart.

    Ja, sicherlich, bei allem in letzten Beitrag gesagten stimme ich dir ja auch absolut zu. Ich meinte ja nur dass auch die Aussage "es hat Tiefgang" beispielsweise nicht unbedingt etwas über Qualität aussagt, da man ja die jeweilige Eigenschaft (In diesem Fall Tiefgang) ja nicht als gut erachten muss, sondern unter Umständen verabscheuen kann. Und dann ist zwar begründet warum derjenige es für gut erachtet, aber nicht dass es tatsächlich gut ist. Und deswegen meinte ich ja nur: Auch subjektive meinung lässt sich begründen, verschieden auffassen, interpretieren,...etc. Begründungen müssen ja auch zwangsläufig in Eigenschaften enden- und wie diese schlussendlich aufgefasst werden ist dann eben pers. Geschmack (Zumindest könnte ich objektiv nicht beschreiben was genau an Sprachvirtuosität o.ä. gut sein sollte).


    Hallo Titania,


    Habe ich doch gar nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, man könne pers.G. und Qualität trennen.


    Ja, aber das Urteil wird ja auf der Basis des pers. Geschmackes getroffen, wie ich denke.


    Also wenn wir und von gerade genanntem binärem Schema entfernen, dann handelt es sich nicht um eine Debatte die auf das Ermitteln der Qualität abzielt, sondern lediglich um (subjektive! Es sei denn, man beschränkt sich auf Seitenzahl und Autor.) Betitelung, da ja jedes angewendete Adjektiv äquivalent im Sinne des Lesespaßes sein müsste. Das ist allerdings, diskutieren zwei Menschen aus Fleisch und Blut, nahezu unmöglich da ja, wie gesagt, gewisse Eigsnschaften unausweichlich als gut oder schlecht interpretiert werden, der eine Th. Mann für langatmig hält, der andere gerade aufgrund dessen Kurzweiligkeit dieses Wort für sich ablehnt. Weil, das ist ja auch ein Problem, auch die Terminologie an sich ist wertend, und sagt aus.

    Buenos dias Bartlebooth! :)


    Die These, man könne persönlichen Geschmack und Urteil trennen, halte ich insofern für nicht haltbar, da jeder, und bemüher er sich noch so sehr um Objektivität, mit gewissen Wertvorstellungen in die Lektüre geht, sprich, Kriterien davon, was überhaupt "gut" und "schlecht" bedeutet. Ein Urteil ist wohl zu begründen, nicht aber das Grundkriterium nach der man sie sich bildet. Es ist beispielsweise so, dass die meisten hier Tiefgang (Komplexität, Durchdachtheit) schätzen werden, und so beispielsweise das eine Buch gegen das andere, seichte und naive verteidigen könnten(=Begründung). Nun, das wäre sicher eine Begründung, nur wer legt fest dass erstere Eigenschaft besser ist als die zweite? Der Lesegrund, das subjektivste überhaupt, denn erwartet sich jemand NICHT Bewusstseinserweiterung wird die vermeintliche Qualität wertlos. Also ist primär für eine Begründung ausschlaggebend, welche Eigenschaften "gut" und "schlecht" überhaupt legitim sind- und hier entscheidet nur die Meinung der allgemeinen Leserschaft was als legitime Begründung gelten kann (Weil ja, siehe oben, der Zweck entscheidet welche Eigenschaft wertvoll, welche Nutzlos ist).
    Jeder Mist lässt sich mit passenden Grundwerten auf die geeignete Weise begründen, was folglich heißt dass Begründung nicht automatisch Objektivität mit sich bringt.


    Verzeih, aber wenn du behauptest, es gäbe gewisser Vorraussetzungen die Literatur "Qualität" abseits des pers. Geschmacks verleihen würden, behauptest du doch anhand dieser Kriterien absolute Aussagen über die Allgemeingültigkeit (Oder welche Silbe des Wortes "objektiv" habe ich da missverstanden?) des Urteils treffen zu können?


    Ja, ich gebe zu, dass das Wort "Halbkriterium" im Duden nicht zu finden ist, aber das hat es ja mit seinem Halbnamensvetter (Oh, pardon! ;)) "Halbsatz" gemein. Ich meinte damit subjektive Werte, die ein Buch für mich gut machen, oder auch nicht, vonnöten sind oder auch nicht, etc., aber sich selbst zu zitieren gehört nicht zur feinen Art, enstchuldige.


    Gruß,
    Titania

    Allgemeine Richtlinien für Literaturqualität? Unmöglich!
    Schon wenn ich versuche diese Frage für mich persönlich zu beantworten, stolpere ich über ein derartziges Maß verwirrender, teilweise sich widersprechender Halbkriterien mit denen ein Buch sich zur gleichen Zeit in höchstem und niedrigstem Abschnitt des Qualitätsspektrums befinden kann, dass eine absolute Aussage (meinerseits! Vielleicht sind andere ja dazu in der Lage, ich bin es nicht) nur in einer Farce enden würde. ;)
    Da wäre für mich beispielsweise der umstand, dass mich perfektioniertes handwerk nicht so sehr zu reizen vermag wie interessantes Scheitern an neuer Erzähltechnik- und da ist es- für mich!- nicht mehr möglich die Grenze zur bereits zitierten "Vollkommenheit" zu ziehen, gerade weil sie ja in diesem Falle contraproduktiv wäre (Contradictio in adiecto? Ja! ;)).
    Will man dem Gesprächspartner beispielsweise erläutern warum das eine Schriftstück besser sein sollte als das andere, kann jeder mit den eigenen, stringenten und entgegengesetzten Argumenten plausibel vorgehen- dem Ausgangspunkt entsprechend, dessen absolute Richtigkeit zu eruieren (meines Wissens) noch niemand geschafft hat. Also kann Logik zwar Vorgehensweise, nicht aber Intrument zur Standpunktschaffung sein (Denn wie entkräfte ich jemand der auschließlich Schnulziges liest in der Aussage "Der Bergdoktor und die Schönheit" sei besser als "Effi Briest"?), die mehr subjektiv als alles andere ist?
    Ich wage mich natürlich hier bewusst auf Glatteis, weil ich gerade über Dinge schreibe von denen ich nicht die Geringste Ahnung habe. :P


    Hallo zusammen,


    Also althochdeutsche /mittelhochdeutsche Literatur kann ja kaum bis 1900 gehen? :zwinker: Bei uns in der Schweiz haben wir die Einteilung: Sprachwissenschaft (Germanistische Linguistik sowie Kommunikationswissenschaften) und Literaturwissenschaft (NdL ab 1500 sowie AdL ca. 800 bis 1500).


    Liebe Grüsse,
    Imrahil


    Ja, aber irgendwo muss man's ja dazukleben. ;)


    Ja, das stimmt, es werden eigentlich, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, nur Klassiker gelesen.
    Komischerweise habe ich nur noch niemanden kennengelernt, der sich da mit einer ähnlichen Leidenschaft drangibt wie ich.
    Das hat mich anfangs auch sehr gewundert...


    Ein enthusiastisch-erfreutes Hallo auch von mir! :)


    Eines würde mich schon lange interessieren: Gilt in Deutschland die gleiche Fachgebietseinteilung wie in Österreich, muss man sich also praktisch auch entweder für Linguistik, neuere deutsche Literatur (=nach 1900) ODER mittel/althochdeutsche Literatur (+ alles bis 1900) entscheiden?


    Du Desillusionist (Äh...Neologismenschöpfung zählt nicht zu meinen Stärken)! Und über diese paar Milliönchen fäkalwörternder Frühschwangerer kann man doch großmütigst hinwegblicken, nicht? :P

    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich diesen begeisterten Ausbruch schon einmal zum besten gab, aber ich falle bald wirklich tot um (vor Begeisterung). Momentan lese ich Wolfshaut von Hans Lebert, ein Klassiker von Wesensart, und geschrieben in einer Sprache, dass einem Formfetischisten wie mir der Blutsturz bald in's Haus steht. Also, DAS Leseerlebnis 2006 für mich...

    Mir gefiel eigentlich "Kaspar" sehr gut, auch wenn es, gerade wegen der zwei parallel ablaufenden Ebenen die in reiner Buchform nicht ganz so gut vermittelet werden können, nicht jedermanns Sache sein dürfte.

    Auf jeden Fall den Ekel, da er in Romanform ohnehin schon die Grundaussagen Sartres Hauptwerks, des S.u.d.N. enthält, dabei durch die Roman form viel leichter zugänglich ist, man könnte sogar sagen, gewissermaßen vorbereitet.

    Suchst du Bücher die sich ausschließlich um die Beziehung der beiden drehen, oder auch einzelwerke? Wenn letzteres zutreffen sollte, sind natürlich gerade bei Simone de Beauvoir ihre Memoiren unerläßlich, die ja gleichzeitig auch ihr bekanntestes Buch sind.
    Von Sartre habe ich "Das sein und das nichts", "Der Ekel" und "Wahrheit und Existenz" gelesen, von Beauvoir eben besagte Tochter aus gutem Hause, "Eine gebrochene Frau" und drei Essays zu De Sade (Rororo: Sollte man De Sade erschießen?).

    elahub: Ich kann ducrhaus verstehen was du meinst, denn ab und an beschleichen mich ähnliche Gefühle- wenn auch in umgekehrter Konstellation. Ich muss gestehen, dass meine Büchersammlung sich, vollkommen irationalerweise, aus 5/6 Büchern die von Frauen geschrieben werden, zusammensetzt. Gerade bei den Engländern habe ich gerade Oscar Wilde und James Joyce (Der ja defacto nicht einmal Engländer ist :P Mea culpa.) in begrenzter Stückzahl, während sich Virginia Woolf, die Brontes, Jane Austen, Vita Sackville-West etc. geradezu stapeln. Aber eine Aversion in dem Sinne habe ich natürlich nicht, weswegen mich dieser Zufall umso mehr verwundert...