März 2005: F. M. Dostojewskij - Der Idiot

  • Moin, Moin!


    Zitat von "myfairlady"

    Markus, du sagst "die drei wichtigsten Personen". Wer soll Lebedjew denn sein? Im Personenverzeichnis hinten taucht er nicht auf, oder doch?. Kommt er denn noch mal vor?


    Klar, das wirst du bald sehen. In den ersten Kapiteln war er nicht präsent, dann mischt er kräftig mit. Zu Beginn des 4. Teil führt Dostoevskij dann aus, wie auch die normalen, durchschnittlichen Menschen von einem Autor aufgegriffen werden müssen, wie er nicht nur die Sonderlinge und Originale beschreiben und zur Handlung heranziehen kann. Das ist ein furioses, feuilletonistisches Stück, aus dem ich, sobald es meine Zeit erlaubt, noch zitieren werde.


    Zitat

    Das ist ja auch ein Zeichen, dass Dostojewski, in diesem Buch zumindest, offenbar grundsätzliche lebensphilosophische Aussagen macht.


    Die dann durch andere lächerlich gemacht werden. Schon grausam, wie Ippolit Terentjeff nach seine Lebensbeichte (Kapitel 3/V.) nur ein Gähnen oder sogar Lachen erntet und wie mißlich das alles endet.


    Mein Lesestand: Kapitel 4/II.

  • boaaah, Markus.... klasse, du bist ja echt ein leser im ice-tempo! *Neidisch-dem-Single-nachschau+zwinker*


    diese cliffhanger gegen Ende jedes Kapitels sind ja wirklich sehr reizvoll, man MUSS einfach in das neue Kapitel hineinlesen....


    mein Stand nach einem verlängerten Frühstück heute morgen mitten in der Woche: 1/ IX mittendrin.


    wie sich diese vier oder fünf Familien gegenseitig an der Kandare haben, und wie Myschkin in diesem Gestrüpp zum Spielball gemacht wird, einfach genial zusammengesetzt.... muss schon immer wieder a bisserl schmunzeln.


    es ist nix anderes als heute in den Familien, vor allem in provinzielleren Regionen, wo mehrere Generationen teilweise noch aufeinanderhocken und sich gegenseitig argwöhnisch beobachten...


    Jetzt muss ich aber was anderes tun.....
    Übrigens: der Begriff Chrestomathie taucht in der Geier-Übersetzung nicht auf.
    See you later

  • Moin, Moin!


    Gefunden im Literaturmagazin von arte:


    "Ich habe ein Kultbuch, Der Idiot von Dostojewski. Ich lese Bücher selten ein zweites Mal, außer Der Idiot, den ich ein zweites Mal gelesen habe. Und das Gefühl, das ich dabei hatte, war genauso intensiv wie beim ersten Mal. Ich habe Dostojewskis Werk über Der Idiot entdeckt. Er ist ein außergewöhnlicher Schriftsteller, in seinen Beschreibungen steckt etwas Wahnsinniges, die Kunst der Psychologie, Verzweiflung und Erlösung. Man sagt, er schreibe nicht sehr gut “in echt”, auf Russisch. Der Stil fesselt mich, aber da ist es mir egal, ich lese es nicht auf Russisch. Es heißt, er habe einen vulgären Stil, aber ich kann das nicht glauben. Die Bücher, die mich wirklich geprägt haben, sind die Bücher, die ich als Jugendliche entdeckt habe, und ich hätte Bücher wie Sexus von Miller oder Rot und Schwarz als Kultbücher aufgezählt, aber Dostojewski begleitet mich auch heute noch, er ist ein sehr wichtiger Schriftsteller." <a href="http://www.arte-tv.com/de/kunst-musik/fahrenheit/unsere-gaeste/420818,CmC=390338.html">(Mazarine Pingeot)</a>

  • hallo,


    zuerst mal: meine kapitelzählung scheint anders zu sein als die eure, bei mir ist das nämlich durchgehend, das buch ist nicht in einzelne teile unterteilt... bin also eben mit kapitel 10 durch... (insgesamt sind's 45)


    in den letzten kapiteln, v.a. 7 und 8, wurde mal wieder myschkins ehrlichkeit und harmlosigkeit deutlich... er beantwortet alle fragen wahrheitsgemäss, allerdings ohne die konsequenzen zu bedenken und kompromittiert dadurch seine mitmenschen, z.b. indem er das porträt nastasja filippownas erwähnt... aufgrund dieser erhlichkeit und fehlenden umsicht scheint er auch v.a. von den anderen als idiot bezeichnet zu werden...


    diese ganze gesellschaft und ihre gegenseitigen verbindungen finde ich sehr schwer zu durchschauen, und zu dem gewohnten problem mit den vielen russischen namen kommen noch die fremden 'benimmregeln', der begriff von richtigem verhalten in der gesellschaft war damals in russland wohl ein anderer als hier und heute...


    verstanden habe ich noch nicht die rolle von general iwolgin. ist der einfach nur verrückt und wird von seiner familie am liebsten versteckt?


    ich finde immer mehr gefallen an den dialogen, mir scheint das alles sehr überzogen und witzig dargestellt...


    das war's erstmal, gruß, aljaz

  • Guten Morgen,


    irgendwie habe ich das Glück gepachtet und war das zweite Mal innerhalb von zwei Monaten mit Grippe auf der Nase gelegen. Anyway.


    Ich habe Eure Diskussion mit Spannung verfolgt und muss sagen, den Eindruck, dass sich alle kennen, habe ich gar nicht so sehr. Eher den Eindruck den Typ Mensch zu kennen.


    Wobei wir gleich beim nächsten Thema sind, ich finde Dostojewskij ist ein begnadeter Beobachter der menschlichen Eigenheiten.


    LG, bis später


    Bettina

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    <br />Cicero

  • Mein Lesestand: 1 / XVI mittendrin. S. 243


    der Fürst Myschkin machte gerade der Nastassja Fillipowna einen Heiratsantrag.....


    Ich merke, ich identifiiziere mich zunehmend mit der Nastassja F. *gg* Ich meine, dass sie Recht hat, mit ihrer glasklaren inneren Stimme den dummen Männern dieser verlogenen Gesellschaft eins auszuwischen. Der Fürst dagegen, scheint ihr Wesen zu verstehen, und das überrascht sie offenbar. Ob er sie dann wirklich heiratet, bleibt abzuwarten. ich glaube mal eher nicht......


    Ich finde ihn übrigens überhaupt nicht kindisch, wie einige Mitleser/innen hier andeuten.
    Bin gespannt, wie es weitergeht.


    Es ist ein fulminantes Lesevergnügen!!!

  • hi Aljaz,


    du schreibst:

    Zitat

    diese ganze gesellschaft und ihre gegenseitigen verbindungen finde ich sehr schwer zu durchschauen, und zu dem gewohnten problem mit den vielen russischen namen kommen noch die fremden 'benimmregeln', der begriff von richtigem verhalten in der gesellschaft war damals in russland wohl ein anderer als hier und heute...


    das Verworrene wird durch viele Details und Ereignisse, die beiläufig in der ganzen Geschichte mitlaufen und auch genauestens erzählt werden, noch verstärkt. mir geht es auch so, dass ich immer wieder rekonstruieren muss, wer diese oder jene Person eigentlich war und was dann und wann stattgefunden hat.
    ich mache mir sehr viele Notizen in das Buch hinein, damit ich beim Zurückblättern das eine oder andere wiederfinde.


    Die Benimmregeln sind typisch für das 19. Jahrhundert und Russland war ja voll und ganz "französisch" geprägt. Dass bei Dostojewski alles ein wenig überzogen dargestellt ist, kann ja wohl als Stilmittel gelten. Sonst wäre es ja langweilig.......... (zu lesen).


    Zitat

    verstanden habe ich noch nicht die rolle von general iwolgin. ist der einfach nur verrückt und wird von seiner familie am liebsten versteckt?


    dieser Olle, hat doch den Fürsten als Baby gekannt..... Diese Stelle müßte doch bei dir jetzt auch kommen.... (will mal nicht zu viel veraten)...

  • Moin, Moin!


    Zitat von "myfairlady"

    mir geht es auch so, dass ich immer wieder rekonstruieren muss, wer diese oder jene Person eigentlich war und was dann und wann stattgefunden hat. ich mache mir sehr viele Notizen in das Buch hinein, damit ich beim Zurückblättern das eine oder andere wiederfinde.


    Bei einem dicken Buch wie diesem ist das, denke ich, auch keine Schande, wenn man Gedankenstützen einbaut. Ich gestehe, daß ich als langjähriger Leser russischer Literatur dem Geschehen leicht folgen kann.


    Zitat

    Die Benimmregeln sind typisch für das 19. Jahrhundert und Russland war ja voll und ganz "französisch" geprägt.


    "comme il faut" hatte man zu sein, so betont es auch Tolstoj stets in seinen Geschichten. Bei der Freude des Russen am geistigen Getränk ist es nicht so einfach, Haltung zu bewahren, eben wie General Iwolgin veranschaulicht.


    Zitat

    dieser Olle, hat doch den Fürsten als Baby gekannt...


    Mich erinnert der alte General an jemanden, der sich das Gehirn weggesoffen hat (alkoholische Enzephalopathie); denn diese Leute verhalten sich ebenso ausfällig wie er. Oder wie <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Korsakow-Syndrom">Korsakow</a>-Patienten, die irgendwelche Geschichten erzählen (Konfabulation), um ihre Gedächtnislücken kompensieren zu können.

  • Moin, Moin!


    Zitat von "myfairlady"

    Nastassja F. (...) mit ihrer glasklaren inneren Stimme den dummen Männern dieser verlogenen Gesellschaft eins auszuwischen. Der Fürst dagegen, scheint ihr Wesen zu verstehen, und das überrascht sie offenbar. Ob er sie dann wirklich heiratet, bleibt abzuwarten. ich glaube mal eher nicht...


    In dieser Melange a trois geht es ja dauernd hin und her. Myschkin bemitleidet Nastassja mehr, als er sie liebt. Sie dagegen in ihrem Wahn, eine auf ewig Verworfenen zu sein, will den "Reinen" nicht beschmutzen. Rogoshin ist Abbild der Leidenschaft, die vereinnahmt.

  • Zitat von "myfairlady"

    Ich finde ihn übrigens überhaupt nicht kindisch, wie einige Mitleser/innen hier andeuten.


    Hallo Myfairlady,


    eigentlich empfinde ich Myschkin als den einzig Erwachsenen. Die anderen vor allem Rogoshin spielen Theater. Alle belächeln zwar Myschkin, aber letzten Endes spielt er mit offenen Karten oder ist das alles nur Tarnung... *grübel*


    LG
    Bettina

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    <br />Cicero

  • hallo,


    dass er mit offenen karten spielt, ist wohl richtig, aber eben oft etwas unbedacht. ich kann mir nicht vorstellen, dass das tarnung ist, dazu wirkt es zu unaufgesetzt, v.a. tarnung vor wem? und wozu?


    allerdings scheint er mir inzwischen etwas verändert (stand kapitel 18), er greift irgendwie bewusster ins geschehen ein... im letzten kapitel hat er wie eine komplett andere person auf mich gewirkt... allerdings befürchte ich, dass lebedew ihn versucht, für seine zwecke auszunutzen (was immer diese zwecke sein mögen?)...


    großartig fand ich den umgangston in lebedews familie, das passte so gar nicht zu den dialogen in der sonstigen gesellschaft, sehr erfrischend!


    das mit den notizen ist übrigens ein guter tipp, myfairlady, das sollte ich mir auch angewöhnen... bin nämlich immer verwirrter, und muss wohl, wenn ich zeit habe, einige stellen nochmal lesen... in meiner ausgabe fehlt auch leider ein personenverzeichnis, das macht es nicht gerade einfacher...


    gruß, aljaz

  • Zitat

    allerdings scheint er mir inzwischen etwas verändert (stand kapitel 18),


    um diese Aussage genau zuordnen zu können, wäre es mir recht, wenn wir alle kurz mit ein paar Schlagworten das Kapitel umreißen, zu dem man was zu sagen hat. wenn jeder eine andere Ausgabe des Idioten vor sich hat, bleibt wohl nichts anderes übrig, sonst sind gemeinsame Diskussionen hier nur schwer möglich.


    Das ist mir jetzt so als Idee gekommen.

  • haben sich die Mitleser/innen verzogen?


    mit zunehmender Lesevertiefung empfinde ich es so, dass Myschkin und Rogoschin als polare Gegenspieler zu sehen sind.


    Wie sehr ihr das?


    mein Lesestand: Kapitel 2/ IX bzw. nach der durchgehenden Zählung von aljaz Kap. 25


    schönen Tag noch...

  • Dostoewskij-Markus schreibt

    Zitat

    Bei einem dicken Buch wie diesem ist das, denke ich, auch keine Schande, wenn man Gedankenstützen einbaut. Ich gestehe, daß ich als langjähriger Leser russischer Literatur dem Geschehen leicht folgen kann.


    Gegenfrage. was ist dann deinem Maßstab nach eine "Schande"?


    mfg-mfl

  • Moin, Moin!


    Zitat von "myfairlady"

    mit zunehmender Lesevertiefung empfinde ich es so, dass Myschkin und Rogoschin als polare Gegenspieler zu sehen sind.


    Dem ist nichts entgegenzusetzen.


    Ad "Wo sind die anderen?" - Ich hatte ja mitgeteilt, daß ich mich erst wieder zu Wort melden würde, wenn ein Diskussionsimpuls von anderer Seite ausgehen würde.

  • Guten Morgen,


    mein Lesestand ist immer noch Kapitel 1
    Ich weiß, dass ich langsam bin, aber leider kann ich nicht immer viel lesen oder muss langsam lesen wegen der Namen :grmpf:


    Myschkin hat gerade eine längere Abhandlung über die Todesstrafe gehalten. Ich finde die AUsarbeitung dieses Themas exzellent, wie übrigens der ganze Schreibstil Dostojewskijs faszinierend ist imho.


    Ich freue mich riesig aufs Wochenende, wenn ich mal richtig Zeit habe zu lesen.


    Liebe Grüße


    Bettina

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    <br />Cicero

  • schön dass es dich noch gibt , Bettina Andrea !


    ich dachte schon, der Idioten-Thread läuft schon auf Plattfuß *gg*


    selbst bin ich im Teil 3 , Kapitel VI ungefähr S. 575


    möchtest du jetzt diskutieren oder erst, wenn alle fertig sind?
    mfg-mfl

  • Guten Morgen myfairlady,


    wir können gerne diskutieren.
    Ich finde das Buch einfach nur sehr schön.


    Ganja kann ich überhaupt nicht leiden und je mehr ich lese, gewinne ich den Eindruck, dass Myschkin der einzig Normale ist :-)


    LG
    Bettina

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    <br />Cicero

  • Zitat von "myfairlady"

    schön dass es dich noch gibt , Bettina Andrea !


    Schade, dass ich arbeiten gehen muss. Ich wäre gerne Leser geworden. :klatschen:

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    <br />Cicero