Thomas Mann

  • Ich bin ja jetzt neu hier :winken:
    und wenn man in Eurem Forum surft, findet man immer wieder "Thomas Mann" (bin ja selber ein großer Fan von ihm).
    Meine Frage,
    was macht ihn denn so interessant?
    Eigentlich ist er ja ziemlich alt modisch, wenn nicht sogar altbacken,
    warum gibt es so viele Fans?
    Ist er jetzt >in<, weil er gerade so >out< ist,
    was ist das Geheimnis?



    Grüße Heidi

  • Hallo Heidi,


    ich sehe Thomas Mann keineswegs als altmodisch an, sei es sein Werk oder seine gehobene Sprache.


    Seit es die Werkausgabe aus dem S. Fischer-Verlag gibt, es sind allerdings bei weitem noch nicht alle Bände erschienen, beschäftige ich mich sehr intensiv mit Thomas Manns Werken, in letzter Zeit besonders mit "Lotte in Weimar" und "Königliche Hoheit".


    Für Thomas Mann interessiere ich mich seit meiner Schulzeit. Anlaß war ein Aufsatz den ich geschrieben hatte und von meinem Lehrer mit folgender Bemerkung zurückerhielt:
    "Schreibe doch bitte nicht so lange, umständliche Sätze, Leila, Du bist nicht Thomas Mann."


    Mit diesem Satz hat er mein Interesse an Thomas Mann und auch ein wenig für Heinrich Mann geweckt.


    Liebe Grüße
    Leila

  • Zitat von "Leila Parker"

    "Schreibe doch bitte nicht so lange, umständliche Sätze


    :lol: Genau dasselbe (ohne den Thomas-Mann-Verweis) hab ich von meiner Deutschlehrerin auch zu hören bekommen! Kurze Sätze zu bilden, musste ich im wahrsten Sinne des Wortes erst lernen. Lange gingen von alleine! *g*
    Heute ärgere ich mich fast ein bisschen, dass ich meinen Stil tatsächlich ein wenig (! *g*) an die Wünsche dieser Lehrerin angepasst habe. Rückblickend war sie die einzige meiner insgesamt 4 Deutschlehrer, die mich in ein Schema pressen wollte.


    Ich habe von Thomas Mann erst den Zauberberg gelesen. Die Satzbildung fand ich eigentlich schön, aber manche Ausdrücke kamen mir einfach gekünstelt und unnötig übertrieben vor - war da zum Beispiel nicht was mit "hexagonalen Eiskristallen" alias Schneeflocken?


    Zitat

    Ist er jetzt >in<, weil er gerade so >out< ist


    Hm, eine interessante Idee. Angesichts anderer Modeerscheinungen z.B. in Musik und Kleidung (Stichwort "Retro") drängt sich der Gedanke wirklich auf ... vorausgesetzt, Thomas Mann ist tatsächlich altmodisch (ist er das?).


    Liebe Grüße,
    Bluebell

    &quot;Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve.&quot;

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Hallo Leila


    Aber gerade "Lotte von Weimar" und "Königliche Hoheit" sind doch ziemlich altmodisch, oder? Die Thematik, oder nicht?
    Erkläre mir bitte was daran zeitgemäß ist.


    Oder "Der Tod in Venedig", schwul sein ist doch heute nichts außergewöhnliches mehr.


    "Der Zauberberg" (mein Lieblingsbuch) was ist daran aktuell, und, und, und.


    Ich sage dir, er ist altmodisch!
    Dennoch ich lese ihn, ich bin begeistert, fasziniert, warum?


    Diese provokative Einstellung habe ich hier bewußt eingenommen,
    weil ich selber wissen möchte, wieso. Ich denke ja auch anders, kann es aber nicht in Worte fassen. Oder ist es einfach nur ein Traum, ein Zurücksehnen in die gute alte Zeit?



    Was? :grmpf:



    Liebe Grüße Heidi

  • Hallo Heidi,


    ja, modern im eigentlichem Sinne kann man "Lotte in Weimar" und "Königliche Hoheit" sicher nicht betrachten. Das will ich auch nicht, da gerade der historische Aspekt beider Werke Manns für mich so enorm interessant sind.


    Wenn Du aber unbedingt Sachen lesen willst, die modern sind und dir etwas heute noch etwas zu sagen haben, dann versuche es doch einmal mit Arno Schmidt oder - noch besser - mit John Irving.


    Die Modernität im eigentlichen Sinne wirst Du bei Thoms Mann sicher nicht finden.


    Liebe Grüße
    Leila

  • Hallo zusammen!


    Klassiker zeichnen sich m.M. dadurch aus, dass sie (u.a.) auch zeitlos sind. Also weder modern noch altmodisch ...


    Zitat von "Heidi Hof"

    Aber gerade "Lotte von Weimar" und "Königliche Hoheit" sind doch ziemlich altmodisch, oder? Die Thematik, oder nicht?
    Erkläre mir bitte was daran zeitgemäß ist.


    Die Lotte (die bei mir übrigens in und nicht von Weimar ist ...) ist doch gerade thematisch sehr modern, oder?


    Modernes Thema 1: Wie geht ein Mensch mit einer ihm (bzw. halt meist immer noch: ihr) zugefallenen (sekundären) Berühmtheit um? Einer Berühmtheit durch eine Affäre mit einer andern, genuinen Berühmtheit? Beispiele, mutatis mutandis: Naddel. Oder die neue Freundin von Becker. Oder Diana. Oder ... oder ... oder ...


    Modernes Thema 2: Liebe im Alter.


    Zitat von "Heidi Hof"

    Oder "Der Tod in Venedig", schwul sein ist doch heute nichts außergewöhnliches mehr.


    War es auch früher nicht :breitgrins: . Im übrigen ist Homosexualität bestenfalls ein Randthema in diesem Werk. Imho. Viel wichtiger das Thema "sterben". Ähnlich der Zauberberg: das unendlich altmodische und moderne Thema von zwischenmenschlichen Beziehungen im Schatten von Krankheit und Tod. Der weltanschauliche Kampf zwischen Atheismus und indoktriniertem (indoktrinierendem) Glauben.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Sandhofer


    Ich bin kein Sekundär-Literatur Leser, da ich denke, dass diese Form von Literatur die eigenen Gedanken zur Literatur zu einseitig gelenken. Aber ich habe in Bezug auf Th. Mann einige Biographien gelesen, so dass ich ein wenig über die Person Th. Mann mitreden kann.
    Wenn es beispielsweise in „Der Tod in Venedig“ eher um die Thematik des Sterbens ging, warum hat er nicht das Bild einer wunderschönen Frau gewählt?
    Ich glaube schon, dass es ihm vorrangig um sein eigenes Sterben ging, da er seine Homosexualität nicht gelebt hat. :bussi:


    Des Weiteren denke ich, dass alleine die Isoliertheit der Kranken auf einen Zauberberg heute nicht mehr denkbar ist. Dieser Schauplatz schon sehr altbacken ist.
    Obwohl ich mir wünschte, lieber heute als morgen, auf nach Davos und alles selber ausprobieren, und lernen, aber hoffentlich den Zeitpunkt der Abreise nicht zu verpassen. :zwinker:


    Grüße Heidi

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Heidi Hof"

    Wenn es beispielsweise in „Der Tod in Venedig“ eher um die Thematik des Sterbens ging, warum hat er nicht das Bild einer wunderschönen Frau gewählt?


    Vielleicht, weil die zu lebendig gewesen wäre? Nein, ich weiss es nicht wirklich. Und es ist m.M. ja ein Zeichen "guter" Literatur, dass es sehr viele Interpretationsmöglichkeiten und -ebenen gibt. Homosexualität ist in Manns Werk sicher nicht ganz unwichtig; ob wir heute wirkliche ein besseres, oder sagen wir auch nur: entspannteres Verhältnis dazu haben, Manns Behandlung des Themas also "altbacken" ist, bleibe mal dahingestellt.


    Ähnlich der Zauberberg. Sicher gibt es die alten Lungensanatorien nicht mehr. Doch die Themen, die da oben virulent werden, gibt es durchaus noch, m.M.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo,


    ja, Thomas Mann, ist der nun altmodisch?


    Wenn man Klassiker liest, haben die alle eine gewisse Entrückheit durch die damaligen Lebensumstände, die ins Werk eingeflossen sind und auch durch die Literatursprache der jeweiligen Epoche.


    Dennoch bin ich der Meinung, wie auch du, Sandhofer, dass ein "überholter" Schauplatz und eine altmodische Ausdrucksweise nichts an der Zeitlosigkeit der Inhalte ausmacht, die einen Klassiker auszeichnen.


    Es ist doch egal, in welchem Ambiente es um Seinsfragen geht wie im Zauberberg.


    Außerdem ist diese Schauplatz- und Personenkonstellationsvorgabe schon selbst wieder klassisch: Unterschiedliche Personen werden aufgrund eines gemeinsamen Merkmals in einer psychologischen Ausnahmesituation (Schwere Erkrankung, Todesnähe) an einem einsamne Ort zusammengewürfelt, an dem sie sich nicht aus dem Weg gehen können.
    Eine klassische Vorgabe für Psychothriller und Kriminalroman.


    In ganz anderer Weise - denke ich - strahlt Manns Werk außerdem einen eigenen Reiz aus. Es demonstriert, wie artistisch man mit unserer Sprache, insbesondere den Möglichkeiten der Satzstruktur umgehen kann: Es kann allein schon ein Genuss sein, sich von den Hypotaxen in den literarischen Schilderungen Manns, z.B. "Herr und Hund" tragen zu lassen.
    Trotz einiger Manierismen, wie z.B. in "Wälsungenblut", hegt wohl jeder Bücherfreund eine Leidenschaft für perfekt durchgestaltete Sprache. Und das beherrschen im Prosabereich nicht sehr viel so perfekt wie Mann.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo zusammen !


    Ihr habt es ja schon gesagt - bei Thomas Mann geht es vornehmlich um zeitlose Themen, die Beschreibungen drumrum sind ja eher, um mit sandhofers Worten zu sprechen "Beigemüse", wohlgemerkt sehr poetisch und zutreffend. Die Ausdrucksweise spiegelt für mich den damaligen Zeitgeist, ob das altmodisch ist ? Naja, dann wären wohl alle Klassiker altmodisch. So what ?


    Heidi schrieb:

    Zitat

    Des Weiteren denke ich, dass alleine die Isoliertheit der Kranken auf einen Zauberberg heute nicht mehr denkbar ist.

    Die persönliche Isolation aufgrund einer schweren Krankheit (Krebs, Aids) ist in unserer Gesellschaft aktueller als damals. Um die räumliche Isolation geht es Thomas Mann meines Erachtens auch nicht.


    Zitat

    Wenn es beispielsweise in „Der Tod in Venedig“ eher um die Thematik des Sterbens ging, warum hat er nicht das Bild einer wunderschönen Frau gewählt?

    Vielleicht weil es einfach zu plump gewesen wäre ? Es geht sowohl um den Zeitraum des Sterbens als auch um das, was das Leben ausmachen könnte, nämlich die Liebe in unterschiedlichen Facetten.


    finsbury schrieb:

    Zitat

    hegt wohl jeder Bücherfreund eine Leidenschaft für perfekt durchgestaltete Sprache. Und das beherrschen im Prosabereich nicht sehr viel so perfekt wie Mann.

    :bang:


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!
    Da würde mich doch interessieren: Wie definiert ihr "altmodisch".
    Ich meine, es ist ein sehr schöner Ausdruck, passt in jegliche Terminologie, jeder kann darunter verstehen, was er will, aber wie ist er auf Literatur anzuwenden? - Natürlich, es gibt die Tagesliteratur (Aufrufe gegen Atomkraftwerkbau, Terrorismusangst-Schürung usw.) aber meistens, ist dies nur ein Teil der Aussage oder des Inhalts. Sonst darf man es nicht mehr Literatur nennen, meiner Meinung nach. Es wäre dann eher Propaganda oder einfach Sachberichte.
    Bei anständiger Literatur, wie ich es gerne nenne, geht es doch immer auch um eine Geschichte, um die Mitteilung eines Schicksals, einer Weltanschauung, eigener Ideen usw. Was kann hier als "veraltet" gelten?


    Thomas Mann fasziniert durch seine schillernde Figur. Wieviele Leute gibt es nicht, die ihm den Rang eines Künstlers absprechen wollen, weil er mehr ein Kunsthandwerker war? - Aber das haben wir hier ja auch schon einigemale diskutiert, wenn ich mich nicht täusche.


    Weshalb gibt es noch Leute, die Rubens, Rembrandt, Michelangelo usw noch bewundern, sind sie nicht längst veraltet??? :rollen:


    Es grüsst
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Ich bin gerade mit dem "Zauberberg" in den letzten Zügen und bin mehr als nur begeistert von diesem Werk... Ich kannte vorher schon die Buddenbrocks und sämtliche frühen Erzählungen, und ich kann beim besten Willen nichts "Veraltetes" im Werk von Thomas Mann finden.


    Da ist zum einen seine Sprache: da kommt einem doch das was wir heute an Sprache zusammenstümpern recht armselig vor. Ich finde er schreibt absolut klar... Aber man muss freilich seine Art der Ironie mögen...


    Und dann die Themen: gibt es ewigere Themen für die Menschen, als Liebe und Tod... ? Großartig wie er seine Figuren mit einer Leidenschaft konfrontiert, sie vor die Wahl stellt der Passion zu folgen, oder alle Kräfte des Apollinischen zu mobilisieren, um sich in der Sphäre der "Banalität des Alltäglichen" zu erhalten...


    Thomas Mann sehe ich da sogar in einer Traditionslinie mit Dostojewski: Menschen, die so voll mit Leben sind, dass sie als letzte und höchste Konsequenz Gefahr laufen, sich im Rausch in den Untergang zu stürzen; bei Dostojewski aus Sehnsucht nach Gott, bei Thomas Mann eher ästhetischer als Sehnsucht nach dem Schönen...


    Grüße, von Lucien, der sich freut, dass er zuhause noch ca. 60 S. ungelesene Zauberberg-Seiten hat. :sonne:

  • Da kann ich es mir an dieser Stelle doch nicht verkneifen, mitzuteilen, dass ich gerade mittendrin im Zauberberg und ebenfalls sehr angetan bin :zwinker:


    Imrahil

    &quot;Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Hallo zusammen!
    Hallo xenophanes!


    Zitat von "xenophanes"

    Sonst muss ich alles stehen und liegen lassen und den Roman zum dritten Mal lesen :zwinker:

    Erst?!?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Zusammen


    Halten wir noch einmal fest, meine Frage war:


    >>> Ist er jetzt >in<, weil er gerade so >out< ist, was ist das Geheimnis? <<<



    Bluebell hat darauf erwidert: >>> Hm, eine interessante Idee. Angesichts anderer Modeerscheinungen z.B. in Musik und Kleidung (Stichwort "Retro") drängt sich der Gedanke wirklich auf ... vorausgesetzt, Thomas Mann ist tatsächlich altmodisch (ist er das?). <<<



    Leila Parker sagte: >>> ja, modern im eigentlichem Sinne kann man "Lotte in Weimar" und "Königliche Hoheit" sicher nicht betrachten. Das will ich auch nicht, da gerade der historische Aspekt beider Werke Manns für mich so enorm interessant sind. <<<



    Sandhofer erklärte dann: >>> Die Lotte ist doch gerade thematisch sehr modern, oder?


    Modernes Thema 1: Wie geht ein Mensch mit einer ihm (bzw. halt meist immer noch: ihr) zugefallenen (sekundären) Berühmtheit um? Einer Berühmtheit durch eine Affäre mit einer andern, genuinen Berühmtheit? Beispiele, mutatis mutandis: Naddel. Oder die neue Freundin von Becker. Oder Diana. Oder ... oder ... oder ... <<<



    Finsbury erwähnte: >>> Wenn man Klassiker liest, haben die alle eine gewisse Entrückheit durch die damaligen Lebensumstände, die ins Werk eingeflossen sind und auch durch die Literatursprache der jeweiligen Epoche.


    Dennoch bin ich der Meinung, wie auch du, Sandhofer, dass ein "überholter" Schauplatz und eine altmodische Ausdrucksweise nichts an der Zeitlosigkeit der Inhalte ausmacht, die einen Klassiker auszeichnen.


    und …


    In ganz anderer Weise - denke ich - strahlt Manns Werk außerdem einen eigenen Reiz aus. Es demonstriert, wie artistisch man mit unserer Sprache, insbesondere den Möglichkeiten der Satzstruktur umgehen kann: Es kann allein schon ein Genuss sein, sich von den Hypotaxen in den literarischen Schilderungen Manns, z.B. "Herr und Hund" tragen zu lassen.
    Trotz einiger Manierismen, wie z.B. in "Wälsungenblut", hegt wohl jeder Bücherfreund eine Leidenschaft für perfekt durchgestaltete Sprache. Und das beherrschen im Prosabereich nicht sehr viel so perfekt wie Mann. <<<



    Alpha gab den Einwand: >>> Da würde mich doch interessieren: Wie definiert ihr "altmodisch". <<< >>> Weshalb gibt es noch Leute, die Rubens, Rembrandt, Michelangelo usw noch bewundern, sind sie nicht längst veraltet??? <<<







    So, dieses Resümee wollte ich unbedingt noch einmal zusammenfassen, da ich denke, dass nur wenige wirklich auf meine Frage eingegangen sind. Überhaupt habe ich den Eindruck als wolltet ihr über mich herfallen, weil ich den guten Th. Mann beschmutzen wollte. (Nur das wollte ich nie!)


    Mein Gedanke ist eher jener:
    Modern scheint mir heute, wenn man eine fast schon ordinäre Sprache benutzt, und bitte schön, es darf nichts lehrreiches, also kein Fingerzeig vorhanden sein, denn die Bildung lassen wir mal außen vor. In Gedichten darf man Leidenschaft nicht mehr mit gepflegten Worten umschreiben, sondern dort steht es jetzt plump: Ich ficke dich!


    Und gerade das, was heute für modern erklärt wird, findet man bei Th. Mann nicht (Gott sei dank).


    In dieser Hinsicht noch einmal: >>> Ist er jetzt >in<, weil er gerade so >out< ist, was ist das Geheimnis? <<<


    Im modernen Zauberberg müsste Hans mit seiner Clavdia „ficken was das Zeug hält“ usw. :entsetzt:


    Andere Frage:
    Und ich glaube, da sind wir uns jetzt alle einiger. Wir lesen Th. Mann gerade deshalb, weil wir den modernen Mist nicht lesen wollen. Wir möchten von der Sprache begeistert sein, wir möchten auch noch den großen Bildungsroman lesen, da wir nicht nur zur Unterhaltung lesen, sondern wir möchten auch innerlich reifen und lesen.


    In diesem Sinne


    Heidi


    PS Beim modernen Mulisch "Die Entdeckung des Himmels" habe ich das Wort ficken gleich dreimal gefunden. :zwinker:

  • Hallo Heidi,


    ohne mich rechfertigen zu wollen, bin ich über deine Ansichten doch etwas erstaunt.


    Da ich kaum moderne Autoren lese, kamen mir deine Gedankengänge nicht annähernd in den Sinn. Ist mir fast schon ein wenig peinlich. :redface:


    Dennoch soll das Wort "f....." schon Henry Miller (1891-1980) in seinem bekannten Werk "Im Wendekreis des Krebes" (1934) mehrfach verwendet haben, wobei ich - um Schelte zu vermeiden - die Formulierung "moderner Klassiker" vermeiden möchte.


    Aber wie andere darüber auch denken mögen, ich lese Thomas Mann sehr, sehr gerne und diese Freude lasse ich mir nicht nehmen. Zumindest in dieser Beziehung sind wir einer Meinung.


    Liebe Grüße
    Leila

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Heidi Hof"

    Hallo Zusammen


    Halten wir noch einmal fest, meine Frage war:


    >>> Ist er jetzt >in<, weil er gerade so >out< ist, was ist das Geheimnis? <<<


    Ok, brauchst nicht gleich zu schreien ...


    Zitat von "Heidi Hof"

    da ich denke, dass nur wenige wirklich auf meine Frage eingegangen sind.


    Ach so ... deswegen schreist Du ... Hm, ich hatte ehrlich gesagt nicht den Eindruck ... Aber vielleicht haben wir Deine Frage falsch verstanden ...


    Zitat von "Heidi Hof"

    Überhaupt habe ich den Eindruck als wolltet ihr über mich herfallen, weil ich den guten Th. Mann beschmutzen wollte.


    Auch den Eindruck hatte ich nie ...


    Zitat von "Heidi Hof"

    (Nur das wollte ich nie!)


    Den Eindruck hatte ich auch ...


    Zitat von "Heidi Hof"

    Modern scheint mir heute, wenn man eine fast schon ordinäre Sprache benutzt, und bitte schön, es darf nichts lehrreiches, also kein Fingerzeig vorhanden sein, denn die Bildung lassen wir mal außen vor. In Gedichten darf man Leidenschaft nicht mehr mit gepflegten Worten umschreiben, sondern dort steht es jetzt plump: Ich ficke dich!


    Ich weiss nicht, ob das "modern" ist, weil ich zu wenig zeitgenössische Literatur lese. Den Leser mit unanständigen Worten zu schrecken (und gleichzeitig zu faszinieren) war allerdings schon dem jungen Goethe und seinen Freunden geläufig. Und auch der alte - in Faust II - nahm kein Blatt vor den Mund. Da haben dann wohl einige "moderne" Autoren im Literaturunterricht geschlafen ... Und deswegen ist wohl auch nichts Lehrreiches, nichts Bildendes bei den "Modernen" - wie sollen sie etwas weitergeben, das sie selber nie empfangen haben?


    Zitat von "Heidi Hof"

    Und gerade das, was heute für modern erklärt wird, findet man bei Th. Mann nicht (Gott sei dank). [...]Im modernen Zauberberg müsste Hans mit seiner Clavdia „ficken was das Zeug hält“ usw. :entsetzt:


    Oh, im Felix Krull ist Mann durchaus nicht prüde, auch wenn das 4-letter-word nicht fällt ...


    Zitat von "Heidi Hof"

    In dieser Hinsicht noch einmal: >>> Ist er jetzt >in<, weil er gerade so >out< ist, was ist das Geheimnis? <<<


    Ist er "in"? Ist er "in"?


    Zitat von "Heidi Hof"

    Beim modernen Mulisch "Die Entdeckung des Himmels" habe ich das Wort ficken gleich dreimal gefunden. :zwinker:


    Mulisch war damals eine herbe Enttäuschung für mich. Nicht wegen des dreifach aufgefundenen Wortes, sondern weil die ganze Story schlicht nur platt und doof war. Es ist nicht nur das Sprachliche, das ich den Heutigen ankreide, das sogar noch am wenigsten. Aber: Sie können nicht mehr erzählen!!! (Und sind oft noch stolz darauf und empfinden sich deswegen als modern und avant-gardistisch ...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus