Elfriede Jelinek

  • Zitat von "Georg"

    Ich habe mir das Buch gestern gekauft ujd gerade die ersten 12 Seiten gelesen. Ziemlich nervig finde ich bis jetzt die unmöglichen Vergleiche, die permanent angestellt werden


    Hallo Georg,


    wahrscheinlich bist Du inzwischen etwas weiter gekommen, denn allzu schwierig ist die Lektüre m. M. nach nicht.
    Ja, die Vergleiche finde ich auch zumindest ungewöhnlich. "Schwarm herbstlicher Blätter - um nicht gesehen zu werden ???"
    Aber ungewöhnlich ist der Roman ohnehin, eigentlich ist es auch mehr eine Erzählung, es gibt ja nur einen, äußerlich dürftigen Handlungsstrang mit gelegentlichen Einschüben in die Vergangenheit, Kindheit, Jugend der Klavierspielerin.
    ".... ein Kleid!, beinahe noch vergänglicher als ein Tupfer Mayonnaise auf einem Fischbrötchen." ??? Dieser Vergleich wird, glaube ich, aus der Sicht der Mutter gezogen, die es zutiefst verabscheut, wenn die Tochter sich mit außermusikalischen Dingen beschäftigt. Wenn ein Kleid mit einem Fischbrötchen verglichen wird, kann dies die Verachtung der Mutter über eben dieses Kleid der Tochter ausdrücken oder über die Tochter selbst, die schon wieder mit etwas Neuem kommt, obwohl sie genau weiß, daß die Mutter den Gebrauch nie gestatten wird. Ein erster Hinweis auf den psychischen Zustand der Tochter, ihre Kaufwut.


    Die Person der Mutter ist in meinen Augen genau so wichtig wie die Klavierspielerin selbst, weil dieTochter Erika eben nur durch die Mutter das ist, was sie ist: Eine zutiefst gestörte Persönlichkeit, eine nach außen hin Erwachsene, die zum Kindsein gezwungen wird und im Verlauf des Buches aus diesem Zwang ausbrechen will. S. 17: Erika ist ein Insekt in Bernstein, zeitlos, alterslos. Erika hat keine Geschichte und macht keine Geschichten. Die Fähigkeit zum Krabbeln und Kriechen hat dieses Insekt längst verloren. Und ein paar Zeilen weiter: Denn sie kann und kann sich nicht unterordnen. Dabei ist ihr ganzes Dasein eine einzige Unterordnung unter den mütterlichen Willen!


    Einschub: Im erwähnten Literaturcafé habe ich auch die Diskussion gelesen und kann mich in den meisten Punkten den Diskutanten anschließen. Allerdings ist es jetzt für mich schwieriger geworden, noch was Neues zu sagen. Ich lasse es also auf mich zukommen.

    Zitat

    Was meinst du übrigens mit faszinierend auf seine Art?


    Damit meine ich, daß ich bisher noch kein Buch dieser Art gelesen habe. Die Intensität der Beschreibung einer Romanfigur ist für mich unübertroffen. Bei dieser Klavierspielerin blicke ich in Abgründe, z. T. erschreckend. Ich kann mich täuschen, aber ich meine, es ist ein sehr persönliches Buch von E. Jelinek, bes. dann, wenn man weiß, daß sie selbst ganz offen über ihre psychischen Probleme spricht. Vielleicht will sich die Autorin hier etwas von der Seele schreiben.
    Ich bitte, meine Aussagen hier und künftig als rein persönliche zu nehmen, die auch gar nicht stimmen müssen. Es ist einfach kein "normales" Buch. Später dann mehr.


    Grüße,
    Gitta

  • Hallo zusammen!
    Hallo JMaria!


    Zitat von "JMaria"

    Jetzt lass ich mir erstmal weiterhin Zeit mit der Wahl und warte auf deinen Bericht.


    Nun also:


    Im Gegensatz zu andern hier im Forum (ich habe allerdings auch was anderes von ihr gelesen, vielleicht liegts daran ...) - im Gegensatz zu andern also, bin ich von Jelinek echt fasziniert. Ihre Sprache, die Art, wie sie Sprachfloskeln und -formen aufbricht, um den Hintersinn zu zeigen, gefällt mir.


    Ihr Weltbild löst bei mir dann doch Betroffenheit aus. Ist das Leben wirklich so mit ihr ... mit den Frauen ... mit den Menschen?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo Sandhofer,


    da meine Bücherei keine Bücher von Jelinek hat (kaum zu glauben, aber wahr) und mit den Wochen die ins Land gingen, ist auch Jelinek bei mir wieder etwas in Vergessenheit geraten. Deswegen danke Sandhofer für deine Einschätzung. Zu deiner letztgestellten Frage: Betroffenheit ist wohl ein Begriff der so ziemlich oft in Zusammenhang mit der Autorin fällt.


    (Ich wollte mich auch noch bedanken, dass du dich nochmals abschließend zu Coelho geäußert hast (ich finde den Thread nicht mehr). Nicht dass du denkst, ich gehe über deine Beiträge hinweg und das obwohl ich dich um deine Meinung bat. )


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "sandhofer"


    Im Gegensatz zu andern hier im Forum (ich habe allerdings auch was anderes von ihr gelesen, vielleicht liegts daran ...) - im Gegensatz zu andern also, bin ich von Jelinek echt fasziniert. Ihre Sprache, die Art, wie sie Sprachfloskeln und -formen aufbricht, um den Hintersinn zu zeigen, gefällt mir.


    Hallo Sandhofer,


    verrätst Du uns, welches Werk von Frau Jelinek Du gelesen hast?


    Auch in den mir bekannten Romanen (Klavierspielerin, Lust, Gier) verwendet Frau Jelinek Sprachfloskeln am laufenden Band. Kannst Du mal zwei, drei Beispiele zitieren, wo sie diese, Deiner Meinung nach aufbricht um den Hintersinn zu zeigen?


    Gruß und ALLES GUTE im NEUEN JAHR


    Hubert

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Hubert"

    verrätst Du uns, welches Werk von Frau Jelinek Du gelesen hast?


    Habe ich schon, allerdings ein paar Seiten weiter vorn in diesem Thread - und das ist halt schon ein Vierteljahr her ...


    Was Deine zweite Frage betrifft: v.a. in Der Tod und das Mädchen I (Schneewittchen) wimmelt es nur so von Floskeln, die verdreht werden oder auch nicht, aber in jedem Fall eben ihre Floskelhaftigkeit aufzeigen. imho.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    Hallo zusammen!



    Habe ich schon, allerdings ein paar Seiten weiter vorn in diesem Thread - und das ist halt schon ein Vierteljahr her ...


    Hallo Sandhofer,


    vielen Dank für Deine schnelle Antwort. Dass Du dir letztes Jahr am 21. Oktober "Der Tod und das Mädchen" gekauft hast, das hatte ich schon noch in Erinnerung, - ich konnte/wollte aber nicht mit 100%iger Sicherheit daraus auch schließen, dass es jetzt auch genau dieses Buch war, das Du gelesen hast. :zwinker:


    Da ich das Buch nicht selbst besitze, wäre ich Dir dankbar, wenn Du von den vielen Floskeln (vielleicht von den verdrehten?) zwei, drei zitieren würdest. Mir würde das wahrscheinlich helfen, zu erkennen, ob Frau Jelinek hier in einem anderen Stil schreibt, als in den mir bekannten Werken und ob es sich vielleicht lohnt, auch mal "Der Tod und das Mädchen" zu lesen. Danke im Voraus.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "JMaria"

    (Ich wollte mich auch noch bedanken, dass du dich nochmals abschließend zu Coelho geäußert hast (ich finde den Thread nicht mehr). Nicht dass du denkst, ich gehe über deine Beiträge hinweg und das obwohl ich dich um deine Meinung bat. )


    Zum ersten: Keine Ursache.


    Zum zweiten: der Thread ist hier.


    Zum dritten: Denke ich eigentlich nie.


    ----------------------------------------------------------


    Hubert:
    Einerseits aus Faulheit, andererseits, weil ich nimue keine Copyright-Probleme verursachen will, hier nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Eröffnungsmonolog von Der Tod und das Mädchen I (Schneewittchen):


    Sie, mein Herr, sehen wiederum aus, wie einer, der mir an Gestalt ähnelt, aber eher ungemütlich ist. Vielleicht durch die Verantwortung, die Sie tragen. Es macht sicher viel Arbeit, das Seiende zu lichten und das Richtige zu richten. Ich bin eher fürs Leichte zuständig. Lange habe ich durch mein Aussehen Erfolg gehabt, dann fiel ich voll Eifer, auf der Suche nach noch mehr Erfolg, ins Loch meiner Stiefmutter, die mich von einer Seite her, die ich nicht erwartet hatte, angriff, und bald darauf mit Obst vergiftete. Sie hatte einer andern eine Grube gegraben und war nicht selbst reingefallen. Seither bin ich Wahrheitssucherin, auch in sprachlichen Angelegenheiten.


    Ich mag so was.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Was ich soweit von Jelinek kenne sind nur zwei Kapitel aus ihrem "Michael - Ein Jugendbuch für die Infantilgesellschaft". Das eine war Übungsaufsatz, das andere Klausur in meiner letzten Deutsch LK Klausur (wer weiß, vielleicht setzt man uns neben Schiller als Feier ihres Nobelpreises einen Text von ihr im bayerischen Zentralabi vor :breitgrins:).
    Hm was halte ich von ihr? Ich kann jetzt nur mal den Vergleich mit den beiden andren großen "Skandal"-Österreichern ziehen (Schwab und Bernhard) und muss im Vergleich zu beiden sagen, dass ich sie hier für die "Schwächste", wenn man das so sagen will, halte. Beide sind zwar ähnlich radikal, aber sowohl Bernhard mit seiner melodischen Sprache, als auch Schwab mit - habe von ihm nur "Die Präsidentinnen" gesehen - seinen deutlich vielschichtigeren Figuren, was meinen Eindruck angeht, haben eben etwas mehr "Stil" (falsches Wort, ich weiß, aber besser kann ich es atm nicht ausdrücken). Jelinek liest sich - zumindest in den beiden Ausschnitten, die wir hatten - teilweise wie eine S-M Fantasie ... Sicher, man kann schon einen gewissen Sinn dahinter sehen (bzw. muss das einfach, um ne gute Note zu bekommen *hust*), aber das fällt zum Teil schon schwer.

  • Ich kenne nichts von Jeliniek außer dem von Sandhofer freundlicherweise zitierten Absatz. Der klingt einerseits, als könnte es mir Spaß machen, mal was von ihr zu lesen (habe auch mit sexuellen Darstellungen keine Probleme). Andererseits erinnert mich schon dieser Absatz an andere Autoren, die tendenziell Schaumschlägerei betreiben: Große Worte, geheimnisvolle Ausdrücke, Sätzen, an denen man länger heruminterpretieren könnte ("Es macht sicher viel Arbeit, das Seiende zu lichten und das Richtige zu richten") - aber ob sie dadurch ((viel) mehr) Inhalt bekommen?


    AndiM, was hältst du denn von Jelinek ohne den Vergleich zu Schwab und Bernhard zu ziehen (die ich leider auch nicht kenne)?


    LG
    Nightfever

  • Hm ... schwer zu sagen. Die Texte haben etwas sehr Seltsames ... man will eigentlich nicht weiterlesen, aber Sprache etc. ist ähnlich wie bei Bernhard imo dementsprechend "fesselnd", dass man irgendwie zum Weiterlesen gebracht wird. Man muss sich halt drauf einlassen, dann hat man ein Leseerlebnis der deutlich anderen Art und Weise. Selbst an die Gewalt gewöhnt man sich irgendwie beim Lesen, was eigentlich insofern erschrec kend ist, dass man sich ja damit irgendwie zum Teil der Infantilgesellschaft macht hm ... Also die gute Frau J. hat imo schon einiges aufm Kasten, wenn man ein wenig unter die Oberfläche der Texte blickt.

  • Zitat von "AndiM"

    Die Texte haben etwas sehr Seltsames ...


    Hallo AndiM,


    so ist es! Im Sinn von "selten" Nun habe ich vier ihrer Bücher gelesen (Klavierspielerin, Gier, Lust, die Liebhaberinnen). Eine außergewöhnliche Schriftstellerin mit einer außergewöhnlichen Sprache (auch außerhalb sexueller Schilderungen). Dabei zeigt sie unerbittlich auf menschliche, soziale, poltische Zu - und Mißstände, als Beobachterin, ohne erkennbare Beteiligung, nur beschreibend. (Kein Wunder, daß sie in ihrem Heimatland nicht gerade beliebt ist. In einem Interview sagte sie gar, sie hätte mit Österreich abgeschlossen.)

    Zitat

    Man muss sich halt drauf einlassen, dann hat man ein Leseerlebnis der deutlich anderen Art und Weise...Selbst an die Gewalt gewöhnt man sich irgendwie beim Lesen, was eigentlich insofern erschrec kend ist


    ...und dann wird man zwischendurch immer wieder versöhnt durch urkomische Sätze, bei denen man trotz der schlimmen Dinge, die sie eigentlich beschreiben, herzlich lachen muß. So ging es mir neulich, als ich in der "Klavierspielerin" die Briefszene las, wo ich bei der Schilderung einer ziemlichen Perversität fast einen Lachkrampf bekam. Schlimm? Weiß nicht!
    Jelinik versteht es!

    Zitat

    Also die gute Frau J. hat imo schon einiges aufm Kasten, wenn man ein wenig unter die Oberfläche der Texte blickt.


    Gruß,
    Gitta

  • Hm ja ... danke fürs Verbalisieren von dem, was ich sagen wollte :).
    Naja, irgendwie haben die meisten österr. Schriftsteller mit nem gewissen Bekanntheitsgrad (Jelinek, Bernhard, Schwab eben) alle ein ziemlich gestörtes Verhältnis zur "sich selbst verhaßte[n] Statisterie von sechseinhalb Millionen Alleingelassenen" (T. Bernhard). Wie gesagt, ich kenne von Jelinek nur zwei Kapitel aus "Michael" ... da geht's eben um die Gewalt in der Infantilgesellschaft ... War in dem Fall gar nicht mal so sexuell ausgeprägt, wie es wohl in anderen Werken von ihr ist.
    Naja, ich werd mir wohl mal demnächst die gesammelten Theaterstücke oder zumindest das Sportstück durchlesen. Wer weiß, ob man uns sowas im Abi vorsetzt :breitgrins:

  • Hallo zusammen!


    Und noch eine kleine Presse-Lese-Frucht:


    Wien (AP) Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hat ein Angebot der Österreichischen Post abgelehnt, eine Briefmarke mit ihrem Porträt herauszubringen. Die Schriftstellerin erklärte nach einem Bericht der Zeitung «Die Presse» vom Sonntag, dass sie keine persönliche Ehrung wolle. Die Briefmarke im Wert von einem Euro hätte die Verleihung des Literaturnobelpreises für das vergangene Jahr würdigen sollen. Die Autorin der «Klavierlehrerin» hatte es bereits abgelehnt, zur Verleihung des Preises am 10. Dezember nach Stockholm zu reisen.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"


    Wien (AP) Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hat ein Angebot der Österreichischen Post abgelehnt, eine Briefmarke mit ihrem Porträt herauszubringen.


    Also das hätte ich an ihrer Stelle allerdings auch abgelehnt! Oder höchstens für nach meinem Tod zugelassen! :winken:


    Viele Grüße,
    Gitta

  • Zusatzfrage: Was haltet Ihr grundsätzlich von dem "Geschäftsmodell", einen Roman ausschließlich im Netz zu publizieren?


    Meine Meinung: Interessante Sache, allerdings nur für gestandene NobelpreisträgerInnen und Idealisten! :breitgrins:



    Es grüßt


    Sir Thomas


  • Ich frage mich, welches Werk der Frau Jelinek sich überhaupt zu lesen lohnte?!


    Und es wäre wohl auch kein großer Verlust, wenn sie das Schreiben ließe.


    Hallo, Madeleine,


    das klingt nach aufrichtiger Abneigung! :breitgrins: Worauf begründet sich diese? Ich habe von der Dame Jelinek noch nix gelesen und kann daher kein Urteil abgeben. Bin aber umso gespanntet auf Deines.


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • So, ich habe das Thema, das schon lange kein Hinweis auf einen Zeitungsartikel mehr war, mal verschoben und umbenannt, nix für Ungut.


    Jelinek ... nun ja ... es haben bedeutend schlechtere Autoren den Literaturnobelpreis erhalten. Ich mag sie, jedenfalls, was ich von ihr kenne. Sie stammt halt von Mürzzuschlag ... :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo, Sir Thomas,


    Zitat von "Sir Thomas"


    Hat jemand ihn gelesen? Lohnt es sich?


    ich habe mir gestern das erste Kapitel heruntergeladen und ein gutes Viertel davon auf meinem PDA gelesen. Es ließ sich für mich sehr flüssig herunterlesen, erinnert mich vom Duktus her an ihrem Roman "Gier", es ist die typische unaufhaltsam dahinströmende Jelinek-Prosa, die dem Leser keine Ruhepunkte gönnt, wodurch eine eigentümliche Sogwirkung entsteht, die freilich nicht jeder Leser goutieren mag. ;-) Auch Beispiele für die Jelinek-typische "Kalauerisierung der Sprache" findet man in diesem ersten Kapitel, z. B. »[...] jedem das Seine, manchem die Seine, o Gott, o Celan, verzeiht mir noch einmal!«


    Den Beitrag von Madeleine fand ich auch sehr typisch. An Jelineks Werken scheiden sich die Geister, und wer mit ihren Romanen (Theaterstücke gibts freilich auch von ihr, sogar einen Gedichtband) nichts anfangen kann, der findet sie aber dann auch gleich ganz extrem schrecklich und völlig unerträglich. ;-)


    Ich finde Elfriede Jelineks grimmigen Humor sehr erfrischend, sie hat natürlich eine ziemlich negative Weltsicht, sie konzentriert sich auf die zerstörerischen Aspekte des menschlichen Zusammenlebens. Sie hat sich selbst mal ironisch als die "Liebesmüllabfuhr" bezeichnet, die den Gefühlsdreck wegräumt -- ihre Prosa hat durchaus eine reinigende und hirndurchlüftende Wirkung, wie ich finde. :-) Der eigentliche Hauptheld in ihrer Dichtung ist die Sprache, hier kommt es dann eben darauf an, ob man sich als Leser für solche "Spracharbeit" interessiert oder nicht.


    Zitat von "Sir Thomas"


    Zusatzfrage: Was haltet Ihr grundsätzlich von dem "Geschäftsmodell", einen Roman ausschließlich im Netz zu publizieren?


    Bei Jelinek ist es ja kein Geschäftsmodell, sondern sie hat offenbar wirklich kein Interesse mehr daran, ein Buch zu veröffentlichen. Aber schreiben muß sie wohl, das drängt alles aus ihr heraus, das erinnert mich an ein Gedicht von Jakob van Hoddis wo es heißt: »Ich habe zuviel Bosheit heruntergeschluckt / Die liegt jetzt im Magen und fault«. Das ist ungesund, deshalb lieber in Literatur umgewandelt und heraus damit, dann schadets niemandem mehr. :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf