Beiträge von montaigne

    Die Szene Jesus und die Ehebrecherin (L’Adultera) aus dem Johannesevangelium (Kap. 8, Vers 1-11) wurde von vielen Künstlern gemalt. Auch Tintoretto hat mehrere Versionen der Szene geschaffen. z.B.
    http://galleriabarberini.benic…oretto-cristo-e-ladultera


    Eine andere Version aus der Gemäldegalerie Dresden soll Fontane in einem Vorentwurf seines Romans „L’Adultera“ als titelgebend verwendet haben. Zunächst wurde also keine Kopie aus Venedig, sondern eine aus Dresden erwartet.


    Im veröffentlichten Roman greift Fontane dann auf eine Ausführung aus Venedig zurück:


    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20090906192806


    [i]einer der jungen Kontoristen erschien in der Tür, um seinem Chef, unter gleichzeitiger Verbeugung gegen Melanie, einen Frachtbrief einzuhändigen, auf dem in großen Buchstaben und in italienischer Sprache vermerkt war: »Zu eigenen Händen des Empfängers.«
    Van der Straaten las und war sofort wie elektrisiert. »Ah, von Salviati!... Das ist hübsch, das ist schön... Gleich die Kiste heraufschaffen! ... Und du bleibst, Melanie... Hat er doch Wort gehalten... Freut mich, freut mich wirklich. Und dich wird es auch freuen. Etwas Venezianisches, Lanni... Du warst so gern in Venedig.«
    ..................
    »Nun, Lanni, wie findest du's?... Ich will dir übrigens zu Hilfe kommen... Ein Tintoretto.«
    »Kopie?«
    »Freilich«, stotterte van der Straaten etwas verlegen. »Originale werden nicht hergegeben. Und würden auch meine Mittel übersteigen. Dennoch dächt' ich...«
    Melanie hatte mittlerweile die Hauptfiguren des Bildes mit ihrem Lorgnon gemustert und sagte jetzt: »Ah, l'Adultera!... Jetzt erkenn' ich's.


    Das Originalgemälde hängt noch heute in der Gallerie dell'Accademia in Venedig:


    http://www.gallerieaccademia.org/


    Fontane konnte allerdings nicht wissen, was die italienische Kunsthistorikerin Paola Rossi herausfand, nämlich dass das Gemälde nicht von Tintoretto sondern von Johannes Rottenhammer stammt:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Rottenhammer


    Nun ja, die Qualität des Bildes leidet unter dieser Erkenntnis nicht.

    Die Scuola Grande di San Rocco, im Stadtteil Sestiere San Polo in der Nähe der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari, ist die besterhaltene der sechs großen Scuole Venedigs. Hier hat Tintoretto 20 Jahre lang an einem Gemäldezyklus mit über 50 Werken gearbeitet. Dieser Gemäldezyklus, Tintorettos Hauptwerk kann dort auch heute noch täglich besichtigt werden und zeigt Tintorettos einzigartigen Stil der durch seine manieristisch verzerrten Formen und seine expressive Farbigkeit geprägt ist:


    http://www.scuolagrandesanrocco.it/

    Der venezianische Maler Jacopo Robusti (1518 – 1594) wurde nach dem Beruf seines Vaters, eines Seidenfärbers, Tintoretto (Färberlein) genannt. Er arbeitete kurze Zeit in der Werkstatt von Tizian, ab 1539 ist er als selbständiger Meister in Venedig tätig. 1565 wird Tintoretto Mitglied der nach dem heiligen Rochus von Montpellier benannten Scuola Grande di San Rocco, 1566 Mitglied der Florentiner Akademie.


    In seiner Werkstatt hatte er den Spruch „Il disegno di Michelangelo ed il colorito di Tiziano“ (Die Zeichnung von Michelangelo und die Farbe von Tizian) aufgehängt, noch wichtiger als Zeichnung und Farbe ist bei Tintoretto aber die Lichtführung. Sie bestimmt den Bildaufbau und teilt die Fläche in verschiedene Segmente. Es ist kein statisches Licht, das wie ein Strahl einfällt, sondern ein dynamisches Licht aus einer nicht zu bestimmenden Quelle.


    Heute gilt Tintoretto als der Hauptmeister des venezianischen Manierismus.


    Wenn ich darf, mische ich auch noch mit.


    Hallo Katrin,


    im Eingangsposting zu diesem Thread hatte ich ja geschrieben:



    Weitere Mitleser und/oder Mitdiskutierer dürfen sich uns gerne anschließen


    und also darfst du.




    Dass im ersten Kapitel eine Person als erstes eingeführt wird in die Geschichte fand ich auch sehr eigenartig. Aber auf diese Weise habe ich schnell einen Zugang zu van der Straaten gefunden.


    Ohne jetzt extra nachgesehen zu haben, bin ich der Meinung, dass Fontane in späteren Romanen solche Personeneinführungen nicht mehr macht, da werden die Leute nur noch durch das was sie sagen charakterisiert. Hier in einem seiner frühen Romane geht Fontane noch auf Nummer Sicher. Klaus hat weiter oben schon darauf hingewiesen wie geschickt Fontane uns Lesern die einzelnen Personen vorstellt. Im 1. Kapitel wird das Ehepaar Van der Straaten beschreibend vorgestellt, im 2. und 3. Kapitel erfahren wir wie sie mit einander umgehen. Im 4. Kapitel wird ein erweiterter Personenkreis vorgestellt und im 5. Kapitel erleben wir wie sich das Ehepaar verhält wenn Dritte (der erweiterte Personenkreis) dabei sind. Im 6. Kapitel unterhalten sich Dritte u.a. über das Ehepaar und wir erfahren, welche Meinung diese von den Van der Straatens haben. Ich bin sicher, der ein oder andere Leser wird hier an dieser Stelle sein Personenbild noch einmal korrigiert haben.

    Giuseppe Tomasi, Herzog von Palma und Fürst von Lampedusa, wurde am 23. Dezember 1896 in Palermo auf Sizilien geboren. 1925 lernte er auf einer Bildungsreise in London die baltische Baronesse Alexandra Wolff-Stomersse kennen und 1932 heirateten die beiden in Riga. Da sich das Zusammenleben mit der Schwiegermutter in Palermo schwierig gestaltete kehrte Alexandra nach Lettland zurück. Nach dem Tod der Mutter 1942 lebt das Ehepaar zusammen in Palermo. 1952 begleitet Tomasi einen Vetter, der einen Lyrikband herausgegeben hatte, zu einem Schriftstellerkongress. Als Tomasi dort gefragt wurde, ob er auch Dichter sei, antwortete er: „Nein, Fürst“.
    Nun ja, groß war sein Fürstentum nicht. Die Insel Lampedusa zwischen Sizilien und Tunesien im Mittelmeer gelegen ist 9 km lang und 3 km breit. Einem seiner Vorfahren war 1667 von Karl II von Spanien der Titel eines Fürsten von Lampedusa verliehen worden. Heute hört man von der Insel meist im Zusammenhang mit afrikanischen Bootsflüchtlingen.
    Nach diesem Schriftstellerkongress fing Tomasi an seinen Roman „Il Gattopardo“ zu schreiben, der bei neueren deutschen Übersetzungen auch nicht mehr „Der Leopard“ heißt, sondern den italienischen Titel richtigerweise beibehält.
    Giuseppe Tomasi starb am 23. Juli 1957 in Rom an Lungenkrebs.
    Visconti hat „Il Gattopardo“ mit Burt Lancaster, Claudia Cardinale und Alain Delon verfilmt und 1963 dafür in Cannes die Goldene Palme erhalten.


    Jochen Trebesch, geboren 1944, Doktor der Rechtswissenschaft und ehemaliger Diplomat hat jetzt eine beachtenswerte Biografie von Giuseppe Tomasi vorgelegt. Als erster Biograf hat er nicht nur im sizilianischen Hinterland recherchiert, sondern auch in Lettland und er hat den kompletten Briefwechsel zwischen dem Fürsten und der baltischen Baronesse ausgewertet:


    „Giuseppe Tomasi di Lampedusa: Leben und Werk des letzten Gattopardo“


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    Hallo zusammen,



    Bei Kapitel 7 bin ich noch nicht angekommen, aber hier meine Anfangseindrücke:


    Kommerzienrat van der Straaten, die „Berliner Schnauze“, wenig weltmännisch, ab und an vielleicht etwas plump, er ist wie er ist, verbiegt sich nicht, preußisch pünktlich.


    Melanie, liebevoll Lanni genannt, erscheint mir tatsächlich wie eine Prinzessin, wie „ihr Morgenschuh kokettisch an ihrem linken Fuß hin und her klappt“, sie sich nach der Unterhaltung über das Bild „l´ Adultera“ auf die Hauptsache konzentriert, nämlich die Ausfahrt zur Besorgung einer neuen Robe und ein Selbstporträt in ganzer Figur im eigenen Zimmer aufzuhängen hat für mich etwas von Selbstbewunderung.


    Hallo Eni, du hast die Charaktere sehr schön zusammen gefasst und ich finde der Kommerzienrat kommt dabei gar nicht so schlecht weg, sicher kein perfekter Mann, aber wer ist das schon, aber einer der seinen Mann zu stehen weiß und der seiner Frau alles bietet, was die sich wünscht.



    Deuten die verschiedenartigen Zimmer (Melanie: hell, Seide, Vogelbauer; Ezechiel: dunkle Paneele, Stemmeisen im Schreibtisch) auf ganz verschiedene Charaktere? Ich bin gespannt, was sich im Fortgang dazu sagen lässt.


    Ja, sehr gut erkannt, ich denke so ist das, obwohl mir das selbst gar nicht aufgefallen war.



    Nun zum Bild, denn ich möchte doch gern nach der „Unschuld in der Schuld“ suchen. Ist es das bei wikipedia zum Buchartikel abgebildete Gemälde (welches ja gar nicht von Tintoretto sein soll, was Fontane aber nicht wissen konnte)? Aber was hat es dann mit diesem Bild auf sich: http://galleriabarberini.benic…oretto-cristo-e-ladultera ?


    Es gibt mehrere Gemälde von Tintoretto mit dem Thema „Jesus und die Ehebrecherin“, zumindest drei sind mir bekannt, das von dir verlinkte, eins das in Dresden hängt und das bei Wikipedia abgebildete, das man in Venedig sehen kann und auf das letzte spielt Fontane an.



    Hier ein Link zu einem Artikel aus der "Zeit" zum Berliner Antisemitismusstreit (1879 bis 1881).


    Hallo Erika, danke für den Link, werde ich mir heute abend noch genauer durchlesen, Theodor Mommsen war ja immerhin der erste deutsche Literaturnobelpreisträger, der zweite Literaturnobelpreisträger überhaupt.

    Hallo zusammen,



    Fontane läßt ja Kapitel oft mit besonderen Sätzen enden. Hier auch: der letzte Satz des ersten Kapitels lautet:


    "Aber während die Augen der Mutter immer lachten, waren die der Tochter ernst und schwermüthig, als sähen sie in die Zukunft."


    Das 7. Kapitel endet wieder mit einem Satz über Lydia, so heißt die Tochter, wie wir inzwischen erfahren haben:


    [i]Alle lachten. Aber Lydia ging in das Haus zurück, und in ihrem großen Auge stand eine Träne.

    Hast Du dafür Belege? Das Thema des Jüdischen in diesem Roman ist natürlich pikant und ich bin gespannt wie Fontane damit umgeht.


    Nein, Belege habe ich nicht. Deshalb habe ich meinen Eingangssatz zu diesem Thema „Warum ist Fontane hier von der realen Story abgewichen?“ mit einem Fragezeichen versehen und dann nur meine Vermutung geäußert. Aber eine bessere Erklärung fällt mir dazu nicht ein.

    Hallo Erika,


    ich lese die gleiche Ausgabe wie du und die hat tatsächlich nur ein Nachwort, Anmerkungen habe ich bisher allerdings noch nicht vermisst.


    Die Namen der Töchter wurden bisher noch nicht genannt, kann ja noch kommen, wenn es erforderlich ist. Und ja du hast Recht: „Die Augen .... der Tochter waren ernst und schwermütig, als sähen sie in die Zukunft.“


    Was ist ein Subskriptionsball? Subscription bedeutet im englischen soviel wie Abonnement, ich nehme deshalb an, dass es sich um einen Abonnementball handelt. So wie man heute noch ein Theaterabonnement haben kann, hatte man im wilhelminischen Berlin ein Ballabonnement. Vielleicht weiß aber Klaus mit seinen Anmerkungen dazu mehr?


    Dass der Kommerzienrat bisher negativ geschildert wird, habe ich so nicht wahrgenommen, aber so unterschiedlich liest man das Geschriebene. Interessant wenn man sich darüber austauscht.


    Das von Ezechiel am Ende des 3. Kapitels erwähnte Gemälde „Die Mohrenwäsche“ stammt übrigens aus dem Jahr 1841 und wurde von Carl Begas d. Ä. gemalt:


    http://www.kreismuseum-heinsbe…re/die-mohrenwaesche.html

    Hallo zusammen,


    nachdem ich inzwischen 3. Kapitel gelesen habe, will ich mal mit ein paar Notizen den Anfang machen. Im ersten Kapitel wird der Kommerzienrat Ezechiel van der Straaten vorgestellt. Ich musste erst einmal nachsehen was ein Kommerzienrat ist:


    Kommerzienrat war ein Ehrentitel der im Deutschen Reich an Persönlichkeiten der Wirtschaft nach erheblichen „Stiftungen für das Gemeinwohl“ verliehen wurde. 1919 wurde der Titel abgeschafft: Nichtakademische Titel dürfen in Deutschland nur noch verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen. In Österreich wird dagegen der Kommerzialrat noch immer verliehen.


    Ezechiel so erfahren wir hasste es sich zu genieren und sich zu ändern und er hatte eine Vorliebe für drastische Sprichwörter und „geflügelte Worte“ und liebte es lyrische Zitate einzustreuen wie z.B. „O rühret, rühret nicht daran“ aus einem Liebesgedicht von Emanuel Geibel:


    http://www.poesie-liebesgedich…l/ruehret-nicht-daran.htm


    Der 42-jährige van der Straaten hatte die 17-jährige Schweizer Adlige Melanie de Caparoux geheiratet, deren Vater kurz zuvor gestorben war und nur Schulden hinterließ. Inzwischen sind 10 Jahre vergangen, das Ehepaar hat zwei Töchter und Melanie, die Ezechiels ganzer Stolz ist lebt wie eine Prinzessin im Märchen.


    Im 2. Kapitel wird die Kopie eines Gemäldes angeliefert, dass das Ehepaar bei einer Venedigreise gesehen hatte:


    Ich will dir übrigens zu Hilfe kommen... Ein Tintoretto.«
    »Kopie?«
    »Freilich«, stotterte van der Straaten etwas verlegen. »Originale werden nicht hergegeben. Und würden auch meine Mittel übersteigen. Dennoch dächt' ich...«
    Melanie hatte mittlerweile die Hauptfiguren des Bildes mit ihrem Lorgnon gemustert und sagte jetzt: »Ah, l'Adultera!... Jetzt erkenn' ich's. Aber daß du gerade das wählen mußtest! Es ist eigentlich ein gefährliches Bild, fast so gefährlich wie der Spruch... Wie heißt er doch?«
    »›Wer unter euch ohne Sünde ist...‹«


    Das Gemälde illustriert eine Stelle aus dem Johannesevangelium, nämlich Kapitel 8, Vers 1 – 11:

    http://www.die-bibel.de/online…/bibelstelle/jh%208,1-11/


    Sehr interessant ist das folgende Gespräch zwischen den Eheleuten: Melanie sieht was Ermutigendes darin, Ezechiel eine ständige Erinnerung, dass sein Glück nicht beständig sein kann.


    Im 3. Kapitel informiert Ezechiel seine Frau, dass ein Logiergast ins Haus steht: Ein Volontär, ältester Sohn eines befreundeten Frankfurter Hauses: Ebenezer Rubehn:


    »Ebenezer Rubehn«, wiederholte Melanie langsam und jede Silbe betonend. »Ich bekenne dir offen, daß mir etwas Christlich-Germanisches lieber gewesen wäre. Viel lieber. Als ob wir an deinem Ezechiel nicht schon gerade genug hätten! Und nun Ebenezer. Ebenezer Rubehn!


    An dieser Stelle ist mir erst klar geworden, dass nicht nur der neue Logiergast, sondern auch der Kommerzienrat jüdischer Abstammung ist. Es wird zwar nicht direkt ausgesprochen und beide sind auch getauft, aber nomen est omen


    Der Roman „L’Adultera“ basiert ja auf einer Skandalgeschichte im Berlin der wilhelminischen Ära: Louis-Fréderic Jacques Ravenè war von seiner Frau wegen eines jüngeren Mannes einem Assessor Simon verlassen worden. Der Liebhaber war ein Jude, der Ehemann allerdings nicht. Warum ist Fontane hier von der realen Story abgewichen? Wahrscheinlich wollte er nicht, dass in seinem Roman ein Jude einem Nichtjuden die Frau wegnimmt. Ein paar Jahre später hätte er diese Änderung wohl nicht mehr vorgenommen, sein Verhältnis zum Judentum hatte sich drastisch verschlechtert.

    Durch das Poppy Field von 2007 und dessen Verbindung zu Afghanistan war Sanja Iveković für die diesjährige documenta, die u.a. die Verwischung der Grenze zwischen Natur und Kunst zum Ziel hat prädestiniert. Aber Sanja Iveković, immer für eine Überraschung gut, hat sich für ihr zweigeteiltes Werk „The Disobedient“ von zwei historischen Dokumenten anregen lassen:


    In den Archiven der Gedenkstätte für das „Arbeitserziehungslager“ (KZ) im ehemaligen Kloster Breitenau bei Kassel, wo Tausende Zwangsarbeiter vor allem aus Osteuropa zwischen 1940 und 1945 gefangen gehalten wurden, fand sie eine bürokratische Aufstellung, die den Grund für die Inhaftierung nennt, meistens „arbeitsscheu“. Für „The Disobedient (Reasons for Imprisonment)“ ließ Sanja Iveković diese Gründe auf Poster drucken und im öffentlichen Raum in ganz Kassel aufhängen um an den Einsatz von Zwangsarbeitern im 3. Reich zu erinnern und eine Brücke zu schlagen zum heutigen neoliberalen Kapitalismus, der neue Formen der Ausbeutung gefunden hat.


    Ein Pressefoto, das 1933 in der „Hessischen Volkswacht“ erschien inspirierte Sanja Iveković zum zweiten Teil ihrer Arbeit: „The Disobedient (The Revolutionaries)“:
    Das Bild fasziniert: Ein Esel, gefangen hinter Stacheldraht, von einer Menschenmenge begafft, wird von einem Nazioffizier verhöhnt, scheint sich aber zu weigern sich zu unterwerfen. Dieses symbolische „KZ für widerspenstige Staatsbürger“ war auf dem Kasseler Opernplatz als Warnung errichtet, nicht bei Juden zu kaufen.
    http://www.mydocumenta.de/docu…derspenstige-2350510.html


    Neben dieses Bild hat Sanja Iveković in einem Raum in der Neuen Galerie in Vitrinen 50 Plüschesel gestellt
    http://bturn.com/wp-content/up…06/Documenta-2-crop-2.jpg


    und jeden Esel (das symbolische Beast of Burden) mit dem Namen eines Widerstandskämpfers oder einem Opfer politischer Gewalt versehen z.B.


    Jan Palach
    http://www.radio.cz/de/rubrik/…-des-studenten-jan-palach


    Anna Politkowskaja
    http://www.faz.net/aktuell/pol…oss-ins-herz-1387177.html


    Primo Levi
    http://www.wollheim-memorial.d…_uomo_von_primo_levi_1958


    [kaufen='3423115610'][/kaufen]

    Im Vergleich zu 2002 nahm die documenta-Arbeit von Sanja Iveković auf der documenta 2007 einen sehr viel größeren Platz ein und war das von den Medien am meisten beachtete Kunstwerk. Kaum ein Bericht über die documenta 12, der auf ein Bild des Mohnfeldes mit seiner trügerischen Schönheit, das den Friedrichsplatz in ein rotes Blütenmeer, einen „roten Platz“ verwandelt hatte, verzichtete.
    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20070815090719


    Für ihr „Mohnfeld“ säte Sanja Iveković 90% Klatschmohn und 10% Blaumohn auf dem Platz vor dem Fridericianum aus und spielte so symbolisch auf verschiedene auch politische und revolutionäre Ikonographien an:


    Bei den Griechen war der Mohn Persephone geweiht, aber auch der Gott des Schlafes Hyphnos wird oft mit Mohnblumen in der Hand dargestellt. Der Klatschmohn gilt also als Zeichen für Fruchtbarkeit, Schlaf, Vergessen und Tod kann aber auch als Symbol für Vergänglichkeit gedeutet werden, heute noch blüht er wunderschön rot und morgen schon hat er alle Blätter verloren. Im angelsächsischen Raum ist der rote Mohn ein Symbol für das Gedenken an gefallene Soldaten, in den kommunistischen Ländern stellte er den Geist von Widerstand und Revolution dar. Der Blaumohn dagegen macht auf die Drogenproduktion vor allem in Afghanistan aufmerksam
    Wie in anderen öffentlichen Kunstwerken hatte Sanja Iveković für das „Mohnfeld“ mit feministischen Aktivistinnen zusammengearbeitet. Solange der Mohn blühte ließ die Künstlerin bei schönem Wetter zweimal täglich (um 12 und 17 Uhr) aus Lautsprechern revolutionäre Gesänge und Befreiungslieder ertönen. Zunächst vier Lieder vom Chor der Zagreber Frauengruppe Le Zbor in kroatischer Sprache gesungen und dann fünf weitere Lieder in den beiden in Afghanistan gesprochenen Sprachen Dari und Pashto von Studentinnen der revolutionären Vereinigung der Frauen Afghanistans. Durch die Besetzung des öffentlichen Raumes betonte Sanja Iveković die menschenrechtliche Komponente ihres Werkes. Mit ihren Kooperationspartnerinnen übte sie Kritik an der Verletzung der Rechte der Frauen und an den „demokratischen Gesellschaften“ in denen sie leben.

    Wenn ich gefragt werde welche Künstler mir spontan einfallen, die 2002 auf der documenta vertreten waren, so gehört neben der Iranerin Shirin Neshat mit ihrem Film „Tuba“ die kroatische Künstlerin Sanja Iveković zu den ersten an die ich mich erinnere.


    Zwar war ihr Werk ein auf einem kleinen TV-Gerät im Fridericianum gezeigtes Video von ca. 3,5 Minuten mit dem Titel „Personal Cuts“ in den Ausmaßen recht bescheiden, noch dazu nicht neu, sondern von 1982, also noch vor dem Zerfall Jugoslawiens entstanden, aber ich kann mich auch heute 10 Jahre später noch genau an das gezeigte erinnern:


    „Personal Cuts“ zeigt zunächst den Kopf der Künstlerin, der mit einer schwarzen Strumpfmaske bedeckt ist. Mit einer Schere schneidet sie ein Loch in die Maske. Dann ein kurzer Ausschnitt aus der staatlichen Fernsehserie „Die Geschichte Jugoslawiens“ – wieder ein Schnitt in die Maske – eine Sequenz aus der jugoslawischen Fernsehreihe – ein Schnitt usw. Am Ende blickt Sanja Iveković von der Maske befreit in die Kamera.
    http://www.moma.org/interactiv…jaivekovic/#personal-cuts


    Neben diesem Video hatte Sanja Iveković im zweiten Stock des Fridericianum ein Archiv zur Aufarbeitung persönlicher Schicksale eingerichtet. Aufhänger dazu war, wenn ich mich recht erinnere, die Suche nach der KZ-Nummer ihrer eigenen Mutter, die in Auschwitz war, aber überlebte. Ein Raum der immer gut besucht war.

    Die 1949 in Zagreb geborene Sanja Iveković studierte zunächst an der Akademie der bildenden Künste in ihrer Geburtsstadt bevor sie vom 68er Geist geprägt als feministische Künstlerin mit Fotomontagen, Videoinstallationen und Performances bekannt wurde. Inzwischen hat sie sich auch anderen politischen Themen zugewandt.
    Nach 1987 (documenta 8), 2002 (documenta 11) und 2007 (documenta 12) nimmt Sanja Iveković dieses Jahr zum 4. Mal an einer documenta, der dOCUMENTA (13) teil.


    2011 hatte sie am Museum of Modern Art in New York eine Einzelausstellung „Sweet Violence“, bei der u.a. ihre Arbeiten als Pionier der Videokunst gezeigt wurden:
    http://www.moma.org/visit/calendar/exhibitions/1148


    Sanja Iveković lebt in Zagreb.
    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20120602195955


    eben habe ich in der Buchhandlung angerufen und das Buch bestellt.


    Hallo Erika,


    “in der Buchhandlung bestellt” – sehr sympathisch!



    Ich lese die Taschenausgabe des Aufbau Verlages und freue mich schon sehr, wenn es bald losgeht.


    Na, da lesen zumindest wir beide die gleiche Ausgabe, aber wie gesagt, bei Fontane ist die Ausgabe kein Problem und auch bei der letzten Fontane-Leserunde hat das mit unterschiedlichen Ausgaben sehr gut geklappt. Noch eine Woche und ein Tag – ich stehe auch schon in den Startlöchern.


    Gruß
    montaigne

    Der Mohn
    [von Ludwig Uhland (1787-1847)]


    Wie dort, gewiegt von Westen,
    Des Mohnes Blüte glänzt!
    Die Blume, die am besten
    Des Traumgotts Schläfe kränzt;
    Bald purpurhell, als spiele
    Der Abendröte Schein,
    Bald weiß und bleich, als fiele
    Des Mondes Schimmer ein.


    Zur Warnung hört ich sagen,
    Daß, der im Mohne schlief,
    Hinunter ward getragen
    In Träume schwer und tief;
    Dem Wachen selbst geblieben
    Sei irren Wahnes Spur,
    Die Nahen und die Lieben
    Halt' er für Schemen nur.


    In meiner Tage Morgen,
    Da lag auch ich einmal,
    Von Blumen ganz verborgen,
    In einem schönen Tal.
    Sie dufteten so milde!
    Da ward, ich fühlt es kaum,
    Das Leben mir zum Bilde,
    Das Wirkliche zum Traum.


    Seitdem ist mir beständig,
    Als wär es nur so recht,
    Mein Bild der Welt lebendig,
    Mein Traum nur wahr und echt;
    Die Schatten, die ich sehe,
    Sie sind wie Sterne klar.
    O Mohn der Dichtung! wehe
    Ums Haupt mir immerdar!


    nachdem ich vor langer, langer Zeit hier einmal aktiv war, ..... möchte ich jetzt wieder einmal ein Buch in Gesellschaft lesen. :zwinker:


    Hallo Erika,


    ich habe gerade mal in der Mitgliederliste nachgesehen, du gehörst ja quasi zu der Gründergeneration des Klassikerforums – und dann sechs Jahre Abstinenz! Schön, dass du wieder da bist. :blume: :blume:



    Am 20. Juli bin ich noch in Urlaub und habe keinen Internetzugang, werde mir aber schon jetzt das Buch besorgen. Nach welcher Ausgabe lest Ihr hier?


    Vermutlich werden wir verschiedene Ausgaben lesen. Klaus wahrscheinlich die Große Brandenburger Ausgabe aus dem Aufbau-Verlag?, Eni möglicherweise die Fischer Klassik Taschenbuchausgabe? und ich hmm das Aufbau Taschenbuch?. Es ist also egal welche Ausgabe du liest, da Fontane ja immer in sehr kurze Kapitel unterteilt, kann man auch ohne Seitenangabe schnell die Stellen finden über die gerade gepostet wird.


    LG


    montaigne