Beiträge von montaigne

    Der 1931 geborene österreichische Pianist Alfred Brendel ist einer der profiliertesten Pianisten unserer Zeit. Vor allem seine Interpretationen der Klavierwerke von Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert setzten Maßstäbe. Er ist der erste Pianist, der Beethovens Klavierwerke komplett aufgenommen hat.


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    Nach einer Weltkarriere zog sich Brendel vor vier Jahren aus dem Konzertleben zurück und gibt jetzt Meisterkurse und hält Vorträge. Alfred Brendel ist Ehrendoktor der Universitäten von London, Oxford u.a. Brendel lebt in England. Der Film Pianomania in dem Brendel 2009 einen Auftritt hatte wurde in den Katalog des Goethe-Instituts aufgenommen.


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    Daneben ist Brendel auch Essayist. Sein neuestes Buch „A bis Z eines Pianisten“ ist soeben im Carl Hanser Verlag erschienen


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    Im vorliegenden Fall wäre allenfalls für den Leser interessant, was Fontane zu einer aktiven oder passiven Umetikettierung veranlasst haben könnte.


    Darüber lässt sich mangels gesicherter Quellenlage allerdings nur spekulieren. Zunächst ist gar nicht sicher ob die Bezeichnung Novelle bei der Erstauflage von Fontane war, möglicherweise hat das der Verleger so benannt, der hatte sogar gegen den Willen von Fontane den Titel eigenmächtig vorgegeben. Sicher ist m.M. nach, dass Fontane bei der Zweitauflage im Verlag seines Sohnes die Umbenennung in Roman veranlasst hat. Viele Gründe kann es dafür geben: z.B. Fontane wollte als Romancier und nicht als Novellist in die Literaturgeschichte eingehen? Meine eigene Vermutung habe ich weiter oben schon formuliert. Welche der beiden Theorien wäre für dich eher wahrscheinlich? Oder hast du eine eigene dritte Theorie?


    Gruß
    montaigne


    ich möchte nicht den Genauigkeits-Fanatiker spielen, aber langsam fällt mir auf, dass hier und in allen Anmerkungen und Kommentaren, die ich gelesen habe, hier im Forum, in Büchern oder im Internet, immer von Roman die Rede ist, aber im Deckblatt meiner Ausgabe steht: Novelle, und so war das auch beim Erstdruck in der Zeitschrift "Nord und Süd" und bei der ersten Buchausgabe im Verlag Schottlaender.


    Hallo Klaus,


    deine Buchausgabe hält sich vermutlich an die Erstausgabe von „L’Adultera“, aber schon bei der zweiten Buchausgabe hat, meines Wissens, Fontane oder war es sein Sohn als Verleger, das Werk als Roman bezeichnet. Deshalb werden z.B. die folgenden z. Zt. verfügbaren Ausgaben alle als Roman bezeichnet:


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    Seltsamerweise wird nirgendwo dieser Widerspruch thematisiert. Dabei sprechen für Novelle mMn zwei weitere Argumente (laut http://de.wikipedia.org/wiki/Novelle):
    1. Die geschlossene Handlung rund um ein singuläres Ereignis (Ehebruch).


    Dann wäre z.B. Effi Briest auch eine Novelle.




    2. Das Vorhandensein eines sog. "Falken" (http://de.wikipedia.org/wiki/Dingsymbol), der in diesem Fall durch das Tintoretto-Bild und seine Widergabe auf dem Medaillon vertreten wird.


    Wenn der für eine Novelle erforderliche „Falke“ ein Dingsymbol ist, ja dann könnte man an das Tintoretto-Bild denken, allerdings wäre dann Boccaccios Falkennovelle an der Paul Heyse seine Theorie festmacht, keine Novelle mehr, da ein Falke inzwischen kein Ding mehr ist sondern ein anerkanntes Lebewesen. Auch die meisten anderen Novellen aus dem Decamerone wären keine Novellen, weil es ihnen am „Dingsymbol“ mangelt.


    Ich habe noch gelernt, dass der „Falke“ für eine unerhörte Begebenheit steht, das wäre dann in „L’Adultera“ der Ehebruch und meine Theorie ist, dass Fontane aus diesem Grund sein Werk nicht als Novelle sehen wollte, der Ehebruch sollte keine unerhörte Begebenheit mehr sein..


    Gegen die Novelle spricht höchstens die Länge: es wäre ein kleiner Roman, aber auch eine lange Novelle.


    Die Unterscheidung nach der Länge gibt es vor allem im angelsächsischen Raum, wo man zwischen „novella“ (= Novelle) und „novel“ (= Roman) unterscheidet. Das hat dort aber nur mit der Länge des Werkes zu tun (je nach Verlag heißt es ab 40.000 Wörtern novel) und nichts mit der Definition von Goethe (Konzentration auf ein Ereignis) oder Heyse (Falke).


    Auch MRR hat mal in diese Richtung definiert und gesagt bis 100 Seiten Novelle ab 100 Seiten Roman, aber ich glaube das hat er selbst nicht ernst genommen.



    Übrigens hast du da ein ganz heißes Eisen angepackt. Hier im Forum gab es schon mal eine Novellendiskussion. Guckst du hier:


    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,830.0.html



    Ich, aber nur für mich, definiere inzwischen so: Einzelne Novellen, Erzählungen, short stories erscheinen nicht als eigenes Buch, sondern als Sammlung ev. mit Rahmenhandlung z.B. das Decamerone. Erscheint ein einzelner Prosatext als eigenes Buch dann ist es ein Roman, es sei den, der Autor bezeichnet es anders, denn der Autor, nicht der Literaturwissenschaftler hat in einem solchen Falle Recht und der Autor kann die Bezeichnung auch ändern, wenn er eine bessere Bezeichnung gefunden hat: es gilt dann die letzte Bezeichnung.


    Frage: Ist es für den Leser wichtig in welche Schublade ein Werk gesteckt wird?

    Hallo zusammen,



    "Und dann sagte sie, was es sei." (Abschluss des 13. Kapitels)


    Meisterhaft unspektakulär, wie Fontane hier eine für die damalige Gesellschaft ungeheuere
    Nachricht übermittelt


    Ja, das ist auch eine meiner Lieblingsstellen des ganzen Romans, na ja es gibt viele, aber diese ist in ihrer Verkürzung einfach grandios.


    Im übrigen bin ich jetzt auch mit dem Roman zu Ende. Einerseits wäre jetzt ein Fazit fällig, andererseits habt ihr, glaube ich, schon alles Wichtige gesagt und so bleibt mir nur mich bei allen MitleserInnen zu bedanken. Es hat mir großen Spaß gemacht, diesen Roman mit euch zusammen zu lesen und ich bin sehr gespannt auf die heute in einer Woche beginnende Leserunde zum Fontaneroman „Stine“.


    Viele Grüße und bis in einer Woche


    montaigne

    Hallo zusammen



    abschließend möchte ich sagen, dass mir L'Adultera sehr gut gefallen hat und ich das versöhnliche Ende nur gutheißen kann.


    Ja, und das versöhnliche Ende ist eigentlich von Anfang an als solches angelegt:


    [i]Melanie hatte mittlerweile die Hauptfiguren des Bildes mit ihrem Lorgnon gemustert und sagte jetzt: »Ah, l'Adultera!... Jetzt erkenn' ich's. Aber daß du gerade das wählen mußtest! Es ist eigentlich ein gefährliches Bild, fast so gefährlich wie der Spruch... Wie heißt er doch?«
    »›Wer unter euch ohne Sünde ist...‹«


    antwortet Ezel, und aus diesem Jesuswort kommt er natürlich nicht mehr raus. Ich bin immer wieder überrascht und erstaunt wie kunstvoll Fontane seine Romane anlegt und ausführt und man merkt’s eigentlich erst am Schluss oder bei einem zweiten Lesen.




    Wunderbar finde ich all die Berliner Ortsbeschreibungen: Nicolaikirche, Spittelmarkt, Stralau. Es wirkt alles sehr authentisch.


    Ich hab’ jetzt ein interessantes Buch entdeckt über Fontanes Berlin:


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    und will es mir bei meinem nächsten Besuch in einer Buchhandlung näher ansehen. Wenn’s was taugt, werde ich noch darüber berichten.


    Eni: Bist du bei unserer Stine-Leserunde dabei oder schon in Urlaub (Beginn ist der 10. August 2012)?

    Hallo zusammen



    die Kinder bekamen ja zu Weihnachten ein Puppenhaus. Ich fragte mich gleich nach der Symbolik, es steht wohl, wie Du sagst, für Melanies Unfreiheit.


    Wenn ich „Puppenhaus“ höre, fällt mir immer Ibsens Drama „Nora oder Ein Puppenheim“ ein und in der Tat gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Nora und Melanie. So wollen beide ihre Kinder nicht mehr sehen, als sie das Haus verlassen:


    [i]Nora (setzt den Hut auf.):
    Du weißt ganz gut, daß das nicht von langer Dauer wäre –.(Hüllt sich in den Schal ein.) Leb' wohl, Torvald; die Kleinen will ich nicht sehen. Ich weiß, sie sind in besseren Händen als bei mir. So wie ich jetzt bin, kann ich ihnen nichts sein.
    Helmer:
    Doch später einmal, Nora, – später?
    Nora:
    Wie kann ich das wissen? Ich weiß ja gar nicht, was aus mir wird.
    Helmer:
    Aber Du bist mein Weib, jetzt und in Zukunft.




    Wieder ein Roman voller Bezüge, Anspielungen und Symbolik, den man beim ersten Lesen gar nicht voll erfassen kann.


    Ja, ich hab’ mich jetzt beim ersten Lesen nur mal auf die Bezüge zur Malerei konzentriert, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit; beim nächsten Lesen wird es dann mehr die Musik (vor allem Wagner, aber auch die ganzen Lieder die gesungen werden, da ist ja nichts ohne Bedeutung) und die Literatur (Goethes Wahlverwandschaften, Schiller wird mehrmals zitiert, Hamlet habe ich erkannt und vor allem die vielen erwähnten Märchen) sein.


    Gruß


    montaigne

    Hallo Katrin, hallo Erika,


    es freut mich, dass ihr auch bei der nächsten Fontane Leserunde mit dabei seid. Dass „Effi Briest“ ein Meisterwerk ist, das wusste ich ja schon lange, aber inzwischen bin ich überzeugt, dass jeder Fontaneroman eine Bereicherung ist. Es liegen also noch ein paar interessante Leserunden vor uns.


    Erika: Ich bin ja auch noch nicht mit „L’Adultera“ durch, aber bis zu „Stine“ bleiben ja auch noch 11 Tage.


    Gruß


    montaigne

    Hallo Katrin,


    vielen Dank für deine abschließenden Gedanken zu „L’Adultera“. Da dir Fontane gefällt, möchte ich daran erinnern, dass am 10. August bereits die nächste gemeinsame Fontane-Leserunde beginnt. Diesmal wird der Roman „Stine“ gelesen. Wieder ein Berlinroman, diesmal aber ohne Ehebruch, aber natürlich wieder mit einer Liebesgeschichte!


    http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,4601.0.html


    Gruß


    montaigne

    Hallo zusammen,


    gegen Ende des 11. Kapitels also kurz bevor Ezel im 12. Kapitel seine Frau an Ruben verliert, schüttelt Fontane, als Melanie das Nachmittagsprogramm erläutert, noch schnell die passende Wagneroper aus dem Ärmel:


    [i] Und du sollst sogar das Programm wissen.«
    »Da wär' ich neugierig.«
    »Erst singen wir.«
    »Tristan?«


    In der Wagneroper „Tristan und Isolde“ nimmt ja auch der junge Tristan dem alten König Marke die Isolde weg.


    Dann geht das Programm mit Obstgarten und Palmenhaus weiter: Möglicherweise eine Anspielung auf Apfel und Paradies als Mittel und Ort der Verführung.


    Dann der Sündenfall:



    ... aber diese weiche, schlaffe Luft machte sie selber weich und schlaff, und die Rüstung ihres Geistes lockerte sich und löste sich und fiel.


    Ein Satz, den man auf der Zunge zergehen lassen kann!


    Als dann Anastasia das Zitat aus Goethes „Wahlverwandschaften“ bringt:


    [i]Anastasia nahm unter Lachen den Arm der Freundin und sagte nur: »Und du wunderst dich über Kopfweh! Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen.«


    habe ich mich gefragt, ob sie da schon wusste was gerade passiert ist.


    Ganz sicher nicht gewusst, wie doppeldeutig seine Rede ist, hat Ezel beim letzten Satz des 12. Kapitels:


    [i]...das glaub' ich sagen zu dürfen: von diesem Tag an datiert sich eine neue Ära des Hauses van der Straaten.«


    Im 13. Kapitel:


    Das Kapitelende ist mal wieder ein Hammer:


    Er wollte klingeln und nach dem Arzte schicken. Aber sie bat ihn, es zu lassen. Es sei nichts, oder doch nichts Ernstes, oder doch nichts, wobei der Arzt ihr helfen könne.
    Und dann sagte sie, was es sei.


    zeigt sich Fontane als Meister des Weglassens. Ich darf gar nicht daran denken, was andere Autoren hier ausgeführt hätten.



    Das 16. Kapitel:



    die Abschiedsszene kommt recht still daher.


    Mir hat diese Abschiedsszene sehr gut gefallen, da fällt kein lautes Wort, es gibt keinen Streit, Ezel will seine Frau auf jeden Fall behalten trotzdem wird nicht gedroht oder auf ein Recht gepocht aber Melanie will ihre Freiheit, sie will raus aus dem Puppenheim und sie läßt sich wie Ibsens Nora nicht aufhalten.




    Wäre eine ehrliche Zukunft für van der Straatens überhaupt möglich?


    Na ja, es wäre sicher schwer geworden, wenn das Vertrauen einmal verloren ist?, aber Ezel scheint seine Melanie ja wirklich von ganzem Herzen zu lieben und in der Liebe ist alles möglich.


    Gruß
    montaigne


    Interessant auch was die Anmerkungen zu Murillo sagen: Er "gilt als Meister des Madonnentypus der Unbefleckten Empfängnis ('Immaculata Conceptio'),


    Hallo Klaus,
    hallo zusammen,


    im Murillo-Thread hab' ich jetzt ein Gemälde Murillos aus dem Prado verlinkt, dass diesen erwähnten Madonnntyp auf der Mondsichel stehend, mit dunkelblauem Gewand und von Engelsköpfen umgeben darstellt:


    http://www.klassikerforum.de/i…37.msg51082.html#msg51082


    Gruß


    montaigne

    Im 5. Kapitel seines Romans L’Adultera” läßt Fontane Kommerzienrat van der Straaten über Murillos Madonnenbilder referieren:


    [i]Ich mache mir nicht viel aus Spanien, aber um zweierlei beneid' ich es: um seine Zwiebeln und um seinen Murillo.«
    »Überrascht mich«, sagte Gabler. »Und am meisten überrascht mich die dir entschlüpfte Murillo-, will also sagen Madonnenbewundrung.«
    »Nicht entschlüpft, Arnold, nicht entschlüpft. Ich unterscheide nämlich, wie du wissen solltest, kalte und warme Madonnen. Die kalten sind mir allerdings verhaßt, aber die warmen hab' ich desto lieber. A la bonne heure, die berauschen mich, und ich fühl' es in allen Fingerspitzen, als ob es elfer Rheinwein wäre. Und zu diesen glühenden und sprühenden zähl' ich all diese spanischen Immaculatas und Concepciones, wo die Mutter Gottes auf einer Mondsichel steht, und um ihr dunkles Gewand her leuchten goldene Wolken und Engelsköpfe.


    Das folgende Gemälde aus dem Madrider Prado zeigt, dass der Kommerzienrat Murillos Madonnen sehr gut beschreibt:


    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20100608122554

    Der andalusische Barockmaler Bartolomé Esteban Perez Murillo (01.01.1618 – 03.04.1682) wurde zunächst durch Stiche nach Raffael, Rubens und Caravaggio beeinflusst. Um 1650 änderte sich sein Stil durch den Einfluss von Velázquez, den er in Madrid traf und das Studium der Gemälde von Tizian, Rubens und van Dyck in den königlichen Gemäldesammlungen. 1660 gründete er die Akademie der schönen Künste in Sevilla und wurde ihr Präsident. Sein Werk teilt sich in Religiöse Kunst (vor allem Marienbilder) und Genremalerei (vor allem Szenen aus dem Milieu seiner Geburtsstadt Sevilla mit Straßen- und Bettelkindern). Neben Velázquez gilt er als volkstümlicher Maler in Spaniens Siglo de Oro. Während man wahrscheinlich in Spanien kein bedeutendes Kunstmuseum findet, in dem er nicht vertreten ist, ist er in Deutschland wenig bekannt und auch in nur wenigen Museen zu finden.


    Eine Ausnahme bilden da die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden:


    http://en.wikipedia.org/wiki/F…ban_Perez_Murillo_019.jpg


    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20050520070958


    und die Alte Pinakothek in München:


    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20100608113921


    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20050520071029


    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20050520070900


    Ja, danke Erika, du hast die Kapitel 10 und 11 sehr schön zusammengefasst. Es ist ja tatsächlich so, Kinder merken viel schneller, wenn ein Unheil in der Luft liegt und Ezel, da ihm seine Frau über zehn Jahre keinen Grund zur Eifersucht gab, merkt als Betroffener wie immer als Letzter was los ist.



    Hier bin ich komplett anderer Meinung. Ich finde van der Straaten ist ein eingebildeter, unsympathischer Kotzbrocken wie er im Buche steht. Fakt ist, ich kann ihn schlicht und einfach nicht leiden.


    Das ist dein gutes Recht, Katrin, und das macht ja eine solche Leserunde erst interessant: weil man merkt, dass andere ev. etwas komplett anders beurteilen und man kann sein Urteil nochmals überprüfen



    Das relativiert sich allerdings später, bei der Szene als Melanie ihre Sachen packt und er sie davon abhalten will, es aber nicht schafft. Da tat er mir dann wirklich leid


    Da sind wir wieder einer Meinung. An dieser Stelle hat mir Ezel auch nur noch leid getan.

    Als der damalige 28-jährige Nigerianer Chinua Achebe vom Stamme der Igbo 1958 seinen ersten Roman „Things Fall Apart“ veröffentlichte, begründete er damit die moderne afrikanische Literatur. 2002 erhielt Achebe den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2007 den Man Booker International Prize. Pech für Achebe, dass der einzige Schwarzafrikaner der bisher den Literaturnobelpreis erhielt, Wole Soyinka, auch aus Nigeria kommt. Chinua Achebe lehrt als Professor an nigerianischen, englischen und amerikanischen Universitäten.


    „Things Fall Apart“ wurde bereits 1959 ins Deutsche übersetzt, ein zweites Mal 1983, beide Male unter dem Titel „Okonkwo oder Das Alte stürzt“. Jetzt hat die 57-jährige Hamburger Redakteurin und Übersetzerin Uda Strätling eine neue Übersetzung vorgelegt mit dem Titel „Alles zerfällt“. In seinem Roman um den Helden Okonkwo schildert Achebe Sitten und Gebräuche seines Stammes, der Igbo; er integrierte Sprichwörter und Weisheiten dieser dörflichen Kultur und auch das Englische hat er in der Grammatik dem Igbo angepasst. Uda Strätling hat dafür ein passendes Deutsch gefunden, das den poetischen Charakter der Originalprosa vermittelt.


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    Ungebildet kam mir van der Straaten bisher überhaupt nicht vor. Ganz im Gegenteil.


    Hallo Eni,


    natürlich hast du das richtig erkannt, der Kommerzienrat ist ein gebildeter Mann, aber von seinen Mitmenschen wird er total unterschätzt. So heißt es z.B. schon auf der ersten Seite „in der Gesellschaft galt er nur bedingungsweise, weil er versäumt hatte sich einen Weltschliff anzueignen“ und in Kapitel 6 sagt der Polizeirat Reiff über ihn: „Es fehlt ihm aber doch wirklich an Bildung und Erziehung.“. Aber wenn man Ezel reden hört dann merkt man, dass er Weltschliff hat und Bildung.


    Gruß
    montaigne


    Ich habe nun ebenfalls die ersten neun Kapitel hinter mir und van der Straaten ist mir mittlerweile ein Dorn im Auge. Daher kann ich auch sehr gut verstehen dass seine Frau sich abwendet und sich für ihn schämt. Offenbar merkt er gar nicht, dass er sich lächerlich macht und seine Frau durch seine lockeren Reden in Verlegenheit bringt.
    Vor allem fand ich es unerhört, dass er sich dermaßen aufgeregt hat als Melanie ihn wegen der italienischen Sprechweise korrigierte. Wäre es umgekehrt, wären solche "Kleinigkeiten" sicher nicht mehr nichtig. Aber so würdigt er seine Frau hinab und meint auch noch, dass die Italiener alle selber schuld seien wenn keiner die Sprache kann wenn sie die Endungen immer auf a oder e enden lassen, ohne erkennbaren Grund.


    Hallo Katrin,


    in meinen Augen macht sich der Kommerzienrat nicht lächerlich, wenn sich jemand lächerlich macht dann Melanie. Sie kommt aus der Schweiz, zwar aus der französischen, aber als Schweizer Adlige hat sie sicher auch Italienisch gelernt. Und er ist ein wachechter Berliner und für einen Berliner ist es nicht wichtig ob der Name einer italienischen Kirche mit a oder mit e endet. Da Melanie ihrem Mann aber sonst nirgends das Wasser reichen kann, versucht sie bei solchen Gelegenheiten ihn zu demütigen – das ist einfach kindisch und ich kann gut verstehen, dass der Kommerzienrat da mal aus der Haut fährt.



    Und ja, ich habe meine Meinung über van der Straaten komplett geändert. Gefiel er mir in der Einführung noch sehr gut, so musste ich meine Meinung über ihn schnell nach unten revidieren.


    Eigentlich hatte ich das umgekehrt gemeint, nämlich, dass die Leser, die bisher noch nicht gemerkt haben, was für ein positiver Mann der Kommerzienrat ist, spätestens nach der Verteidigung durch Duquede im 6. Kapitel ihre Meinung über ihn nach oben korrigieren.


    Gruß
    montaigne

    Als kleiner Nachtrag noch:


    Die Veronesische „Hochzeit zu Cana“ die in Kopie im „Speisesaal“ bei Van der Straatens hing, wie wir am Ende des 4. Kapitels erfahren:


    http://de.wikipedia.org/wiki/D…nese_Hochzeit_zu_Kana.jpg





    Laut meinen Anmerkungen ist "Casta diva" italienisch und bedeutet "keusche Göttin". Gemeint sei die Mondgöttin Luna und es seien auch die Anfangsworte von Normas Kavatine aus Bellinis Oper "Norma".


    Vielen Dank, Klaus, für die Anmerkung
    und als besonderer Leckerbissen:



    das Gebet der Norma (Casta diva) aus Bellinis Oper „NORMA“ jeweils gesungen von:


    Maria Callas



    Joan Sutherland



    und Anna Netrebko



    und hier findet man die deutsche Übersetzung:
    http://theodor-frey.de/belcanto.htm


    Den Begriff kennt wohl keiner, wenn er nicht Wikipedia oder einen Anmerkungsapparat zur Hand hat. Es sei denn, man kann Altgriechisch. Kann das einer von Euch? Ich nicht, weiß nur dass die Vorsilbe "Kalli-" wohl "schön" heißt ("Kalligraphie").


    Oder wenn man sich ernsthaft für Kunst interessiert. In der Venusikonografie gibt es verschiedene feststehende Begriffe wie z.B. "die schaumgeborene Venus" die immer wieder dargestellt werden. Vor ein paar Jahren war in Köln mal eine große Ausstellung über die verschiedenen Typen. Zeither geht mir die Venus kallipygos nicht mehr aus dem Sinn :breitgrins: obwohl ich kein Altgriechisch kann.


    Schließlich versteigt sich Van der Straaten zu Vergleichen mit gewissen Venus-Statuen ("Venus Kallipygos" = Venus mit schönem Hinterteil, deshalb wohl auch der Pfirsichvergleich :zwinker:). Hier gebietet ihm seine Gattin Einhalt und der Ehefrieden ist für eine Weile gestört.


    Hallo Klaus,


    ja, als Van der Straaten im 9. Kapitel die Wirtin in Löbbekes Kaffeehaus als Venus Spreavensis bezeichnet, als Venus von der Spree und sie mit der Venus Kallipygos, der Venus mit dem schönen Hinterteil vergleicht ist das seiner Frau peinlich, ich frage mich ob es ihr auch so peinlich gewesen wäre, wenn es Rubehn gefallen hätte, der aber nimmt gerne die Gastfreundschaft von Ezel in Anspruch und empört sich dann über seinen Gastgeber: eine Frechheit!


    Für mich zeigt diese Stelle, dass der Kommerzienrat so ungebildet gar nicht war, möchte mal wissen, wer heute in vergleichbaren Finanzkreisen mit dem Begriff Venus Kallipygos etwas anfangen kann, heute würde die Wirtin wohl als JLo von der Spree bezeichnet werden.



    http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20090304132809


    Gruß
    montaigne


    Plötzlich ist der „engere Zirkel“ kein Freundeskreis mehr, sondern vielmehr der Zweck die Verbindung zum millionenschweren Kommerzienrat zu pflegen. Der Legionatsrat Duquede macht dies ja im Fall Major Gryczinskis sehr deutlich. Und er selbst? Er wird von der Verbindung auch keinen Schaden nehmen.


    Hallo Eni,


    sicher wird auch der Legionatsrat Duquede aus der Verbindung seinen Vorteil ziehen und seien es nur die Einladungen zum Diner, aber dafür zeigt er sich seinem Gastgeber gegenüber auch loyal und verteidigt ihn, während der Rest der Gesellschaft gerne die Vorteile nimmt, aber sich sehr unloyal verhält. Nun ja, am starken Charakter des Kommerzienrates prallt das alles ab.



    Schuld kann ich im Blick der Ehebrecherin auf Tintorettos Gemälde auch nicht entdecken, dafür bohrende Erwartungshaltung in den Augen der Umstehenden.


    Ja, stimmt. Übrigens habe ich im Tintoretto-Thread das Gemälde nochmals erwähnt.


    http://www.klassikerforum.de/i…35.msg51049.html#msg51049



    Warum gerade Wagner? Ich weiß es nicht, vielleicht war es einfach zeitgemäß.


    Sicher war Wagner grad’ in Mode, aber ich denke, das ist nicht der einzige Grund, Wagneropern werden ja durch den ganzen Roman hindurch erwähnt, z.B. die Anspielung auf Tannhäuser im 5. Kapitel und bei dem Tischgespräch geht es ja wie bei Tannhäuser u.a. um den Gegensatz von Venus und Maria.


    Vielen Dank für deinen Auszug aus der Fontane Biografie. Sehr interessant!


    Gruß
    montaigne