ich möchte nicht den Genauigkeits-Fanatiker spielen, aber langsam fällt mir auf, dass hier und in allen Anmerkungen und Kommentaren, die ich gelesen habe, hier im Forum, in Büchern oder im Internet, immer von Roman die Rede ist, aber im Deckblatt meiner Ausgabe steht: Novelle, und so war das auch beim Erstdruck in der Zeitschrift "Nord und Süd" und bei der ersten Buchausgabe im Verlag Schottlaender.
Hallo Klaus,
deine Buchausgabe hält sich vermutlich an die Erstausgabe von „L’Adultera“, aber schon bei der zweiten Buchausgabe hat, meines Wissens, Fontane oder war es sein Sohn als Verleger, das Werk als Roman bezeichnet. Deshalb werden z.B. die folgenden z. Zt. verfügbaren Ausgaben alle als Roman bezeichnet:
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Seltsamerweise wird nirgendwo dieser Widerspruch thematisiert. Dabei sprechen für Novelle mMn zwei weitere Argumente (laut http://de.wikipedia.org/wiki/Novelle
1. Die geschlossene Handlung rund um ein singuläres Ereignis (Ehebruch).
Dann wäre z.B. Effi Briest auch eine Novelle.
2. Das Vorhandensein eines sog. "Falken" (http://de.wikipedia.org/wiki/Dingsymbol), der in diesem Fall durch das Tintoretto-Bild und seine Widergabe auf dem Medaillon vertreten wird.
Wenn der für eine Novelle erforderliche „Falke“ ein Dingsymbol ist, ja dann könnte man an das Tintoretto-Bild denken, allerdings wäre dann Boccaccios Falkennovelle an der Paul Heyse seine Theorie festmacht, keine Novelle mehr, da ein Falke inzwischen kein Ding mehr ist sondern ein anerkanntes Lebewesen. Auch die meisten anderen Novellen aus dem Decamerone wären keine Novellen, weil es ihnen am „Dingsymbol“ mangelt.
Ich habe noch gelernt, dass der „Falke“ für eine unerhörte Begebenheit steht, das wäre dann in „L’Adultera“ der Ehebruch und meine Theorie ist, dass Fontane aus diesem Grund sein Werk nicht als Novelle sehen wollte, der Ehebruch sollte keine unerhörte Begebenheit mehr sein..
Gegen die Novelle spricht höchstens die Länge: es wäre ein kleiner Roman, aber auch eine lange Novelle.
Die Unterscheidung nach der Länge gibt es vor allem im angelsächsischen Raum, wo man zwischen „novella“ (= Novelle) und „novel“ (= Roman) unterscheidet. Das hat dort aber nur mit der Länge des Werkes zu tun (je nach Verlag heißt es ab 40.000 Wörtern novel) und nichts mit der Definition von Goethe (Konzentration auf ein Ereignis) oder Heyse (Falke).
Auch MRR hat mal in diese Richtung definiert und gesagt bis 100 Seiten Novelle ab 100 Seiten Roman, aber ich glaube das hat er selbst nicht ernst genommen.
Übrigens hast du da ein ganz heißes Eisen angepackt. Hier im Forum gab es schon mal eine Novellendiskussion. Guckst du hier:
http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,830.0.html
Ich, aber nur für mich, definiere inzwischen so: Einzelne Novellen, Erzählungen, short stories erscheinen nicht als eigenes Buch, sondern als Sammlung ev. mit Rahmenhandlung z.B. das Decamerone. Erscheint ein einzelner Prosatext als eigenes Buch dann ist es ein Roman, es sei den, der Autor bezeichnet es anders, denn der Autor, nicht der Literaturwissenschaftler hat in einem solchen Falle Recht und der Autor kann die Bezeichnung auch ändern, wenn er eine bessere Bezeichnung gefunden hat: es gilt dann die letzte Bezeichnung.
Frage: Ist es für den Leser wichtig in welche Schublade ein Werk gesteckt wird?