Beiträge von b.a.t.

    Ich hab jetzt ein bisschen nachgelesen über die ukrainische Sprache.

    Die Sprachwissenschaft war sich lange nicht sicher, ob ukrainisch überhaupt eine eigene Sprache sei, oder nur ein Dialekt.

    Unter den Zaren wurde ukrainisch als Schriftsprache verboten, weil sie Angst vor separatistischen Strömungen hatten. Im Westen des Landes (Galizien und Bukowina) - geöhrte zur k.u.k. Monarchie wurde die Sprache aber gepflegt und auch publiziert. In Österreich sagte man nicht ukrainisch sondern ruthenisch dazu. Viele Dichter aber wählten zum Publizieren und Schreiben die russische Sprache, wie Gogol oder auch Bulgakow. Die urbane gebildete Kiewer Gesellschaft war eher pro-russisch. Ukrainisch galt als verpönt, als Bauern- und Dorfsprache, kulturlos.


    Russisch, belarussisch und ukrainisch haben aber sehr große Ähnlichkeiten und gemeinsame Wurzeln im Ostslawischen.


    Ich habe mir auch die russische Version auf mein E-Book geladen. Dort schreibt Bulgakow zwar auch immer von der Stadt (город) aber nicht in Majuskeln. Eventuell war das nur in der Luchterhand Version so?


    klaus wird in deiner Ausgabe die STADT (aka Kiew) auch in Großbuchstaben geschrieben?

    Im Klassikerforum besteht die Regel, dass wir nicht spoilern dürfen, nicht. Im Gegenteil: Wie wollen wir über ein Buch diskutieren, wenn wir nicht über seinen Inhalt diskutieren dürfen?

    Das ist mir schon bewusst, aber es heißt auch "dürfen" und nicht "müssen". Inhaltlich, also über die Geschehnisse im Buch können wir in einer Leserunde doch auch im Nachhinein schreiben, wenn vielleicht der Großteil schon so weit ist ;)

    Soeben habe ich den ersten Teil beendet (S.139). Die Situation entwirrt sich und es ist klar verständlich wer wofür steht, bis zum Start von Teil 2. zumindest :)


    Inhaltlich will ich gar nicht so viel schreiben, möchte auch nicht spoilern. Mir gefällt Bulgakows Stil sehr gut. Der Biss und die Ironie erinnern mich an Gogol. Für mich ist es ja die Bulgakow-Premiere.


    Alexej träumt irgendwann, und in diesem Traum gibt es einen Dialog zwischen einem ehemaligen Soldatenkollegen und Gott. Ich musste laut lachen. Die Bolschewiken bekommen auch einen Platz im Himmel, weil es Gott egal ist, ob jemand an ihn glaubt oder nicht. Beides tut ihm nicht weh. Nur die Popen, bei uns würde man sagen die Pfaffen, bereiten ihm Sorgen.


    Auch Marx und Engels bekommen eine kleine ironische Hommage. S. 88 "Über die Straßen ging ein Gespenst, ..."


    Falls euch der Begriff Papacha unterkommt, das ist eine Pelz,- oder Filzhut, wie sie die Kosaken getragen haben. Habe es gegoogelt, weil es mehrfach vorkam.


    Die letzten 55 Seiten unserer Ausgabe finsbury sind die Urfassung der letzten Kapitel, also hat wurde das Ende anscheinend irgendwann geändert. Das muss ich morgen recherchieren. Heute fallen die Augen schon zu.


    Vielleicht kann ich mir irgendwo eine russische Version runterladen, um bei manchen Stellen zu vergleichen. Mein russisch ist nicht so gut, dass ich ein komplexes Buch so lesen könnte, das geht nur bei einfachen Geschichten, aber mit dt. Vorlage vielleicht stellenweise ganz interessant. Auch wenn die Sprache derzeit nicht en vogue ist, vielleicht lern ich etwas dazu.


    Da fällt mir noch ein, am Anfang des Buches war ja eine Stelle, wo darauf hingewiesen wurde, dass eine künstliche ukrainische Grammatik geschrieben wurde. Zur Abgrenzung vom Russischen. Somit ist die ukrainische Sprache eine Kunstsprache. Sicher auch noch eine Recherche wert. Dasselbe ist ja nach dem Jugoslawienkrieg am Balkan passiert. Früher gabs serbo-kroatisch, heute serbisch, kroatisch und bosnisch, da werden auch künstlich Unterschiede hergestellt.

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    Bulgakow M. (1992): Die weiße Garde. Sammlung Luchterhand: München 9. Auflage


    Übersetzt von Larissa Robiné


    Das ist keine kommentierte Ausgabe, also surfe ich nebenher herum, finde es aber sehr spannend und aktuell.

    Ich bin froh, dass du diesen Roman vorgeschlagen hast. Ich bin auch erst auf Seite 65, aber ich mag die Atmosphäre vom Buch.

    Ich bin schon ein Stückchen weiter, ich glaube schon, dass sie zunächst zu den Konservativen und Zargetreuen zählen.

    Sie haben dann ein Gelage, singen die verbotene Zarenhymne. Den Schwager an sich mögen sie nicht, auch den Hetman nicht, aber ist noch das geringste Übel für sie, aber die Seiten werden zu der Zeit damals schnell gewechselt Wenn es Bulgakow selber als Vorbild hat, dann auf jeden Fall.


    Die Beschreibung des Hauseigentümers, der seine Wertsachen versteckt, einmauert finde ich sehr witzig. Er duldet die Turbins als Mieter, weil er glaubt, dass wenn es Ernst wird, wenn es zu Kampfhandlungen kommt sie ihn und seine Frau beschützen können, weil sie ja Offiziere sind.

    Während des Gelages glaubt Nikolka nicht daran, dass die Zarenfamilie getötet wurde. Er glaubt das seien fake news und dass der Zar über Singapur zu seinem Cousin nach Berlin gezogen ist. Als sie ihm sagen, dass dieser auch vertrieben wurde, meint er dann sind sie gemeinsam in Dänemark.

    Ja wirklich etwas kompliziert, aber dennoch sehr interessant, wie du schon beschrieben hast bis heute noch immer aktuell. Wenn die eigene Geschichte nicht aufgearbeitet wird, werden Konflikte immer weitergetragen. Es gab nie eine Aufarbeitung des Sowjetsystems, und auch nicht des Systems davor.


    Ich habe etwas gegoogelt und mein Buch über die Russische Geschichte hervorgekramt :)


    Petljura war der Anführer der Ukrainischen Sozialdemokraten und Regierungschef des Ukrainischen Staates, der aber nur von den Mittelmächten anerkannt wurde.


    Die Hetmans (aus dem mitteldt. = Hauptmann) waren ursprgl. Anführer der Kosaken, die auch in der heutigen Ukraine angesiedelt waren.

    Das Hetmanat war ursrpgl. das Herrschaftsgebiet der Kosaken.

    Den Begriff Hetman gab es auch im Zusammenhang mit den polnischen Königen, spielt aber hier glaub ich keine größere Rolle. General Skoropadskyi hat sich zum Hetmann ernannt, wurde von den Deutschen unterstützt und hat quasi monarchisch regiert.


    Sowohl die Petljura als auch die Hetmans haben im Zuge ihrer Eroberungen grausame Pogrome in den jüdischen Dörfern durchgeführt. Einen interessanten Artikel habe ich über Petljura und seine Verehrung in Le Monde diplomatique gefunden. Unten der link.


    Die Weißen waren Adelige und Begünstigte des Zarentums, die aus Russland vor den Bolschewiken geflüchtet sind untertützen auch die Hetmans, soviel ich rauslesen konnte aus dem Roman.


    Die Bolschewiken muss man glaube ich nicht näher erklären.


    https://de.wikipedia.org/wiki/…_unter_Hetman_Skoropadski

    https://monde-diplomatique.de/artikel/!5646906



    Talberg ist eindeutig ein Hetman.

    Myschlajewski und die Turbins sind ebenso Hetmans und fürchten die Erstürmung der Stadt durch die Petljura.

    Alexej Turbin, der Arzt ist wohl Bulgakow sehr ähnlich.


    Die Bolschewiken sind noch nicht so weit vorgedrungen, die kämpfen noch in Russland.

    Die ersten beiden Kapitel habe ich gelesen und mir einen groben Überblick über die politischen Wirren der damaligen Zeit gemacht.

    Da gibt es:

    die Hetmanen

    die Petljuras

    die Weißen

    die Bolschewiken

    die Deutschen Besatzer


    Ziemlich viele Parteien, die unterschiedliche Ziele verfolgen. Und wie es scheint ist noch keine von ihnen richtig strukturiert.

    Die Familie Turbin versammelt Menschen unterschiedlicher Strömungen im Haus.

    Nachdem ich mit N.Scott Momadays - House made of Dawn fertig bin, möchte ich etwas aktuelles lesen, bevor wir Mitte April mit dem Bulgakow beginnen.

    House made of dawn, war das erste Buch eines Native American, der den Pullitzer Preis gewann. Es geht um einen jungen Mann, der in einem Reservat aufwächst, dann für die USA in den 2. Weltkrieg ziehen muss und zurückkommt und nicht mehr in seine Welt passt.


    Neues Buch:


    Yasmina Reza: Serge


    [kaufen='9783446272927'][/kaufen]

    Das könnte man auch umgekehrt sehen, dass die Wehen eingesetzt haben, weil ihr Mann weg musste, Sie ist ja ein verwöhntes Töchterchen und wurde ja abgeschottet von der Welt außerhalb ihrer Sphäre. Sie hat sich panikattacken-artig hineingesteigert und war immer sehr pessimistisch.


    Dass sie einfältig wirkt ist auch ihrer geringen Bildung und dieser Entkoppelung von der realen Welt geschuldet.


    Bei der Reise zu den Schlachtfeldern war sie schon sehr naiv und vor allem hat sie ja dort auch immer nur ihre eigenen Interessen gesehen. Sie war nicht wirklich empathisch. Geschockt ja, aber auch nicht in der Lage mit Kleinigkeiten zu helfen, wie jemand einen Schluck Wasser zu geben oder nur die Hand halten. Da ging sie mir auch auf die Nerven. Ich denke um Dinge wirklich zu ändern, reichen große Ideen nicht aus, sie sind zwar wichtig, aber diese sollten dann wenn auch nur im Kleinen umgesetzt werden.


    Bin schon gespannt wie du Marthas Kinder mögen oder nicht mögen wirst. Wann auch immer du Zeit dafür hast.

    Bei mir ist es ja nun schon drei andere Bücher her, dass ich das Buch gelesen habe. Mir haben sich auch die Kreisler Passagen mehr eingeprägt, als das Leben des Murr.


    Ich konnte aber nicht widerstehen und hab mir von Christa Wolf - Neue Lebensansichten eines Katers/ Juninachmittag bestellt.

    Das kleine Reclam Heftchen gabs leider nur noch antiquarisch, bin auch gespannt, wie sie den Murr rezipiert.


    Irgendwann im Laufe des Jahres möchte ich es lesen. Brauche noch etwas Abstand zu den Katzenartigen:)

    N.Scott Momaday; House Made of Dawn


    [kaufen='9780063138964'][/kaufen]


    Ich mach mal einen kompletten Szenenwechsel und begebe mich auf die Spuren eines der wichtigsten Native American authors.

    Marthas Kinder sind nun auch gelesen.


    Das Buch ist noch reifer und aktueller als "Die Waffen nieder". Ich möchte gar nicht so viel vom Inhalt erzählen.

    Es ist die Fortsetzung vom 1. Band, aber auch der Vorgänger vom Radetzkymarsch von Joseph Roth. Die Morbidität des Systems kündigt sich an, der große Krieg liegt schon schwer in der Luft.


    Rudolf verschreibt sich der Friedensbewegung, verzichtet auf sein Gut und die daraus ererbten Vorteile.

    Er ist natürlich blauäugig und sehr theoriebehaftet. Wachgerüttelt wird er, als er einer Feier der "Deutsch-nationalen Partei" beiwohnt. Offener gewaltbereitet Antisemitismus gepaart mit sehr niedrigem Bildungsniveau erschüttern ihn zutiefst. Leider sind diese Mittel auch heute noch aktuell und werden von den Rechtsparteien schamlos angewandt. Die Christlich-Sozialen (Vorgänger der ÖVP) und Klerus und Adel stützen die Antisemiten sogar, weil sie Verbündete brauchen, um sich gegen die Sozis und Liberalen zu erwehren. Ein Pakt mit dem Teufel quasi, das fällt natürlich immer auf einen zurück.


    Die "edle" Gesellschaft ist völlig abgehoben und versnobt. Beim Lesen war ich immer wieder froh, dass bei uns der Adel abgeschafft wurde, auch wenn es sicherlich immer noch gewisse Seilschaften gibt.


    Einer seiner wichtigsten Punkte bei seinen Vorträgen ist das sinnlose Wettrüsten der damaligen Mächte. Wenn viel in die Rüstung investiert wird, und wenn viele Waffen da sind, werden sie auch irgendwann verwendet.


    Dass die Bücher Bertha von Suttners ganz oben auf der Liste der Bücherverbrennungen der Nazis waren verwundert nicht.


    Sylvia, Marthas Tochter ist unglücklich verheiratet, wird öffentlich betrogen und verliebt sich in einen Jugendfreund.

    Als sie beginnt mit der Mutter über Scheidung zu sprechen, wird Martha bewusst, dass sie sich zwar immer sehr um die Friedensbewegung bemüht hatte, aber niemals an Frauenrechte dachte. Sie hat vieles hingenommen wie es war. Sylvia rüttelt sie da auf. Es sind einige Aspekte der Gleichberechtigungsdebatte vorhanden, wird aber nicht weiter ausführlich thematisiert. Sowohl Sylvia als auch Martha sind eigentlich keine Aktivistinnen, sondern nervlich nicht stark belastbar. Martha ist aber immer offen für neue Ideen, sie ist sich ihrer Eingeschränktheit bewusst und versucht diese aufzuweichen.


    Für mich enthalten beide Bände tiefgründige Wahrheiten, die zeitlos sind.

    Zum Thema Sicherung - die ÖNB (Österreichische Nationalbibliothek) hat sämtliche Bestände gesichert bzw. ist noch immer dabei.

    Da kann man auch online jederzeit reinstöbern.


    https://onb.digital/


    Ich hab mal spaßhalber "Sebastian Brant" als Suchbegriff eingegeben, da kann man z.B. online eine alte Version des Narrenschiffs lesen.

    Es sind da nicht nur Bücher, sondern auch Grafiken, Bilder etc. digitalisiert.


    Dass die Verlage die Bestände sichern denk ich schon, allerdings wahrscheinlich auch nur in digitalisierter Version. Neuerscheinungen kommen meist nur dann, wenn es lukrativ ist, und für ältere Literatur ist die Leserschaft leider zahlenmäßig eine Randgruppe. Bücher erscheinen da meist nur zu den Jubeljahren.


    Ich glaube auch, dass historisch-kritische Ausgaben meist nur für wissenschaftliche Auseinandersetzung relevant sein werden, diese unerschwinglich werden, weil auch die wissenschaftliche Arbeit immer teurer wird.


    An den Unis wird ältere Literatur sicher auch heute noch unterrichtet, die Frage ist welchen Focus das für heutige Studien hat. Da sich die Studienzeit ja nicht verlängert, das literarische Feld von Jahr zu Jahr wächst müssen irgendwo Abstriche gemacht werden. Hinzu kommt, dass meiner Meinung nach mit der Einführung des Bachelor/Master Systems das Niveau generell verflacht.


    Let's hope for the best )

    Ich glaube gar nicht, dass ich so schnell lese, ich habe evt. mehr Zeit als du. Aber das Tempo ist ja egal, ich finde es dennoch spannend zu lesen, wie andere das Gelesene sehen.


    Dass Martha einen beschränkten Blick hat, finde ich auch, ist aber auch durch ihre sehr eingeschränkte Bildung zu sehen. So nach dem Motto "wer dumm gehalten wird, begehrt nicht auf". Ich glaube ja, dass genau diese eingeschränkte Sicht aufrütteln sollte. Dass andere Frauen, die das Lesen beginnen nachzudenken und Vorgekautes zu hinterfragen. Es wird ihnen quasi ein Spiegel vorgehalten.


    Der zweite Band knüpft übrigens genau am Ende des ersten Teiles an.


    Der erste Teil endet ja mit der Taufe von Marthas Enkel Friedrich. Ihr Sohn Rudolf hat sich wie sie dem Friedenskampf verschrieben. Interessant finde ich, dass "Die Waffen nieder" 1889 erschienen ist und sie den Sohn, der die Hoffnungen der Friedensbewegung weitertragen soll Rudolf heißt im Buch. Im selben Jahr hat sich ein anderer Hoffnungsträger mit demselben Namen in Mayerling umgebracht.

    Die Szenen die genau beschrieben sind, wie die Fahrt im Prater kann ich mir lebhaft vorstellen. Bin ich doch auch schon oft die Praterallee entlang gefahren. Zwar mit dem Auto und nicht in einer Kutsche, aber ich kann mir das dennoch sehr gut vorstellen wie das damals gewesen sein muss.

    Wenn mans weiter denkt, heute findet dort der Frauenlauf statt:)