Beiträge von lebenszeichen

    was ich für sehr gut halte, ist jene lesung von celan-gedichten durch christian brückner. ich halte es für sehr überzeugend, diese stimme ist einfach hervorragend.

    gedichte sind in den meisten fällen nur nicht zu verstehen, wenn man sie nicht verstehen will. gut, die mühe muss man sich nicht machen, das gebe ich zu. und blasphemie kann manchmal sogar notwendig sein, sie befreit in einigen schweren lebenssituationen, in die baudelaire ja durchaus geraten ist, sehr. es gibt momente, in denen man gott einfach nur noch hassen kann.


    mir ist gerade danach, einen ausschnitt aus paul celans gedicht "tenebrae" einzufügen, es passt so wunderbar:


    Zitat


    Bete, Herr,
    bete zu uns,
    wir sind nah.


    und dekadenz hat sicher etwas für sich, denn es ist die andere seite der menschlichen natur, die explizit dargestellt wird. wir sollten den menschen nicht als perfekt und rundherum gut annehmen, auch nicht in der literatur, das geht meistens schief. man braucht wesen, die die andere seite darstellen.

    ja, man hat ja speziell als weibliches wesen ein recht großes gesichtsfeld, das auch über den bücherrand hinausreicht. allerdings ärgert es mich immer wieder, wenn es winter wird und somit früher dunkel...

    hallo allerseits,


    vielleicht klingt meine frage etwas seltsam, aber trotzdem:


    kann euch irgendein kleiner anstoß, vielleicht ein zitat oder sonst irgendetwas dazu bringen, ein ganzes buch zu lesen, auch wenn ihr die inhaltsangabe unbeachtet lasst? etwas wirklich kleines, was euch aber so fesselt, dass das ganze buch her muss?


    als beispiel: ich habe in einem brief ein zitat geschickt bekommen, und darauf baut sich jetzt die leserunde zum gantenbein. oder zwei celan-gedichtzeilen in einem buch, und daraus entstand eine leidenschaft, ich denke, ihr wisst, was ich meine.


    mit freundlichen grüßen,


    lebenszeichen

    das mit den namen kenne ich, aber es kommt auch auf die art der namen an. wenn die sich gut unterscheiden lassen, geht es meistens. aber zum beispiel be tolstois anna karenina bin ich fast verzweifelt, das war ja wirklich alles irgendwie gleich...

    ja, bei thomas mann hört bei mir auch das verständnis auf. ich kannte jemanden, der noch nie etwas von den buddenbrooks gehört hatte und seinen realschulabschluss hatte... der werte herr ist der deutsche autor schlechthin, und nobelpreisträger dazu, und dann sowas... :grmpf:

    hach ja, du sprichst mir aus der seele... hesse schafft es irgendwie, dass man von der ersten seite an ein ungutes gefühl gegenüber dem ausgang des buches hat, und das trotzdem alles eigentlich mit einer nüchternheit beschrieben ist, die mich manchmal geradezu erschreckt. und trotzdem ist da immer ein unterschwelliges einfühlen, ein eigenes verständnis für den charakter. und gerade bei "unterm rad" ist das wohl nicht verwunderlich.

    hallo,
    mich würde mal interessieren, ob es in eurer schulzeit schriftsteller gab, die im deutschunterricht trotz größter wichtigkeit einfach unerwähnt blieben. das mag einerseits politische gründe haben, aber ich denke, ihr wisst, was ich meine. es gibt da sicher auch subjektive ansichten, was zu erwähnen wäre und was nicht, aber ich denke da eher daran, was man auf intersubjektiver ebene einfach kennen muss. um ein beispiel zu nennen: in meiner klasse wäre nie ein wort über rilke (!) gefallen, ich habe mich dann aber um einen vortrag bemüht. da fragt man sich doch...

    meine "bibliothek" ist momentan ein einziges chaos, weil ich nciht genug regale habe... meinen lesegeschmack trifft sie auch nicht ganz, da ich nun doch zum größten teil klassiker lese und mir diese immer aus der bibliothek beschaffe. aber ein buch, das man liebt, muss man wohl doch besitzen, und so habe ich mir vor kurzem das rilke-gesamtwerk angeschafft bzw. auch schenken lassen. ansonsten steht da so einiges vom dachboden meiner eltern, und spontankäufe aus antiquariaten und ermäßigten sachen aus buchhandlungen. eine bestimmte richtung gibt es wohl nicht, es sind, wie schon gesagt, spontankäufe in alle richtungen, und sehr gute sachen darunter. christa wolf für 3,50 euro, heinrich mann für 50 cent, tolstoi für einen euro. und so etwas häuft sich dann. ich verfüge auch, ja, schande über mich, über einige krimis, speziell aus der ganz unappetitlichen psychopathischen ecke, so etwas bekomme ich nun mal geschenkt...
    nun gut, aber das alles ist mit zunehmendem alter ja noch ausbaufähig, ich habe ja, wenn nichts dazwischen kommt, noch circa sechzig jahre...

    Zitat

    "Das kunstseidene Mädchen" ist ein kleiner Edelstein.


    allerdings... ein kleines comeback hatte sie aber vor kurzem: fritzi haberlandt liest "das kunstseidene mädchen" für die hörbuchreihe "starke stimmen". einfach wunderbar, für jede situation den richtigen ton, die stimme und die erzählweise passen einfach genau. da ist es schon fast ironie, dass es sich um ein "kunstseidenes" wesen im titel handelt, wenn es doch ein buch von hochkarätigem wert ist... aber genug davon.

    an dieser stelle wohnt doris bereits bei ernst alias dem "grünen moos" und spioniert in seiner wohnung herum. dabei entdeckt sie die baudelaire-bände auf dem schreibtisch und das gedicht 2lesbos" im besonderen. es wird so etwas wie "da weiß ich doch bescheid! ist doch glatt unanständig!" geschrieben... als ironie habe ichs auch aufgefasst, aber anscheinend vergessen, in meinen post dieses zwinkernde emoticon einzufügen.
    gut, ich habe mich ein bisschen umgesehen, ein bisschen in baudelaires werken herumgelesen, originalsprache, versteht sich, und kann mir denken, dass das urteil "pervers" mittlerweile überholt ist. viel gelesen habe ich nicht, denn es ist bei baudelaire wie mit anderen dichtern so, dass ich seine gedichte nicht alle auf einmal verschlingen kann, sondern die ich in appetithäppchen genießen muss. es geht mir so mit den meisten dichtern, die mir zusagen, vielleicht ist das ja ein grundstein?
    mir gefällt seine art, mit der sprache umzugehen. französisch ist sowieso eine schöne sprache, die einem von der zunge fließt, aber baudelaire gibt seinen gedichten einen noch gleichmäßigeren fluss, ich kann es nur schwer beschreiben.

    ja, es ist schon etwas anderes, über den inhalt von büchern zu sprechen, als ihn sich im kopf zu behalten. im kopf ist alles auf einmal da, man weiß das, was man sich behalten hat, und es ist auf einen schlag für sich persönlich abrufbar. anders ist es dann, wenn man diese informationfuhre für andere in eine reihenfolge und einen zusammenhang bringen muss, was man ja für sich selbst nicht braucht, weil es ja sowieso schon klar ist... ich weiß nicht, ob es da nur mir so geht.

    von baudelaire habe ich bisher nur in "das kunstseidene mädchen" von irmgard keun gelesen, und da wurde er als pervers charakterisiert... nichtsdestotrotz werde ich wohl mal ein bisschen recherchieren, damit ich hier nicht falsch geprägt bin. oder ist es doch getroffen?

    die briest habe ich vor ewigkeiten auf unserem dachboden ausgegraben und mit zehn jahren versucht, zu lesen. ich habe es damals aufgegeben, wie man sich denken kann, werde es aber bei gelegenheit wieder angehen. sonst gibt es in meißen ein wunderschönes kleines antiquariat, in dem ich für einen euro schon regelrechte schätze erstanden habe, darunter auch fontane. das waren immer nur kleinere sachen, wie "die poggenpuhls" und "cécile", aber vor kurzem habe ich auch "irrungen, wirrungen" gelesen.
    die handlungen bei fontane finde ich meistens sehr trivial, aber das hat etwas sehr wohltuendes, wenn man sieht, wieviel literatur sich heutzutage mit wahsinnigen, außergewöhnlichen erlebnissen beschäftigt. da ist es schon wichtig, auch die andere alltägliche, erieignislos im vergleich zu jener anderen literatur erscheinende dinge dargestellt zu wissen. weiterhin faszinieren mich die personenbeschreibungen bei fontane. er hat wirklich tiefgehende kenntnis von den figuren, über die er schreibt, und kann sie dem leser auch aufs beste vermitteln.
    nun gut, mein lieblingsautor ist fontane nicht gerade, gehört aber auf jeden fall zu solchen, zu denen ich immer wieder zwischendurch greife.

    oh ja, im zug kann ich auch nie lesen, aber eher, weil mich diese farben, die draußen vorbeirauschende landschaft, die geräusche, die bewegungen, nahezu wahnsinnig machen. es entsteht dann eine unruhe, die sich mit gähnender langeweile und dem bedürfnis, doch irgendetwas zu tun, damit man nicht geradezu platzt, vermischt. in solchen situationen höre ich musik und habe auch schon einiges an bahn-musik gefunden, was farblich und rhytmisch mit dem zugfahren übereinstimmt. oder aber ich schreibe. einige gute sachen sind bei mir im zug entstanden. aber zurück zu der ursprünglichen frage:
    im bett lese ich recht gern, oder eben auf meinem sitzsack. und wenn es zur stimmung des buches passt und das wetter stimmt, klettere ich auch gern einmal dazu auf einen baum.