Beiträge von lebenszeichen

    guten tag allerseits,


    um das theaterforum ein bisschen zu beleben wollte ich fragen, wer von euch auch selbst theater spielt, was für erfahrungen und eindrücke ihr davon habt, im welchem rahmen das ganze stattfand, einfach alles, was mit eigenem theaterspiel zu tun hat.
    dann mache ich gleich mal den anfang: ich bin seit vier jahren in der theatergruppe meiner schule, die äußerst professionell geleitet wird und in der wirklich schöne inszenierungen zu stande kamen. im ersten jahr also der "sommernachtstraum" von shakespeare, draußen aus der wiese, mit fackeln und allem drum und dran, und titania lag in einer badewanne, und das handwerkerstück war zum lachtränen vergießen, so schön alles! wir hatten vier pucks, gleich kostümiert, mit einer einfach unbeschreiblichen art, um oberon herumzuschwanzeln, originaltext wurde von pucks und elfen, zu denen ich gehörte, auch gesprochen, und es gab so gut wie ausschließlich positive kritik. die musik zum stück wurde an unserer schule auch selbst geschrieben, ich bräuchte ewigkeiten, um das alles in worten darzustellen... und überhaupt war es ein ganz spezielles gefühl innerhalb der gruppe, eine liebe zu einem irgendetwas, ein zusammengehörigkeitsgefühl, eine ganz spezielle atmosphäre, die einfach alle verband...
    im zweiten jahr war es jean giraudoux mit der "irren von chaillot". darin geht es um herren, die die schöne stadt paris zerstören wollen, weil unter paris erdöl gefunden wurde. die "irre von chaillot" bekommt wind davon und beratschlagt sich mit ihren drei irren freundinnen und dem kleinen, lebensfrohen volk von paris, was zu tun ist. am ende werden eben diese herren vernichtet. das stück ist auch zum lesen sehr empfehlenswert, meine zusammenfassung trifft die atmospäre irgendwie nicht. jedenfalls war die musik wiederum selbstgeschrieben, und es kochte regelrecht auf der bühne. herrlich verrückte kostüme und kulissen auch, einfach schön, und immer dieser kontrast zwischen den grauen geschäftemachern und den "bunten"...
    im dritten jahr haben wir selbst ein stück zur entstehungsgeschichte unserer schule entwickelt, aber die aufführung habe ich aufgrund einer längeren krankheit leider nicht mitmachen können.
    jetzt spielen wir "die bakchen" von euripides, in dem dionysos seinen kult in theben einführen will und vom könig daran gehindert wird, den dann selbstverständlich die gerechte strafe ereilt... es ist momentan noch am entstehen, aber es verspricht schon viel.
    außerhalb dieses rahmens inszeniere ich gerade für eine schulfeier mit sieben weiteren wesen "porträt eines planeten" von dürrenmatt, aber ich sehe schon, langsam wird dieser beitrag zu lang, vielleicht später mehr dazu...


    ich hoffe, ich bin hier nicht der einzige theatermensch, ich würde mich über austausch freuen!


    mit freundlichen grüßen,


    lebenszeichen

    das ist sicher auch wichtig, aber mir kommt es mehr darauf an, dass ich aus der lektüre nachdenklicher, klüger, skeptischer, bewusster, aufmerksamer, detailseherischer werde. ich denke schon, dass man für einen solchen eindruck nicht unbedingt jedes detail des inhalts zu kennen braucht, mir persönlich hilft es aber in bestimmten fällen, und bei zitaten sowieso. manches muss ich mir immer wieder sagen und kann dabei immer wieder neu aufmerken...

    vor schon ewigen zeiten habe ich im schauspielhaus chemnitz brechts "leben des galilei" gesehen, es war aber ein so wunderbares erlebnis, dass ich davon trotzdem schreiben möchte. es gab fast keine kulisse, nur einige rote kugeln, davon eine große, die man in mehrere teile zerlegen konnte und so sehr variabel einsetzbar war, und mehrere kleine. ansonsten nichts weiter. es mag einem einfallslos erscheinen, aber es wurde während des stückes so viel mit so wenig gemacht, dass es einen viel ansprechenderen eindruck machte als ein großartiges, aufwendiges bühnenbild. außerdem war es auch wunderbar gespielt, man wurde als zuschauer an das geschehen gefesselt, musste wirklich jedes wort verinnerlichen, ich kann es nicht beschreiben, mir fehlen die worte für diese großartige inszenierung.
    etwas weniger weit zurück liegt eine inszenierung der "szenen aus dem halben leben" von fitzgerald kusz. darin geht es um drei ehepaare in einem café, die sich kennen und die alle bestimmte "deutsche" und vielleicht auch menschliche macken, die vor allem im alter zum ausdruck kommen, haben, beispielsweise die hypochondrie. das stück war zwar nur kurz, aber mir liefen die tränen vor lachen. jede person war individuell, alle schauspieler immer ganz in der rolle, es gab wiederum nur tische und stühle, aber das machte nichts aus.
    in beiden fällen handelte es sich also um stücke, in denen sich das theater auf sich selbst reduzierte, was dürrenmatt in seinem kommentar zu "porträt eines planeten" als wünschenswert beschreibt, und in diesem punkt gehe ich konform mit ihm.

    also, die weihnachtserinnerung ist eigentlich sehr warm geschrieben, ein junge mit einer älteren frau als freundin, die immer gemeinsam weihnachtskuchen backen, alles sehr schön beschrieben. dann geht der junge auf ein internat oder zum militär, ich weiß es nicht mehr genau, weil es schon einige zeit her ist, dass ich die geschichte gelesen habe, jedenfalls stirbt seine freundin in seiner abwesenheit. wie schon gesagt, sehr warm das ganze, die beschreibung, wie sie gemeinsam kuchen backen, lockt einem ein lächeln ab.
    "miriam" ist da irgendwie ganz anders. eine einsame frau trifft vor der kinokasse ein kind, das sehr seltsam aussieht und ganz allein ist, sie kommen ins gespräch und gehen wieder auseinander. sowohl das mädchen als auch die frau heißen "miriam". irgendwann klingelt das mädchen bei der frau, sie lässt es in die wohnung, sie beginnt, forderungen zu stellen. sie möchte etwas zu essen etc. irgendwann wird es der frau zuviel, sie wiederspricht, da fängt das mädchen kaltblütig an, dinge zu zerstören. als die frau wieder allein ist, besorgt sie alles, was miriam haben wollte, obwohl sie nicht glaubt, dass sie zurückkommt, sie tut es irgendwie eher für sich. schließlich kommt miriam doch wieder, mit einem pappkarton, in dem ihre sachen sind, und will bei der frau einziehen. sie bekommt angst und geht zu ihrem nachbarn und erzählt ihm von der sache, der schaut sich in der wohnung um, niemand ist mehr da. als die frau wieder allerin ist, taucht miriam wieder auf, aus irgendeiner ecke der wohnung... sehr seltsam, das ganze. ich habe es so verstanden, dass miriam der faktor im leben dieser frau ist, der si langsam, aber sicher mit brutalen methoden zu ihrem glück, nämlich zu einem geuss des lebens, bewegt. vielleicht sind die metoden auch so brutal, dass die frau am ende wahnsinnig wird, aber das wird wohl offen gelassen...

    ausgelacht werde ich eigentlich von schülern, und ein lehrer hat mich mal angesprochen, ob ich verrückt geworden sei, so etwas in meinem alter zu lesen, aber das war sicher eher scherzhaft gemeint...


    musikalität ist auf jeden fall ein positives kriterium für paul celans gedichte, wenn mich die metaphern auch mehr faszinieren... meine persönlichen lieblinge sind unter anderem "chanson einer dame im schatten", da kann ich mich wiederfinden, die "engführung" liebe ich, weil da die depression fast unerträglich wird, und "aber" und "die hand voller stunden" und "die silbe schmerz" und so viele, so viele... die todesfuge war, wie könnte es anders sein, das erste gedicht, was ich von ihm kannte, und habe es auch sofort geliebt, aber bad wieder vergessen. dann fand ich es auszugsweise in einem buch, suchte nach der kompletten fassung und auch bald schon nach anderen werken...


    es gibt eine recht schöne seite, paulcelan.de, die aber leider nur auf dem microsoft internet explorer läuft und ich die genannten gedichte deshalb momentan nicht verlinken kann. dort findet man sein gesamtwerk, schön und übersichtlich gemacht, eigentlich recht gut für einsteiger...

    hallo allerseits,


    ich eröffne hiermit einen thread zu einem meiner lieblingsdichter, paul celan. allgemein erschien er mir bisher als nicht sonderlich bekannt und geliebt, an meiner schule jedenfalls nicht. allgemein werde ich für meine verehrung diesem dichter gegenüber belächelt und dachte, es könnte hier vielleicht gleichgesinnte geben.
    mich faszinieren seine metaphern immer wieder, die man emotional sofort versteht, aber gedanklich erst nach langem nachdenken auf den sinn kommt. diese oberflächlich gleichgültige, aber in der tiefe todtraurige, schmerzverzerrte lyrik einer kaputten seele bringt mich innerlich zum weinen, aber es ist schön. ich weiß nicht, ob jemand das nachvollziehen kann, es wäre mir interessant, zu erfahren, ob jemand da ähnliche erfahrungen gemacht hat...


    mit freundlichen grüßen,


    lebenszeichen

    auch von mir ein herzliches willkommen! der fänger im roggen ist mir auch empfohlen worden, habe es allerdings wieder vergessen... von truman capote kenne ich bisher nur "eine weihnachtserinnerung" und "miriam", die ich beide recht ansprechend fand... man liest sich sicher noch.

    ja, diese diebische freude über verführte personen finden wir wiederum auch bei cipolla in "mario und der zauberer"...


    was mich fasziniert, ist die art, mit der die kurgäste mit der seelenzergliederung umgehen. es scheint doch, als wäre es ihnen mehr zum spiel als zur genesung, genau so mit den séancen. diese spiele mit todernsten dingen sind vielleicht auch eine krankheit, eine gleichgültigkeit der verantwortung für den eigenen zustand gegenüber. der bergof mach seine patienten systematisch lebensunfähig.

    ja, dieses einschlummern, ich habe es schon weiter oben erwähnt, aber offenbar ist da noch niemand auf meinen ansatz eingegangen. ich sagte etwas von mikrokosmos, eine hermetisch von der außenwelt abgeriegelte welt, in der die zeit für sich vergeht und jeder tag der gleiche ist und man so das zeitgefühl verliert. nur dieser kleine austausch um temperaturen und den klinikklatsch bei den mahlzeiten. und dieses süße für-nichts-mehr-verantwortlich-sein ist natürlich verführerisch, sodass keiner mehr vom berghof auf dem zauberberg loskommt... das ist wohl auch eine parallele zu "mario und der zauberer", cipolla ist ja auch ein hypnotiseur.

    ich glaube, ich kenne das mit dem von-worten-betrunken-sein. da kann ich gedichte vor mich hinsprechen, und mitunter finde ich einen satz so schön, dass ich ihn immer wieder sprechen muss, und immer mehr aufsaugen muss wie ein schwamm in der badewanne, bis ich nicht mehr kann, und auch dann noch weiter... rilke und celan sind da spitzenkandidaten, bei prosa ist es seltener.


    achso: schwer fand ich balzac eigentlich nicht zu lesen...

    ich habe vor einiger zeit die sendung "das literaturquartett" mit unter anderem marcel reich-ranicki gesehen, als thomas mann das thema war, und die haben sich getraut, den bleistift als... naja... zu interpretieren :redface: ... und als hans castorp frau chauchat den bleistift zurückgibt, findet ja auch ein umbruch statt und es ist passiert...


    gleichsetzen würde ich sie und hippe dennoch auch nicht. ich glaube, dass er durchaus auch eine neigung für sie außerhalb der erinnerungen an seine "jugendliebe" empfindet, man bedenke nur die szenen mit ihren armen oder dem portrait... es mag sein, dass die erinnerung an hippe der auslöser für castorps interesse an ihr war, aber sie hat ja durchaus auch ihre reize.

    hallo,


    erstmal herzlich willkommen!


    von balzac kenne ich bisher bloß "oberst chabert" und fand es schon ansprechend, wenn auch sehr deprimierend am ende... bisher hatte ich leider noch nicht so viel motivation, um ihn vor sämtliche anderen bücher in meiner agenda (oder eher legenda?) zu schieben. aber schlag doch mal eine leserunde im burchvorschläge-forum vor, da finden sich sicher interessenten... mehr dazu kannst du in der "gebrauchsanweisung" von nimue lesen.


    ich hoffe, man liest sich.


    mit freundlichen grüßen,


    lebenszeichen

    was mich immer wieder fasziniert, ist der zeitbegriff in diesem eigenen kleinen mikrokosmos... da schläft man ein, von dem ganzen kliniktratsch und temperaturen und so weiter berauscht... ich habe damit durchaus schon eigene erfahrungen machen können und freue mich deshalb immer über diese lebensnahen schilderungen. und nur settembrini (in den kapitelüberschriften heißt er "satana", was mir zu denken und zu lächeln gibt) reißt einen gelegentlich hinaus. ich sage "einen", weil es damit, glaube ich, nicht nur hans castorp so geht, sondern zumindest in mir als leser steigt eben dieses gefühl durch thomas manns worte auf. das passiert aber wohl generell, wenn man mann liest und sich auf ihn einlassen kann...

    guten tag,


    hiermit hätte auch ich einen vorschlag für eine leserunde zu machen. es handelt sich, wie man dem titel entnehmen kann, um "mein name sei gantenbein" von max frisch. darauf gestoßen bin ich durch ein zitat in einem an mich gerichteten brief: "spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage", was, wie ich mir sagen lassen habe, in jenem buch vorkommt. aus gründen, die ich hier nicht näher benennen will, hat mich jener satz einfach gepackt. ich habe mir immer vorgenommen, das buch zu lesen, aber es ist immer wieder in den hintergrund gedrängt worden... also dachte ich, ich könnte es an dieser stelle vielleicht einmal anbringen, ich weiß nicht, ob es auf sonstige interessenten trifft...


    mit freundlichen grüßen,


    lebenszeichen