Beiträge von mombour

    Hallo,


    seit über einem Jahr schon bin ich in einer Phase, in der ich wenig lesen. Diese Phase ist wohl ein Zustand geworden. Mein Bedürfnis hat sich mehr auf das Schreiben verzogen, darum ich mit einem Roman pro Monat auch zufrieden bin. Lesen werde ich immer weiter, bloß weniger.


    Liebe Grüße
    mombour

    Hallo,


    Mo Yan ist ein Pseudonym und heißt übersetzt "Der Sprachlose"
    Ich habe die ersten 150 Seiten von "Die Knoblauchrevolte" gelesen und kann folgendes sagen. Mo Yan entfaltet wunderbare Poesie; die Handlung, die meist bitter ist und voll von Sehnsucht, geht mir bis unter die Knochenhaut. Mo Yan schreibt auffallend leicht, aber die Dramatik fesselt. Solch ähnlich wunderbare Lektüre hatte ich erst bei Dave Eggers "Weit Gegangen". Mo Yans Naturpoetik ist einzigartig. Ein Highlight in diesem Jahr und sehr nobelwürdig. Jawohl. Von der Spannung her vergleichbar mit Victor Hugo: "Der Glöckner von Notre Dame (sonst mit Mo Yan vergleichbar, weil Mo Yan vom Leben der Bauern schreibt). Solche Autoren fesseln einfach.


    Liebe Grüße
    mombour

    Ich frag mich auch schon, warum gerade diesen Roman hier so viele lesen wollen. Ist Eco mit seinem "Im Namen der Rose" quasi zum "Must-Read-Autor" mutiert?


    Obwohl ich in meiner Rezension auf http://www.litteratur.ch Kritik am laufen hatte, möchte ich den Roman auf anderer Ebene verteidigen. Wenn ich diesen Roman nicht gelesen hätte, hätte ich immer noch nicht gewusst, dass es eine solche gefälschte Verschwörung gegeben hat, ganz davon abgesehen, gibt es im Roman einige Passagen, die mir sehr gut gefallen haben. Der Roman zeigt auch auf, mit was für einen Unsinn Menschen manipuliert werden können, immerhin sind einige Quellen des Pamphlets reine Fiktion. Trotzdem haben viele Menschen an diese Verschwörung geglaubt, manche glauben heute noch daran. An diesem Umstand allein können wir schon sehen, wie leicht sich Menschen manipulieren lassen. Offenbar sind Menschen fähig, an jeden Unsinn zu glauben, wenn man irgendein Gerücht in die Welt setzt, z.B. so etwas: amerikanische Astroniomen haben beobachten können, dass auf dem Mond Aliens gelandet sind. Wenn so eine Meldung durch die Presse geht, durchs Fernsehen usw., dann gibt auch viele Menschen, die daran glauben. Vielleicht wollte Eco ja gerade dieses mit seinem Roman hervorheben.


    Liebe Grüße
    mombour


    Ob es den Antisemitismus fördert, dazu möchte ich mich noch nicht äußern, aber ich könnte es mir nach 200 Seiten gut vorstellen :zwinker:


    Lesestand 247: Es kommen zwar deftige antisemitische Aussagen vor, deswegen der Roman aber keineswegs den Antisemitismus fördern muss. Ein Roman ist ein Roman. Sonst schließe ich mich übrigens Anita gerne an. Das Buch besteht aus historischen Recherchen. Sonst gar nichts oder kaum etwas anderes. Eine Romanhandlung gibt es nicht, darum hinterfragt werden darf, ob das überhaupt ein Roman ist. Der Roman wird erzählt aus der Sicht des Antisemiten Simone Simonini, der im Jahre 1897 rückblickend ein Tagebuch schreibt, in denen er anhand von historischen und aus literarischen Quellen zu belegen versucht, dass die Juden eine Weltverschwörung anvisieren. Das ist natürlich Fiktion. Laut Anhang sind aber alle Personen, außer der des Protagonisten, historische Figuren. Wer sich nicht so gut auskennt in der Geschichte des 19. Jahrhunderts, wie bei mir, was Napoleon III. und Garibaldi betrifft, wird in manchen Kapiteln auf Schwierigkeiten stoßen. Obwohl ein Verschwörungsroman, keine Spannung.


    Liebe Grüße
    mombour

    Allerdings in 50 Sprachen übersetzt. Der kleine Gedichtband "Der Mond und die Eiszeit" ist schon auf dem Postweg zu mir. Im allgemeinen ist es schade, dass die Liefrzeiten seiner wenigen Gedichte, die er geshrieben hat, doch lange ist.

    Hallo



    Angelika Klüssendorf, Das Mädchen (Kiepenheuer & Witsch, August 2011)


    Hallo,


    Der Roman von Angelika Klüssendorf ist lohnende Lektüre. Die Autorin beherrscht die Kunst der Lakonie, was ich sehr schätze. Ich mag einfach Autoren, die mit wenig Worten viel ausdrücken können. Klüssendorf erzählt über Verwahrlosung innerhalb einer Familie in der DDR, einer Familie die völlig aus der sozialen Struktur herausgefallen ist. Innerfamilliäre Gewalt, die Kinder werden tagelang in der Wohnung eingeschlossen. Das Mädchen entwickelt Strategien, der Hölle zu entkommen. Ein grundehrliches Buch, weil es solche Zustände in der DDR u.a. auch gegeben hat, so etwas aber auch im Rest der Repulik gab und heuzutage auch noch gibt. Man denke auch an die Verwahrlosung von Kindern in rumänischen Kinderheimen, worüber vor Jahren Berichte durch unsere Fernseher liefen.


    Zur Lektüre braucht der Leser etwas Nervenstärke.


    Meiner literarischen Auffassung nach ein Stück guter deutscher Literatur, die man wahrlich heutzutage schon suchen muss. Möge sie den Preis gewinnden. Viel besser als damals Arno Geiger.


    Liebe Grüße mit wärmsten Empfehlungen
    mombour

    Hallo,


    Bei aller leichtfüßiger Kritik, die hier vorgebracht worden ist, muss doch mal zugegeben werden, das die Karthause ein durchaus spannender Action-Roman ist. Warscheinlich ist euch im Ersten Teil des Buches der häufige, und sogar der rapide Szenenwechsel aufgefallen. Dieser Erste Teil wirkt gehetzt, so gehetzt wie Fabrizio selbst, der innerhalb von etwa zwei Stendhalsätzen die Entfernung von Italien nach Paris zurücklegt, nur um Napoleon vor die Augen zu treten.


    Mir ist aufgefallen: Drei Mal verpasst Fabrizio Napoleon: erstens in Mailand, weil er zu jung war; zweitens in Paris, Fabrizio sich in seinem Napoleonwahn einbildete, da könne man doch einfach so zum Napoleon hingehen und ihm die Hände schütteln; drittens bei Waterloo, er verpasst ihn, weil er besoff..betrunken ist. Vielleicht ist das Verpassen ein Stendahl'scher Fußtriitt gen Napoleon, Stendhal schon zu Beginn des Romans auf den Großenwahn Napoleons hinweist, Stendhal allerdings selbst mit Napoleon nach Moskau gezogen ist. Fabrizio weiterhin im Kriegswahn, obwohl so ziemlich neben ihm zwei Husaren zu Tode stürzen, ein Pferd sich in einer Blutlache quält. Fabrizio kommt denke ich erst zur Besinnung, als er soviel Blut verliert, dass ihm die französische Sprache hops geht (merkwürdig, gibt es so etwas oder hat Stendhal ein wenig fantasiert; vielleicht war es einfach ein Schock wegen Volumenmangel).


    Nach der Schlacht geht die Jagd auf Fabrizio los. Er wird gejagt von seinem Vater und Bruder (warum, das wird nur angedeutet, sie waren Antinapoleaner), außerdem Fabrizio unter Spionageverdacht. Die zweite Jagd beginnt, nach der blutigen Außeinandersetzung mit einem Nebenbuhler, Fabrizio in Notwehr diesen umbrachte, gegnerische Kräfte ihn aber den entgültigen Prozess machen wollen. Fabrizio hetzt aber auch von Frau zu Frau, ein vereinsamter Libertin. Es scheint, er kommt gar nicht mehr zur Ruhe.


    Die Gräfin, Tante von Fabrizio, später Herzogin, liebt den Fabrizio, mehr aber in ihren Träumen als handfest. Schon ist Fabrizio in der Schlacht, verliebt sich die Dame aus Langerweile in den Grafen Mosca. Ist das heute auch noch so, dass sich Damen aus Langerweile verlieben (die Frage ist durchaus ernst gemeint)? Insgesamt sehr schön gezeichnet, wenn Graf Mosca später dann auch mal eifersüchtig ist, weil Fabrizio mit der Herzogin herumtängelt.


    Denken wir auch an herrliche Stellen, in denen Ernesto IV den Sonnenkönig imitiert:


    Zitat von "Stendhal"

    Die Herzogin fand, daß beim Fürsten die Nachahmung Ludwigs XIV. In manchen Augenblicken etwas zu auffällig war; zum Beispiel, wenn er gütig lächelte und dabei den Kopf zurückwarf.


    Liebe Grüße
    mombour, der nur ein bisschen ausgeholfen hat, weil er den Roman auch erst gelesen hat :breitgrins:

    Diesen American-Roth, "Das sterbende Tier" habe ich zweimal gelesen. Ich werde es auch noch ein drittes Mal lesen. Obwohl, ein alter Herr liebt eine Studentin, beweist Philip Roth eben, dass er eben keine Altmännersexliteratur schreibt, sondern dies, gerade dieses Buch ist ein Vorläufer zum Roman "Jedermann". Es geht um Altern und Tod in grandioser Roth-Manier. Also lesen. Sofort. :breitgrins:


    Große Verbeugung
    mombour

    Insbesondere Stendhal hat seine Romane mehr oder weniger im Vorbeigehen auf das Papier "gerotzt" und war Lichtjahre entfernt von den stilistischen Quälereien, denen Flaubert sich unterwarf.


    Dieses Dilemma scheint auch für die abrupten Szenenwechsel im Ersten Buch verantwortlich zu sein. Der Zweite Teil ist in dieser Hinsicht gediegender. Bloß im Romanschluss, ich verrate noch nicht, worum es da geht, schlammt Stendhal gewaltig dahin, als ob er keine Lust mehr zum Schreiben gehabt hatte. Dieselbe Lustlosigkeit muss Tolstoi am Ende von "Auferstehung" getrieben haben, "Auferstehung" sonst ein guter Roman ist.


    Liebe Grüße
    mombour

    Hallo Hubert,


    Stendhal selbst schrieb neben Tagebüchern auch eine Autobiographie: "Das Leben des Henri Brulard" (das findet man antiquarisch). Eine gute Literaturfreundin sagte mir, diese Autobiographie sei noch besser geschrieben als die Karthause. Dieses Buch habe ich mir auch gerade geordert. Sonst würde ich die Biographie von Johannes Wilms lesen. Der Autor hat das Buch einmal im"Literaturclub" vorgestellt und weckte damit auch mein Interesse.


    Liebe Grüße
    mombour


    Ihr seit so was von kleinlich! Bei dieser lebendigen Geschichte, die quasi im freien Schreiben entstand, fast nichts als eine Debatte über eine sprachliche Unklarheit der Übersetzerin die überhaupt keine ist, das wird dem Buch einfach nicht gerecht. Wenn die deutsche Sprache so kleinlich ist, dann sollte man uns Deutsche alle gleich zu Beamten ernennen.


    Du sprichst mir aus dem Herzen, Lost. Mir sind die sprachlichen Eigenheiten auch gar nicht aufgefallen. In diesem Roman geht in erster Linie um Inhalte, weil es ein Actionroman ist, und zweitens schimmert die damalige Zeit hindurch, deswegen sich viel interessantere Diskussionsansätze auftun als deutschlehrerhafte Korrekturvorlieben. ich lese auch in der Übersetzung von Elisabeth Edl und stöbere gerne in dem schönen Nachwort und Anhang.


    Liebe Grüße
    mombour


    Die intellektuellen Spielereien von Nabokov und Thomas Mann unterscheiden sich doch zu sehr um sie wirklich vergleichen zu können.


    Um Schriftsteller vergleichen zu können, müsen sie auch irgendwo ihre Gemeinsamkeiten haben. Was sollen das für Gemeinsamkeiten zwischen Thomas Mann und Nabokov sein? So einen tragischen Liebesroman wie "Lolita", hat Thomas Mann nicht geschrieben, dass man da irgendwo vergleichen könnte. Allein schon wegen "Maschenka", Nabokovs ersten Roman, halte ich Nabokov für einen der ganz großen Prosaisten. Hat Thomas Mann einen vergleichbaren Exilantenroman geschrieben?
    Thomas Mann gehört ohne Zweifel zu den ganz großen des 20. Jahrhunderts ("Der Zauberberg", "Doktor Faustus", die Joseph-Tetralogie). Nabokov zähle ich auch zu den ganz großen dieses Jahrhunderts, und ich empfehle, mit seinen frühen russuschen Romanen zu beginnen. "Ada" wurde genannt, soll ja ziemlich schwer sein.


    Frau von Lovenberg ist übrigens auch Kritikerin bei der FAZ und was ich dort lese, halte ich für fundiert.


    Gruß, Thomas


    Sie moderiert auch "Literatur im Foyer",swr, 3sat. - abwechselnd mit der überaus sympathischen Thea Dorn. Bin quasi ein Fan, gute Literaturendung.

    Hallo,


    moderne Autoren greifen Themen der Klassiker auf, darum ist es gut, auch mal Klassiker lesen. "Madame Bovary" und sicher auch Jane Austen, werden bestimmt einen Einfluss auf moderne Autoren haben, die Liebesromane schreiben. Diese neue Sendung finde ich gut, weil sie sich auf ein Buch konzentriert und einiges an Infos zu bieten hat. Natürlich komme ich mir ein wenig wie im Kindergarten vor, wenn ein Doktor eine Diagnose über ein Buch stellen soll, allerdings bedenke man, durch solche Spielereien kann man auch Nichtleser einfangen, mal ein Buch zu lesen. Also, meinen Segen hat diese Sendung.


    Liebe Grüße
    mombour

    Hallo Jaqui,


    ich habe mir vor einiger Zeit die Biographie (das Werk :breitgrins:) von Julian Schütt zugelegt, weil sie sehr umfangreich ist, d.h. es stehen auch Sachen drin, die nicht unbedingt jedem interessieren, die ins Detail gehen, aber bei Biographien bevorzuge ich eben Ausführlichkeit. Ich finde das spannend. Allerdings behandelt diese "Biographie eines Aufstiegs" (Untertitel) nur die Jahre 1911-1954, darum ich hoffe, Herr Schütt schreibt noch einen Folgeband.


    Mit der Post erwarte ich Ursula Priess: "Sturz durch alle Spiegel" Die Frischtochter erzählt über ihren Vater. Das Buch soll auch aufzeigen, wie schwierig es für eine Tochter sein kann, wenn sie einen berühmten Vater hat. Ich bin sehr gespannt auf das Buch.


    Liebe Grüße
    mombour