Beiträge von Wolf

    Zitat von "Lauterbach"


    Die neue Buchpreisträgerin kenne ich, wie wohl viele andere, nicht.


    Das einzige Buch von Kathrin Schmidt, das ich besitze und gelesen habe, ist ihr Gedichtband Flußbild mit Engel.


    Zitat von "Friedrich-Arthur"


    Macht die sogenannte "shortlist" euch neugierig auf die ausgewählten Autor(inn)en?


    Die Listen haben keinen direkten Einfluß auf mein Leseverhalten, einen indirekten schon, weil solche Listen dazu führen, daß in Literaturforen häufiger über die entsprechenden Autoren und Bücher geschrieben wird, und die dort geposteten Leseeindrücke machen mich dann eventuell auf bestimmte Bücher neugierig. :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von "giesbert"


    Stichwort "falsche Freunde". Dass ein "sehr lustiger Ort" ein "sehr angenehmer Ort" ist: darauf wäre ich so schnell nicht gekommen.


    Ja, sehr interessant. Wenn in der Übersetzung das "lustig" zu "angenehm" wurde, zeigt das, daß der Übersetzer da tatsächlich genau hingeguckt und nachgedacht hat. :-) Im Kommentar der Ausgabe des Dt. Klassikerverlages ist dieses "lustig" übrigens nicht kommentiert, da ist der Leser also auf sich allein gestellt.


    Dieses "lustig" im Sinne von "anmutig; den Sinnen angenehm; erfreulich; lusterweckend" findet man allerdings auch noch in jüngerer Literatur, beispielsweise bei Goethe oder Eichendorff:


    "... auf der sanfterstiegenen Höhe, von da man zu einem lustigen Wäldchen gelangte ..."
    (Goethe: Die Wahlverwandschaften)


    "Er kam nun an den Ausgang des Gartens, an den ein lustiges Wäldchen von Laubholz stieß."
    (Eichendorff: Ahnung und Gegenwart)


    "Der Freiherr willigte ein und folgte seinem Führer, der ihn aus dem Walde leitete. Als sie heraustraten, deuchte ihm, er sehe schöne Wiesen und eine überaus lustige Gegend."
    (Grimm: Deutsche Sagen)


    Nochmal zurück zur Simplicissimus-Übersetzung; der Übersetzer Reinhard Kaiser sagte in einem Interview, das man im Netz findet:


    Zitat


    Eine Übersetzung geht nie ohne Unkosten ab. Die wunderschöne barocke Sprache wurde durch ein gegenwärtiges Deutsch ersetzt. Aber darunter ist eine unglaubliche Vielfalt an Geschichten, Erzählperspektiven und Erzähltechniken zum Vorschein gekommen.


    Könnte natürlich schon so sein, daß man sich als Leser bei der Auseinandersetzung mit dem Original hauptsächlich mit der Sprache (Lexik, Grammatik, Syntax, Orthographie) beschäftigt und weniger mit dem eigentlichen Text, man sieht dann sozusagen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Andererseits ist die Frage, ob man als passionierter Klassikerleser mit einer Übersetzung wirklich zufrieden ist, weil sie eben doch nur die zweite Wahl ist und man das Original ja eigentlich schon lesen könnte, wenn man entsprechend motiviert wäre.


    Ansonsten habe ich jetzt mal wieder Lust auf deutsche Barock-Literatur bekommen und mir antiquarisch einige Werke von Johann Beer bestellt. :-) Von dem habe ich nämlich noch nichts gelesen ("Für die heutige Literaturwissenschaft steht sein Werk gleichrangig neben dem von Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen" heißt es in der Encarta) und er scheint mir einigermaßen flott zu lesen zu sein, zumindest in dieser orthographisch modernisierten Ausgabe aus dem Insel-Verlag:


    Zitat


    Es war heißer Sommer, und die heftigen Sonnenstrahlen entzogen viele Menschen von ihren Geschäften. Der Wandersmann mußte sich öfters unter die schattigten Bäume setzen und den meisten Teil seiner Reise lechzend zubringen. Der Schnitter hatte keine andere Labung als das Wasser, welches, von Schweiße gesammelt, ihm über die Backen abrollete, und die man sonsten bei den Büchern studierend fand, sah man anjetzo in den Wäldern ihre Zeit müßig zubringen.


    ([url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Beer,+Johann/Romane/Die+kurzweiligen+Sommer-T%C3%A4ge/Notwendiger+Unterricht+und+allgemeiner+Eingang]Die kurzweiligen Sommer-Täge[/url])


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat von "giesbert"


    die "/" stehen so auf dem Titelblatt und markieren wohl Kommata


    Ja, die Virgeln - so nennt man diese Schrägstriche - sind im Grunde das gleiche wie Kommas. Die heutige Form des Kommas wurde damals schon in (lateinischen) Antiquadrucken verwendet, in Frakturdrucken verwendete man stattdessen diese Schrägstriche. Im Text der Ausgabe des Simplicissimus aus dem Deutschen Klassikerverlag werden durchgängig Virgeln verwendet, nicht nur in der Überschrift. Außerdem werden nicht die heute üblichen Umlaute verwendet, sondern die alte Form mit übergestelltem "e".


    Beim Übersetzungsvergleich fallen diese Wörter im Original auf, die man heutzutage mißverstehen kann und die deshalb in der Übersetzung ausgetauscht wurden:


    ... gleichförmige Auferziehung


    ... wenn ich nur den Verlag und das Werkzeug dazu hätte.


    Diese beiden Wörter werden am Seitenfuß der Ausgabe des Dt. Klassikerverlages erklärt, nämlich im ersten Fall mit "ebensolche" im zweiten Fall mit "Kapital, Geldmittel" (oh, da steht doch tatsächlich "Kapitel", wie ich gerade bei genauerem Hinsehen entdecke, ist wohl ein Druckfehler ;-)).


    Die Übersetzungsproben klingen eigentlich ganz gut, das einzige, was mich stört, ist die Übersetzung von "quittirt" mit "verlassen". Falls da mehr oder weniger durchgehend die Fremdwörter verdeutscht sein sollten, fände ich das ziemlich schade.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo,


    das Buch von Christiane Zschirnt hatte ich mir mal ausgeliehen und gelesen, ich fand es nicht sehr tiefschürfend, weil es zum großen Teil aus Inhaltsangaben der empfohlenen Werke bestand. Bei Amazon kann man ja online einen "Blick ins Buch" werfen, das beste am Buch ist das Inhaltsverzeichnis, denn damit hat man gleichzeitig die Liste der empfohlenen Bücher. ;-) Das, was Zschirnt dann über die einzelnen Bücher schreibt, fand ich aber eher belanglos.


    Selbst schon eine Art Klassiker ist das Büchlein "Eine Bibliothek der Weltliteratur" von Hermann Hesse:


    [kaufen='3150070031'][/kaufen]


    Ein empfehlenswertes Büchlein für alle Kanon-Interessierten, kostet auch nicht viel. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Zitat


    Bücher verändern sich durch die Reihenfolge der Lektüre.


    Das ist unscharf ausgedrückt, denn die Bücher bleiben natürlich dieselben, nur die Eindrücke, die ein Leser von ihnen hat, verändern sich. Auf dieser sprachlichen Unschärfe beruht Manguels Verwunderung im letzten Satz:


    Zitat


    Und doch erwarten wir von einer Bibliothek aus realen Büchern eine ganz andere Konsequenz als von der Bibliothek unseres Geistes.


    Das reale Buch verändert sich doch gar nicht, deshalb braucht man davon auch keine besondere "Konsequenz" zu erwarten. Der scheinbare Gegensatz "Bücher verändern sich laufend / Bücher bleiben immer dieselben" ist reine Sprachspielerei.


    Zitat


    Jedes Buch aus diesem Kaleidoskop wandelt sich unablässig; jede neue Lektüre gibt ihm eine neue Wendung, läßt ein anderes Muster entstehen.


    Wenn es so wäre, dann würde ja ein halbes Dutzend Bücher fürs Leben reichen, die könnte man dann immer wieder neu lesen und sie sich fortwährend im Geiste spiegeln, um sich dann daran exponentiell zu erfreuen, oder so. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo miteinander,


    von Herta Müller habe ich bislang nur den Gedichtband Im Haarknoten wohnt eine Dame gelesen, ein Band mit faksimilierten Gedichten, die aus Wörtern zusammengeklebt wurden, die aus Zeitschriften ausgeschnittenen wurden, zusätzlich sind die Gedichte mit bildlichen Collagen versehen. Ein ungewöhnliches Buch, das mir sehr gut gefallen hat.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo zusammen,


    von thopas' Liste habe ein Buch überhaupt nicht gelesen (Proust), vier Bücher nur teilweise oder wenigstens nicht in einem Durchgang auf einmal durchgelesen (Odyssee, Göttliche Komödie, Decamerone, Don Quijote), die anderen habe ich alle gelesen oder in einer vollständigen Lesung als Hörbuch gehört, teils mehrmals. Die Göttliche Komödie werde ich mir demnächst mal in der Lesung von Rolf Boysen anhören, dieses Hörbuch habe ich hier noch rumliegen, es ist allerdings eine gekürzte Lesung, trotzdem freue ich mich schon darauf.


    Zur Ausgangsfrage: Lest ihr nach einem Klassikerkanon? Eine bestimmte Liste arbeite ich nicht ab, aber ich schaue mir solche Kanonlisten gerne an, inzwischen gibt es da für mich aber keine großen Überraschungen mehr, die Titel sind ja mehr oder weniger bekannt, außer wenn es sich um exotischere Gebiete handelt; wenn ich mich etwa mal für afrikanische Literatur o.ä. interessieren sollte, dann wäre eine derartige Liste zur Orientierung schon recht hilfreich. Bei Comics habe ich mich früher einmal an einer Liste von "100 Meisterwerken" orientiert, die von Andreas C. Knigge zusammengestellt wurde; seinerzeit wären mir ohne eine solche Liste noch nicht einmal hundert Comictitel eingefallen, geschweige denn die 100 besten und einflußreichsten. ;-) Durch diese Liste wurde ich erst auf bestimmte Autoren und Zeichner aufmerksam, etwa auf Tardi, Bourgeon, Pratt, Loustal, Prado, Moebius, Druillet ... alles sehr bekannte Namen, die ich aber damals noch nicht kannte. :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Die folgende Ausgabe von 1854 behält die originale Orthographie weitgehend bei: http://books.google.de/books?id=zFQZAAAAYAAJ&pg=PP9
    Hier die Links zu den ersten beiden Kapiteln:
    http://books.google.de/books?id=zFQZAAAAYAAJ&pg=PA25
    http://books.google.de/books?id=zFQZAAAAYAAJ&pg=PA32


    Beim vorher erwähnten Gutenberg-Text wurde teilweise nicht nur die Schreibung, sondern auch die Lautung verändert: Harpffe -> Harfe; darzu -> dazu (wobei man da im einzelnen noch diskutieren könnte, wie diese Wörter damals wirklich ausgesprochen worden sind; das ist ein weites Feld). Einen gut lesbaren Originaltext gibt es im "Deutschen Klassikerverlag" sehr günstig als Taschenbuch. Die wichtigsten Wörter werden da jeweils am Seitenende erklärt, so daß man nicht andauernd im umfangreicheren Stellenkommentar nachblättern muß. Das finde ich sehr praktisch.


    Irgendwo im Netz habe ich auch mal eine direkte Gegenüberstellung von Ausschnitten des Originals und der Neubearbeitung gesehen, mal sehen, ob ich das noch finde ...


    Es war wohl dieses PDF, das ich im Sinn hatte:
    http://www.reinhardkaiser.com/…elteWerke/grivorschau.pdf
    Darin gibt es aber nun doch keinen direkten Vergleich, sondern nur eine kleine Liste von "Falschen Freunden" auf der sechsten Seite. Allerdings findet sich beispielsweise vergeben für vergiften noch bei Lessing oder auch in Grimms Sagen, die man ja normalerweise auch nicht übersetzt. ;-) Interessen im Sinne von Zinsen ist ebenfalls zu Goethes Zeiten noch üblich. Goethes Werther schreibt an einer Stelle, daß er sich dreimal prostituiert habe, das müßte man ja eigentlich auch schon übersetzen, weil das Wort heute einen ganz anderen Sinn hat. Den alten Wortgebrauch lernt man nur durch Lesen der Originalfassungen (kommentierte Ausgaben helfen einem dabei), deshalb stehe ich derartigen Neuübertragungen einigermaßen skeptisch gegenüber. Allerdings hat man ja als Leser immer noch die Wahl, die Originalfassung zu lesen, deshalb schadet eine Neubearbeitung auch nicht, denn sie läßt das Original unangetastet.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Maria,


    Zitat von "JMaria"


    Sonst notier ich mir immer die Seitenzahl, wenn ich mir ein Zitat aus einem Buch schreibe, diesmal jedoch nicht und ich finde es nicht mehr.


    welche Ausgabe hast Du denn? Wenn sie 636 Seiten Umfang hat, dann steht das gesuchte Zitat auf S. 445, wie man bei Google-Books erfährt. :-) Ein originales Hölderlinzitat scheint das aber wohl nicht zu sein.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo alamire,


    Zitat von "alamire"


    und habe mir Die Frau in den Dünen (Suna no onna, 砂の女) (dt. Reinbek bei Hamburg 1967) beschafft. Jetzt warte ich auf ein bisschen Freizeit , um den Roman lesen zu können.


    dieser Roman steht auch auf meiner (mentalen) Liste der Bücher, die ich mal kaufen und lesen will.


    Zitat von "alamire"


    Und was liest Du gerade?


    Ich habe den Roman Lichtkreise (hikari no ryōbun, 光の領分) der Schriftstellerin Yūko Tsushima zu lesen begonnen. Ihr Vater war übrigens Osamu Dazai, den Du hier vor einiger Zeit weiter oben im Thread erwähnt hattest.


    Im Original erschien der Roman im Jahr 1979, die deutsche Übersetzung Lichtkreise ist 1991 im Theseus-Verlag erschienen, übersetzt von Heinrich Reinfried. Ich habe erst das erste Kapitel gelesen. Es geht um eine junge Frau, die sich von ihrem Mann getrennt hat und sich nun in ein eigenständiges Leben finden muß. Sie bezieht zusammen mit ihrer dreijährigen Tochter eine eigene Wohnung. Diese Wohnung liegt im obersten Stockwerk eines Mietshauses und hat Fenster nach Osten, Süden und Westen (auch ein kleines Fenster nach Norden), so daß die Wohnung zu allen Zeiten des Tages vom Sonnenlicht durchflutet ist. Darauf spielt der Romantitel an, den man wörtlich auch mit "Sphäre/Bereich des Lichtes" übersetzen könnte. Der Roman ist in zwölf Kapitel mit den folgenden Überschriften unterteilt:


    Lichtkreis - Am Ufer - Ein Sonntag unter Bäumen - Traumvögel - Die Stimme - Zaubersprüche - Die Dünen - Das rote Licht - Ein Körper - An der Erdoberfläche - Flammen - Lichtpartikel.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Irgendwie weiß ich mit solchen Listen nichts Rechtes anzufangen.


    Witzig finde ich das Bild mit den Regalen, wo beim Draufklicken (bei eingeschaltetem Javascript) ein vergrößerter Ausschnitt des angeklickten Regalbrettes erscheint. Hat aber zugegebenermaßen auch keinen tieferen Nutzen. ;-)


    Bei der alphabetischen Liste ist mir nicht klar, ob das eine Leseliste oder eine Bestandsliste der vorhandenen gelesenen und ungelesenen Bücher ist. In der Liste kommt offenbar kein einziges Wörterbuch vor, Comics wohl ebenfalls nicht, nicht mal Asterix ist vorhanden, dafür ist beispielsweise die japanische Literatur recht ausführlich vertreten: drei Bücher von Abe Kōbō, sechs von Kawabata, acht von Inoue, acht von Banana Yoshimoto, neun von Kenzaburō Ōe sowie noch etliche andere Bücher japanischer Autoren, darunter allerdings - wie der fehlende Asterix schon vermuten läßt - keine Mangaka.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo alamire,


    Zitat von "alamire"


    Kennt ihr vielleicht http://de.wikipedia.org/wiki/Abe_K%C5%8Db%C5%8D Abe Kōbō (安部 公房)?


    ich hatte von ihm noch nichts gelesen, aber Deine Frage hat mich dazu gebracht, jetzt zwei Erzählungen von ihm zu lesen. :-)


    Die eine heißt "Stock" (abgedruckt im Sammelband Mondscheintropfen - Japanische Erzählungen 1940-1990, hrsg. von Eduard Klopfenstein), die andere "Ein Dichterleben" (aus dem Band Träume aus zehn Nächten. Japanische Erzählungen des 20. Jahrhunderts). Beide Erzählungen fand ich beeindruckend, sie wirken recht surrealistisch, zentrales Thema ist die "Verwandlung": in der Erzählung "Stock" verwandelt sich ein über eine Brüstung herabfallender Mann in einen Stock, der von einem Professor und seinen zwei Studenten aufgehoben und zum Anlaß philosophischer Betrachtungen gemacht wird.


    In der Erzählung "Ein Dichterleben" zerfasert eine Frau beim Spinnen in Fäden und wird vom Spinnrad aufgesogen. Aus der Frau wird dann eine (beseelte) Strickjacke, die in einer immer mehr vereisenden Welt einem Mann Rettung bringt, der dadurch seine Berufung als Dichter erkennt und so auch die Welt vor der Vereisung retten kann. Na ja, so platt zusammengefaßt, klingt das jetzt natürlich einigermaßen bekloppt. ;-) Aber die Erzählung ist schon in sich stimmig und voller beeindruckender Bilder.


    Wie ich mehreren Lexikonartikeln über Abe Kōbō entnehme, wirken seine Geschichten anscheinend immer so traumartig wie die beiden Erzählungen, die ich gelesen habe, angefüllt mit merkwürdigen Symbolen und Chiffren. Es ist eigentlich auch gar keine spezifisch japanische Welt, die da geschildert wird; im Zusammenhang mit Abe Kōbō wird auch immer wieder Kafka genannt.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Maria,


    Zitat von "JMaria"


    auf Br2 online gibt es die Lesung Monographie der deutschen Postschnecke gelesen von Gert Heidenreich als Download.


    danke für diesen Hinweis, ich habe es mir heruntergeladen und gleich angehört. :-) Mir gefällt Börnes Selbstironie, er spottet nicht nur über andere, sondern auch über sich selbst.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo alamire,


    Zitat von "alamire"


    Ich habe Osamu Dazais Die sinkende Sonne,[i] 1958 gelesen.


    interessant, gelesen habe ich von diesem Autor noch nichts, aber ich habe gerade mal in zwei Bänden mit japanischen Erzählungen nachgesehen, die ich habe; in einem davon ([i]Träume aus zehn Nächten, hrsg. von Jürgen Berndt, 1992 im Theseus Verlag erschienen) ist eine Erzählung von Osamu Dazai enthalten: Die Frau Villons (Viyon no tsuma). Diese Erzählung werde ich mir demnächst mal vorknöpfen. :-)


    Die sinkende Sonne ist offenbar sein bekanntestes Werk, in Kindlers Literaturlexikon gibt es einen Artikel dazu. Der Autor litt an Depressionen, wie ich dem Wikipedia-Artikel zu Osamu Dazai entnehme, er überlebte drei Selbstmordversuche, den vierten allerdings nicht mehr.


    Zitat von "alamire"


    Es ist meine erste Lektüre von einem japanischen Autor.


    Ich lese gerne japanische Literatur und habe gerade mit der Lektüre des Romans Herr Nakano und die Frauen von Hiromi Kawakami begonnen. Er fängt gleich mit einer Essenszene an, was ziemlich typisch für diese Autorin ist, denn in ihren Geschichten wird immer recht ausführlich gegessen. :breitgrins:


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo zusammen,


    ich habe den Roman inzwischen fertiggelesen.


    Zitat von "Babur"


    Andererseits zeigt doch die kleine Szene bei der alten Oma Mingot, wo er Ellen bewusst nicht vom Ufer abholt, dass sein Traum eines Lebens mit Ellen ins Reich der Fantasie gehört.


    Das ist auch die Quintessenz in der Schlußszene des Romans: Newland erkennt, daß seine Beziehung zu Ellen sich besser nur im Reich der Fantasie und der Erinnerung abspielt, weshalb er am Ende auf eine mögliche Wiederbegegnung mit Ellen verzichtet.


    Newland, der bei seiner Frau May eine gewisse "Blindheit" festgestellt hat (siehe den Vergleich mit dem blinden Höhlenfisch), ist selbst ein Kind seiner Zeit, fest eingebunden in die gesellschaftlichen Strukturen, weder freier noch weitsichtiger als May, die, wie am Ende klar wird, von seiner Liebe zu Ellen wußte.


    Zitat von "Steffi"


    Trotzdem, ich finde diesen Ausflug in die New Yorker Gesellschaft sehr interessant und amüsant.


    Ja, denn es ist doch eine ganz eigene und für mich auch einigermaßen fremdartige Welt, die da geschildert wird.


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo zusammen,


    Zitat von "Babur"


    Immer wieder wird auf die doppelten Wertmaßstäbe für einen Seitensprung in der New Yorker Gesellschaft hingewiesen: „they were sedulously abetted by their mothers, aunts and other elderly female relatives, who all shared Mrs. Archer’s belief that when ‘such things happened’ it was undoubtedly foolish of the man, but some-how always criminal of the woman.“ (Kapitel 11).


    bezeichnenderweise hatte ja auch Newland Archer vor seiner Verlobung eine Affäre mit einer verheirateten Frau, nämlich mit Mrs. Rushworth. Das hat aber seinem gesellschaftlichen Ansehen nicht geschadet. Ob er wohl May geheiratet hätte, wenn sie vorher eine Affäre mit einem verheirateten Mann gehabt hätte? Da habe ich meine Zweifel. ;-) Gedanken über diese Ungleichheit macht sich Newland aber eigentlich nicht so viel. Er denkt wohl auch lieber über die Einflüsse der Gesellschaft nach als über seine persönliche Verantwortung. Ich frage mich, ob Newland in einer anderen Zeit besser mit seinen Problemen fertiggeworden wäre; die Entscheidung ob er nun die eine oder die andere Frau liebt, kann ihm die Gesellschaft schließlich nicht abnehmen. Er agiert auch einigermaßen unklug und sprunghaft, erst bedrängt er May, ihn möglichst schnell zu heiraten, und als May dem schließlich zustimmt, dann paßt ihm das auch wieder nicht. Später schmiedet er Pläne, mit Ellen nach Europa durchzubrennen, das erscheint alles auch nicht besonders durchdacht. Newland hätte Ellen wohl auch als Geliebte akzeptiert, wenn sie sich nicht dafür zu schade gewesen wäre. Über die Gefühle Mays macht sich Ellen mehr Gedanken als Newland, der, wie gesagt, mehr in gesellschaftlichen Dimensionen denkt, da paßt es denn auch sehr gut, daß er am Ende in die Politik geht. :-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Babur,


    ist ja schön, daß Dich diese Leserunde zum Mitlesen angeregt hat, herzlich willkommen in der Runde. :-) Liest Du eine Übersetzung, falls ja, welche denn?


    Zitat von "Babur"


    Diese ganze verruchte Gesellschaft lebt gemäß und labt sich an zweideutigen Maßstäben: tolerant gegenüber dem Neureichen Julius Beaufort (egal ob und was für Dreck er am Stecken hat) und verächtlich gegenüber Ellen Olenska, die die Freiheit besaß ihren brutalen Ehemann zu verlassen.


    Ja, jeder weiß, daß Beaufort eine Geliebte hat, aber besonders skandalös findet man das nicht. Bei geschäftlichen und finanziellen Verfehlungen ist man übrigens nicht so nachsichtig, wie im zweiten Teil des Romans deutlich wird. Im 26. Kapitel heißt es:


    Zitat


    Archers New York duldete Heuchelei in persönlichen Beziehungen, aber in geschäftlichen Dingen verlangte es unbedingte, makellose Ehrlichkeit.


    Steffi und Maria


    Danke Euch beiden für den Link auf Worth. :-) Über diesen Namen hatte ich hinweggelesen, aber er war ja anscheinend wirklich sehr bekannt und berühmt, denn auch in einigen deutschen Werken um 1900 kommt dieser Name vor, wie ich jetzt festgestellt habe. In einem Werk von Leskov werden die "Damenkleider aus dem Atelier von Worth" ebenfalls erwähnt, es ist also offenbar tatsächlich ein Name, den fast jeder kannte. Jetzt kenne ich ihn auch. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo BigBen,


    ich würde mir jedenfalls eine Auflage kaufen, die noch zu Wustmanns Lebzeiten erschienen ist (er starb 1910), denn die späteren wurden von anderen Herausgebern überarbeitet und natürlich auch modernisiert. Die erste Auflage erschien 1891, die vierte im Jahr 1908.


    Bei Google-Books findet man übrigens einige ältere Auflagen, die man allerdings in Europa nur über einen US-Proxy herunterladen kann. Oder schau mal hier bei archive.org:
    http://www.archive.org/search.…20AND%20mediatype%3Atexts


    Dort auf eine Ausgabe klicken, z. B. auf
    http://www.archive.org/details/allerhandsprach01wustgoog
    Und dann dort bei "All Files: HTTP" auf "HTTP" klicken, beim gewählten Beispiel kommt man dann hierhin:
    http://ia301541.us.archive.org…llerhandsprach01wustgoog/
    Dort dann das PDF direkt herunterladen, so spart man sich das Gefrickel mit einem US-Proxy. ;-)


    Schöne Grüße,
    Wolf

    Hallo Maria,


    Zitat von "JMaria"


    ich komme zur Zeit nur langsam voran, da es mir gerade nicht gut geht.


    das ist ja unerfreulich, ich wünsche Dir, daß es Dir möglichst schnell wieder gut geht. :winken:


    Zitat von "JMaria"


    Komme zu Kapitel 14.


    Ich habe gerade das 20. Kapitel abgeschlossen. Darin ist eine Stelle, die sich auf die "Funktion" der Kleidung bezieht:


    Zitat


    und wieder fiel ihm [= Newland Archer] die fast religiöse Ehrfurcht der ganz und gar nicht weltlich gesinnten Amerikanerinnen vor dem gesellschaftlichen Nutzen von Kleidung auf.


    »Sie ist eine Rüstung«, dachte er, »eine Wehr gegen das Unbekannte und gleichzeitig dessen Herabsetzung.«


    Eine gute Idee von Dir, im Netz nach Bildern von Carolus Duran zu suchen, das habe ich jetzt auch mal gemacht, da bekommt man einiges Anschauungsmaterial zur damaligen Mode. Auf ihrer dreimonatigen Hochzeitsreise verbringt May einen Monat bei den Pariser Schneidern, um sich mit neuen Kleidern einzudecken. ;-) Aber auch für Newland sind immerhin 14 Tage in London eingeplant, "in denen er seine Kleidung bestellte", wie es im 20. Kapitel heißt.


    Schöne Grüße,
    Wolf