Beiträge von Titania

    An dieser Stelle muss ich mich rasch selbst zitieren, als ich einmal sagte worum es mir beim Lesen eigentlich ginge: Darum mir einen möglichst ausführlichen Überblick darüber zu verschaffen, welcher Mechanismen Sprache fähig ist, wie sie verwendet werden kann, welche Assoziationen sie in bestimmter Beschaffenheit nahelegt, quasi auch: Spieltrieb. Deswegen lese ich eben sogar schund, vgl. "Der Alpendoktur und seine Leidenschaften auf der Alm der Passion" etc., schlichtweg um beispielsweise zu erfahren was der affirmative Heile-Welt-Charakter solcher Dinge im Sinne der Rhetorik bewirken kann. Grundsätzlich kann ich persönlich nichts als Leseerfahrung streichen.


    Aus Liebe zur Sache lese ich persönlich aber niemals Fantasy, Sci-Fi, Krimis (Ausnahme: Wolf Haas (;)) und Hans Lebert) und Bestseller (Im Sinne von Dan BRown, zum Beispiel).

    Des öfteren fragte ich mich bereits, nach welchen Kriterien sich mein Unterbewusstsein, in seiner überaus verwinkelten Weise mir Bücher, die ich seiner Meinung nach zu lesen hätte, in den für mich bewusst habitablen Bereich wirft. Nein, tatsächlich ist es bei mir so, dass ich eine überaus konfuse, unnachvollziehbare Art habe mich mit Autoren anzufreunden, die sich jeder rationalen Überlegeung entziehen. Eines morgens wache ich jedenfalls auf, so das übliche Szenario, und habe das dringende Bedürfnis ein Erkältungsbad zu nehmen, einen Barbara Strysand-Film in der verlängerten Fassung zu kaufen und mich über ein Dramolett von Karl Kraus zu amüsieren. Auf die beiden vorher genannten Dinge einzugehen würde zu weit führen, aber da ich heute, wie ich glaube, zu tieferer Einsicht gelangte warum denn gerade spezielle Autoren mich so ansprechen, möchte ich meinen Erfahrungsbereich bzgl. meiner Lieblingsautoren natürlich erweitern.


    Ich denke, dass es der jüdische Humor ist, der mich so an meine Lieblingsautoren bindet, um nur Kafka, Schnitzler, Kraus oder Jelinek zu nennen, die allesamt diesen feinen, subtilen Humor vereinen, den ich unbedingt näher kennenlernen möchte. Meine Frage wäre jetzt die folgende: Weiß eigentlich überhaupt jemand wovon ich spreche, oder rede ich bloß den üblichen Schwachsinn? Überdies hinaus, würde es mich interressieren, ob euch weitere (auch nichtjüdische) Autoren bekannt sind, die, naja, eben Chuzpe haben?


    So long
    Raphi

    Meine Güte, wir können hier ja bald eine Schülerinitiative bilden, so reich an Zahl sind wir bereits. Ich beginne wieder Vertrauen zu meiner Generation zu fassen. ;) Herzlich Willkommen!

    Mit modernerer klassischer Literatur ging es bei mir vergleichsweise spät los- den beginn machte hierbei warscheinlich Virginia Woolf udnP.G Wodehouse für die ich mit 13 flammende leidenschaft zu entwickeln begann. Dafür zog meine Kindheit geradezu spurlos an mir vorbei, während ich von Literatur auf Latein und der Antike allgemein, kurz: Mythologie besessen war.

    Jelinek schaue ich mir natürlich, wie immer, sicherlich an, obwohl Ruedi Häusermann schon bei "der Tod und das Mädchen" etwas seltsam zu inszenieren beliebte....naja, neue Saison, neue Chance das grauenhafte letzte Jahr auszugleichen. Für mich, wie immer eigentlich, ein Bisschen zu wenig zeitgenössisch, wo doch ohnehin jedes der anderen Wiener Häuser kaum Neues spielt (Außer Volkstheter, deswegen bin ich ja auch Stammgast!), hätte man doch immerhin als Haupthaus der Wiener Dramatik zumindest ein etwas weniger shakespearelastiges Verhältnis von alt/neu schaffen können. Na, ich freu' mich trotzdem! ;)

    lebenszeichen: Wusch, das nenne ich Zufall, dass wir so parallel-lesen. :)


    Elfriede Jelinek ist die einzige Autorin von der ich alles, absolut alles, bis auf den letzten Buchkommentar, gelesen und tatsächlich genossen habe. Ach, ich liebe diese Frau und ihren herrlich-beißenden Zynismus, diesen wundervollen Kafkahumor vermischt mit Kraus, dazu großartige Melodik, die ich unter Tausenden noch erkennen würde...herrlich. ;)

    Ich lese zur Zeit vier Bücher parallel: Die letzten Tage der Menschheit vvon Karl Kraus, Sartres "Der Ekel" (Ja, auf Deutsch, mea culpa...), Ovids metamorphosen im Original und als mühsigster des Quartetts Don Quijote im Spanischen Orginal. Das Buch raubt mir wirklich den letzten Nerv, die Spanischen Metaphern sind manchmal abstrusest. ;)

    Ich bekenne mich (Zum bereits fünften mal, wie ich glaube ;) ) ein weiteres mal zur modernen Literatur, liebe Elfriede Jelinek, Peter Handke, Thomas Bernhard, Pynchon, Beckett, diverse Lyriker und viele die im Grenzbereich zwischen klassischer und moderner Literatur dümpeln. Die Reflexion aktueller Themen interressiert mich in der Literatur schlichtweg am meisten, und da ich ja als alte Dramenfanatikerin vor Freude rotiere, triddt ein Stück wirklich den Nerv der Zeit- mein Ressort. ;)



    So, ich glaube jetzte endlich in Worte fassen zu können, warum mich die rein klassische Lektüre niemals zu fesseln vermöchte. Liest man alleine der Werke wegen- im Grunde ist es ja schließlich auch Zweck eines Dostojevsiks´, Dostojevski zu genießen, ist eine Begrenzung der zu lesenden Literatur sicherlich sinnvoll- denn selbst bei unermüdlichstem Einsatz wird selbst ein grober Umriss der bisher geschriebenen Sprache ein zur Lebensaufgabe. Natürlich lese auch ich lieber gute Bücher als schlechte. Mir geht es aber vorwiegend darum, groben Überblick zu haben welcher Mechanismen die Sprache mächtig ist, verschiedene Ausdrucksformen auszutesten, ab und an auch Schund zu lesen , schlichtweg den Blick schlussendlich für Ästethik zu schulen, und dabei nicht eine ganze Peridode kreativsten Sprachschaffens (z.B BRuch mit Konventionen nach 1945) außer Acht zu lassen, aus Furcht ein Buch zur Seite legen zu müssen (Was bei mir, im Übrigen, in etwa bei Klassikern so oft geschieht wie bei zeitgenössischer Literatur).

    Zitat von "Céleste"

    Ich sitz immernoch an "Der Idiot" dran und werd einfach nicht fertig damit. Dieses Buch ist dermaßen langweilig!
    Ich habe heute mir heute mal eine "Auszeit" genommen und "Der Sandmann" angefangen. Das hätt ich schon viel früher machen sollen :breitgrins:


    Auch auf die Gefahr hin nun als Ignorant gebrandmarkt zu sein, bekenne ich mich offiziell dazu, Dostojevski auch nicht unbedingt zu meiner Lieblingslektüre zu zählen...*au*

    Schulisch bedingt (Wobei ich hier ja, wie Kant es nannte "Neigung und Pflicht" zu vereinen weiß) Bertold Brechts "Galileo Galilei", privat legte man mir ans Herz mich näher mit der Literatur der DDR zu befassen, und so beginne ich ganz unvermittelt und steige mit Monika Maron in die Sphäre Ostberlins.

    Die Kinder der Toten- Elfreide Jelinek



    Was ich von Elfriede Jelinek halte könnte eh schon besser nicht sein, aber mit diesem Werk ist vielleicht sogar noch eine kleine Steigerung möglich. ;)

    Zitat von "lebenszeichen"

    dem kann ich zustimmen... :winken:


    ansonsten lese ich gerade "mein name sei gantenbein" von max frisch im rahmen einer leserunde.


    Ja, ich ebenfalls. :)


    Ich lese gerade Else Lasker-Schüler: Gedichte.

    Ach, wie schön zumindest virtuell unter menschen zu sein die Kafka genauso mögen wie ich, während im Ohr noch die kreischenden Klassenkollegen nachklingen. ;)


    Momentan lese ich Peter Handkes "Kaspar".

    Zitat von "alpha"

    Etwas Resignation, etwas Sarkasmus und eine Prise Zynismus - und es lebt sich trotz aller Gedanken gar nicht so schlecht.


    Ja, ja, ja! Der Sarkasmus ist ja schon fast mein Lebenselixier- eine der wenigen Charakter-muskeln die in in der sich manchmal einstellenden Tristesse stärker werden.


    Ich finde ja Kafka unglaublich köstlich. ;) Scheint aber eine eher unkonventionelle Sicht zu sein, und sehr subjektiv noch dazu, für mich jedenfalls sehr entspannend. ;)

    Zitat von "lebenszeichen"

    das denken an sich kann dem glück oder vielmehr der annäherung daran nicht zuträglich sein, wenn man beginnt, sich selbst und die welt in größerem kontext zu sehen. man kann sich nicht unmittelbar mit der sinnlosigkeit, winzigkeit, unwichtigkeit seiner existenz oder der unmöglichkeit von wissen anfreunden, man kann sie nicht aufnehmen, ohne sich damit selbst zu zerstören. man trägt ein etwas in sich, was sich entschieden weigert, diese tatsache aufzunehmen. man kann es vielleicht mental realisieren und damit leben, aber wenn man dies vollständig, also auch emotional versucht, ist man so gut wie verloren. denn dann beginnt man, sich selbst zu vergessen, sich selbst gleichgültig zu sein. und so ist man nicht überlebensfähig.


    Würde es zu weit führen mich nun völlig ins Off-Topic zu bewegen und zu sagen warum es meine persönliche Auffassung ist das dem nicht so ist? Selbstverständlich wird einem zuallererst fast schwarz vor Augen wenn man sich negative Mechanismen und Sachverhalte wie sie auf der Welt nun einmal existieren erstmals vor Augen führt. Wie es Elfriede Jelinek einmal so passend formulierte "Eigentlich müsste man auf der Stelle verrückt werden"- völlig passend wären da nicht diejenigen die sich, vergleichlich Antagonisten, gegen all das Stellen und , ohne die Grauenhaftigkeit des Gedachten zu verleugnen, in meinen Gedanken gewissermaßen neutralisierend wirken. Höchstwahrscheinlich war das allerdings nicht was du meintest, sondern eher das Unvermögen seinem Sein jemals Sinn zu verleihen was einem erst durch Denken in seiner Tragweite bewusst wird. Kennt vielleicht jemand Kurt Tucholskys "Sind sie eine Persönlichkeit?". Reichlich satirisch natürlich, aber sehr zutreffend wenn Tucholsky wortreich die behauptung in den Raum stellt denkende Menschen hielten sich, so sehr sie es leugnen, für sehr viel individueller als den gesamten Rest der Bevölkerung. Tatsächlich- selbst in diesem Moment in der ich mir meiner Kleinheit voll bewusst bin spiele ich, als Mensch der glaubt gerade gedacht zu haben, trotz aller Schwermut der dieser Gedanke in mir auslöst sicherlich unterbewusst: "Einzigartiges Individuum". ;)

    Will Huxley mit BNW nicht geradezu die von euch gerade ins Spiel gebrachte These unterstreichen dass Denken nicht glücklich macht? Oft wird, sofern ich mich richtig erinnere, eingeworfen dass auch die gesellschaftlich niedriger gestellten, vielleicht sogar mehr als die Privilegierten, ihr Glück finden- ganz abgesehen von der, das aus dem Denktrieb erwachsene Unglück übertünchende, Alltagsdroge Soma. Insofern kann man ja eigentlich keinem Bewohner der BNW wirklichen Denktrieb unterstellen.


    Was mich nur interressieren würde: Inwiefern haltet ihr denn das Denken an sich für dem Glück nicht zuträglich?


    Edit: Huch, jetzt hatte ich glatt die Kernaussage vergessen: BNW ist meiner Meinung nach die Überzeichnung einer Welt in der, ungeachtet der sozial-emotionalen Komponente, eine Gesellschaft nach einem Modell konstruiert wurde die das größte Glück für alle verhieß. Insofern wollte ich also noch lebenszeichen recht geben, alsdaß Unglück, respektive sogar die tiefe Unzufriedenheit sehr nötig für eine Welt ist in der Verhältnisse zum besseren geändert werden sollen. Die Frage lautete dann selbstverständlich nur: Da ja die Perfektion theoretisch das völlige Glück aller wäre, inwiefern lässt sich dann Kritik an der BNW äußern (Selbstverständlich exakt diametral zu meiner eigenen Meinung- nur die eurige würde mich interressieren.)?


    Mir fallen im Übrigen immer mehr Parallelen zu Österreich auf...*schauder*

    Hui, da bin ich ja ein regelrechter Glückspilz! :) Wir haben, eigentlich ordnungsgemäß, bei Alt und Mittelhochdéutscher Literatur begonnen (Das Nibelungenlied gelesen, natürlich), und sind bis zur Gegenwartsliteratur alles epochenweise durchgegangen. Nur von T. Mann war wieder einmal keine Spur. Ich wittere Verschwöung...

    Jaaaaaaaa, ich liebe Paul Celan.


    Ich weiß dass ich damit, wie soll ich sagen, diese ungute komerzielle Selektion unterstütze (Die wenigsten kennen Celan ja abseits dieser bekanntesten Werke), trotzdem ist mein Lieblingsgedicht die Todesfuge. Was ich nämlich sehr an ihm mag ist die hohe Musikalität seiner Werke, besonders eben in "Mohn und Gedächtnis".