Beiträge von Nightfever

    Hallo SRM!


    Ich habe gestern vier Stunden Deutsch LK über den Fremden geschrieben, also mal schauen, ob ich Dir ein bisschen weiterhelfen kann...


    Hmm, wie fange ich am besten an?
    Ich versuch's mal so: Der Mord ist notwendig, damit Meursault vor den Untersuchungsrichter kommt, vom Staatsanwalt angeklagt, zum Tode verurteilt wird und sich schließlich mit dem Geistlichen streitet. Die Streitgespräche mit den Beamten und das Plädoyer sind notwendig, um die Position Meursaults, die im ersten Teil nur angedeutet wird, stärker herauszuarbeiten. Die Todesstrafe ist logische Konsequenz seines Mordes und Camus braucht sie aber auch, damit Meursault gezwungen ist, sich mit seinem nahen Tod auseinanderzusetzen. Falls ihr auch Auszüge aus Camus Mythos des Sisyphos gelesen habt, kannst du Meursault mit Sisyphos vergleichen, zumindest am Ende des Buches.
    Der drohende Tod und das Leben angesichts des Nichts (M. glaubt ja nicht an ein Leben nach dem Tod) ziehen sich durch den Roman, vor allem im zweiten Teil, weil das einfach ein wichtiges Thema von Camus' Philosophie ist - Leben mit der Möglichkeit, jederzeit sterben zu können -> reflektiertes, bewusstes Leben im Diesseits, akzeptieren, dass die Welt keinen Sinn in sich trägt, dass sie gleichgültig ist in dem Sinne, dass ihr alles gleich gültig ist... (das absurde Universum) Sowas halt *hilflosmitdenSchulternzuck*


    Meursault entwickelt das weiter, was im ersten Teil bereits in seinem Charakter angelegt ist - Offenheit, Atheismus (Agnostizismus?), Toleranz des Anderen, aber auch völlige Konzentration auf das aktuelle Leben (deshalb schmeißt er den Geistlichen raus und sagt, er wolle seine wenigen restlichen Tage nicht mit Gott vergeuden) und eine noch einmal gesteigerte Wahrnehmung und Reflexion. Achte mal darauf, wie viel bilderreicher, farbiger die Sprache im zweiten Teil wird!


    Übrigens sagt Meursault irgendwann sogar (wenn ich mich richtig erinnere), er hätte sich auf jeden Fall so entwickelt, auch wenn er nicht im Todestrakt gelandet wäre! Vielleicht hat Camus den Mod benutzt, um
    a) diese Entwicklung zu forcieren, voranzutreiben und
    b) weil ein Mord sich immer gut macht und
    c) um noch einmal darauf hinzuweisen, dass auch wir (!) jederzeit sterben können. Wir sind nicht vor Mördern sicher *fg* Bedenke auch, dass der Mord im Prozess nur noch eine untergeordnete Rolle spielt; alle hängen sich an Meursaults Pietätlosigkeit gegenüber seine Mutter auf, und was er für ein unmoralischer Mann sei, dh. sie (va. der Staatsanwalt) stülpen ihm ihr moralisches Weltbild auf und verlangen, dass er hineinpasst...


    Hoffentlich konnte ich dir etwas dienen? :zwinker:


    PS: :sonne: ein wichtiges Motiv bei Camus :sonne:


    LG
    Nightfever

    Ich habe in letzter Zeit vor allem für die Schule gelesen - Absolute Friends (John leCarré), To Kill A Mockingbird, Der Fremde, Der Prozess, Woyzeck, Maria Stuart, Wilhelm Tell, Die Räuber... Bei so viel Klassik und Klassischem habe ich nebenher nur noch Nerven für Fanfiction gehabt.


    Jetzt will ich mich mal wieder meinem SUB zuwenden. Da wäre zum Beispiel:


    Die Jungfrau von Orleans (Schiller)
    Hier interessiert mich vor allem der Vergleich mit St. Joan (GBS) und L'Alouette (Anouilh).


    Eine persönliche Erfahrung (Kenzaburo Oe)


    Das andere Geschlecht (de Beauvoir)


    Ich habe noch mehr Ungelesenes im Regal stehen, z.B. Tristam Shandy, einige Dostojewskis, Tess of the D'Urbervilles und Fairy Tales von Kipling - aber obiges interessiert mich am meisten, die anderen stehen mit eher schlechten Noten auf der Warteliste.


    Total aktuell habe ich aber vorgestern "Narziss und Goldmund" mal wieder hervorgeholt. Es ist immer noch eines meiner liebsten Bücher, auch wenn ich inzwischen aufmerksamer lese.


    LG
    Nightfever


    Hinduismus und Buddhismus - Ich bin evangelisch mit katholischem Einschlag... Na ja, und damals war ich halt noch sehr damit beschäftigt, meine eigene religiöse Herkunft zu entdecken.

    Das "lustigerweise" bezog sich darauf, dass GWTW nicht unbedingt hohe Literatur ist, auch wenn ich das Buch sehr spannend finde.


    Aber der Film ist wirklich an einigen Stellen sehr komisch, das habe ich erst gemerkt, als ich ihn im Kino gesehen habe - etwa die Stelle, wo Scarlett einen Heulanfall vortäuscht, um Ashley zur Mitarbeit in der Mühle zu bewegen, oder als sie nach der Nacht mit Rhett summend im Bett sitzt. Da musste ich einfach lachen!


    LG
    Nightfever

    Ich lese fast immer im Bett. Das hat natürlich den Haken, dass ich mittags manchmal müde werde und dann irgendwann lieber schlafe als für die Schule zu lesen...
    Am Schreibtisch lese ich nur, wenn ich dazu ständig schreiben muss, oder eigentlich gerade Hausaufgaben mache und nur schnell etwas nachlese. Und wenn ich Steiners Theosophie für unsere Philosophie-AG lese, setzte ich mich dafür ins Musikzimmer, wo Sofa und Tisch bequem nebeneinander stehen.
    Ich kann auch überkopf lesen, find's aber anstrengend.


    Wieso meinte dein Lehrer, du läsest falsch?


    LG
    Nightfever

    Mein Anspruch an eine gute Literaturverfilmung ist, dass die Botschaft / der Kern des Buches erhalten bleibt, der Film aber auch alleine stehen kann.


    Von daher ist (lustigerweise) die beste mir bekannte "Literatur"verfilmung
    Gone with the Wind mit Vivien Leigh als Scarlett O'Hara, Clark Gable als Rhett Butler, Olivia de Havilland als Melanie Hamilton; Regie: Victor Fleming, Drehbuch: Sidney Howard.


    Ansonsten fällt mir noch ein:


    The Quiet American (Graham Greene) mit Michael Caine, Brendan Fraser u.a. (2002)
    The Quiet American (1958) mit Audie Murphy, Michael Redgrave, Claude Dauphin u.a.


    Viele von Shakespeares Spielen sind ja verfilmt worden (The Tempest, A Midsummer Night's Dream...), am bekanntesten ist vermutlich
    Romeo and Juliet mit Clare Danes, Leonardo DiCaprio
    aber auch die Verfilmung von 1968 ist beeindruckend, mir gefiel sie fast besser als die neue. Und der Film war damals ein Sensationserfolg; der Regisseur Franco Zeffirelli hatte mit Leonard Whiting und Olivia Hussey zwei total unbekannte Schauspieler für die Hauptrollen ausgesucht.


    Neulich habe ich festgestellt, dass es auch einen Schwarz-Weiß-Film zu Kabale und Liebe gibt, der hat mich aber nicht so vom Hocker gerissen.


    Viel Erfolg mit der Datenbank wünscht
    Nightfever

    Ich hatte so mit 14, 15, 16 eine Hesse-Phase - da habe ich zuerst den Steppenwolf gelesen (mit dem ich zugegeben damals noch nicht so viel anfangen konnte), dann Siddharta, das mir schon besser gefiel (allerdings hatte ich mich da gerade voller Enthusiasmus konfirmieren lassen und war nicht so wahnsinnig offen für fremde religiöse Einflusse) und dann mit großer Begeisterung Narziss und Goldmund, Demian und als letztes Unterm Rad.


    Damals mochte ich die Sprache wahnsinnig gerne, und Narziss und Goldmund würde ich noch immer zu meinen Lieblingen zählen, obwohl ich es seit Jahren kaum mehr angefasst habe (müsste mal wieder...). Ich habe auch eine CD mit Gedichten und einem Brief an seine Eltern - das ist wirklich beeindruckend, wie geschliffen er sich schon mit 15 Jahren ausdrücken konnte.


    "Einstiegsdroge Hesse" ist bestimmt für viele Jugendliche zutreffend. Vor ein paar Jahren war anlässlich seines soundsovielten Geburtstages ein entsprechender Artikel mit Umfragen und Kommentaren von Jugendlichen im stern - da waren viele dabei, auf die Hesse diesen Harry-Potter-Effekt gehabt hatte.


    Für mich trifft das nicht zu: parallel zu Siddharta quälte ich mich erst durch Dostoievskis Idioten, um etwas später voller Begeisterung die Brüder Karamasov zu verschlingen... und gelesen habe ich sowieso schon vorher. ALso kein Einstieg in die Literatur für mich, sondern eher ein schönes Bad, in dem ich mich eine Zeit lang sehr wohl gefühlt habe, bis es mir irgendwann zu schwül wurde.


    Nightfever
    *noch ganz neu ist* :winken:

    Hallo! Ich bin ganz neu hier, eben erst angemeldet!


    Bevor ich mich in das Thema einklinkte, dessentwegen ich hergekommen bin (Camus), muss ich unbedingt meiner Begeisterung für Listen frönen und euch erzählen, was wir in der Schule bisher gelesen haben. :zwinker:


    Theodor Storm: Der Schimmelreiter (8. Klasse)
    Das fand ich so schrecklich... Und dieses Jahr musste ich noch einmal hineinschauen - geht noch immer so gar nicht an mich.


    In der 9. Klasse haben wir nur Kurzgeschichten und Anekdoten behandelt...


    Stefan Zweig: Schachnovelle (10. Klasse)
    Das fand ich toll - die Idee ist einfach gut, auch schön erzählt - hat mich für meine eigene Arbeit über Novellen maßgeblich beeinflusst.


    Alfred Andersch: Sansibar oder Der letzte Grund (10. Klasse)
    Die Erzählweise (aus verschiedenen Perspektiven) fand ich mal ganz interessant ... und seitdem kenne und erkenne ich Figuren von Barlach! Der Film war leider nicht so schön.


    Gerhart Hauptmann: Bahnwärter Thiel (10. Klasse)
    Gruselig, ich sage nur: Gruselig


    Das Nibelungenlied (10. Klasse)
    in Auszügen. Den Anfang kann ich immer noch auswändig: Es ist in alten Maeren / Wunders vil geseyt / Von Helden, Lobebaeren, / Von grozer Arebeyt / Von Froiden, Hochgeziten, /Von Weynen und von Klagen / Von küener Recken striten / Muget ir nu Wunders hoeren sagen"...


    Bert Brecht: Leben des Galilei (11. Klasse)
    Die Thematik ist mir ganz schön unter die Haut gefahren... Ja ja, man hat's nicht leicht als Christ :zwinker: War unser erstes komplettes Theaterstück (o Schande) und entsprechend anstrengend zu lesen


    Jean Anouilh: Jeanne oder Die Lerche (11. Klasse)
    Die dramaturgischen Mittel fand ich ganz interessant, und zwischendurch war es sogar witzig. Ansonsten war an diesem Stück nur eines spannend: Der Vergleich mit GBSs "St. Joan", den ich als Hausarbeit geschrieben habe.


    Max Frisch: Homo Faber (11. Klasse)
    Da fand ich Max Frisch noch ganz gut... Die Arbeit am Buch war sehr spannend!


    Wolfram von Eschenbach: Parzival (11. Klasse)
    Das ist ein wirklich tolles Buch! In der Schule haben wir nicht alles gelesen, aber ich habe es mir gleich danach gekauft und von vorne bis hinten durchgelesen (jeweils die Prosaübertragung von Wilhelm Stapel). Ich glaube, es ist eine Geschichte, die man mit sieben, mit 17 und mit 70 hören kann...


    Jean Anouilh: Antigone
    Sophokles: Antigone

    Beide Stücke wurden von uns als Klassenspiel aufgeführt.


    Johann Wolfgang Goethe: Faust I (12. Klasse)
    Davon hatte ich mir mehr erhofft, vielleicht weil es so schrecklich berühmt ist... Immerhin, in die Aufführung vom Hessischen Landesthater bin ich gleich zweimal rein und habe auch noch Freundinnen mitgeschleppt.


    Heinrich von Kleist: Über das Marionettentheater (12. Klasse)
    Nur eine Kurzgeschichte, die mich aber lange beschäftigt hat!


    Johannes von Tepl: Der Ackermann aus Böhmen (12. Klasse)
    (in Auszügen im Original, die andere Hälfte in Zusammenfasungen)
    Das war lustig zu lesen! Und faszinierend im geschichtlichen Kontext.


    Bert Brecht: Der gute Mensch von Sezuan (12. Klasse)
    Siehe da: dieser Brecht war viel leichter zu lesen als der erste. Auch Schüler werden klüger^^. Ansonsten gilt das Gleiche wie für den Galilei: Spannendes Thema, und ich uneins mit dem Herrn Brecht.


    E. T. A. Hofmann: Der Goldene Topf (12. Klasse)
    Während ich es las, schrieb ich auch gerade an einer Geschichte (Fanfiction) - Hofmann hat meinen Stil ein ganzes Kapitel lang deutlich geprägt.


    Hendrik Ibsen: Nora oder Ein Puppenheim (12. Klasse)
    Die Nacht in der ich den Aufsatz darüber geschrieben habe, war eine der verrücktesten meines Lebens. Das Fieber der Arbeit packte mich...


    Max Frisch: Stiller (12. Klasse)
    Ja ja, er ist nicht Stiller, aber hätte Frisch nicht einfach zum Psychologen gehen können, anstatt mich mit seinen Identitätsproblemen und -spielen zu nerven? Seit diesem Roman hege ich eine dezidierte Abneigung gegenüber Frisch, ohne sein schriftstellerisches Talent anzuzweifeln.


    Friedrich von Schiller: Maria Stuart (13. Klasse)
    Wir hatten es vorher schon einmal in der 10. Klasse in Auszügen gelesen (grauenhaft), und dann hatte ich es mir diesen Sommer für ein Referat 'reingezogen - aber erst als wir es jetzt ordentlich durchgenommen haben, konnte ich mich damit versöhnen und bin inzwischen ziemlich begeistert.


    Georg Büchner: Woyzeck (13. Klasse)
    Büchner ist meistens unbeliebt bei Schülern ... Mir geht der Hintergrund des Stückes total auf die Nerven, "was der Dichter uns damit sagen will" - wenn überhaupt hätte mich eine nähere Beschäftigung mit den verschiedenen Fassungen locken können. Tja, shit happens.


    Franz Kafka: Der Prozess (13. Klasse)
    Nachdem wir in der elf schon einige Kurzgeschichten von K. gelesen und "Vor dem Gesetz" ausführlich besprochen hatten, kam nun der Roman dazu. Abgesehen von dem Kapitel im Dom habe ich noch nicht so recht einen Zugang dazu gefunden.


    Albert Camus: Der Fremde (13. Klasse, hochaktuell!)
    Nach einer kurzen Gewöhnungsphase finde ich den Roman phantastisch. Trotzdem sagt er mir irgendwie nichts. Bin mal gespannt, wir schreiben nämlich am Montag die Klausur über den Fremden und den Prozess...


    Das war's bisher, in möglichst chronologischer Reihenfolge.
    Für meine Jahresarbeit habe ich mir außerdem ein knappes Dutzend Novellen durchgelesen, und für mein Referat über Schiller (Biographie, Werkbiographie, "Die Räuber") dessen Dramen "Die Räuber", "Kabale und Liebe", "Dom Karlos" und "Wilhelm Tell" sowie die Erzählung "Der Verbrecher aus Infamie" und einige philosophisch-literaturtheoreitsche Schriften von ihm gelesen.


    Herzliche Grüße
    Nightfever