Jules Verne: Zwei Jahre Ferien (1888)
Dieser Roman um eine Gruppe von Jugendlichen und Kindern des berühmten französischen Romanciers Jules Verne 1828-1905) ist eine Robinsonade, wie auch einige andere Bücher des Autors (z.B. Die Schule der Robinsons, 1885).
Inhalt:
1860 schiffen sich 15 Jungen zwischen acht und vierzehn Jahren des Internats Chairman, Auckland, Neuseeland, in den Sommerferien als Belohnung für ihre guten schulischen Leistungen auf dem Schoner „Sloughi“ ein, um eine Rundtour um die beiden neuseeländischen Inseln zu machen. Am Abend vor dem Start sind die Kinder allein auf dem Schiff, da die Mannschaft sich noch einen feuchtfröhlichen Abschiedsabend an Land macht. Durch einen zunächst ungeklärten Vorfall löst sich das Schiff von der Mole und treibt in den offenen Pazifik ab. Ohne einen Erwachsenen an Bord müssen die Jungen einen mehrtägigen Sturm aushalten, der sie schließlich an ein unbekanntes Ufer wirft. Selbst unbeschadet müssen die Jungen den Verlust des zertrümmerten Schiffes hinnehmen, können aber das Wrack ausräumen und auch alles retten, was ihnen das Überleben leichter macht, neben Konserven vor allem Kleidung, Waffen und Baumaterial.
Die Jungen erkunden das Land und müssen nach einiger Zeit des Erforschens feststellen, dass sie auf einer zwar großen, aber unbewohnten Insel gelandet sind, von der aus man nur in weiter Ferne weiteres Land vermuten kann. Dennoch bietet ihr neuer Lebensraum alles, was das Überleben möglich macht: Es gibt einen großen See in der Inselmitte, zahlreiche Tiere, essbare Pflanzenteile und sie finden eine Höhle in der Nähe des Sees, die von einem früheren schiffbrüchigen Franzosen angelegt worden war, der auch eine Karte und Aufzeichnungen hinterlassen hat.
Das Leben auf der Insel wird durch die harten Winter beeinträchtigt, da die Insel, wie die Jungen richtig vermuten, vor der südwestlichen Küste Südamerikas, also im Einzugsgebiet antarktischer Luftströmungen, liegt. Mehr noch leidet die Gemeinschaft unter der Rivalität unter zwei älteren Mitgliedern der Gruppe, dem stolzen, aus einer reichen englischen Familie stammenden Boniphan und dem französisch stämmigen Briant, den Jules Verne seinem jugendlichen Freund und späteren französischen Ministerpräsidenten Aristide Briand nachgezeichnet hat. Briant und sein drei Jahre jüngerer Bruder Jacques tragen neben dem 14jährigen Amerikaner Gordon und dem Schiffsjungen Moko viel zum Überleben auf der Insel bei.
Im zweiten Jahr landet eine Schaluppe voller Piraten an der Ostküste der Insel, und die Jungen müssen diese mithilfe zweier erwachsener Gefangener, die sich aus der Gewalt der Piraten befreien konnten, besiegen, da die Piraten ihre Schaluppe mit den Vorräten der Jungen reparieren und beladen und dafür die Kinder töten wollen. Es gelingt, die Feinde zu beseitigen. Nach der Reparatur der Schaluppe reist die Gruppe Richtung Südamerika, begegnet auf dem Weg einem australischen Dampfer, wird von diesem nach Auckland zurückgebracht und von den Eltern und der ganzen Stadt, die sich das unerklärliche Verschwinden der Jungen nie erklären konnte (Jacques hatte aus Spielerei die Taue gelöst) , begeistert wieder in Empfang genommen.
Stil und meine Meinung
Der Roman ist von seiner Thematik und seinen Protagonisten her ein typischer Jugendroman. Allerdings benutzt Verne wohl in der Originalausgabe sehr viele botanische und zoologische Fachbegriffe, was die Lektüre einer unbearbeiteten Ausgabe für Jugendliche etwas anstrengend machen könnte. Ich habe mir meine Ausgabe auf einem Bücherflohmarkt in Frankfurt an der Oder gekauft, wo Bestände der Stadtbibliothek veräußert wurden. Diese Ausgabe verzeichnet keinen Übersetzer und ist bearbeitet, so dass ich keine Schwierigkeiten mit lateinischen Fachbegriffen hatte. Dennoch finde ich, dass dieser Roman einer der schwächeren von Verne ist, weil er sich einerseits minutiös mit dem Aufbau einer sowohl materiell als auch sozial funktionierenden Kleinstgesellschaft beschäftigt, was sicher interessant ist, aber wenig für Spannung sorgt. Auch der Konflikt zwischen Boniphan und Briant und der Sieg über die Piraten werden zu wenig ausgeführt, als dass sie für atemlose Spannung sorgen. Zusätzlich machen einige Bemerkungen zum Umgang mit Moko, der als Farbiger kein Mitspracherecht hat und ganz selbstverständlich mit dienenden Aufgaben betraut bleibt, dem heutigen Leser wenig Freude. Kann man lesen, aber es gibt Besseres von Verne.