Darf man da um Erläuterung bitten?
Er hat statt 743 Bücher nur 632 Bücher gelesen dieses Jahr!
Darf man da um Erläuterung bitten?
Er hat statt 743 Bücher nur 632 Bücher gelesen dieses Jahr!
War viel unterwegs, werde mich aber bald wieder einmischen
Und wieder daheim.
Muss hier natürlich kurz anmerken, dass ich mich inzwischen an den dritten Platz herangeschrieben habe, was die Zahl der Postings angeht :breitgrins:
Meine Lieblingsbücher sind diese:
Bibel
Homer: Die Odyssee
Herodot: Historien
Aischylos: Orestie
Sophokles: König Ödipus; Antigone
Thukydides: Geschichte des peloponnesischen Kriegs
Platon: Der Staat
Aristoteles: Nikomachische Ethik
Ovid: Metamorphosen
Augustinus: Der Gottesstaat
Dante: Göttliche Komödie
Montaigne: Essais
Shakespeare: Tragödien
Cervantes: Don Quijote
Sterne: Tristram Shandy
Moritz: Anton Reiser
Schiller: Don Karlos; Wallenstein; philosophisch-ästhetische Schriften
Goethe: Briefwechsel mit Schiller
Goethe: Faust, Wahlverwandtschaften
Flaubert: Madame Bovary
Dostojewskij: Die Brüder Karamasow, Böse Geister
Joyce: Ulysses
Kafka: Erzählungen, Der Proceß
Thomas Mann: Buddenbrooks, Zauberberg, Josephs Romane, Dr. Faustus
Musil: Mann ohne Eigenschaften
Doderer: Strudlhofstiege
Thelen: Die Insel des zweiten Gesichts
Johnson: Jahrestage
Bernhard: Auslöschung
Die meisten mehrfach gelesen.
Siehe auch hier: http://koellerer.net/2009/08/12/privatkanon/
"Die Versuchung des heiligen Antonius" kenne ich auch noch nicht. Wenn man Aussagen Glauben schenken darf, soll es sein geheimnisvollstes Werk sein.
Ein sehr seltsames Buch in der Tat:
Ich bin jedenfalls froh, dass ich mich auf diese Lektüre eingelassen habe.
Dann empfehle ich noch seine Streitschrift zur Lektüre. Hier liegt inzwischen noch:
Neil Forsyth: John Milton. A biography (Lion Book)
"Haffmans über den "Alterswahnsinn", das ganze Tagebuch des Samuel Pepys erstmals vollständig auf deutsch zu bringen." http://bit.ly/aMEz8Y
Mein Fazit:
Paradise Lost. Zweisprachig. (2001)
Areopagitica. A speech for the liberty of unlicensed printing to the parliament of England. Zweisprachig. (2001)
Paradise Lost erschien 1667 und ist einer der englischen Klassiker. Milton setzte sich ein unbescheidenes Ziel: Die Darstellung des Sündenfalls samt Vertreibung aus dem Paradies in einem Großepos. Damit stellte er sich in die Tradition von Dantes Göttlicher Komödie. Es geht nichts über ein gesundes Selbstbewusstsein unter Autoren!
Angelegt ist das Epos in zwölf Büchern und bezieht auch die Vorgeschichte des Sündenfalls mit ein: Den Sturz Satans hinab in die Hölle nach einer großen Himmelsschlacht sowie das Schmieden und Ausführen seines Racheplans. Satan ist es, der Paradise Lost in erster Linie zu einer faszinierenden Lektüre macht. Milton schuf mit dieser Figur einen der großen Bösewichte der Weltliteratur. Er tritt in die Fußstapfen der fulminanten Widerlinge bei Shakespeare, wo in erster Linie Iago zu nennen ist. Ohne dessen nihilistische Monologe könnte man sich die rhetorisch brillanten Boshaftigkeiten von Miltons Satan kaum vorstellen. Ist Iagos Rachefeldzug dadurch motiviert, dass er sich von Othello zurückgesetzt fühlte, war bei Satan die Bevorzugung des Christus durch Gott das ausschlaggebende Motiv für die Rebellion. Satan dominiert das Epos literarisch auf vielen Ebenen, weshalb das Bonmot des Romantikers William Blake gar nicht so weit aus der Luft gegriffen ist, Milton sei “of the Devil’s party without knowing it” gewesen.
Strukturell sind die zwölf Bücher sehr geschickt angelegt. Nach einer kurzen Einleitung setzt die Handlung unmittelbar nach dem Höllensturz ein und gibt Satan damit schnell die Gelegenheit, sich rhetorisch in Szene zu setzen. Es folgt eine Höllenvollversammlung auf der die weitere Vorgehensweise kontrovers diskutiert wird. Auch vom Gerücht, dass es eine neue weitere Welt gäbe, wird gesprochen. Die Entscheidung: Satan soll sich alleine als Kundschafter auf den Weg machen, um die Topographie der neuen Lage zu studieren. Anfang des dritten Buches debattieren Gott und sein Sohn die Situation, danach darf der Leser Satan auf seinem Erkundungsgang begleiten. Milton beschreibt die Geographie der einzelnen Stationen ähnlich anschaulich wie Dante seine Höllenkreise, wenn auch weniger ausführlich. Vor dem Paradies angelangt setzt er nach kurzem Zögern seinen bösen Plan in Bewegung, der hinreichend bekannt ist, um ihn hier nicht wiederholen zu müssen. Angemerkt sei aber, dass Milton das dürre biblische Gerüst kongenial mit literarischer Wirklichkeit ausstopft.
Verglichen mit Satan verblassen Adam und Eva als literarische Figuren. An Miltons Darstellung der Eva werden nicht nur Frauen heute keine große Freude mehr haben. Sie können sich aber mit dem dümmlichen Gehabe Adams leicht trösten. Ab dem fünften Buch greift Milton zu umfangreichen Rück- und Vorblenden, die er so souverän und ästhetisch durchdacht einsetzt, dass mir vor Paradise Lost kein ähnlich perfekt konstruiertes nachantikes Werk bekannt wäre. Als Mittel zum Zweck dienen meist eingeschobene Erzählungen, die Adam aufklären oder trösten sollen.
Wer sich für Klassiker der Weltliteratur interessiert, sollte das Epos auf jeden Fall auf seine Leseliste setzen.
Als Abrundung und um Milton besser kennenzulernen, las ich noch dessen Schrift gegen die damals in England geplante Buchzensur. Es ist die erste Antizensur-Publikation dieser Art. Wer nur Paradise Lost kennt, könnte bei oberflächlicher Lektüre auf die Idee kommen, Milton sei ein bigotter Mensch. Nun war er zwar ein überzeugter Protestant mit teils sehr unorthodoxen Ansichten, aber gleichzeitig auch einer der großen Liberalen seiner Zeit. Wortreich führt er in der Areopagitica aus, welche schädlichen Folgen die Zensur auf das geistige Leben Englands hätte. Er argumentiert gegen sie aus unterschiedlichsten Perspektiven, von der Unpraktikabilität der Implementierungen angefangen über die Notwendigkeit “seinen Feind” kennen zu müßen bis hin zu historischen Präzedenzfällen. Auch patriotisches Gedankengut wird bemüht. Sehr amüsant zu lesen ist seine Empörung über Platons staatsphilosophische Ansichten, die bekanntlich ein Verbot der Literatur beinhalten.
Milton scheint eine sehr interessante Persönlichkeit gewesen zu sein. Eine Biographie ist bereits bestellt.
Der erzählt aber auch nur Lappalien, fand ich kaum als Zeitzeugnis interessant, als literarisches Werk überhaupt nicht. Ich hab den Spaziergang irgendwann in der Mitte recht lustlos abgebrochen.
Einspruch Euer Gnaden:
Kenne das Buch. Viel Freude bei der Lektüre :smile:
Hallo zusammen,
Michel de Montaignes 107 Essais in einem Band:
Vielleicht als Drittausgabe ...
Habe jetzt noch Miltons "Areopagitica. A speech for the liberty of unlicensed printing to the parliament of England" gelesen. Eine sehr gute Ergänzung finde ich, da sie die andere liberale Seite Miltons zeigen. Zu beidem spätestens am Wochenende mehr.
Beendete heute das 12. Buch. Ausführliche Zusammenfassung der Leseeindrücke folgt.
Hat zufällig jemand die Ausstellung besucht?
Zufällig nicht, aber zwei Mal mit voller Absicht!
CK
Sehe schon, unsere Milton Leserunde liest hier niemand mit :zwinker:
Mehr dazu (und zu anderen Aspekten), wenn Ihr ebenfalls durch seid. An welcher Stelle steckt Ihr?
Buch 9 zu Ende gelesen letztes Wochenende. Bin gerade beruflich in Belgrad und habe das Buch nicht dabei, weshalb ich jetzt nichts darüber schreiben kann. Werde es sicher im Juni auch noch beenden.
CK
Beendete eben das 8. Buch. Milton setzt also seine retardierende Erzähltaktik durch diverse Rückblenden fort, bevor es im 9. Buch dann wieder mit Satan ordentlich zur Sache geht.
Die Schlacht der Himmelsmächte im 6. Buch fand ich nicht langwierig. Fand es im Gegenteil spannend zu lesen, wie "vermenscht" Milton die Angelegenheit darstellt, inklusive Gottes absichtliche Steilvorlage für seinen Junior für den Gewinn der Schlacht. Das so explizit als PR-Gag in das Epos hineinzuschreiben, ist eigentlich schon wieder erfrischend frech.
Das 7. Buch kommt als rhetorisch aufgemotzte Version der Genesis daher. Spannend im 8. Buch fand ich, dass hier explizit über das Erkenntnisproblem zwischen Gott und Adam diskutiert wird, und auch mit welchem Nachdruck Adam auf die Erschaffung seiner Eva besteht. Dass Adam inquriert, wie es mit dem Sex unter Engeln aussieht, belegt auf jeden Fall, dass er als "Menschenvater" keine so schlechte literarische Wahl war
Habe jetzt am Wörthersee sitzend den 5. Gesang gelesen. Mir fällt erst jetzt auf, wie geschickt Milton sein Epos erzählerisch strukturiert hat. Dass er die Vorgeschichte (Satans Rebellion) genau dann von Raphael dem Adam erzählen läßt als die Handlung in medias res geht, ist sehr geschickt gemacht. Geschickter wohl als das meiste, was zu dieser Zeit geschrieben wurde.
Imponierend auch wie sorgfältig er vorbereitet, dass die Verantwortung für den Sündenfall bei Adam und Eva liegt. Gott schickt Raphael vorbei, damit man ihm nicht vorwerfen kann, er hätte das Disaster nicht verhindern wollen. Dass sie dabei explizit über Willensfreiheit reden ist aber wohl mehr Erkenntnis als man jemanden zutrauen kann, der noch nicht vom Baum der Erkenntnis gekostet hat