Beiträge von xenophanes

    Zitat von "Hubert"


    Jahren vor Dir herschiebst, wäre es sinnvoll gewesen, gleich im Februar als Du zu uns gekommen bist einen Lesevorschlag einzutragen, dann


    Sehe schon, spontan geht hier gar nichts :smile:


    CK

    Zitat von "sandhofer"


    Manchmal bin ich schwer von Begriff: War das nun Ironie?


    Ja, wenn ich einen Klassiker anfange, den ich schon seit Jahren vor mir her schiebe, kann ich doch nicht gleich wieder aufhören :-)


    Zumal mir das Buch ausgezeichnet gefällt. In Wahrheit ist Augustinus ja ein Klassiker der Religionskritik :-)


    CK

    Zitat von "finsbury"

    ich kann gar nicht glauben, dass diese Texte wirklich, auch unter Einkalkulierung der enormen Gedächtnisleistung der Rhapsoden, fast unverändert auf uns gekommen sind.


    "Unverändert" ist relativ, da ja nur eine Art Textbaustein-Kasten überliefert wurde, der von den Sängern immer neu zusammengesetzt wurde. Zu diesem Thema gibt es eine bahnbrechende klassische Studie von einem Amerikaner (glaube ich), dessen Name mir im Moment nicht einfällt, und der "rhapsodische" Literatur auf dem Balkan untersucht hat.


    CK

    Zitat von "sandhofer"

    Wie haltet Ihr es mit Übersetzungen?


    Also ich verfolge neue Übersetzungen von Klassikern ziemlich regelmäßig. Die Notwendigkeit einzelner Übertragungen zu beurteilen, kann man aber nur am Einzelfall.
    Generell erhalten diese Übersetzungen zumindest in der Öffentlichkeit die Klassiker am Leben. Denn sieht man sich einmal an, wann über diese Bücher berichtet wird, ist das meist anlässlich neuer Übersetzungen ( z.B. in der letzten Zeit über "Rot und Schwarz"), lässt man Jahrestage einmal außen vor.


    CK

    Zitat von "sandhofer"

    2005 hat bei mir wohl nix mehr Platz :rollen: Wenn Du solange warten kannst und willst (auch dann ohne Garantie, dass ich wirklich mitmachen kann oder will) ...


    Das geht auf keinen Fall, nachdem ich das Buch schon seit 10 Jahren lesen will :smile:


    Dante will ich in absehbarer Zeit auch angehen, die Erstlektüre mit 17 oder 18 Jahren ist kaum mehr wahr.


    CK

    Hallo!


    Hat jemand Zeit & Lust dieses Buch mitzulesen?


    Erste Eindrücke (von meiner Homepage):


    Aurelius Augustinus: Vom Gottesstaat. Bücher 1 und 2
    (dtv-bibliothek)


    Augustinus zu lesen ist eine interessante Erfahrung: Intellektuelles Vergnügen über die Brillanz und Schärfe vieler Gedankengänge einerseits, Verwunderung über die geistige Verschwendung an wenig ergiebigen Fragestellungen andererseits.
    Beschäftigt man sich mit den besten religiösen Denkern, Thomas von Aquin wäre ein weiteres Beispiel, so wird man mit klugen Systemen konfrontiert, deren logische Kohärenz und argumentative Konsistenz Bewunderung abnötigen. Nun hat die Sache freilich einen großen Haken: Diesen mit viel Aufwand und Liebe zum Detail errichteten Gedankengebäuden fehlt jegliches Fundament. Man steht vor mit großer Begabung errichteten Luftschlössern.
    Nun könnte man diese theoretischen Gebäude als l’art pour l’art genießen, als hervorragende Gedankenliteratur. Diese Rezeptionshaltung setzte sich jedoch zwei Einwänden aus: Erstens waren Denker wie Augustinus ungemein einflussreich und konnten deshalb nicht nur im Geistesleben signifikanten Schaden anrichten. Zweitens wird hier ein expliziter Wahrheitsanspruch erhoben, der redlicherweise Ernst genommen werden sollte.
    „Der Gottesstaat“ ist eine fulminante Verteidigung des Christentums gegenüber zahlreichen Vorwürfen seitens nichtchristlicher Römer, welche die neue Religion für den Untergang des Imperiums maßgeblich verantwortlich machten, speziell für die Eroberung Roms durch die Westgoten im Jahr 410. Gleichzeitig ist das Buch ein Pamphlet gegen die Heiden im allgemeinen und die römische Religion im besondern und damit ein Dokument zeitloser religiöser Intoleranz. Augustinus schrieb sich in Hippo, einer kleinen nordafrikanischen Provinzstadt, in einen wahren Furor gegen die Sittenlosigkeit Roms hinein. Wie aktuell dieser religiöse Hass der Stadt als Symbol der Dekadenz immer noch ist, kann man in „Occidentalism“ von Ian Buruma und Avishai Margalit nachlesen.
    Augustinus war hochgebildet, hatte nicht nur die römischen Historiker und Philosophen sorgfältig gelesen, sondern auch viele griechische Klassiker. Darunter Plato, den er gar nicht genug dafür loben kann, die Dichter aus seinem Idealstaat verbannt zu haben:



    Sollte man nicht vielmehr dem Griechen Plato die Palme reichen, der, als er das Vernunftideal eines Staates entwarf, die Dichter als Feinde der Wahrheit aus der Stadt zu vertreiben empfahl? Er in der Tat wollte weder die Beleidigung der Götter dulden noch die Seelen der Bürger durch Hirngespinste umnebeln und verderben lassen.
    [S. 78]


    Erwähnt sei am Rande, dass der große Platon, trotz dieser für die Kirche nützlichen totalitären Anregungen, selbstverständlich jedem Christen - der Natur des katholischen Kastenwesens gemäß - unterlegen ist:


    Wir halten zwar Plato weder für einen Gott noch für einen Halbgott, stellen ihn auch nicht einem der heiligen Engel des höchsten Gottes oder einem prophetischen Wahrheitszeugen oder irgendeinem Apostel oder Märtyrer Christi oder auch nur einem beliebigen Christen an die Seite [...]
    [S. 79f.]


    Bei der Lektüre der ersten beiden Bücher des „Gottesstaats“ hatte ich mehrmals den Eindruck als würde Augustinus aufgrund seines großen geistigen Horizonts die Schwachstellen seiner Argumentation durchaus erkennen. Eine strukturelle Schwäche seines Gedankenganges besteht darin, mythologische und/oder literarische Geschichten als empirisches Fundament für seine Kritik zu verwenden. Als Plato- und Cicero-Kenner musste er aber wissen, auf wie wackeligen ontologischen Beinen diese Vorgehensweise steht. Gleich zu Beginn bezieht er sich ausführlich auf Vergils Hauptwerk als Quelle und schreibt am Ende schuldbewusst:


    Es müßte denn sein [...], dass aber Vergil nach Dichterweise alles frei erfunden hätte.
    [S. 10]


    Was ja bei Dichtern schon vorgekommen sein soll und weshalb sie Augustinus wie Platon aus seinem utopischen Gemeinwesen verbannt sehen will. Deshalb schiebt er noch eine Rechtfertigung nach:


    Doch nein, er hat beschrieben, was bei Zerstörung von Städten feindlicher Brauch ist.
    [S. 10]


    Ein weiteres Beispiel. Augustinus vergleicht die alttestamentarische Geschichte vom Propheten Jonas im Walfischbauch mit der des Arion von Methymnä, der von einem Delphin an Land gezogen wurde. Dabei ist er sich sehr wohl bewusst, dass die Bibelgeschichte empirisch wesentlich unplausibler ist, und schreibt deshalb entschuldigend:


    Gewiß klingt unsere Erzählung vom Propheten Jona noch unglaublicher. Ohne Frage unglaublicher, weil wunderbarer, und wunderbarer, weil von größerer Macht zeugend.
    [S. 27]


    Zwischen den Zeilen kann man also den Streit zwischen dem vergleichsweise aufgeklärten spätantiken Intellektuellen und dem dogmatischen Christen beobachten. Ein Nebenaspekt des Buches, aber ein reizvoller.

    Zitat von "Erika"


    Literaturlexikons nach. Wer hat von Euch Erfahrungen mit dem oben angegebenen Lexikon?


    Das Kindler ist (trotz diverser Mängel) ein Standardwerk und hat im deutschsprachigen Raum nichts vergleichbares. Deshalb spricht nichts gegen einen Kauf.


    CK

    Zitat von "sandhofer"

    Verstehe ich das jetzt richtig, dass Du alles, was in Martins Zitat steht, gelesen hast?


    Ja. Als Entschuldigung kann ich nur anführen, dass ich gelernter Literaturwissenschaftler bin :zwinker:


    CK

    Gelesen habe ich davon:



    Das vielleicht auch als Vorstellung, sehr viel habe ich hier ja noch nicht geschrieben :zwinker:


    CK

    Zitat von "sandhofer"


    Während es mir früher ziemlich egal war bzw. ich aus 'Kostengründen' meist TB kaufte, tendiere ich heute zur gebundenen Ausgabe. Sandhofer


    Das gleiche Verhalten kann ich bei mir beobachten. Ich kaufe zwar auch noch Taschenbücher, vor allem wenn es keine vernünftige Alternative gibt. Bei Autoren, die ich sehr schätze, kaufe ich mir gebundene Werkausgaben. Ohne die Münchner Goethe-Ausgabe wäre ich z.B. völlig hilflos.


    CK

    [quote="RoquairolAber Herodot hat die Historie überhaupt begründet. Und er ist unter literarischen Gesichtspunkten das größere Lesevergnügen. Am Ende also 2-1 für Herodot ... [/quote]


    Ich sehe in diesem gegeneinander Ausspielen eigentlich keinen Sinn. Thukydides ist literarische ebenfalls hervorragend: Im Kleinen, was die brillanten Reden angeht. Die einzelnen Abschnitte sind sorgfältig komponiert. Auch größere Themenblöcke sind erstklassig ausgeführt, etwa der "Ausflug" nach Sizilien.


    Ein paar Notizen zu Thukydides:
    http://www.koellerer.de/thukydides.html

    Zitat von "Roquairol"

    Wer ist besser, Herodot oder Thukydides?
    Ich plädiere für Herodot ...


    Dazu müssten wir uns erst einmal auf die Bewertungskriterien einigen. Nach modernen Maßstäben war Thukydides sicher der der bessere Historiker (Objektivität der Darstellung).
    Dass Herodot aufgrund der Kombination von Erzählung / Mythologie / rationale Erklärungsansätze einen großen Charme hat, wer kann das bestreiten.


    CK

    Zitat von "finsbury"

    Wer möchte über altgriechische Literatur sprechen?


    Finsbury


    Ich lese auch seit vielen Jahren altgriechische Klassiker: Homer, die Tragiker und vor allem Platon.
    Dringend empfehlen würde ich auch die Lektüre von Thukydides "Geschichte des peloponnesischen Krieges", ein Buch, das mich in jeder Hinsicht beeindruckt hat.

    Zitat von "Hubert"

    :smile: Bestand neben dem Veröffentlichungsverbot der Bücher nicht auch ein Aufführungsverbot seiner Dramen in Österreich – und das wurde doch m.M. nach missachtet oder täusche ich mich da?


    Meines Wissens: nein.
    Seit einiger Zeit dürfen seine Stücke aber mit Hilfe eines juristischen Tricks wieder aufgeführt werden, was auch gut so ist. Wo sollte man seine Stücke denn spielen, wenn nicht in Wien? :-)


    CK

    Zitat von "Steffi"


    seine Werke sollen in Österreich bis zum Ende des Urheberrechts nicht mehr veröffentlicht werden. Aber, wie abzusehen, hält sich niemand daran.


    Das stimmt nicht ganz. Die Bücher Bernhards werden bei Suhrkamp, also einem deutschen Verlag veröffentlicht. Bernhard schrieb ja in seinem Testament nicht, dass seine Bücher nicht in Österreich verkauft werden dürfen.


    Die neue Werkausgabe ist sehr empfehlenswert!


    CK