Brechts Lyrik

  • Hallo zusammen!


    Um aus einem off-topic-thread einen on-topic-thread zu machen, hier also einer zu Brechts Lyrik. Oft wird diese ja übersehen, obwohl ich persönlich der Meinung bin, sie ist mindestens ebensoviel wenn nicht mehr wert als seine Stücke.


    Meine Lieblinge sind in Bertolt Brechts Hauspostille, mein absoluter Favorit ist Lied der verderbten Unschuld beim Wäschefalten.


    Wie sieht's bei Euch aus?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    wie ich auch schon in dem ehemaligen Off-Topic-Thread geschrieben habe, bedaure ich auch, daß Brechts Lyrik oftmals zu kurz kommt oder gar belächelt wird. Letzteres kann meiner Ansicht nach nur mit der Unkenntnis seiner Lyrik erklärt werden.


    Meine Favoriten sind ebenfalls in der von Dir genannten Hauspostille und in den Svenborger Gedichten zu finden. Es fällt mir allerdings recht schwer, einen absoluten Liebling auszumachen. Das variiert bei mir immer leicht und ist, wie Lyrik überhaupt, bei mir Stimmungsschwankungen unterworfen. Dieses Phänomen tritt bei mir aber in dieser Form erstaunlicher Weise fast nur bei Lyrik auf.
    Zu meinen Lieblingen zählen 'Gegen Verführung' und 'Vom armen B.B.' (Schlusskapitel und Anhang der Hauspostille), der 'Alabama-Song', das 'Lied einer deutschen Mutter' und 'An die Nachgeborenen'.


    Aber wie gesagt variiert diese Auswahl immer ein wenig, da ich eigentlich alle paar Wochen einige seiner Gedichte lese (ich habe die Gesamtausgabe seiner Gedichte aus dem Suhrkampverlag). Dabei entdecke ich dann natürlich auch immer wieder 'neue' Gedichte, die mir beim bisherigen Lesen entweder entgangen oder nicht besonders aufgefallen sind. Die oben angegebenen Gedichte gehören dabei zum Stamm meiner Lieblinge.


    Wie bereits erwähnt wäre ich auch durchaus an einer Leserunde interessiert, falls sich noch ein paar andere Brecht-Liebhaber oder -Interessierte finden ließen.


    Gruß
    Berch

  • Brecht war einer der größten Lyriker deutscher Sprache. Ich liebe nicht alle seine Gedichte, doch das liegt nicht an der Form und dem Stil. Einige seiner Gedichte sind großartig und lassen sich immer wieder lesend genießen. Meine Lieblingsgedichte von Brecht sind unter anderem "Der Ohm", "700 Intellektuelle beten einen Öltank an" und "Der Rauch". Ich schließe mich Sandhofer an, weil auch ich Brechts Lyrik mehr mag als seine Stücke. Die Brechtsche Lyrik hat einen ganz eigenen unverwechselbaren Charme, soviel ist sicher! Damit grüßt euch FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Brecht habe ich in meiner Schulzeit verschlungen. (Die Moritat von Mackie Messer(1928...) Kann ich heute noch perfekt :breitgrins: .(ca.30 Jahre her)


    Theater


    -"Die Gewehre der Frau Carrar"
    -"Mutter Courage und ihre Kinder"

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Während ich keinen rechten Zugang zu Bertold Brechts prosaischen Werk finde, bin ich doch von so einigem seines poetischen Werkes geradezu begeistert. Eine Einschätzung MRR’s, dass von Brecht wohl die Lyrik bleiben wird, teile ich unbedingt. Doch wie immer gibt es Vorlieben und da kann es sich auch so ergeben, das anderen Menschen Brechts Gedichte weniger sagen, als seine anderen Werke. Oder es gibt Menschen, denen sowohl Brechts Prosa als auch Poesie nichts sagt. Seit einiger Zeit, unbedingt aber seit dem Irakkrieg, gehört das in den 20er Jahren von Brecht verfasste Gedicht “700 INTELLEKTUELLE BETEN EINEN ÖLTANK AN” zu meinen Lieblingsgedichten. Nicht nur, weil ich es immer noch aktuell finde…




    Vielleicht sollte ich den Brecht-Wiki noch erwähnen:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Bert_Brecht


    Ich würde mich über eine lebhaftere Brecht-Diskussion sehr freuen...


    Grüße und ein schönes Wochenende, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • hi, ich mag brecht ja eigentlich nicht sonderlich, dieses gedicht find ich aber klasse :klatschen: . habs auch gleich ein paarmal an gute freunde und bekannte versendet. Die :urlaub: sich alle gerade irgendwo und ein paar worte zur allgemeinen aufheiterung können da ja nicht schaden.


    grüße vom troll
    :schmetterling:

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Friedrich-Arthur"

    Während ich keinen rechten Zugang zu Bertold Brechts prosaischen Werk finde, bin ich doch von so einigem seines poetischen Werkes geradezu begeistert. Eine Einschätzung MRR’s, dass von Brecht wohl die Lyrik bleiben wird, teile ich unbedingt.


    Ist ein bisschen extrem formuliert, aber im Prinzip teile ich Deine Meinung. Vielleicht noch der Hinweis, dass Reich-Ranicki wohl nicht der erste und sicher nicht der einzige war und ist, der diese Meinung vertreten hat.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat

    Ist ein bisschen extrem formuliert

    :grmpf:


    Ja, das sehe ich auch so! Wir wurden in der Schule nur etwas leicht überfüttert.( DDR - Zeit) Musste auch viele Gedichte auf der Bühne rezitieren. :zwinker:
    Besonders möchte ich noch hervor heben:


    Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit(1934) - Zu Literatur und Kunst


    Zitat

    Wer heute die Lüge und Unwissenheit bekämpfen und die Wahrheit schreiben will, hat zumindest fünf Schwierigkeiten zu überwinden. Er muß den Mut haben, die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie allenthalben unterdrückt wird; die Klugheit, sie zu erkennen, obwohl sie allenthalben verhüllt wird; die List; sie unter diesen zu verbreiten. Diese Schwierigkeiten sind groß für die unter dem Faschismus Schreibenden, sie bestehen aber auch für die, welche verjagt wurden oder geflohen sind, ja sogar für solche, die in den Ländern der bürgerlichen Freiheit schreiben.


    1. Der Mut, die Wahrheit zu schreiben
    2. Die Klugheit, die Wahrheit zu erkennen
    3. Die Kunst, die Wahrheit handbar zu machen als eine Waffe
    4. Das Urteil, jene auszuwählen, in deren Händen die Wahhrheit wirsam wird
    5. Die List, die Wahrheit unter vielen zu verbreiten

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Hallo Sandhofer,


    ich liebe einfach Brechts Lieder und Lyrik.
    Traurig und mit Sinn. Traurig vielleicht, weil er im Exil war.
    Ich habe viele Schallplatten gekauft, ich liebe "Sieben Elefanten" oder "Mutter Beimlein" oder was war das "Gott sei Dank, Geduld es geht vorüber auch die Liebe und der Kummer sogar wo sind die Tränen von gestern Abend wo ist der Schnee von vergangenen Jahr"...oder "Zehn Minuten später lagen nur noch meine Knochen auf der Straße!" diese Liedernfetzen...
    und das kurze Gedicht "Der Rauch" ist auch ganz gut...als ein Beispiel von Konjunktiv II. (Deutsch als Fremdsprache)


    Brechtsong ist immer nah für mich. "Und was bekam Soldaten Weib..." das ist aber auch traurig.


    :blume:

  • Mir geht es wie papagena, ich liebe seine Lyrik, die ich immer noch als sehr aktuell und nah am Leben empfinde. "Der Rauch" ist zeitlos und wird es noch bei 100%iger Abgasreinigung sein! Auch in Zukunft beten 1000 Intellektuelle einen Öltank an, selbst wenn es im Irak kein Öl mehr zu bohren gibt. Der Ohm wird auch in Zukunft in jeder größeren Stadt anzutreffen sein. Einige der brechtschen Gedichte haben sehr viel Ironie und Witz, den ich Brecht früher garnicht zugetraut hatte. Einige seiner Liebesgeichte sind auch köstlich und bei den Liedern zur Klampfe kann man das Bier und den Rauch des Legerfeuers förmlich riechen... Ich lese immer mal wieder in meinen Brecht-Lyrikbänden, bin immer wieder aufs Neue überrascht und bewegt. Hesse hatte recht mit seiner Brecht-Einschätzung und hätten die Kommunisten Brecht wie Hesse gesehen, vielleicht hätte ihre Utopie vom Sozialismus mehr Lebenschancen gehabt... Wieder einmal hoffe ich nicht zu undeutlich gewesen zu sein und wenigstens neue Stichworte und Anregungen für eine Diskussion geliefert zu haben...


    Bis dann und Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Ich höre auch gerne mal meine Hanns Eisler CD "Lieder und Kantaten im Exil", mit Liedern von Brecht und anderen aus dem Hause "BERLIN Classics". Ute Lemper soll auch eine sehr gute Brechtlieder-Interpretin sein, die ich aber noch nicht gehört habe (aber das würde hier zu weit gehen und sollte lieber weiter unten im Forum bei klassischer Musik von mir angefragt werden). Auf jeden Fall sind die Vertonungen brechtscher Lyrik unbedingt eine Entdeckung wert, meint FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Traurig und mahnend sind Brechts Songs des Exils, aber sie sind schön. Einiges, was er im Exil dichtete ist von umwerfender Kraft, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Glaubwürdigkeit, dass es mich einfach nur ehrfürchtig macht und immer wieder Gänsehaut erzeugt. Ich bin froh, dass Männer und Frauen wie Brecht auch Deutsche waren, sonst wäre der Blick auf die Geschichte nicht zu ertragen... Ich danke Brecht für mehr, als nur schöne Lesestunden! FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Wird 2006 ein wahres Bertold-Brecht-Jahr? Wird endlich der geniale Lyriker Brecht von vielen entdeckt werden, so wie er es verdient? Bertold Brecht, das werde ich nicht müde zu wiederholen, hat viel für die deutschsprachige Literatur getan und hat in der Welt dazu beigetragen, der deutschen Kultur in wahrlich finsteren Zeiten ein Minimum an Respekt zu wahren. Brecht, wie auch Hermann Hesse waren wichtige Standbeine des damals noch sehr jungen Suhrkamp-Verlages unter Peter Suhrkamps Leitung. Hesse ermunterte Peter Suhrkamp zur Gründung des Verlages und Brecht schrieb am 21. Mai 1950, wenige Wochen vor Gründung des Suhrkamp-Verlages am 1. Juli 1950: “Lieber Suhrkamp, natürlich möchte ich unter allen Umständen in dem Verlag sein, den Sie leiten.” Brecht und Suhrkamp kannten sich schon viele Jahre. Brecht schrieb im Oktober 1945 aus Kalifornien an Peter Suhrkamp: “Ihr Brief ist der erste, der mich aus Deutschland erreicht, und sie waren einer der letzten, die ich in D. sah – ging ich doch von Ihrer Wohnung an die Bahn am Tag nach dem Reichstagsbrand; ich habe Ihnen Ihre Hilfe bei meiner Flucht nicht vergessen.”


    Um Brecht preiswert und doch recht umfänglich im Jubiläumsjahr kennenzulernen, gibt es die Ausgewählten Werke in sechs Bänden, st 3732, zusammen 4800 Seiten, 6 Bände in Kassette, die seit Oktober verfügbar ist. (verkürzt zusammengefasst aus Suhrkamp – Verzeichnis der lieferbaren Bücher 2005/2006)


    Ich bin jedenfalls begeistert von Brechts Lyrik!


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Zitat von "Friedrich-Arthur"

    Wird 2006 ein wahres Bertold-Brecht-Jahr? Wird endlich der geniale Lyriker Brecht von vielen entdeckt werden, so wie er es verdient? Bertold Brecht, das werde ich nicht müde zu wiederholen, hat viel für die deutschsprachige Literatur getan und hat in der Welt dazu beigetragen, der deutschen Kultur in wahrlich finsteren Zeiten ein Minimum an Respekt zu wahren.


    Ja, Brechts Lyrik hat etwas besonderes: Irgendwie ist sie oft sogar für mich bekömmlich, der sonst mit Lyrik sehr wenig anfangen kann. - Vielleicht liegt es daran, dass Brechts Lyrik oft ins epische auswächst und nicht auf das rein gefühlsmässige beschränkt ist.
    Wenn ich an Brechts Lyrik denke, so ist sie eng mit seinen Theaterstücken verknüpft, nicht identisch, aber verknüpft. Und dann kommt mir Brechts Lyrik nicht so abgehoben und weltfremd vor, eher materialistisch als wirklich verträumt...


    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Bertold Brecht
    Werke
    Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe
    Herausgegeben von Werner Hecht, Jan Knopf, Werner Mittenzwei und Klaus-Detlef Müller
    30 Bände
    Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar
    Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main
    Sonderausgabe
    19810 Seiten
    gebunden
    Jubiläumspreis 2006: 249 Euro


    und das konnte ich erst fast nicht glauben! Aber so steht es wirklich in "Suhrkamp Insel - Jahrestage 2006 - Novitäten 1. Halbjahr". Vorsichtshalber schreibe ich noch, dass ich für Preisangaben keine Gewähr übernehme und eine genaue Nachfrage in einem guten Buchladen empfehle. Aber Vorsicht, man braucht schon einen Kleintransporter um eine mögliche Bestellung abzuholen. Der Brechtliebhaber wird sich das wohl nicht entgehen lassen...


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Wem die 19810 Seiten der Großen kommentierten Berliner und Frankfurter Ausgabe zuviel sind und wer “nur” Brechts großartiges lyrisches Werk entdecken will, der kann zum Jubiläumspreis von 29,80 Euro folgendes schöne Buch erwerben:


    Bertolt Brecht
    Die Gedichte
    1251 Seiten
    gebunden
    Suhrkamp
    3-518-41151-9)


    Und der Verlag schreibt dazu:

    Zitat

    Brechts lyrisches Werk ist in Qualität und Umfang einmalig in diesem Jahrhundert. Die ca. 2000 Gedichte, die zwischen 1913 und 1956 entstanden, sind zugleich Spiegel und Brennglas für die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Band versammelt sämtliche Gedichte Brechts, die zu seinen Lebzeiten erschienen oder aus dem Nachlaß editiert worden sind. Am Beginn stehen die großen Sammlungen, alle weiteren Gedichte Brechts schließen sich in chronologischer Reihenfolge an.


    Ich finde Brechts lyrisches Werk auch herausragend. Einige Gedichte vergesse ich nicht mehr, sie schwirren mir immer im Kopf herum. Brechts lyrisches Werk ist sehr zu empfehlen!


    Jetzt habe ich aber genug für Brecht geworben...


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10