Was lest ihr gerade?

  • Ich komme im Moment leider fast gar nicht zum Lesen, schmökere aber gelegentlich in einer bizarr-schönen Dissertation zum Zusammenhang zwischen Algebra und Sprache. Erfreulicherweise kommt sie dabei ganz ohne esoterischen Dummfug aus, was bei Werken zu diesem Thema ja sonst eher selten ist.




    (Editiert wegen Schusselfehlern. Das kommt davon, wenn man reflexartig auf jeden SENDEN-Button klicken muss. :grmpf:)

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  • Zitat

    schmökere aber gelegentlich in einer bizarr-schönen Dissertation zum Zusammenhang zwischen Algebra und Sprache


    Scheint hochtrabender Unfug zu sein. Die Anordnung der Buchstaben im lateinischen Alphabet ist ein historischer Zufall und daher bedeutungslos. Aus einem solchen Zufall eine Poetologie ableiten zu wollen, ist sinnfreie Spielerei... Schon der Chinesiche Restsatz ist mehr wert als hundert solcher Pamphlete.


    - Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Scheint hochtrabender Unfug zu sein. Die Anordnung der Buchstaben im lateinischen Alphabet ist ein historischer Zufall und daher bedeutungslos. Aus einem solchen Zufall eine Poetologie ableiten zu wollen, ist sinnfreie Spielerei...



    Na, du bist aber streng.


    Ja, Harald, ich bin auch der Meinung, dass die Anordnungen der Buchstaben im Alphabet wie auch in der Buchstabensuppe Zufall ist, schön, dass wir das noch mal explizit herausgearbeitet haben. Nur sah man das von den Pythargoreern an bis weit in die Neuzeit hinein anders. Man betrachtete Zahlen und Buchstaben als Ausdruck einer göttlichen Ordnung, die man durch derlei Tüfteleien zu erforschen versuchte. Ich finde also schon, dass dieses Thema, auch wenn man die Prämissen persönlich nicht teilt, kultur- und mentalitätsgeschichtlich sehr interessant ist. Davon mal ganz abgesehen haben solche Zahlen- und Buchstabenspielereien ihre ganz eigene Ästhetik, also warum sollte man daraus keine Poetologie ableiten? Welche Sorte Poesie wäre denn deiner Meinung nach überhaupt sinnvoll und unverspielt genug, um eine Poetologie zu rechtfertigen? Gesundheitspolitische Lehrgedichte über korrektes Zähneputzen?

  • Zum Thema Poesie und Mathematik:


    I’m sure that I will always be
    A lonely number like root three


    The three is all that’s good and right,
    Why must my three keep out of sight
    Beneath the vicious square root sign,
    I wish instead I were a nine


    For nine could thwart this evil trick,
    with just some quick arithmetic


    I know I’ll never see the sun, as 1.7321
    Such is my reality, a sad irrationality


    When hark! What is this I see,
    Another square root of a three


    As quietly co-waltzing by,
    Together now we multiply
    To form a number we prefer,
    Rejoicing as an integer


    We break free from our mortal bonds
    With the wave of magic wands


    Our square root signs become unglued
    Your love for me has been renewed


  • Das ist ja süß, von wem ist das?

  • Das ist ja süß, von wem ist das?


    Die Frage, wieviel Mathematik in der Poesie (und umgekehrt) steckt, finde ich interessant. Daher vielen Dank, liebe Fee, für den Hinweis auf die etwas abstruse Dissertation. Mich erinnert das an die Fragestellung, ob Musik mehr ist als tönende Mathematik und ob das Komponieren bspw. eines Klavierstücks letztlich nichts anderes ist als das mehr oder weniger kreative Spiel mit den physikalischen Gesetzen, auf denen unser Klang- und Harmonieempfinden beruht. Das ist natürlich ein Schlag ins Gesicht für alle Gefühls- und Genieästhetiker.


    Vielleicht wird unser ästhetisches Empfinden sehr viel stärker durch nüchterne mathematisch-physikalische Gegebenheiten beeinflusst als uns lieb ist.


    LG


    Tom


  • Ich ... schmökere ... in einer bizarr-schönen Dissertation zum Zusammenhang zwischen Algebra und Sprache.


    Zwei Zitate daraus:


    Buchstaben sind Nomaden. Von Natur aus halten sie sich nicht an die Ordnungssysteme von Grammatik und Semantik, Sein und Sinn, Bedeutung und Botschaft. Manchmal wollen sie nur nach dem Lied der Zahlen tanzen.


    Ja, das ist bizarr-schön!


    Später dies:


    Von der Frage nach der Institution des Autors kommen wir zu jenen poetologischen Konzepten, die sich auf verfahrensgestützte Operationen berufen. Dabei steht der Aspekt des „poiein“, des Herstellens, von poetischen Texten im Mittelpunkt der Betrachtung. Infolgedessen müssen Fragen nach der Motiv- oder Ideengeschichte eines Werks vor einer Diskussion seiner Genese, dem making of, zurücktreten. (Hervorhebungen von mir)


    Ich finde diesen Aspekt recht interessant. Mal sehen, ob ich es schaffe, diese Dissertation am Wochenende komplett zu lesen.


    LG


    Tom

  • Vielleicht wird unser ästhetisches Empfinden sehr viel stärker durch nüchterne mathematisch-physikalische Gegebenheiten beeinflusst als uns lieb ist.


    Bis zu einem bestimmten Punkt ist unser ästhetisches Empfinden auch einfach ein Produkt der Evolution. Palindrome z.B. kämen einem möglicherweise weit weniger ästhetisch vor, wäre der Mensch nicht aus evolutionären Gründen auf die Bevorzugung von Spiegelsymmetrien bei der Wahl seiner Fortpflanzungspartner abonniert. :boff: :breitgrins:


    Ich würde die Arbeit auch gerne komplett lesen, komme aber im Moment leider nicht so recht dazu und stöbere lediglich in den Passagen zur Geschichte der Zahlenmystik herum, was aber auch ganz faszinierend ist. Ich merke eigentlich jetzt erst, wie unvollkommen sich einem Autoren wie Borges und Eco erschließen, wenn man kein Grundverständnis für solche auf Analogiebildungen beruhenden Ordnungssysteme entwickelt.


    Viele Grüße FeeVerte

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  • Hallo Fee,


    Ich hatte den Text gestern abend fast komplett, und dann hat das Forum mich rausgeworfen... grrrr!


    Also noch mal:


    Zitat

    ... ich bin auch der Meinung, dass die Anordnungen der Buchstaben im Alphabet wie auch in der Buchstabensuppe Zufall ist, schön, dass wir das noch mal explizit herausgearbeitet haben. Nur sah man das von den Pythargoreern an bis weit in die Neuzeit hinein anders. Man betrachtete Zahlen und Buchstaben als Ausdruck einer göttlichen Ordnung, die man durch derlei Tüfteleien zu erforschen versuchte. Ich finde also schon, dass dieses Thema, auch wenn man die Prämissen persönlich nicht teilt, kultur- und mentalitätsgeschichtlich sehr interessant ist.


    Zahlen kann man durchaus als Ausdruck göttlicher Ordnung ansehen. Das lateinische Alphabet aber nicht. Und was beweist schon die Tatsache, dass Jahrtausende lang über Wortgleichungen, die auf A=1, B=2 usw. beruhen, nachgegrübelt wurde? Man hat auch darüber debattiert, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz finden. Durch die Jahrtausende wird so etwas nicht sinnvoller. Ich stimme Dir aber zu, dass man dies als historische Tatsache der Geistesgeschichte, etwa als Ausdruck einer bestimmten menschlichen Sehnsucht, spannend finden kann. Allerdings scheint das nicht die Perspektive der Dissertation zu sein. Diese hat für mich eher den Charme einer "Malen nach Zahlen" Vorlage. Die Hauptidee dieses Textes, nämlich Wörter nach ihrer Quersumme zu gruppieren, hat Grundschulniveau. Und das wenige, was z.B. über Lullus oder Leibniz gesagt wird, ist sehr mager.


    Erlaube mir ein einziges Zitat:


    Zitat

    Lullus (1223 – 1316) hatte in seinen über dreihundert Schriften, namentlich in seiner Ars magna et ultima im Anschluss an die kabbalistische Kombinatorik auf der Basis der Grundzahl 9 mit Hilfe von Permutationstabellen und konzentrischen Kreisscheiben (Alphabetum divinum) den Schlüssel für eine Art Urtext gesucht, aus dessen Elementen sich die Essenz religiösen Wissens gewinnen lässt. Dabei unterscheidet er zwischen jeweils neun principia absoluta (bonitas, magnitudo) und principia relativa (differentia, concordia), die mit symbolischen Buchstaben codiert und kombiniert werden können.


    Das ist auch schon alles, was wir über Lullus erfahren. Da bleibt so gut wie alles offen. Wie hat sein System konkret funktioniert? Wie unterscheidet es sich konzeptionell von anderen, ähnlichen Systemen? Enthält sein System neue mathematische Konzepte? Hat Lullus den Urtext (oder den Schlüssel dazu) gefunden? Warum hat er überhaupt danach gesucht? Welches religiöse Wissen hat ihm (und vermutlich auch vielen seiner Zeitgenossen, wenn er als Repräsentant einer geistesgeschichtlichen Epoche gilt) gefehlt? Darüber weiß der Autor nichts zu sagen.


    In diesem Stil ist die ganze Dissertation abgefasst. Eine Collage von oberflächlich behandelten Zitaten, ausgefüllt mit hochtrabendem Jargon.


    Als historische Studie wertlos. Mathematisch plump. Analyse und Kritik fehlen völlig. Eine intellektuelle Leistung ist nicht erkennbar.


    Gegen Spielerei mit Sprache ist ja gar nichts einzuwenden. Aber eine Dissertation soll eine wissenschaftliche Leistung darstellen. Die sehe ich hier einfach nicht.


    Selbst der Titel klingt falsch. "Der Wert der Wörter" müsste es heißen. (Aber vielleicht wollte der Autor subtil seinen Wunsch ausdrücken, dass aus den Wörtern Worte werden mögen.)


    Dabei gibt es wirklich interessante Themen an der Schnittstelle von Mathematik und Sprache. Zum Beispiel:


    - Gibt es eine Universalgrammatik, d.h. ein System von Metabegriffen und Metaregeln, aus dem sich durch Spezialisierung die Grammatik jeder menschlichen Sprache ableiten lässt?


    Meines Wissens bis heute nicht beantwortet.


    - Gibt es statistische Parameter (Worthäufigkeit, Verwendung bestimmter grammatischer Formen etc.), aus denen die Textsorte ableitbar ist?


    So dass eine bestimmter Satz von Werten für einen Familie von Parametern eine Art linguistischen "Fingerabdruck" darstellen würde. Intuitiv würde ich sagen, dass jeder Mensch seine eigenen sprachlichen "Fingerabdruck" hat. Es gibt tatsächlich Sprachwissenschaftler, die sich mit solchen Fragen beschäftigen (z.B. zur Analyse von Erpresserbriefen), dies aber quasi "zu Fuß" machen. Ansätze zu einer Theorie, oder auch nur systematische empirische Erkenntnisse darüber sind mir nicht bekannt. Aber vielleicht gibt es sie irgendwo? Würde mich sehr interessieren.


    - Gibt es eine Korrelation zwischen Sprachbautyp (analytisch, agglutinierend, isolierend, ...) und den in einer Sprache bevorzugten poetischen Formen (Hexameter, Haiku, ...)?


    - Vergleich und Bewertung verschiedener Verfahren für maschinelle Übersetzung.


    Auch zur Beantwortung dieser Frage braucht es etwas mehr als A=1, B=2 etc.


    - (von Sir Thomas:) Was ist der Unterschied zwischen Musik und tönender Mathematik? Oder gibt es keinen?


    Stoff für viele Dissertationen. Ist aber alles nichts für Dünnbrettbohrer.


    So, genug "Strenge" für heute ;-) Die Sonne scheint, der Laptop wird zugeklappt. Ich wünsche allen ein schönes Wochenende.


    - Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.


  • Was ist der Unterschied zwischen Musik und tönender Mathematik? Oder gibt es keinen?


    Hallo Harald,


    das ist eine gute Frage, auf die jede Musikepoche ihre eigene Antwort gab. Die strenge vorbarocke Vokalpolyphonie hat sich keineswegs als tönende Mathematik verstanden, obwohl sie nach genauen, fast schon rigiden Regeln (den Gesetzen des Kontrapunkts) komponiert wurde. Höhepunkt dieses Musikverständnisses war der sog. Palestrina-Stil. Später, im Rahmen der Emanzipation der Instrumentalmusik von der Vokalmusik, wurde auf der Basis der Dur-/Moll-Harmonik die Darstellung von Affekten als das Wesen der Musik definiert. Es folgten (besonders in der Romantik) Ansätze der Gefühls- und Ausdrucksästhetik, denen zufolge Musik das Gefühlsleben des Komponisten nach aussen zu kehren habe (Schumann ist ein gutes Beispiel). Die zweite Wiener Schule um Arnold Schönberg hat damit gründlich aufgeräumt und ein quasi mathematisch grundiertes Kompositionsprinzip (die berühmt-berüchtigte Zwölftonmusik) ins Leben gerufen.


    Meine persönliche Meinung: Das Tonsystem ist auch ohne hineingelegtes oder hineininterpretiertes Gefühl ausdrucksstark genug, um für sich selbst "reden" zu können.


    Wenn es Dich interessiert: Carl Dahlhaus hat zu diesem Thema das Büchlein "Musikästhetik" geschrieben. Es bietet einen kompakten Überblick über die verschiedenen philosophischen Konzepte. Sehr empfehlenswert!


    LG und eine schönes Wochenende!


    Tom


    PS: Eigentlich gehören unsere letzten Beiträge nicht in den Ordner "Was lest Ihr gerade?" Vielleicht kann sandhofer die Beiträge bei Gelegenheit herauslösen ...

  • Hallo Tom,


    Danke für den Hinweis, das interessiert mich tatsächlich. Allerdings mehr vom Standpunkt der Psychologie oder sogar Neurobiologie (oder auch der Evolution): Wie kommt es, dass Musik eine so starke emotionale Wirkung auf uns haben kann? Wieviel von dieser Wirkung ist biologisch vorprogrammiert und wieviel ist angelernt? Ist z.B. die Empfindung, dass Moll eher "traurig" klingt, und Dur eher "heiter", universell, d.h. wird das auch von Menschen, die noch nie westliche Musik gehört haben, so erkannt? Oder ist das kulturell erworben? Ich vermute fast, dass letzteres der Fall ist.


    Interessant auch Dein Hinweis auf die Unterschiede zwischen den Epochen. Genauso gibt es Unterschiede zwischen den Kulturen. Ich weiß von indischen Bekannten, dass ihre Vorfahren, als sie zum ersten Mal westliche Musik zu hören bekamen (Beethoven oder so etwas), darauf mit "Was ist denn das für eine Katzenmusik?" reagiert haben. Während für uns indische Musik ebenfalls schwer zu verstehen ist. Diese Anekdote deutet darauf hin, dass Musik nicht wirklich eine "universelle Sprache" ist.


    Ich würde vermuten, dass unsere Empfindungsfähigkeit gegenüber Musik sich aus dem Sprachsystem weiterentwickelt hat. Wir können ja in unserer sprachlichen Kommunikation jenseits des sachlichen (d.h. durch die Worte an sich ausgedrückten) Inhalts durch Modulation der Stimme eine Vielzahl von emotionalen Nuancen ausdrücken und auch beim Hören verstehen. Man kann sich vorstellen, dass die Evolution diese emotionale Ausdrucks- und Verstehensfähigkeiten herausgebildet hat, weil sie für den Zusammenhalt in der Familie und der Gruppe extrem nützlich sind.


    Leider kann ich mit dieser Spekulation die schon von Pythagoras entdeckte Tatsache, dass Harmonien auf ganzzahligen Schwingungsverhältnissen beruhen, nicht erklären. Und dann gibt es auch noch den Rhythmus...


    Das Buch von Dahlhaus ist schon mal auf meine Wunschliste gewandert.


    Herzliche Grüße, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo Harald,


    das interessiert mich tatsächlich. Allerdings mehr vom Standpunkt der Psychologie oder sogar Neurobiologie (oder auch der Evolution): Wie kommt es, dass Musik eine so starke emotionale Wirkung auf uns haben kann? Wieviel von dieser Wirkung ist biologisch vorprogrammiert und wieviel ist angelernt? Ist z.B. die Empfindung, dass Moll eher "traurig" klingt, und Dur eher "heiter", universell, d.h. wird das auch von Menschen, die noch nie westliche Musik gehört haben, so erkannt? Oder ist das kulturell erworben? Ich vermute fast, dass letzteres der Fall ist.


    auf einige dieser Fragen gibt Stefan Schaubs Musikgeschichte "Erlebnis Musik" eine Antwort: Hier werden die verschiedenen Epochen mit ihren Komponisten und auch der Rezeptionsgeschichte aus musikpsychologischer Sicht dargestellt, daneben aber auch sehr informiert und trotzdem gut lesebar die Entwicklung des europäischen Tonsystems und der musikalischen Stile dargestellt. Der neuropsychologische Aspekt bleibt allerdings, wenn ich mich recht erinnere, weitgehend ausgespart. Das kulturell Erworbene dagegen steht eher im Blickpunkt.


    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

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  • Zahlen kann man durchaus als Ausdruck göttlicher Ordnung ansehen. Das lateinische Alphabet aber nicht. Und was beweist schon die Tatsache, dass Jahrtausende lang über Wortgleichungen, die auf A=1, B=2 usw. beruhen, nachgegrübelt wurde? Durch die Jahrtausende wird so etwas nicht sinnvoller.


    Das Abbilden von Zeichensystemen durch andere Zeichensysteme ist die Grundlage der Ver- und Entschlüsselung von Informationen. Und ich glaube kaum, dass du deine Daten beim Onlinebanking unverschlüsselt durchs Netz schicken möchtest. Und das ist nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten von Chiffriersystemen. Kryptologie, Diplomatie, die EDV inclusive aller Programmier- und Auszeichungssprachen, das moderne Bankwesen - wäre ohne "A=1, B=2" alles nicht möglich.



    Deine Ausfälle gegen Wert der Worte lasse ich unkommentiert. Du solltest dir dringend akzeptable Umgangsformen zulegen.


  • Ich würde vermuten, dass unsere Empfindungsfähigkeit gegenüber Musik sich aus dem Sprachsystem weiterentwickelt hat. Wir können ja in unserer sprachlichen Kommunikation jenseits des sachlichen (d.h. durch die Worte an sich ausgedrückten) Inhalts durch Modulation der Stimme eine Vielzahl von emotionalen Nuancen ausdrücken und auch beim Hören verstehen.


    Hallo Harald,


    ich zitiere einige Stellen aus "Klang und Eros" von Paul Bekker (1922):


    Klang (bzw. Musik) ist hörbar gewordene Sinnlichkeit. ... Wenn man über die Natur des Klanges nachdenkt, dann rückt die menschliche Stimme in den Mittelpunkt. Sie beherrschte große Epochen der Musikgeschichte, hinter ihr verbarg sich der Eros als Urkraft musikalischer Kunst. Instrumente waren früher Diener der Stimme, geschaffen, diese zu schmücken, nicht aber mit ihr in Wettbewerb zu treten.


    Im Instrumentenklang lebt die Stimme weiter ... Instrumentenklang bedeutet einen Wechsel vom natürlichen zum nachgeahmten Gesangston, in dem man ein Zeichen reizsteigernder Dekadenz und verfeinerter Geistigkeit des Klangempfindens sehen kann. Dann wäre allerdings das Aufblühen der Musik ein Verfallssymptom. Was vorliegt, ist Wandlung des erotischen Empfindens durch Zugänglichmachung neuer Sinnesgebiete.


    Eine Zeit, in der die Menschenstimme das vorherrschende Mittel des Klangausdrucks ist, dokumentiert damit die unbefangene, unverhüllte Sinnlichkeit der Musik. Eine Zeit aber, die sich vom vokalen dem instrumentalen Ton als Grundklang musikalischen Empfindens zuwendet, zeigt eine Metamorphose des Eros zum Denaturalistischen, Symbolischen, Gleichnishaften.


    Paul Bekker war Musikkritiker und Dirigent. Ich finde seine Überlegungen z.T. heute noch lesenswert, auch wenn sie vielleicht keine wissenschaftlich befriedigenden Antworten auf die Natur unseres Musikempfindens liefern.


    Den vollständigen Aufsatz findest Du hier: http://commons.wikimedia.org/w…iften_Band_2.pdf&page=334


    Einen schönen Tag wünscht


    Tom

  • Bin im Moment der literarischen Bewältigung des 1. Weltkrieges auf der Spur. Lese Solschenizyns "August 1914" und danach habe ich Arnold Zweigs "Junge Frau von 1914" auf dem Plan. Die meisten anderen Romane aus der 1.WK-Reihe von Zweig kenne ich schon, es fehlt mir allerdings das wichtige "Erziehung vor Verdun": Ist aber nicht auf meinem SUB, muss daher warten.
    Parallel dazu lese ich Geschichtliches zu dieser Epoche und bin von neuem entsetzt über die Ignoranz und den Egoismus der Herrschenden auf beiden Seiten, für die sie Millionen von Menschenleben geopfert haben.


    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Wieder einen Murakami "Mister Aufziehvogel", einfach nur gut, wenn man den Kopf voll hat und dennoch lesen möchte :zwinker:

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"