Altgriechisch im Cyber-Age?

  • Hallo zusammen,


    wenn es das Schicksal tatsächlich gibt, dann hat es mir gerade zugewunken. *g*
    Ich war schon immer für Dinge wie Literaturwissenschaft, Philosophie oder auch Archäologie zu haben. Dementsprechend war Latein eines meiner Lieblingsfächer und geht mir auch ziemlich ab, seit meine schulische Laufbahn beendet ist (jetzt studiere ich Lebensmittel- und Biotechnologie).
    Die Hoffnung, jemals in meinem Leben Altgriechisch zu lernen, habe ich bereits als Zehnjährige ad acta gelegt, als ich mich bewusst nicht für die einzige Schule in der Umgebung entschieden habe, wo diese Sprache unterrichtet wurde.
    Und jetzt spricht mich plötzlich eine Freundin an und fragt mich, ob ich nicht mit ihr zusammen einen Altgriechisch-Kurs besuchen möchte - eben bei genau diesem Lehrer, der an besagter Schule unterrichtet! Also wenn das kein Zeichen ist! :zwinker:


    In meiner sehr praktisch veranlagten Familie werde ich allerdings schief angeschaut. Für meine spätere berufliche Laufbahn wird mir Griechisch wohl kaum etwas bringen, aber ich empfinde es trotzdem als persönliche Bereicherung. Es ist für mich einfach eine tolle Möglichkeit, das Gleichgewicht zwischen Technik, Natur- und Geisteswissenschaften wieder herzustellen, was bis jetzt nur durch exzessiven Büchergenuss in meiner Freizeit möglich war! :breitgrins:


    Was sagt ihr zu dem Thema? Ist es wirklich so verrückt, in der heutigen Zeit gleich zwei tote Sprachen zu lernen, wenn man von den lebenden nur (ziemlich gut) Englisch und (sehr lückenhaft) Spanisch kann?


    Liebe Grüße,
    Bluebell

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Hallo Bluebell,


    schon James Bond wusste es: "Sag niemals nie!" Nun hast du also doch die Gelegenheit Altgriechisch zu lernen. Ich beneide dich um die Voraussetzungen: Kleine Lerngruppe, kein Prüfungsdruck!!!


    Ich habe Altgriechisch an der Uni gelernt: Ein Kurs mit über 50 Leuten und in zwei Semestern zum Graecum.


    Wenn du Lust hast, mache es einfach und schere dich nicht um das mangelnde Verständnis deiner lieben Mitmenschen. Jeder Mensch braucht ein Hobby und bei dir ist es eben das Sprachenlernen. Spanischlernen kannst du ja immer noch.


    Herzliche Grüße
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Bluebell,


    Ich könnte vor Neid erblassen - ich habe mich auch mit Altgriechisch beschäftigt, mehrere Anläufe genommen und es immerhin bis zur Übersetzung von Teilen aus Platos Symposion gebracht, mittlerweile aber vieles wieder vergessen. Ich habe mich sogar mit einer dritten "toten" Sprache beschäftigt - Sanskrit, das so tot übrigens gar nicht ist. Im Moment fehlt mir einfach die Zeit - ich schaffe es nicht einmal, mein Italienisch aufzubessern...


    Du solltest Dir genug Zeit nehmen. Man kann das Graecum vielleicht in einem Jahr schaffen, muss dafür aber das ganze Jahr konzentriert arbeiten. Plane lieber zwei Jahre bis zur Lektüre. Auf längere Sicht kommt es mehr auf Selbstdisziplin als auf Enthusiasmus an.


    Übrigens glaube ich, dass Griechisch, wenn man über die Anfangsschwierigkeiten hinweg ist, leichter als Latein ist.


    Dass ich der Meinung bin, dass Griechisch sich lohnt, brauche ich wohl nicht mehr zu betonen... ich wünsche Dir viel Spaß beim Lernen!


    Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo allerseits
    Hallo Bluebell


    Zitat

    Was sagt ihr zu dem Thema? Ist es wirklich so verrückt, in der heutigen Zeit gleich zwei tote Sprachen zu lernen, wenn man von den lebenden nur (ziemlich gut) Englisch und (sehr lückenhaft) Spanisch kann?


    Es ist niemals verrückt, lernen zu wollen und Sprachen zu lernen, eröffnet meiner Meinung nach Horizonte!!
    Von toten Sprachen verstehe ich nicht viel, habe Latein "wahlfrei" gehabt an der Schule und mich nie so richtig begeistern können. Lag vielleicht auch am Lehrer .. :breitgrins:


    Allerdings denke ich, es wird schwierig, da doch Sprache nur erlernt und verbessert werden kann, wenn sie auch angewandt wird. Oder ist das bei toten Sprachen anders? Werden die genutzt, indem alte Texte gelesen werden und verkümmern also auch nicht?


    Das wäre schön, so habe ich die Angelegenheit noch nie betrachtet.


    Wie sind Eure Erfahrungen da?


    :winken:


    Daniela

    &quot;Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde.&quot; - John Irving

  • Danke Erika, Harald und Daniela! Ihr baut mich echt auf! :bussi:


    Zitat von "elahub"

    Allerdings denke ich, es wird schwierig, da doch Sprache nur erlernt und verbessert werden kann, wenn sie auch angewandt wird. Oder ist das bei toten Sprachen anders? Werden die genutzt, indem alte Texte gelesen werden und verkümmern also auch nicht?


    Ich denke, das ist von Person zu Person verschieden. Ich habe mich in Latein im Gegensatz zu den meisten meiner Schulkollegen immer ausgesprochen leicht getan, man könnte fast sagen gespielt. Nach der Matura (Abitur) habe ich überhaupt nichts Lateinisches mehr übersetzt.
    Kürzlich habe ich "Der Name der Rose" gelesen, und da kommen ja viele lateinische Zitate vor, die im Anhang übersetzt werden. Ich habe das als Hilfestellung betrachtet, um meine Kenntnisse wieder aufzufrischen, und war ziemlich schnell wieder in Übung - wenn auch natürlich nicht so gut wie damals, als ich dreimal pro Woche Texte von Caesar, Plinius oder Sallust übersetzt habe.


    Wie schaut die Sache bei den anderen aus, die sich mit toten Sprachen auskennen?


    Pfiat eink,
    Bluebell

    &quot;Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve.&quot;

  • Hallo zusammen!
    Hallo Bluebell!


    Tote Sprachen? Welche Sprachen sind für Dich 'tot'? Kommt es nicht darauf an, ob Du sie brauchst, aktiv oder passiv?


    Meine 'toten' Sprachen sind Schwedisch, Russisch und Dänisch; Sprachen, die ich mal gelernt habe und nun überhaupt nicht mehr brauche - weder aktiv noch passiv.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits
    Hallo Sandhofer


    Zitat

    Tote Sprachen? Welche Sprachen sind für Dich 'tot'? Kommt es nicht darauf an, ob Du sie brauchst, aktiv oder passiv?


    In der Schule habe ich gelernt und es auch später so erfahren, dass sogenannte "Tote Sprachen" die sind, die heute nicht mehr gesprochen werden, also z.B. Latein.
    Das bedeutet nicht, dass sie bedeutungslos werden oder so, es geht rein um das Sprechen und wenn ich die Grundfrage richtig verstanden habe, gehört also auch Altgriechisch dazu.


    Im Gegensatz dazu gibt es "Lebendigen Sprachen" und auch noch die künstlichen wie Esperanto und was es dergleichen mehr gibt.


    :winken:


    Daniela

    &quot;Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde.&quot; - John Irving

  • Hallo zusammen,


    Daniela hat gepstet:
    In der Schule habe ich gelernt und es auch später so erfahren, dass sogenannte "Tote Sprachen" die sind, die heute nicht mehr gesprochen werden, also z.B. Latein.
    Meiner Meinung nach, beweist dies wieder einmal, dass in der Schule doch viel Unsinn gelehrt wird: Latein wird m.M. nach heute noch sehr oft gesprochen. Nicht nur auf Ärztekongressen, oder unter Theologen, sondern immer dann, wenn Englisch nicht mehr weiter hilft. M.M. nach wird Latein immer noch von mehr Menschen gesprochen, als z.B. Esperanto?


    Gruß von Hubert

  • Hallo,


    "Tote" Sprachen sind Sprachen, die nicht mehr als Muttersprache vorkommen (d.h. nur noch als Zweitsprachen, ob gesprochen oder nicht). Daher werden Latein und (Alt-)Griechisch m.E. zu Recht als tote Sprachen bezeichnet.


    Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo zusammen!


    Ist dann nicht 'Hochddeutsch', 'Standard-Deutsch' oder wie immer Ihr das Ding nennen wollt, das wir z.B. hier im Forum benutzen, auch 'tot'? Eigentlich handelt es sich sogar um eine Totgeburt, da Hochdeutsch ursprünglich keinem gesprochenen und als wirkliche Muttersprache existierendem Dialekt entspricht, sondern ein Kunstprodukt aus sächsischer Kanzleisprache + Einsprengsel verschiedener Dialekte ist.


    Hannoveraner behaupten zwar heutzutage, sie sprächen dieses Konstrukt wirklich als Muttersprache. Mag sein, ihr Niederdeutsch haben sie ja verloren. Hannoverander Deutsch wäre dann also der Golem, Frankensteins Monster ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Harald,


    Du hast das jetzt ja richtig gestellt. So kann ich es auch akzeptieren. Latein ist eine "tote Sprache" weil es nirgens mehr als Muttersprache gesprochen wird, aber nicht, weil es nicht mehr gesprochen wird.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Sandhofer,


    Zitat von "Sandhofer"

    Ist dann nicht 'Hochddeutsch', 'Standard-Deutsch' oder wie immer Ihr das Ding nennen wollt, das wir z.B. hier im Forum benutzen, auch 'tot'?


    Ursprünglich vielleicht ja, aber inzwischen nicht mehr. Ich jedenfalls habe diese Sprache mehr oder weniger als Muttersprache gelernt, wenn auch das "Schriftdeutsch" einen starken Einfluss auf meine Ausdrucksweise gehabt hat, z.B. auch hier, wo ja geschrieben wird. Eine tote Sprache kann also durchaus wieder zum Leben erweckt werden, z.B. Ivrit (modernes Hebräisch)! Jetzt eine lebende Sprache im Sinne meiner Definition.


    Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo zusammen!
    Hallo Harald!


    Hochdeutsch also doch Frankensteins Monster?!? (Patchwork-Language!) Ivrit hingegen müsste ein Golem sein ...


    Tot? Lebendig? Wenn ich - was mir leider auch schon passiert ist - mit dem Auto auf der Strasse einen Igel überfahre, dann liegt der nachher tot im Strassengraben. Er fängt an zu stinken und zu faulen, und irgendwann und irgendwie hat ihn die Natur dann 'entsorgt': er ist verschwunden.


    Es gibt sicher viele Sprachen, die 'tot' in diesem Sinne sind. Ich denke da z.B. an Indianer-Sprachen, wo die weissen Eroberer ganze Stämme auslöschten, ohne sich gross um deren Sprache oder Kultur zu kümmern. Von einigen haben wir Reste in Wörterbüchern - schon da würde ich nicht mehr behaupten, dass diese Sprachen wirklich 'tot' sind.


    Latein und Alt-Griechisch, die einem typischerweise einfallen, wenn man den Begriff 'tote Sprachen' hört, sind m.E. alles andere als tot. Wer, wie ich, zuerst Latein und später Spanisch gelernt hat, wird schnell merken, wie lebendig Latein immer noch ist. Und wenn Alt-Griechisch 'tot' ist, obwohl ein paar Millionen immer noch dessen Weiterentwicklung sprechen, schreiben, lesen, träumen ... - dann ist auch Sandhofer 'tot'. Nämlich das Kind oder der Junge 'Sandhofer'.


    Was ich sagen will: Es ist mir schon klar, was man üblicherweise unter 'tote Sprachen' versteht. Ich halte den Ausdruck aber für sinn-los. Die Sprache war nie 'lebendig' (wie du und ich, wie mein Hund oder wie jener Igel), also kann sie auch nicht 'tot' sein. Insofern macht es ebensoviel Sinn, Alt-Griechisch zu lernen wie Englisch, Aramäisch, Kurdisch oder Aztekisch. Es kommt, wie immer, darauf an, wozu und wie jemand die Sprache braucht.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits


    Zitat

    Meiner Meinung nach, beweist dies wieder einmal, dass in der Schule doch viel Unsinn gelehrt wird: Latein wird m.M. nach heute noch sehr oft gesprochen. Nicht nur auf Ärztekongressen, oder unter Theologen, sondern immer dann, wenn Englisch nicht mehr weiter hilft. M.M. nach wird Latein immer noch von mehr Menschen gesprochen, als z.B. Esperanto?


    Hubert, dass in der Schule manches Mal Unsinn geredet wird, bestreite ich bestimmt nicht. Allerdings kann ich auch nicht glauben, dass Latein noch gesprochen wird. Mit ziemlicher Sicherheit jedenfalls nicht von Theologen und auch bei Ärzten, selbst auf Kongressen, kann ich mir das nicht vorstellen. Wohl, dass lateinische Ausdrücke verwendet werden, aber nicht, dass lateinisch gesprochen wird. Auch wer Latein lernt, lernt nicht, sich lateinisch auszudrücken, sondern es wird "lediglich" übersetzt und zwar Latein/Deutsch.


    Von Esperanto bin ich gar kein Fan und soweit ich weiß, wird es nur von Esperantoclubs verwendet, bei deren Treffen:)



    Zitat

    Hannoveraner behaupten zwar heutzutage, sie sprächen dieses Konstrukt wirklich als Muttersprache.


    sandhofer, jetzt hast Du mich wirklich an einer empfindlichen Stelle getroffen. Ich bin zwar keine Hannoveranerin, lebe aber nur etwa eine Stunde (Auto) von dort entfernt und selbst bis hierher hat das klare, perfekte!! Hochdeutsch seine Auswirkungen noch.


    Gern würde ich das Plattdeutsch aus unserer Gegend sprechen, aber selbst meine Eltern reden fast nur Hochdeutsch.
    (An dieser Stelle ein kleiner Beweis, dass es auch Platt hier noch gibt:


    "Din Öldern un de Öbrigkeit, dei sollste stets spektirn, denn mit din oll Rebelligkeit deist Du Di blos ruiniern" - Spruch in meinem Poesiealbum, eingetragen von meinem Onkel :smile:



    Zitat

    Du hast das jetzt ja richtig gestellt. So kann ich es auch akzeptieren. Latein ist eine "tote Sprache" weil es nirgens mehr als Muttersprache gesprochen wird, aber nicht, weil es nicht mehr gesprochen wird.


    Zitat

    Latein und Alt-Griechisch, die einem typischerweise einfallen, wenn man den Begriff 'tote Sprachen' hört, sind m.E. alles andere als tot.


    Hubert, egal, warum Du jetzt akzeptieren kannst, dass Latein eine "Tote Sprache" ist ... Diese Sprachen verändern sich nicht mehr und zwar weil sie nicht mehr gesprochen werden, muttersprachlich oder nicht, und deshalb sind sie "tot", im Sinne von unbeweglich.


    Ein wesentliches Merkmal unserer Sprache, und das kann jede/r am besten an seiner / ihrer Muttersprache beobachten, ist, dass sie veränderlich ist, in Wort und Schrift.
    Mögen uns diese Veränderungen gefallen oder nicht, sie finden merklich und unmerklich statt. Das ist auch gut so, denn schließlich ändern sich die Zeiten, die Menschen, die Gegenstände ..... :zwinker:



    Zitat

    Es kommt, wie immer, darauf an, wozu und wie jemand die Sprache braucht.


    Genau so ist das !! (Iste böyle,wie unsere türkischen Mitmenschen sagen :zwinker: )
    Deswegen würde ich ja gern mal wissen, wo oder wie Alt-Griechisch angewendet wird, gibt es da bestimmte Literatur, die man in Alt-Griechisch lesen sollte oder so etwas? Wer kennt sich denn da nun wirklich aus?


    liebe Grüße


    :winken:


    Daniela

    &quot;Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde.&quot; - John Irving

  • Hallo zusammen!
    Hallo Daniela!


    Du schreibst:

    Zitat

    Hubert, egal, warum Du jetzt akzeptieren kannst, dass Latein eine "Tote Sprache" ist ... Diese Sprachen verändern sich nicht mehr und zwar weil sie nicht mehr gesprochen werden, muttersprachlich oder nicht, und deshalb sind sie "tot", im Sinne von unbeweglich.


    Ich bin zwar nicht Hubert, möchte aber doch anmerken, dass
    [list]a) der Vatikan ständig Latein anpasst und z.B. an die neuesten technischen Errungenschaften heranführt
    b) ich nach wie vor der Meinung bin, dass Latein, Alt-Griechisch & Co. nur in dem Masse 'tot' sind, wie die 4-jährige Daniela (aka elahub) 'tot' ist: Ein Entwicklungsstadium, das Du hinter dir gelassen hast
    c) ich den Gebrauch von 'tot' für eine Sprache für unsinnig halte
    d) genau dieser Gebrauch einen dazu verführt, in Alt-Griechisch oder Latein nur einen am Strassenrand der Menschheitsgeschichte verwesenden Kadaver zu sehen.[/list:u]

    Zitat

    Deswegen würde ich ja gern mal wissen, wo oder wie Alt-Griechisch angewendet wird, gibt es da bestimmte Literatur, die man in Alt-Griechisch lesen sollte oder so etwas? Wer kennt sich denn da nun wirklich aus?


    Homer, Platon, Aristoteles, Euripides, Sophokles, Aischylos, Sappho, Archilochos, die Septuaginta ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits
    Hallo Sandhofer


    Zitat

    a) der Vatikan ständig Latein anpasst und z.B. an die neuesten technischen Errungenschaften heranführt


    Das wusste ich nicht! (obwohl hochkatholisch :zwinker: ) In dem Sinne wäre dann auch Latein nicht "tot".



    Zitat

    c) ich den Gebrauch von 'tot' für eine Sprache für unsinnig halte


    Ich bin auch nicht verliebt in diese Bezeichnung, es ist nur die, die mir mein Lateinlehrer beigebracht hat und die ich auch bei anderen gehört habe bzw. von der ich weiß, dass dies eben ein Unterscheidungsmerkmal sein soll - Sprachen werden gesprochen oder nicht.



    Zitat

    Homer, Platon, Aristoteles, Euripides, Sophokles, Aischylos, Sappho, Archilochos, die Septuaginta ...


    Homer habe ich schonmal bruchstückhaft auf Deutsch gelesen, Platon und Aristoteles vielleicht auch ... die Gesamtwerke interessieren mich zur Zeit nicht so sehr, dass ich dafür Altgriechisch lernen müsste :zwinker:


    Aber ich gebe Dir recht ... gerade bei philosophischen Texten (falls die genannten Herrschaften alle Philosophen sind) ist es wahrscheinlich sinnvoll, das Original zu lesen.
    Genau wie man vielleicht das Alte Testament auf Hebräisch lesen sollte und ich bei Dostojewski gern russisch sprechen würde ....


    :winken:


    Daniela

    &quot;Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde.&quot; - John Irving

  • Hallo zusammen,
    hallo Daniela,


    Du hast gepostet:
    Allerdings kann ich auch nicht glauben, dass Latein noch gesprochen wird. Mit ziemlicher Sicherheit jedenfalls nicht von Theologen und auch bei Ärzten, selbst auf Kongressen, kann ich mir das nicht vorstellen.


    Wenn sich der evang. Pfarrer von Hintertupfing mit dem kath. Priester von Vordertupfing unterhält, werden sie, da hast Du recht, mit ziemlicher Sicherheit kein Latein benutzen, sondern ihr Tupfinger Dialekt. Ich habe aber selbst erlebt, und das ist jetzt nur ein Beispiel von vielen, wie sich ein deutscher Jesuit, der kein Spanisch konnte in Andalusien mit einem spanischen Jesuiten, der kein Deutsch und kein Englisch konnte, auf Latein unterhielten, und das ging so flott, dass ich sicher bin, die zwei haben nicht zum ersten Mal Latein gesprochen.


    Und ein befreundeter Arzt hat mir erzählt, dass er sich bei einem Kongress mit einem japanischen Kollegen, dessen Englisch er nicht verstand, prima auf Latein unterhalten hat, und da ich diesen Freund noch nie bei einer Lüge ertappte, gehe ich mal davon aus, dass er auch in diesem Fall die Wahrheit erzählt hat.


    Auch wer Latein lernt, lernt nicht, sich lateinisch auszudrücken, sondern es wird "lediglich" übersetzt und zwar Latein/Deutsch


    Wie in einem Gymnasium in Niedersachsen Latein gelehrt wird, kann ich mir gut vorstellen, wahrscheinlich ähnlich wie in einem Altsprachlichen Gymnasium in Rheinland-Pfalz? Aber ich bin mir sicher, dass der Lateinunterricht z.B. bei einem Theologiestudium in Rom etwas intensiver ist, und dass Du schon mal an einem Lateinunterricht eines Jesuitenkolleg teilgenommen hast, kann ich mir nicht vorstellen


    Zitat:
    Latein und Alt-Griechisch, die einem typischerweise einfallen, wenn man den Begriff 'tote Sprachen' hört, sind m.E. alles andere als tot.


    Hubert, egal, warum Du jetzt akzeptieren kannst, dass Latein eine "Tote Sprache" ist ... Diese Sprachen verändern sich nicht mehr und zwar weil sie nicht mehr gesprochen werden, muttersprachlich oder nicht, und deshalb sind sie "tot", im Sinne von unbeweglich.


    Du kannst gerne mit mir über Sandhofers Postings diskutieren, ich wäre Dir aber dankbar, wenn Du die Zitate dann als von Sandhofer gepostet kennzeichnen würdest. In diesem Fall war es nicht so schlimm, weil ich diesem Zitat von Sandhofer voll zustimme.


    Es ist aber nicht egal, warum etwas richtig ist, man muss eine Lösung immer auch begründen können. Ich fasse zusammen: Latein und Alt-Griechisch werden, wie von Harald schon erwähnt, als Tote Sprachen bezeichnet, weil sie für niemanden Muttersprache sind, nicht weil sie nicht mehr gesprochen werden und schon überhaupt nicht weil sie sich nicht mehr verändern und unbeweglich wären. Unter dem letzten Argument, wäre Latein wahrscheinlich eine der lebendigsten Sprachen die es zur Zeit auf der Welt gibt.


    Nicht nur der Vatikan passt Latein ständig an, wie Sandhofer schon anführte (warum wohl, -- sicher nicht um Altgriechische Philosophen zu lesen, sondern damit sich seine Priester auch über Computerprobleme lateinisch unterhalten können), sondern auch in der Medizin (neue Krankheiten, neue Medikamente) und vor allem in der Biologie werden permanent neue Wörter der lateinischen Sprache zugefügt. Z.B. werden immer wieder neue Insekten, neue Pflanzen, neue Pilze usw. entdeckt, die dann einen lateinischen Namen bekommen und oft gibt es für solche Neuentdeckungen nur die lateinische Bezeichnung.


    Wenn wir in einem Literaturforum nicht mal in der Lage sind, ein Wort (Klassiker, Tote Sprache usw.) in der richtigen Bedeutung zu verwenden, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Verständigung untereinander immer schwerer wird.


    Davon abgesehen, dass die Bezeichnung „Tote Sprache“ eine bestimmte Bedeutung hat, stimme ich Sandhofer zu, dass diese nicht sehr glücklich ist.


    Homer, Platon, Aristoteles, Euripides, Sophokles, Aischylos, Sappho, Archilochos, die Septuaginta...
    gerade bei philosophischen Texten (falls die genannten Herrschaften alle Philosophen sind) ist es wahrscheinlich sinnvoll, das Original zu lesen.


    Noch wichtiger als bei philosophischen Texten, ist es bei lyrischen Texten, das Original zu lesen und in der Tat sind bei den von Sandhofer genannten Herrschaften nur zwei Philosophen dabei, Sappho war eine Lyrikerin im 6. Jh. vor Chr. und zu dem Lyriker Archilochos gibt es einen interessanten Thread im Klassikerforum. Aischylos, Sophokles und Euripides waren griechische Tragödiendichter und bevor Du irgendwo nach den Werken des Philosophen Septuaginta fragst: Als Septuaginta bezeichnet man die erste Übersetzung des „Alten Testament“ in die Griechische Sprache. Sie beginnt mit dem Buch ΓΕΝΕΣΙΣ (Genesis) und endet mit dem Buch ΒΗΛ ΚΑΙ ΔΡΑΚΩΝ (Bel und der Drache). Die Bedeutung der Septuaginta wird klar, wenn man weiß, dass der hebräische Urtext, dem diese Übersetzung zu Grunde liegt, heute verloren ist, wie Vergleiche mit z.B. den Schriftrollen vom Toten Meer zeigen.


    Neben der von Sandhofer genannten Altgriechischen Literatur möchte ich noch folgende ergänzen:
    Herodot (ein Geschichtsschreiber), Aristophanes (ein Komödiendichter), Pindar und Theokrit (zwei weitere Lyriker, der letztgenannte war z.B. mit ein Grund für Seume um von Grimma bei Leipzig nach Sizilien zu wandern), Longos (hat den Liebesroman „Daphnis und Chloe“ geschrieben). Außerdem sind die meisten der 27 Bücher des Neuen Testaments im Urtext griechisch geschrieben.


    :winken:


    Gruß von Hubert .

  • Hallo!


    Wenn ich mich nicht irre, hat Bluebell am Anfang die Frage gestellt, ob es verrückt ist, Altgriechisch zu lernen.


    Ich kann mich nur anschließen, es ist niemals verrückt, eine Sprache zu lernen.


    Es stellt sich viel eher die Frage, wozu man eine Sprache lernt und/oder ob es Alternativen gibt.


    Es stellt sich zunächst die Frage
    Wozu?
    zum Kommunizieren (mit wem?)
    um Texte im Original zu lesen (welche?)
    als Gedächtnistraining
    aus emotionalen Gründen


    Was ist die Alternative?
    Wenn man kommunizieren will, ist Altgriechisch sicher keine gute Wahl. Dann bieten sich Englisch, Spanisch, Französisch, Türkisch, Chinesisch oder was auch immer an, es kommt auf die Lebensumstände an.


    Wenn man Texte im Original lesen will, muss man sich fragen, was einen interessiert. Mich interessiert z. B. amerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts stärker als Platon. Meine Entscheidung wäre hier also klar.


    Als Gedächtnistraining bietet sich auch Chinesisch oder Japanisch an, mit dem Vorteil, dass es vielleicht auch beim Reisen oder im Beruf einmal sinnvoll sein kann.


    Aus emotionalen Gründen - dazu kann ich nicht viel sagen.


    Kurz, wenn Du klassische Texte im Original lesen willst und es Dir einfach Spaß macht, dann lern Altgriechisch!


    Wenn Du aber nur wenig freie Zeit und Kapazitäten hast und lieber reist und Leute kennenlernst und moderne Literatur lesen willst, dann würde ich eine andere Sprache empfehlen.


    Aber prinzipiell: ich habe noch nie was gelernt, was ich nicht irgendwann hätte brauchen können...


    Gruß
    Atomium

  • Hallo bluebell,
    ich wollte mal hören, ob du schon zu einer Entscheidung wegen des Griechischlernens gekommen bist.


    Gruß
    Erika



    :blume:

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  • Hallo Erika,


    ich hatte letzten Donnerstag meine erste Stunde!
    Ich denke, es war eine gute Entscheidung. Der Lehrer ist ein Altphilologe mit Leib und Seele, und seine Begeisterung ist richtig ansteckend.
    In der ersten Unterrichtseinheit haben wir das griechische Alphabet und einen Großteil der Ausspracheregeln gelernt. Am Ende der Stunde mussten wir (soweit wir es konnten :breitgrins:) bereits griechische Wörter vorlesen, die er an die Tafel geschrieben hatte, oder geläufige griechische Fremdwörter von der lateinischen in die griechische Schrift transkribieren.


    Übrigens war ich überrascht, welche Diskussion ich mit meiner Bemerkung über "tote" Sprachen losgetreten habe. Über die korrekte Definition hatte ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht - tote Sprachen waren für mich einfach solche, die im täglichen Leben nirgends mehr gesprochen werden. Im Großen und Ganzen vertrete ich diese Ansicht auch jetzt noch, vielleicht übernehme ich nur die präzisere Definition: tot ist eine Sprache, die niemand mehr als Muttersprache spricht. Denn auch, wenn sich da jemand mit einem Japaner besser auf Latein als auf Englisch verständigen konnte, und wenn die lateinische Sprache im Vatikan immer überarbeitet und angepasst wird, entspricht sie dennoch nicht meinem Verständnis von einer lebendigen Sprache.
    Schöne Grüße aus dem sonnigen Wien, :sonne:
    Bluebell

    &quot;Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve.&quot;