• Hallo zusammen!


    Warum wird in diesem Forum selten über Lyrik gesprochen? Ein Grund köönte sein, wie ich in einem anderen Thread es schon vermutet habe, dass Lyrik allzu persönlich wird. Einerseits riskiert man damit, irgendwo tief drinnen verletzt zu werden; andererseits ist eine Diskussion über Lyrik noch schwieriger als eine über Epik, da ein/e andere/r Leser/in etwas völlig anderes empfinden kann - mit demselben Recht wie ich.


    Nun habe ich gerade ein paar Gedichte von Arichilochos gelesen, dem (chronologisch) ersten Lyriker des Abendlandes. Dabei ist mir aufgefallen, dass bereits Archilochos Lyrik verwendet, um über seine eigenen Gefühle und Gedanken zu schreiben.


    Das Persönliche, direkt Berührende ist also von Beginn an vorhanden, auch auf der Seite des Verfassers von Lyrik.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits
    Hallo Sandhofer


    Unter der Voraussetzung, dass Lyrik gleichbedeutend ist mit dem Begriff "Gedicht" ....
    Ich habe mich noch nie zu Gedichten hingezogen gefühlt; auch in der Schule haben wir, wenn ich mich recht erinnere, nur den Zauberlehrling und den Erlkönig gelesen (wobei ich den Erlkönig noch schön schaurig finde :zwinker: )


    Mir kommt es immer so vor, als würde (bei den Gedichten, die sich reimen wenigstens), die Sprache in ein Korsett gezwängt.


    liebe Grüße


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen!
    Hallo Daniela!


    Nun ja, es gibt diese 'Reim-ich-oder-ich-fress-dich-Dichterlinge'. Bei einem wirklich guten Lyriker merkst Du allerdings u.U. gar nicht, dass ein Reim vorkommt. Ein sehr guter, wie Lord Byron, wird den Reim dazu benutzen, neue Perspektiven in das Gedicht zu tragen.


    Lyrik ist natürlich mehr als nur gereimte Sprache. Archilochos z.B. benutzte einfach eine Art gehobene Prosa, ohne Reime. Wie überhaupt im Altertum Rhythmus und Bauweise das Gedicht ausmachten, nicht der Reim.


    Ich wage zu behaupten, es kostet gleichviel Zeit und Energie, ein Gedicht von der Länge einer normalen Buchseite zu lesen, wie 100 gleichgrosse Seiten eines Romans. Mit 'Gedicht', 'Lyrik' u.a. verbinde ich daher immer auch den Begriff 'Musse', 'langsames Lesen'. Etwas, das uns in der Hektik des Alltags immer mehr abhanden kommt.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Sandhofer,
    ich mag Gedichte auch sehr gerne. Leider kenne ich Archilochos nicht. Du schreibst, er sei der erste abendliche Dichter gewesen. Hast du noch mehr Informationen?


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo zusammen!
    Hallo Erika!


    Nun, viel weiss man über den Mann nicht (mehr), obwohl er einmal der angesehendste Lyriker Griechenlands war. Er lebte von 680 (oder früher) bis ca. 640 v.Chr., sein Werk ist heute nur noch in Fragmenten und Zitaten erhalten. Väterlicherseits aus einer angesehen Familie, mütterlicherseits von einer Sklavin abstammend, verdiente er seinen Lebensunterhalt als Soldat. Er soll auch in einer Schlacht gestorben sein.


    Seine Gedichte scheinen sich vorwiegend um sein Leben als Soldat und um seine grosse Liebe gedreht zu haben. Letztere 'bekam' er nicht, obwohl der Vater des Mädchens sie ihm schon versprochen hatte. Er rächte sich mit Spottgedichten. Der Vater soll sich mitsamt seinen drei Töchtern deswegen erhängt haben. (Si non è vero, è ben trovato.)


    Ich habe nur eine kleine Auswahl (insel-TB 2215) gelesen. Das TB wird unterdessen bei Jokers ausgeschrieben, ich nehme also an, es ist oop. Eine Gesamtausgabe bietet die Wissenschaftliche Buchgesellschaft an, ich weiss im Moment nicht, ob als Lizenz.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    Sandhofer hat gepostet:
    Ich habe nur eine kleine Auswahl (insel-TB 2215) gelesen. Das TB wird unterdessen bei Jokers ausgeschrieben, ich nehme also an, es ist oop. Eine Gesamtausgabe bietet die Wissenschaftliche Buchgesellschaft an, ich weiss im Moment nicht, ob als Lizenz.


    Hallo Sandhofer,


    das insel-TB ist m.M. nach z.Zt. im Buchhandel nicht erhältlich. Die Gesamtausgabe der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft ist dagegen als Lizenzausgabe auch bei amazon erhältlich (und m.M. nach das einzig sinnvolle Buch, wenn man sich ernsthaft mit Archilochos auseinandersetzen will): http://www.amazon.de/exec/obid…1_8_1/028-7013162-7545350


    Als Mitglied der WB fahre ich ein Mal im Jahr nach Darmstadt (Bestellen aus dem Katalog mag ich nicht) und bin dann immer froh einen ausreichenden Kofferraum zu haben. Bei einer dieser shopping-tours habe ich mir auch den Archilochos angesehen. War mir aber doch etwas zu derb. Bei altgriechischer Lyrik reichen mir eigentlich Sappho, Pindar und Theokrit. Obwohl ich einem Link der Uni Bremen einen neuen :breitgrins: Aspekt bei Archilochos entnommen habe. Wie siehst Du als Archilochos-Spezialist die „Nachtigall“? : .
    http://www-user.uni-bremen.de/…dert/archilochos%201.html



    Erika hat gepostet:
    ich mag Gedichte auch sehr gerne. Leider kenne ich Archilochos nicht


    Hallo Erika,


    wie Sandhofer schon richtig sagte, gibt es nicht allzu viel gesichertes Wissen zu Archilochos. Wahrscheinlich ist unter dem folgenden Link schon alles enthalten, was man über ihn wissen muß:
    http://www.lateinforum.de/thesauru/WdAntike/A/archiloc.htm


    Obwohl, als Theologin, kannst Du ja auch Griechisch lesen und dann ist vielleicht auch noch die folgende Web-Seite für Dich interessant.
    http://www.gottwein.de/Grie/LyrArchil01.htm



    Liebe Grüße


    Hubert

  • Hallo zusammen!
    Hallo Hubert!


    Ich bin kein Archilochos-Spezialist (sonst hätte ich die Gesamtausgaben der WB gelesen :zwinker: ). Aus der Nachtigall wurde ich so auf die Schnelle ehrlich gesagt nicht schlau; der Link zitiert aber von Archilochos einige der grösseren und bekannteren Stücke.


    Zur Ehrenrettung der Insel-Ausgabe sei gesagt, dass die Übersetzung (soweit ich das nachprüfen kann - mein Altgriechisch reicht nicht sehr weit ...) ziemlich treu ist, und z.B. einen Schwanz auch einen Schwanz nennt.


    Ja, das hätte ich vielleicht hinzufügen müssen: Archilochos nennt die Dinge bei ihrem Namen. Ein Waffenbruder von Martial oder Catull.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus