Wo ist die Poesie ?

  • Hallo,


    ich bin fast unabsichtlich auf euch gestoßen. Ich hab etwas, das ich mal loswerden will und was ich gleichzeitig auch eine Frage ist. Es gibt sehr viele gute Bücher, mit unglaublichen Denkansätzen, Plot und herrausgearbeiteten Charakteren, aber was ich immer vermisse ist die Poesie. An den meisten Bücher, verliere ich das Interesse, weil der Author vielmehr Augenschein auf die Intelligenz der Sätze anstatt ihrer Schönheit, fuer mich, zu haben scheint. Geht es euch oft ähnlich? Kennt ihr Bücher die wirklich schön geschrieben sind ? Oder die beides sind ? Intelligent und Schön? (So das man feuchte Augen bekommt ;) )


    Danke fürs Lesen und Danke fuers Antworten

  • P.P.S. Ich lese zur Zeit "Der Rote Ritter", von Adolf Muschg.
    Wenn ich allein den Anfang des Buches vergleiche mit....
    z.B. Kafka - Das Schloß


    Kafka:


    "Das erste Kapitel


    Es war spät abends, als K. ankam. Das Dorf lag in tiefem Schnee. Vom Schloßberg war nichts zu sehen, Nebel und Finsternis umgaben ihn, auch nicht der schwächste Lichtschein deutete das große Schloß an. Lange stand K. auf der Holzbrücke, die von der Landstraße zum Dorf führte, und blickte in die scheinbare Leere empor."


    hingegen Muschg:
    "GURZGRI
    Wie Sigune dazu kommt, eine Katze vor dem galoppieren zu bewahren


    Pst! Der Rosengarten lag noch farblos, doch schon erkennbar am Fuß der Mauer. Das leise Knacken und Knistern hatte die Geschäftigkeit des Unabsichtlichen; sonst blieb alles still, bis auf den Gang des Flusses in der Entfernung, das grenzenlose Vogelläuten aus dem Wäldern. Der Vollmond, zur Andeutung verblaßt, senkte sich dem Horizont entgegen, dessen gelassener Wellengang nur an einer Stelle scharf unterbrochen war: da zeichnete DER BERG WO EIN TAL IST die gespaltene Stirn in den glashellen Raum.


    Beide beschreiben ein Schloß bzw. eine Burg...
    Man vergleich nur die Überschriften, kann man von einem großartigen Künstler, wie Kafka nich mehr Schreibkunst erwarten ? Sollte ein Schriftsteller nicht eher universell sein um "gut" zu sein. Die Lust aufs Lesen weckt Kafka ihn mir nicht.


    P.P.P.S Schoenheit ist Ansichtsachen und auch Intelligenz kann in manchen Augen als schön gelten.


  • Hallo Parzival
    willkommen im Forum :winken:
    und dein P.P.P.S. sagt es eigentlich schon aus, dass das meiste Ansichtssache ist.


    desweiteren sollte man auch beachten, was der Schriftsteller mit seinem Stil ausdrücken wollte. Wenn er Leere, Trostlosigkeit ausdrücken will, dann ist Poesie nicht das geeignete Werkzeug.


    Thomas Mann konnte wunderbare Sätze schaffen. Schöne Schilderungen findet man auch bei Thomas Hardy (Woodlanders) . Mehr fällt mir gerade nicht ein.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Parzîval,


    Du hast gepostet:
    Es gibt sehr viele gute Bücher, ...


    Na ja, m.M. nach gibt es mehr schlechte als gute Bücher, insofern ist es schade, dass Du nicht ein paar gute Bücher genannt hast. Man ist ja immer wieder froh, wenn man gute Tipps erhält. :zwinker:
    Was sind den für dich intelligente Sätze?, und was schöne?


    Kaffka gefällt Dir also nicht. Der von Dir zitierte Buchanfang stammt allerdings auch nicht von Kaffka, sondern von Kafka und ich muss sagen


    "Es war spät abends, als K. ankam. Das Dorf lag in tiefem Schnee. Vom Schloßberg war nichts zu sehen, Nebel und Finsternis umgaben ihn, auch nicht der schwächste Lichtschein deutete das große Schloß an."


    finde ich persönlich schöner als

    "GURZGRI
    Wie Sigune dazu kommt, eine Katze vor dem galoppieren zu bewahren"


    oder


    "da zeichnete DER BERG WO EIN TAL IST die gespaltene Stirn in den glashellen Raum".


    M.M. nach findet man bei den Klassikern schneller ein Buch, das sowohl klug als auch schön geschrieben ist, aber natürlich gibt es auch Zeitgenossen die schön schreiben. Aber jeder empfindet doch etwas anderes als schön. Ich zitiere mal aus zwei verschiedenen Büchern des 20. Jahrhunderts und Du kannst mir posten, ob das für Dich schöne Sätze sind:


    1. der Schlusssatz eines meiner englischsprachigen Lieblingsbücher in deutscher Übersetzung:


    „Langsam schwand seine Seele, während er den Schnee still durch das All fallen hörte, und still fiel er, der Herabkunft ihrer letzten Stunde gleich, auf alle Lebenden und Toten.“


    2. der Beginn des letzten (und 112?) Absatzes eines deutschsprachigen 200-Seiten Romans:


    „Mitternacht schlägt es vom Turm. Es endet der Tag. Ein Kalenderblatt fällt. Man schreibt ein neues Datum.“


    Beim ersten Beispiel genügt m.M. nach ein Satz, den ich schön empfinde; beim zweiten Beispiel tritt die Schönheit erst durch die Reihung der sehr einfachen Sätze zu Tage. Gefallen Dir die Beispiele?


    Maria
    Mit Thomas Mann hast Du sicher recht, aber warum ist Dir Fontane nicht eingefallen?
    :zwinker:
    Gruß von Hubert

  • Hallo Parzîval!


    wenn du einen wirklich poetischen prosaisten suchst, so empfehle ich dir robert walser aufs wärmste.
    seine kurzprosa sowie seine wenigen romane zeichnen sich besonders durch eine poetische geschliffenheit der sprache und einen einzigartig pfiffigen und hintergründigen humor aus.
    aber vorsicht! - robert walser zu lesen birgt auch erhebliche "gefahren":
    man wird gelassener, entschleunigt, bekommt lust auf's flanieren und auf's tagträumen, beginnt das schöne und erstrebenswerte in den kleinen dingen des lebens und des alltags zu suchen (und zu finden!)
    kurz: man wird u.u. ein anderer mensch! was will man mehr! :zwinker:

    des weiteren stimme ich natürlich JMaria in ihrer th. mann-empfehlung zu...


    liebe grüße
    Settembrini

    "Herr Settembrini, du pädagogischer Satana - du bist zwar ein Windbeutel und Drehorgelmann, aber du meinst es gut..."

  • Vorraus moechte ich Danke sagen fuer eure aufopfernde Arbeit,
    (Und das nicht nur entschuldigent fuer meine nachfolgende ?Kritik?)


    Zu Maria:


    1. Du hast einen sehr schoenen Namen ;)
    2. Vielen Dank fuer die herzliche Begruessung, ich hab mich daraufhin direkt registriert.
    3. Zum Thema: Ich denke du liegst völlig richtig mit der Annahme das Kafka damit eine gewisse Leere ausdruecken wollte. Aber das Poesie das falsche Mittel zum Ausdruck jeglicher Gefuehle ist... ich kenne keine Bessere.(Ist Leere ein Gefuehl? Ganz sicher ein sehr schlimmes.) Thomas Mann liebe ich auch, seine Sätze sind wohl legendär. Thomas Hardy kenne ich leider nicht, aber ich verspreche das zu ändern. Vielen Dank dafuer.Ich freue mich über jede ernstgemeinte Anregung.


    Zu Hubert:


    Ein intelligenter Satz?


    Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
    (ich glaube das passt ganz gut ;) )


    Ein schoener, das fällt leicht. Ich nehme einfach wieder Muschg... Ende des ersten Kapitels ("Wie Sigune dazu kommt, eine Katze vor dem galoppieren zu bewahren"):


    ...Lächelnd hielt sie sich immer stiller, fühlte das Tier ermüden an seinem Tritt. Immer unmerklicher schnurrend, näßte es ihr bloße Schulter mit der Schnauze. Und so dämmerte sie mit der sanften Last dahin, als wäre sie ein Stück von ihr. Der Kater bedeckte sie mit seinem Schlaf; sie hütete ihn in dem ihren...


    das finde ich sehr schoen, aber es tut mir leid Hubert ich kenne keinen KaFFka, ich sehe auch keine Rechtschreibfehler meinerseits und ich hoffe suhrkamp täuscht sich nicht, daß "Das Schloß" von Franz KaFka ist. Beide deiner Beispiele haben eine Schönheit für die ich dir und den Urheber nur danken kann.Ich bin da ganz d.M. :)


    und das "@ Maria" von dir: Fontane ist einer der groessten fuer mich, er hat fuer mich (achtung ansichtsache! ;) ) einer der schoensten Gedichte geschrieben: "Frauenhände". Ist nicht sehr bekannt vielleicht, beantwortet aber auch deine Frage nach meinem Geschmack.


    und dann zu dir settembrini:


    Genau das, das ist es was ich suche.Ohne Worte.... ich denke da hat mich jemand genau verstanden.Ohne Worte... Dankeschoen!
    Es ist zwar die knappeste Antwort von mir, aber ich hoffe das ist nicht wichtig.


    P.S. Entschuldigt, alle stilistischen,logischen und grammatikalischen fehler. Ich bin erst gerade nach hause gekommen und hab schon einiges an promille.


    Vielen Dank, liebe Grüße. Parzîval

  • Hallo Parzifal


    Zitat

    Zum Thema: Ich denke du liegst völlig richtig mit der Annahme das Kafka damit eine gewisse Leere ausdruecken wollte. Aber das Poesie das falsche Mittel zum Ausdruck jeglicher Gefuehle ist... ich kenne keine Bessere.(Ist Leere ein Gefuehl? Ganz sicher ein sehr schlimmes.) Thomas Mann liebe ich auch, seine Sätze sind wohl legendär. Thomas Hardy kenne ich leider nicht, aber ich verspreche das zu ändern. Vielen Dank dafuer.Ich freue mich über jede ernstgemeinte Anregung.


    Ich bringe Poesie u.a. mit blumiger und ausführlicher Schilderung in Verbindung, vielleicht liegt es daran. Aber wenn man Fontane als Beispiel nimmt, er konnte in kurzen Sätzen viel ausdrücken, so muß ich sagen, dass es manche Schriftsteller sicher gelingt, mit Poesie auch die dunklen Seiten eines Menschen zu beschreiben. Ich habe bisher nicht so sehr darauf geachtet.


    Zitat von "Hubert"

    1. der Schlusssatz eines meiner englischsprachigen Lieblingsbücher in deutscher Übersetzung:


    „Langsam schwand seine Seele, während er den Schnee still durch das All fallen hörte, und still fiel er, der Herabkunft ihrer letzten Stunde gleich, auf alle Lebenden und Toten.“


    Hubert, ist das aus den Dubliners? Kommt mir so bekannt vor. *grübel*


    verräts du mir die Quelle des 2. Zitats?


    Zitat

    Maria
    Mit Thomas Mann hast Du sicher recht, aber warum ist Dir Fontane nicht eingefallen?


    Frag ich mich jetzt auch :winken:


    Viele Grüße Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • noch was vergessen:


    @Parzival:
    "Frauenhände" von Fontane kenne ich nicht und besitze leider keinen Gedichtband von ihm und im Netz konnte ich auch nichts finden.


    Falls es nicht zulange ist und keine große Umstände erfordert, könntest du das Gedicht posten? Wenn es zu Zeitaufwendig ist, ist es nicht weiter schlimm, ein Fontane-Gedichtband ist bei mir schon längst zum Kauf fällig.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "JMaria"

    Hubert, ist das aus den Dubliners? Kommt mir so bekannt vor. *grübel*
    Viele Grüße Maria


    Hallo Maria :winken:


    huberts zitat stammt tatsächlich aus "dubliner" - und zwar ist es der schlußsatz aus der erzählung "die toten"...


    Zitat von "JMaria"

    Ich bringe Poesie u.a. mit blumiger und ausführlicher Schilderung in Verbindung, vielleicht liegt es daran. Aber wenn man Fontane als Beispiel nimmt, er konnte in kurzen Sätzen viel ausdrücken, so muß ich sagen, dass es manche Schriftsteller sicher gelingt, mit Poesie auch die dunklen Seiten eines Menschen zu beschreiben. Ich habe bisher nicht so sehr darauf geachtet.


    ich bin der ansicht, dass "blumige und ausführliche schilderungen" dem wesen der poesie eher widersprechen: sind doch "gedichte" - wie der name bereits verrät - verdichtete, präzise sprachgebilde, die einen sachverhalt oder ein gefühl ohne allzu viele worte auf den punkt bringen. und dass auch die dunkle seite des menschen poetisch eingefangen werden kann, das zeigen nicht zuletzt die gedichte des expressionismus (benn, trakl, v. hoddis etc.).


    Liebe Grüße
    Settembrini
    :blume:

    "Herr Settembrini, du pädagogischer Satana - du bist zwar ein Windbeutel und Drehorgelmann, aber du meinst es gut..."

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  • Das is kein Problem Maria, ich kanns auswendig :)


    Ich weiß es wohl, kein klagend Wort,
    wird über deine Lippen gehen,
    doch was so sanft dein Mund verschweigt,
    muss deine blasse Hand gestehn.


    Die Hand an der mein Auge hängt,
    zeigt jenen feinen Zug der Schmerzen,
    und dass in schlummerloser Nacht,
    sie lag auf einem kranken Herzen.


    Mir läufts eben kalt den Rücken runter. Nicht nur vom Gedicht. Das ist STORM. Oh mein Gott. Tut mir leid. Ich hoffe es gefällt dir trotzdem.


    MFG Parzîval

  • Zitat von "Parzîval"


    Mir läufts eben kalt den Rücken runter. Nicht nur vom Gedicht. Das ist STORM. Oh mein Gott. Tut mir leid. Ich hoffe es gefällt dir trotzdem.


    *ggg* - es gefällt mir sehr gut.


    War nicht die Ehefrau Theodor Storms sehr krank und starb früh? Ich meine ich habe etwas darüber gelesen. Wenn ja - dann hatte Storm vielleicht seine Frau im Sinn als er die Worte schrieb. Jetzt bekomme ich eine Gänsehaut.


    und einen dicken Dank für das Posting.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!


    Entschuldigt bitte, wenn ich da ganz prosaisch daherkomme:


    Zu Storm ganz kurz Folgendes:


    [list]1817 geboren
    1842 Bertha von Buchan weist seinen Heiratsantrag zurück
    1844 Verlobung,
    1846 Heirat mit Constanze Esmarch (*1825)
    1847 Liebe zu Dorothea Jensen
    1848 Geburt des ersten Sohnes Hans
    1851 Geburt von Ernst
    1853 Geburt von Karl
    1855 Geburt von Lisbeth
    1860 Geburt von Lucie
    1863 Geburt von Elsabe
    1865 Geburt von Gertrud
    1865 Tod von Constanze
    1866 (!) Heirat mit Dorothea Jensen
    ...[/list:u]
    Storm scheint eine Zeitlang eine Art Ménage à trois im Sinne gehabt zu haben, alle Beteiligten warenr aber letztlich zu sehr den zeitgenössischen Konventionen verhaftet, um das wirklich durchzuführen.


    Zusammengefasst: Storms erste Frau starb nach 20 Jahren Ehe im Kindbett; das Gedicht aber (das übrigens "Frauenhand" heisst), muss vor dem 9.12.1851 entstanden sein, da es in Storms Sammlung von 1852 figurierte. Kein Grund also für Gänsehaut, JMaria :smile:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • achje, sovielen Geburten, die arme Frau und dann auch noch Tod im Kindsbett. :( Danke für die Info, sandhofer.
    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Settembrini:


    danke für deine Bestätigung, daß Huberts Zitat Nr. 1 aus den Dubliners ist. Wenigstens ließ mich hier das Gedächtnis nicht im Stich.


    Jetzt fehlt nur noch Zitat Nr. 2, das mir ebenfalls bekannt vor kommt. Aber ich komm einfach nicht drauf.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "Parzîval"

    Das Zitat stammt aus Koeppens "Die elenden Skribenten", wenn mich nicht alles täuscht. Schön, dass dir die "Frauenhand" auch gefällt.


    Hallo liebes Rateteam!


    Also, das ist in keinem Fall Koeppen - das muss mindestens 50 Jahre vor Koeppen verfasst worden sein... (grübelnd vor der Bücherwand stehend)...


    Hubert - hilf! :zwinker:


    grüße
    Settembrini
    :blume:

    "Herr Settembrini, du pädagogischer Satana - du bist zwar ein Windbeutel und Drehorgelmann, aber du meinst es gut..."

  • Hallo zusammen,


    wie Maria richtig erkannte, war das erste Zitat von Joyce und das zweite Zitat stammt aus dem 1951 erschienenen Roman von Wolfgang Koeppen: „Tauben im Gras“.


    Parzîval
    „Die elenden ...“, ist ja kein Buch von Koeppen, sondern ein (vom Verlag?) zusammengestelltes Buch mit Auszügen aus Koeppen-Texten, also quasi ein Koeppen-Lesebuch, es kann also durchaus sein, das ein darin enthaltener Auszug aus „Tauben im Gras“ dieses Zitat enthält.


    Settembrini
    Und doch hast Du auch Recht. Diese Stelle ist tatsächlich kein typischer Koeppen, von dem man eher kompliziertere Sätze gewöhnt ist. Aber – Koeppen kann auch so und gut ist er immer. :zwinker:


    Grüße von Hubert

  • Zitat von "Parzîval"

    Es gibt sehr viele gute Bücher, mit unglaublichen Denkansätzen, Plot und herrausgearbeiteten Charakteren, aber was ich immer vermisse ist die Poesie. An den meisten Bücher, verliere ich das Interesse, weil der Author vielmehr Augenschein auf die Intelligenz der Sätze anstatt ihrer Schönheit, fuer mich, zu haben scheint.


    mir geht es auch so, daß ich bücher mit mehr oder solche mit weniger poesie unterscheide, -ohne allerdings genau sagen zu können, was mit poesie gemeint ist: vielleicht sätze, die ein bestimmtes gefühl beim leser hervorrufen sollen, wie zB eine "romantische" landschaft etc es tun. Der gegenpol wäre ein sprache, die nichts weiter als möglichst präzise, also protolkollhaft, eine geschichte erzählt. Kafka wäre dafür ein beispiel, borges ein zweites. Der sinn des textes läge hier ausschließlich im ablauf der geschichte.
    Die schilderung von natur und burg bei kafka ist vollständig auf den bezug zur geschichte bzw. zur hauptperson beschränkt. Alles überflüssige ist weggelassen. Im vergleich dazu gibt der text von muschg vielmehr details. Bei "poetischeren" texten hat das nicht zur geschichte gehörende detail einen eigenen wert, während es bei kafka unerwähnt bliebe (hier fällt mir als gegensatz zu kafka der absolut konfuse tristram shandy ein, auch wenn ich ihn nicht als "poetischer" als kafka sehe, hm-oder doch?? ). Nichtsdestoweniger halte ich auch den kafka-text für "schön", auch wenn in toto kafka's sprache nicht sehr "poetisch" ist.
    Poetische schönheit kann aber auch im gebrauch von metaphern, allegorien, wortschöpfungen etc. liegen. Die sprache selbst, und nicht nur die erzählte geschichte, ist ein anliegen. Da fallen mir auch zB die erwähnten expressionisten ein.
    Man könnte bestreiten, daß beide texte ein schloß beschreiben: die bedeutung von kafka's schloß ist offen. Manche lesen es religiös und sehen das schloß als die ersehnte erlösung und gewährte gnade, die dem im dunklen stehenden (noch) verborgen sind.


    Ich sehe also auch einen solchen unterschied, wenn ich ihn auch nicht genau definieren kann. Aber ich kann beide lesen, obwohl ich nach kafka jedesmal lyrik oder etwas von schiller&co lesen mußte.
    gruß hafis

  • Zitat von "Hubert"


    Settembrini
    Und doch hast Du auch Recht. Diese Stelle ist tatsächlich kein typischer Koeppen, von dem man eher kompliziertere Sätze gewöhnt ist. Aber – Koeppen kann auch so und gut ist er immer. :zwinker:


    Da bin ich aber platt! Koeppen, wer hätte das gedacht!


    Aber was das " gut ist er immer" betrifft, darüber ließe sich hier trefflich streiten... :zwinker:


    gruß
    Settembrini
    :blume:

    "Herr Settembrini, du pädagogischer Satana - du bist zwar ein Windbeutel und Drehorgelmann, aber du meinst es gut..."